Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit von Zeitzuschlägen an Arbeitnehmer bei tarifvertragsrechtlichem Wahlrecht zwischen Freizeitausgleich und Barabgeltung
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen der Begünstigung von Zuschlägen nach § 3b EStG.
- Wird einem Arbeitnehmer im Rahmen eines Tarifvertrages das Wahlrecht eingeräumt, statt eines Freizeitausgleichs einen Ausgleich in Geld zu verlangen (Barabgeltung), so sind Zeitzuschläge an Arbeitnehmer nach § 3b EStG steuerfrei.
Normenkette
EStG § 3b
Streitjahr(e)
1997, 1998, 1999, 2000
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob von dem Kläger an seine Arbeitnehmer gezahlte Lohnzuschläge, welche als Zeitzuschläge für Arbeiten an gesetzlichen Wochenfeiertagen, am Ostersonntag und Pfingstsonntag gezahlt werden, unter die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 b Einkommensteuergesetz (EStG) fallen.
Der Kläger ist auf dem Gebiet der Wohlfahrtspflege tätig. Im Februar 2001 führte der Beklagte eine Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum Mai 1997 bis Dezember 2000 durch. Die Prüfung betraf die Arbeitnehmer aus den Bereichen Sozialstation, Heim und Rettungsdienst. Dabei wurde festgestellt, dass der Kläger seinen Arbeitnehmern für Arbeiten an gesetzlichen Feiertagen Zeitzuschläge steuerfrei ausgezahlt hatte. Rechtsgrundlage für diese Praxis war der Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes (DRK-TV), der hierzu folgende Regelungen enthält:
„§ 39 Zeitzuschläge, Überstundenvergütung
Der Mitarbeiter erhält neben seiner Vergütung/seinem Lohn Zeitzuschläge. Sie betragen (...)
für Arbeiten an gesetzlichen Wochenfeiertagen, auch wenn sie auf einen Sonntag fallen, sowie am Ostersonntag und Pfingstsonntag
ohne Freizeitausgleich |
135%, |
bei Freizeitausgleich |
35% |
der Stundenvergütung.”
Im Bereich der Sozialstation erfolgte kein Freizeitausgleich, sodass den betroffenen Arbeitnehmern neben der Vergütung Zeitzuschläge von 135 v.H. gewährt wurden. Im Bereich des Rettungsdienstes wurde dagegen für Feiertagstätigkeit grundsätzlich Freizeitausgleich gewährt, sodass daneben nur ein Zeitzuschlag in Höhe von 35 v.H. ausgezahlt wurde. Im Heim gab es keine einheitliche Handhabung; die Gewährung von Freizeitausgleich wurde dort von dem persönlichen Überstundenkonto des einzelnen Arbeitnehmers abhängig gemacht. Im Rahmen der monatlich anzumeldenden Lohnsteuer wurden die gewährten Feiertagszuschläge bis zur Höhe von 125 v.H. steuerfrei belassen.
Der Prüfer sah demgegenüber nur die über den möglichen Freizeitausgleich von 100 v.H. hinausgehenden Zuschläge in Höhe von 35 v.H. als steuerbefreit an und führte eine pauschale Bruttonachversteuerung durch. Zur Begründung seiner Ansicht verwies er auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 18. September 1981 VI R 44/77, BStBl II 1981, 801, wonach die Abgeltung eines wegen Feiertagsarbeit zustehenden Freizeitausgleichs durch einen entsprechenden Zuschlag nicht die Voraussetzungen des § 3 b EStG erfüllt, weil der Zuschlag nicht unmittelbar für die geleistete Feiertagsarbeit gezahlt wird. Der Beklagte erließ einen entsprechenden Haftungsbescheid.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Einspruch. Dabei vertrat er die Ansicht, dass die vom Beklagten zitierte Rechtsprechung nicht auf den konkreten Fall übertragen werden könne. Nach der tarifvertraglichen Regelung stünden den Arbeitnehmern nur wahlweise ein Anspruch auf Freizeitausgleich verbunden mit einem geringeren Zuschlag und einem erhöhten Zuschlag zu. Der Kläger als Arbeitgeber übe das Wahlrecht unter Berücksichtigung betrieblicher Notwendigkeiten im Einzelfall aus. Mit der Ausübung des Wahlrechts zugunsten eines erhöhten Zuschlags entstehe bei den Arbeitnehmern nur ein Anspruch auf Auszahlung des Zuschlags, der deshalb auch unmittelbar für die geleisteten Feiertagsarbeiten gewährt werde.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Im Einspruchsbescheid wies der Beklagte auf R 30 Abs. 1 Satz 5 Lohnsteuerrichtlinien 1999 (LStR) hin, wonach Zahlungen zur Barabgeltung eines Freizeitausgleichs nicht von § 3 b EStG erfasst würden. Dabei käme es nicht darauf an, ob die Arbeitnehmer die Auswahl zwischen Freizeitausgleich und erhöhtem Zuschlag beeinflussen könnten. Auch der Bundesminister der Finanzen (BMF) habe mit Schreiben vom 16. Januar 1999 – IV C 5 – S 2343 - 2/99 – zu den Regelungen in § 35 des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) diese Auffassung vertreten.
Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er hält die vom Beklagten zitierten Auffassungen auf seinen Fall für nicht übertragbar. Entscheidend sei, dass der Arbeitnehmer vor Ausübung des Wahlrechts keinen Anspruch auf Entgeltung seiner begünstigten Tätigkeiten erhalte. Ein solcher Anspruch entstehe erst, nachdem er als Arbeitgeber im Einzelfall entschieden habe. Daher stehe der im Einzelfall gewährte erhöhte Zuschlag in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der erbr...