Entscheidungsstichwort (Thema)
Halbeinkünfteverfahren bei der Veräußerung von Bezugsrechten
Leitsatz (redaktionell)
1. Bezugsrechte sind keine Anteile an einer Aktiengesellschaft i.S. des § 3 Nr. 40 Buchst. j EStG.
2. Bezugsrechte gehören zwar zu Anwartschaften auf Beteiligungen i.S. des § 17 EStG; die Vorschrift des § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG ist jedoch nur im Rahmen des § 17 EStG anzuwenden und für die Auslegung des in § 3 Nr. 40 Buchst. j EStG verwendeten Tatbestandsmerkmals „Anteile an Körperschaften” nicht heranzuziehen.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 40 Buchst. j, § 17 Abs. 1 S. 3
Streitjahr(e)
2002
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Höhe des steuerlich zu berücksichtigenden Verlusts aus einem privaten Veräußerungsgeschäft.
Die Kläger sind Eheleute und werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt.
Der Kläger hatte am 12. Oktober 2001 350 Aktien des (im Ausland ansässigen) Unternehmens X zum Gesamtpreis von 1.645 € und 22. Februar 2002 weiter 800 Aktien zum Gesamtpreis von 3.728 €, jeweils ohne Transaktionskosten, erworben. Am 31. Juli 2002 erhielt er aus einer Kapitalerhöhung des Unternehmens im Verhältnis 1:1 1.150 Bezugsrechte zugeteilt, die ihn gegen Zuzahlung von 3,80 (ausländische Währung – aW) je Aktie zum Bezug junger Aktien des Unternehmens berechtigten. Der rechnerische Wert des Bezugsrechts wurde von der Bank mit 2,92 aW angegeben.
Am 27. August 2002 verkaufte der Kläger seine Bezugsrechte an der Börse zum Preis von je 2,96719 aW und erlöst daraus insgesamt 3.412,27 aW (371,24 €; Umrechnungskurs 9,1950). Die Bank belastete ihn mit 2,03 € Abwicklungskosten. Aus der Veräußerung erhielt der Kläger eine Gutschrift über 369,21 €.
Am 3. September 2002 veräußerte der Kläger zudem die 1.150 Aktien zum Kurs von 0,71 € und erlöste daraus 816,50 €. Die Transaktionskosten berechnete die Bank mit 15,54 €.
Der Beklagte (das Finanzamt) berücksichtigte in dem angefochtenen, durch den Einspruchsbescheid vom 26. August 2004 verböserten Bescheid vom 3. Mai 2004 aus beiden Veräußerungsgeschäften einen Verlust von insgesamt 2.122 €. Dabei stellte es den Einnahmen aus der Veräußerung der Aktien und Bezugsrechte (ohne Veräußerungskosten) die Anschaffungskosten der Aktien gegenüber und halbierte das Ergebnis im Hinblick auf das so genannte Halbeinkünfteverfahren.
Mit ihrer nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage sind die Kläger der Auffassung, der Verlust aus der Veräußerung der Aktien einerseits und der Bezugsrechte andererseits seien getrennt zu ermitteln. Daraus ergebe sich ein höherer festzustellender Verlust.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
unter Änderung des Bescheides über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2002 vom 3. Mai 2004 und des Einspruchsbescheides vom 26. August 2004 den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2002 des Klägers auf 5.040 € festzustellen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Halbeinkünfteverfahren sei auch auf die Veräußerung von Bezugsrechten anwendbar. Die Ermittlung des Verlusts sei korrekt erfolgt.
Die Beteiligten haben sich in der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2004 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
1. Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -).
2. Der Kläger hat durch die Veräußerung der Bezugsrechte innerhalb eines Jahres nach Erwerb steuerpflichtige sonstige Einkünfte im Sinne der § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG erzielt. Bezugsrechte sind ebenso wie Wertpapiere Wirtschaftsgüter im Sinne dieser Vorschrift (BFH, Urteil vom 22. Mai 2003 IX R 9/00, BStBl II 2003, 712).
Das Finanzamt geht zwar zu Recht davon aus, dass eine Aufteilung der Anschaffungs-, Veräußerungs- und Werbungskosten auf Altaktien und Bezugsrechte unterbleiben kann, wenn Aktien und Bezugsrechte innerhalb der Jahresfrist erworben und veräußert werden und auf beide das Halbeinkünfteverfahren anzuwenden ist. Letzteres trifft auf die Veräußerung der Bezugsrechte aber nicht zu.
Die Einnahmen aus der Veräußerung der Bezugsrechte sind nicht zur Hälfte steuerfrei zu belassen.
Nach § 3 Nr. 40 Buchst. j EStG ist die Hälfte des Veräußerungspreises bei der Veräußerung von Anteilen an - auch ausländischen (Schmidt/Heinicke, EStG, § 3 „Halbeinkünfteverfahren”, Ziffer 4) – Körperschaften, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören, steuerfrei mit der Folge, dass auch Veräußerungskosten und sonstige Aufwendungen, die mit diesen Einnahmen zusammenhängen, nach § 3 c Abs. 2 EStG nur zur Hälfte zu berücksichtigen sind.
Die X ist eine ausländische Körperschaft und zahlt auf ihre Anteile Gewinnausschüttungen (Dividenden), weshalb bei der Veräußerung der Aktien innerhalb der Behaltensfrist das Halbeinkünfte- und Halbabzugsverfahren z...