Entscheidungsstichwort (Thema)
Mithören eines Telefongesprächs als Verletzung des Persönlichkeitsrechts, Beweisverwertungsverbot
Leitsatz (redaktionell)
Das Mithören oder Mithörenlassen eines Telefongespräch, das ein Arbeitnehmer mit dem sich in den Büroräumen aufhaltenden Arbeitgeber(-vertreter) führt, stellt eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers dar, wenn der Arbeitgeber nicht ausdrücklich auf den Umstand des Mithörens durch Dritte hinweist. Ein unter Verletzung des Persönlichkeitsrechts erlangtes Beweismittel darf im Prozeß nicht verwertet werden.
Orientierungssatz
Entgegen BGH, Urteil vom 17.2.1982, VIII ZR 29/81 = AP Nr 2 zu § 284 ZPO.
Normenkette
GG Art. 2, 1; ZPO §§ 284, 286
Tenor
I. Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers weder durch eigene Kündigung noch durch das Schreiben der Beklagten vom 02.09.1988 aufgelöst ist, sondern fortbesteht.
II. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
III. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.756,– DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses.
Der Kläger ist seit dem 08.02.1988 bei der Beklagten als Rohrlegerhelfer gegen einen Stundenlohn von zuletzt 14,50 DM brutto beschäftigt.
Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer im Wirtschaftsbereich Heizung-, Klima- und Sanitärtechnik Anwendung. Arbeitsvertraglich ist u.a. vereinbart, daß die Aufhebung des Arbeitsvertrages der Schriftform bedarf.
Am 02.09.1988 fand zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten ein Telefongespräch statt, dessen Inhalt im einzelnen streitig ist. Mit Schreiben vom 02.09.1988 (Bl. 4 d.A.) nimmt die Beklagte auf diesen Telefonanruf Bezug und erklärt, daß sie eine vom Kläger ausgesprochene fristlose Kündigung „annehme”. Mit Schreiben vom 09.09.1988 (Bl. 3 d.A.) erklärte der Kläger, daß er in dem Telefongespräch vom 02.09.1988 mitgeteilt habe, daß er nicht kündigen wolle. Seit dem 02.09.1988 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt.
Mit der vorliegenden, bei Gericht am 23. September 1988 eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses.
Er behauptet, daß er das Arbeitsverhältnis in dem Telefongespräch vom Morgen des 02.09.1988 nicht gekündigt habe. Vielmehr habe er lediglich auf seine Erkrankung hingewiesen und gefragt, ob ihm deswegen eine Kündigung seitens der Beklagten drohe. Der Kläger ist der Ansicht, daß das Arbeitsverhältnis – auch im Hinblick auf die zwischen den Parteien bestehenden Formvorschriften – nicht aufgelöst sei.
Der Kläger beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis weder durch eigene Kündigung noch durch das Schreiben der Beklagten vom 02.09.1988 aufgelöst ist, sondern fortbesteht.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, der Kläger habe am 02.09.1988 um 7.55 Uhr fernmündlich das Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt, nachdem der Geschäftsführer der Beklagten der klägerischen Bitte, selbst eine Kündigung auszusprechen, nicht nachgekommen sei. Der Geschäftsführer der Beklagten habe die klägerische Kündigung angenommen. Das entsprechende Telefongespräch sei durch eine Mitarbeiterin mittels einer Konferenzschaltung verfolgt worden (Zeugnis …)
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf die Erklärungen der Parteienvertreter in den Terminen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage war zulässig und begründet.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde weder durch Kündigung noch in anderer Weise aufgelöst.
1. Die Klage war zulässig.
Insbesondere war auch hinsichtlich des allgemeinen Feststellungsantrages, daß das Arbeitsverhältnis fortbestehe, ein Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen. Angesichts des streitigen Telefongespräches kamen je nach dessen Auslegung verschiedene Modalitäten der Auflösung des Arbeitsverhältnisses in Betracht, auf die sich die Beklagte auch berufen hat. Es war demgemäß ein Interesse des Klägers daran anzuerkennen, daß ein Fortbestand des Arbeitsverhältnisses unter Prüfung mehrerer denkbarer Auflösungstatbestände festgestellt werde.
2. Die Klage ist begründet.
Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist nicht aufgelöst.
2.1. Das Arbeitsverhältnis ist nicht durch eine Kündigung des Klägers aufgelöst.
Gemäß § 11 A Ziff. 5 des auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findenden Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer im Wirtschaftsbereich Heizung-, Klima- und Sanitärtechnik haben Kündigungen beiderseits schriftlich zu erfolgen. Diese tarifvertraglich statuierte Formvorschrift gilt auch für fristlose Kündigungen. Angesichts des klaren Wortlautes der Vorschrift ist nicht zu erkennen, daß dieses Formerfordernis nur für fristgemäße Kündigungen gelten solle. Soweit der insoweit klare Wortlaut eine Auslegung der Vorschrift überhaupt noch zulassen würde, wäre es vom Sinn und Zweck der Vorschrift auch nicht verständlich, daß die fristlose Kündigung von dem Formerfordernis au...