vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VI R 43/09)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
PKW-Privatnutzung des Gesellschafter-Geschäftsführers bei Nutzungsverbot
Leitsatz (redaktionell)
- In allen Fällen, in denen der Gesellschafter-Geschäftsführer den Betriebs-Pkw ohne entsprechende Gestattung der Gesellschaft für private Zwecke nutzt, ist eine vGA anzunehmen.
- Nur diejenige Pkw-Nutzung ist betrieblich veranlasst, welche durch eine fremdübliche Überlassungs-/Nutzungsvereinbarung abgedeckt wird.
- Die ohne eine solche Vereinbarung erfolgende oder darüber hinausgehende oder einem ausdrücklichen Verbot widersprechende Nutzung ist durch das Gesellschaftsverhältnis zumindest mitveranlasst und würde zu einer vGA führen.
- Bei Annahme einer vGA ist auf Gesellschafterebene ein Bezug i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG gegeben, nicht aber ein lohnsteuerpflichtiger Sachbezug.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 2 S. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4, § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2; KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Streitjahr(e)
2003, 2004, 2005
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin zu Recht aufgrund einer trotz Verbots erfolgten Privatnutzung ihres Gesellschafter-Geschäftsführers in Haftung genommen wurde.
An der Klägerin waren zunächst … (R) mit 45 %, seine Lebensgefährtin … (G) mit 50 % sowie ein … (S) mit 5 % beteiligt. Am 8. Juli 2004 erwarb R den Geschäftsanteil des S. Alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Klägerin sind R und G.
Die Klägerin stellte R während des Streitzeitraumes jeweils folgende PKW zur Verfügung:
Typ |
BMW 740D |
BMW 750IL |
BMW 745I |
BMW 760Li |
Bruttolistenpreis |
66.500 € |
105.000 € |
85.000 € |
150.800 € |
Kennzeichen |
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Zeitraum |
bis 10/2001 |
bis 09/2003 |
bis 06/2005 |
Juli 2005 |
In dem Anstellungsvertrag mit R ist vereinbart, dass dieser den PKW ausschließlich für geschäftliche Zwecke nutzen dürfe.
Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung gelangte der Prüfer zu der Ansicht, eine Privatnutzung durch R sei nicht auszuschließen, da weder ein Fahrtenbuch geführt worden sei, noch sonst eine Überwachung der Einhaltung des Nutzungsverbots stattgefunden habe. Zudem verfüge R privat nur über ein Saab Cabrio mit Erstzulassung vom 30. April 1991 und Saisonkennzeichen für April bis Oktober seit dem 21. Februar 2001.
Der Beklagte (das Finanzamt – FA) folgte der Ansicht des Lohnsteueraußenprüfers, dass die Privatnutzung ab 2001 im Rahmen der 1 %-Regelung als lohnsteuerpflichtiger Sachbezug zu versteuern sei und erließ – nachdem sich die Klägerin mit der Übernahme der Lohnsteuer einverstanden erklärt hatte – einen entsprechenden Haftungsbescheid über Lohnsteuer 32.631,88 €, Kirchensteuer 2.936,91 € und Solidaritätszuschlag 1.794,79 €.
Hiergegen richtet sich nach Erfolglosigkeit des Einspruchs die Klage.
Die Klägerin ist der Ansicht, da ein Nutzungsverbot vertraglich vereinbart sei und tatsächlich keine Privatnutzung stattgefunden habe, bleibe kein Raum für die Anwendung der 1 %-Regel. Ein Fahrtenbuch liege zwar nicht vor, die betrieblich gefahrenen Kilometer könnten jedoch ab dem 1. Januar 2004 aufgrund der seitens R geführten Kalenderaufzeichnungen nachvollzogen werden. Einen Großteil der Fahrten habe R sich von Mitarbeitern fahren lassen, die somit die Einhaltung des Nutzungsverbots insoweit bestätigen könnten. Die Überwachung des Nutzungsverbots sei darüber hinaus durch die Mitgesellschafterin erfolgt. Da der Firmensitz mit dem Wohnsitz von R identisch sei, seien Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht angefallen. R sei zudem überwiegend im Außendienst für die Klägerin tätig. Für die wenigen privaten Fahrten stünden ihm sowohl das Fahrzeug seiner Lebensgefährtin, sein eigenes Cabrio sowie ein Motorrad zur Verfügung.
Die Klägerin beantragt,
den Haftungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge sowie von der Lohnsteuer abzusetzende Beträge für die Zeit von Januar 2003 bis Juli 2005 vom 25. Oktober 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Januar 2007 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner in der Einspruchsentscheidung dargelegten Auffassung fest, nach der die Klägerin den Anscheinsbeweis der privaten Nutzung des jeweiligen Firmenfahrzeugs nicht widerlegt habe.
Der Beklagte führt ergänzend aus, seiner Ansicht nach komme insbesondere auch die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) nicht in Betracht, da R in den Streitjahren kein beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer gewesen sei. Das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 23. Januar 2008 (I R 8/06, BFH/NV 2008, 1057) sei noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlich, so dass keine Verpflichtung zur Anwendung bestehe.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Lohnsteuerhaftungsbescheid vom 25. Oktober 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Januar 2007 ist rechtswidrig und die Klägerin hierdurch in ihren Rechten verletzt, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgericht...