Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Steuerhinterziehung bei Geldanlage in der Türkei
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Steuerpflicht von Zinseinkünften aus der Türkei unter Anrechnung der Quellensteuer.
- Zum Begriff der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO.
- Für das Vorliegen einer Steuerhinterziehung ist bedingter Vorsatz ausreichend.
- Auch im finanzgerichtlichen Verfahren ist der steuerstrafrechtliche Grundsatz „in dubio pro reo” zu beachten. Das Gericht muss auf der Grundlage des Gesamtergebnisses des Verfahrens von der Höhe und dem Vorliegen der Steuerhinterziehung überzeugt sein.
Normenkette
AO § 370 Abs. 1
Streitjahr(e)
1992, 1993, 1994, 1995, 1996
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob hinsichtlich nicht erklärter Zinseinkünfte für in der Türkei angelegte Gelder, eine Steuerhinterziehung in den Jahren 1992-1996 vorliegt.
Die Kläger sind in den Streitjahren in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Sie leben seit 1972 in Deutschland, der Kläger ist bei .... als Arbeiter beschäftigt, die Klägerin ist Hausfrau.
Sie haben für die Jahre 1992-1996 auch Steuererklärungen abgegeben. Allerdings sind beim Beklagten nur noch die Steuererklärungen für die Jahre 1992 und 1996 vorhanden. 1992 wurde angegeben, dass Kapitalerträge nicht angefallen seien. In der Steuererklärung 1996 wurde im Mantelbogen angekreuzt, dass die Kapitaleinkünfte unter den Freibeträgen lägen. Für die Jahre 1993-1995 sind ausweislich der ausgedruckten Bescheide keine Einkünfte aus Kapitalvermögen erfasst. Die Einkommensteuererklärung 1996 wurde am 07.02.1997 bei Beklagten eingereicht.
Aufgrund einer Kontrollmitteilung wurden die Kläger vom Beklagten mit Schreiben vom 21.11.2002 aufgefordert, für die Jahre 1991 bis 2001 ein Aufstellung über die erzielten Kapitalerträge einzureichen. Am 23.12.2002 gingen beim Beklagten Aufstellungen über Kapitalerträge bei der türkischen Zentralbank ein, nach einer weiteren Aufforderung auch Aufstellungen der D. Bank XXX sowie der S.-Bank YY e.G..
Die Kläger hatten demnach in den Streitjahren folgende Einnahmen aus Kapitalvermögen:
Jahr |
Ausland |
Inland |
Gesamtbetrag |
1992 |
2.700 DM |
1.347 DM |
4.047 DM |
1993 |
29.621 DM |
626 DM |
30.247 DM |
1994 |
77.200 DM |
141 DM |
77.341 DM |
1995 |
38.200 DM |
111 DM |
38.311 DM |
1996 |
45.757 DM |
62 DM |
45.819 DM |
Die Daten hat der Beklagte aus Aufstellungen der Kläger übernommen, die diese auf Anfrage im Jahr 2002 übersandt haben. Daraufhin änderte der Beklagte gem. § 173 Abgabenordnung (AO) die Bescheide jeweils mit Datum vom 27. Februar 2003. Ein Steuerstrafverfahren wurde nicht eingeleitet. Im Einspruchsverfahren wurden vom Klägervertreter die Durchschriften der eingereichten Steuererklärungen angefordert. Dies wurde ihm jedoch versagt, mit dem Hinweis, dass nur noch die Erklärungen 1992, 1996 vorhanden seien.
Ein Einspruch gegen die obengenannten Bescheide wurde mit Einspruchsbescheid vom 14. Juli 2003 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.
Die Kläger machen geltend, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen steuerfrei seien, da diese bei der Türkischen Zentralbank angelegt worden seien. Sie beziehen sich hierauf auf Art. 11 des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) Deutschland/Türkei. Zudem sei der subjektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung im Sinne des § 370 AO nicht erfüllt. Die Kläger hätten nicht vorsätzlich gehandelt. Beide Ehegatten seinen Inhaber des Bankkontos gewesen, tätig sei jedoch nur der Kläger gewesen. Den Klägern sei nicht klargewesen, dass hinsichtlich ihres Verhaltens eine Steuerunehrlichkeit vorläge und der staatliche Steueranspruch verkürzt werde. Vertreter der Türkischen Zentralbank hätten den Klägern eine Videokassette übersandt, in der ausgeführt werde, dass die Anlage von Kapital in der Türkei bei der Türkischen Zentralbank in Deutschland steuerfrei sei. Zudem hätten die Vertreter der D. Bank den Kläger auf eine Steuerpflicht in Deutschland ebenfalls nicht hingewiesen. Die Anlage sei auch in türkischen Zeitungen inseriert gewesen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass deutsche Ermittlungsbehörden von den Erklärungen und Inseraten der Türkischen Zentralbank Kenntnis hatten. Zudem müsse auch geklärt werden, ob die D. Bank die Überweisungen im Rahmen der Geldwäschegesetze gemeldet habe, um festzustellen, ob hierbei Verschulden des Finanzamtes vorliege oder ein Verstoß gegen Treu und Glauben geben sei.
Da, wie oben bereits erwähnt, Schuldausschließungsgründe vorlägen, habe der Kläger auch ohne Schuld gehandelt. Es habe vorliegend allein der Kläger die Transaktion vorgenommen. Er sei sich nicht bewusst gewesen Unrecht zu tun. Der Kläger sei Fabrikarbeiter und hätte bis heute keine einzige Einkommensteuererklärung bzw. ein amtliches Formular selbst ausgefüllt. Die Steuererklärungen seien von einem Kollegen des Klägers vorgeschrieben worden, dieser habe die Einträge dann in das endgültige Formular übertragen. Es seien unterschiedliche...