vorläufig nicht rechtskräftig
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [V R 52/17)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung von Reiseleistungen und Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Nahrungsergänzungsmittel
Leitsatz (redaktionell)
- Erzeugnisse, die tarifierungsmäßig in die Pos. 2202 KN eingereiht sind, unterliegen nach § 12 Abs. 1 UStG dem Regelsteuersatz.
- Das entscheidende Kriterium für die zivilrechtliche Tarifierung von Waren ist allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Pos. und UPos. der KN festgelegt sind.
- Handelt es sich bei den Erzeugnissen um diätische Lebensmittel in flüssiger Form, so sind diese in die Pos. 2202 KN einzureihen.
- Der besondere Verwendungszweck der Produkte als Nahrungsergänzungsmittel rechtfertigt keine Einreihung in die Pos. 2106 KN.
- Busreisen zu sog. Kaffeefahrten sind als Reiseleistungen einzustufen; die Busfahrten stellen Reisevorleistungen dar, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen.
- Reiseleistungen sind die im Zusammenhang mit einer Reise üblicherweise anfallenden Leistungen eines Reiseunternehmens.
- Die Anwendung des § 25 UStG wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der alleinige Zweck der von einem Verkaufsveranstalter durchgeführten Reiseleistungen darin besteht, den Warenverkauf bei der Verkaufsveranstaltung zu fördern.
- Reiseleistungen bilden aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers keine wirtschaftliche Einheit mit etwaigen Käufen von Waren.
Normenkette
UStG §§ 12, 25
Streitjahr(e)
1997, 1998, 1999
Nachgehend
Tatbestand
Streitig sind die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Nahrungsergänzungsmittel und die Besteuerung von Reiseleistungen.
Die Klägerin wurde im Jahr … gegründet. Gegenstand ihres Unternehmens ist die Beschaffung und der Handel mit Textilien und Waren aller Art sowie die Planung und Organisation von Werbeveranstaltungen sowie Tages- und Mehrtagesfahrten. In diesem Rahmen veranstaltet die Klägerin (landläufig sog.) Kaffeefahrten.
Im Jahr 2003 führte das Finanzamt bei der Klägerin für die Streitjahre eine Außenprüfung durch (siehe BP-Bericht vom …).
Hinsichtlich der Besteuerung von Reiseleistungen stellte das Finanzamt fest, dass die Klägerin zur Ermittlung der Marge den vereinnahmten Fahrtgeldern die (nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden) Reisevorleistungen (Buskosten) und die Kosten der Zugaben gegenübergestellt hatte. Zum Teil wurden aber Nettobeträgen Bruttobeträge gegenübergestellt. Letzteres wurde im Rahmen der BP korrigiert (siehe Tz. 31 i.V.m Anlage 6 des BP-Berichts vom …).
Hinsichtlich des Verkaufs des Produkts „A” stellte der Prüfer fest, dass eine Versteuerung mit dem Regelsteuersatz erfolgt sei. Zolltarifauskünfte der OFD Cottbus und der OFD Hamburg hätten sowohl für die in dem Produkt enthalten Flüssigkeit als auch für die enthaltenen Lachsöl-Kapseln den Regelsteuersatz bestätigt. Die Außenprüfung wies aber darauf hin, dass es zu Änderungen in der Beurteilung kommen könnte, wenn neue und verbindliche Zolltarifauskünfte vorgelegt würden, welche die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes (7 %) zuließen.
Unter dem 20.11.2003 ergingen geänderte Bescheide über Umsatzsteuer für die Jahre 1997-1999, die diesen Feststellungen entsprachen.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 05.12.2003 Einspruch ein und beantragte das Ruhen des Einspruchsverfahrens vor dem Hintergrund einer laufenden Umsatzsteuersonderprüfung bei der Lieferantin des Verkaufsartikels „A” (…).
Während des Einspruchsverfahrens ergaben sich dann die nachfolgenden Streitpunkte:
1. Steuersatz für das Nahrungsergänzungsmittel „A”
Das für die Besteuerung der Lieferantin… zuständige Finanzamt … teilte der OFD Hannover mit Schreiben vom 10.12.2003 mit, der Verkauf der Kurpackung „A” (Aktiv Gelee Royal und Lachsöl-Kapseln) müsse mit dem allgemeinen Steuersatz versteuert werden. Verwiesen wurde insoweit auf unverbindliche Zolltarifauskünfte vom 13.06.2003 (A Lachsöl-Kapseln, beschrieben als Lachsöl-Konzentrat in Kapseln; erteilende Behörde: OFD Hamburg, Zolltechnische Prüfung-und Lehranstalt, ZPLA) und vom 07.07.2003 (A, beschrieben als alkoholhaltiges flüssiges Nahrungsergänzungsmittel; erteilende Behörde: OFD Cottbus, ZPLA Berlin).
Die Klägerin beantragte weiterhin das Ruhen des Verfahrens mit der Begründung, dass der Lieferant Rechtsmittel gegen die entsprechenden Bescheide eingelegt habe.
Mit Schreiben vom 13.06.2008 teilte die Klägerin mit, dass die Entwicklerin der Kur „A”, die Fa. …, in ihrem Auftrag eine unverbindliche Zolltarifauskunft bei der ZPLA München beantragt habe. Der Zolltarifauskunft sei zu entnehmen, dass die Originalrezeptur, also eine Originalverpackung mit den identischen Inhaltsstoffen der von ihr veräußerten Kur „A”, sowie die Produktinformation vorgelegt worden seien, aus welcher sich die Zusammensetzung sämtlicher Inhaltsstoffe ergebe.
Nach Prüfung habe das ZPLA München bescheinigt, dass es sich bei der Kur „A” um ein Nahrungsergänzungsmittel hand...