Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit von qualitativen Besetzungsregeln
Leitsatz (amtlich)
Die Besetzungsregel des Anhangs B III 1 des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland i.d.F. vom 6. Mai 1987, wonach als Korrektoren vorrangig geeignete Schriftsetzer zu beschäftigen sind, verstößt weder gegen Art. 12 Abs. 1 GG noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Normenkette
GG Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1; BetrVG § 99 Abs. 2 Nr. 1; Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie i.d.F. vom 6. Mai 1987 Anhang B III 1
Verfahrensgang
LAG Köln (Beschluss vom 16.01.1990; Aktenzeichen 11 TaBV 8/89) |
ArbG Köln (Beschluss vom 24.11.1988; Aktenzeichen 5 BV 149/88) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Köln vom 16. Januar 1990 – 11 TaBV 8/89 – wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Arbeitgeber und Betriebsrat streiten darüber, ob die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung des Bewerbers K… als Korrektor zu ersetzen ist.
Antragsteller dieses Verfahrens ist der Arbeitgeber. Er betreibt eine Druckerei, in der regelmäßig mehr als zwanzig wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt werden. Wegen länger andauernder Arbeitsunfähigkeit eines Korrektors und der Bewilligung einer Berufsunfähigkeitsrente für einen anderen Korrektor sollte eine Korrektorenstelle neu besetzt werden. Der Korrektor ist zuständig für allgemeine Korrekturen, zu denen im Betrieb des Arbeitgebers Verlagsobjekte, Akzidenzaufträge, Periodika und Bücherobjekte gehören. Mit Schreiben vom 21. September 1988 bat der Arbeitgeber den Betriebsrat um Zustimmung zu der von ihm geplanten Einstellung des Herrn Ralf K… als Korrektor unter Eingruppierung in die “Gruppe 4 nach 3 Drucktarif”. Mit Schreiben vom 23. September 1988 verweigerte der Betriebsrat seine Zustimmung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG unter Hinweis auf den Manteltarifvertrag für die Druckindustrie Anhang B Druckformherstellung III Korrektur, Nr. 1. Diese lautet:
“Die Tätigkeit des Korrektors umfaßt alle erforderlichen Korrekturen.
Jeder Korrektor ist verpflichtet, seine Korrekturen abzuzeichnen.
Als Korrektoren werden geeignete Schriftsetzer oder vorzugsweise Fachkräfte der Druckindustrie beschäftigt.
Wenn das zuständige Arbeitsamt nicht in der Lage ist, geeignete Schriftsetzer nachzuweisen, können andere nach ihrer Vorbildung geeignete Arbeitskräfte als Korrektor herangezogen werden; sie sind als Korrektor zu entlohnen.
Bei Stellenneubesetzung ist ein Vertreter der Korrektoren zur Feststellung der Eignung beratend hinzuziehen.”
Auch nachdem der Arbeitgeber mit Schreiben vom 28. September 1988 weitere Erläuterungen zu den übrigen externen Bewerbern gegeben hatte, blieb der Betriebsrat mit Schreiben vom 6. Oktober 1988 bei seiner Zustimmungsverweigerung.
Der Arbeitgeber ist der Auffassung, zur Eignung im Sinne der Tarifvorschrift gehöre sowohl das Merkmal der fachlichen wie der persönlichen Eignung. Beide Merkmale könne und müsse der Arbeitgeber beurteilen und er müsse entscheiden können, ob sowohl fachliche als auch persönliche Merkmale bei dem Bewerber die Gewähr für eine gedeihliche Zusammenarbeit böten. Weder das Arbeitsgericht noch der Betriebsrat dürften in den insoweit bestehenden Ermessens- und Beurteilungsspielraum und den Auswahlfreiraum des Arbeitgebers eingreifen und ihm mittelbar oder unmittelbar vorschreiben, wen er einstellen solle. Er habe nach Beurteilung der persönlichen und fachlichen Eignung aller Bewerber zu Recht den Bewerber K… ausgewählt. Alle übrigen Bewerber seien entweder fachlich oder persönlich nicht geeignet gewesen. Die Bewerberin T. habe zwar eine Ausbildung als Schriftsetzerin, ihr seien aber bereits bei ihrem Bewerbungsschreiben zwei Interpunktionsfehler unterlaufen. Voraussetzung für die Tätigkeit eines Korrektors sei aber die sichere Beherrschung der deutschen Sprache.
Aus den Bewerbungsunterlagen des Herrn Kü. ergebe sich nicht, daß er die Schriftsetzerlehre erfolgreich abgeschlossen habe, außerdem seien auch ihm in dem Bewerbungsschreiben zwei Interpunktionsfehler und ein Rechtschreibfehler unterlaufen.
Herr N. sei zwar gelernter Schriftsetzer und arbeite als Korrektor. Auf sein Bewerbungsschreiben sei er zu einem Vorstellungsgespräch geladen worden. Dabei habe sich herausgestellt, daß er fünf verschiedene Beschäftigungslücken aufweise, nämlich vom 3. September 1965 (dem Ausscheiden aus einer Druckerei) bis zum 31. Januar 1966, vom 1. Juli 1966 bis zum 28. März 1967, vom 22. Mai 1969 (Beendigung eines Arbeitsverhältnisses) bis zum 9. Juni 1969 und vom 23. November 1973 (Ausscheiden aus einer Druckerei) bis zum September 1976 sowie von 1979 bis 1986. Diese Beschäftigungslücken habe Herr N. nicht weiter begründet. Deshalb bestünden Zweifel an seiner Beständigkeit und damit Eignung für seine Tätigkeit als Korrektor. Er, der Arbeitgeber, sei an einer langfristigen Beschäftigung eines Korrektors interessiert, der einen lückenlosen Lebenslauf aufweise.
Der Bewerber Norbert L. habe nach eigenen Angaben ein siebenjähriges Lehrerstudium der Fächer Deutsch und Philosophie “hinter sich”, das er aber nicht erfolgreich habe abschließen können. 1984 habe er eine Lehre als Drucker (Fachrichtung Tiefdruck) erfolgreich abgeschlossen und bis August 1987 als Tiefdrukker an Rotationsmaschinen gearbeitet. Im August 1987 sei das Arbeitsverhältnis “im gegenseitigen Einvernehmen” beendet worden. Herr L. habe dargelegt, er habe das Arbeitsverhältnis beenden müssen, weil bei ihm eine Schichtunverträglichkeit festgestellt worden sei. Nach seiner Behauptung habe er als Student schon freiberuflich als Korrektor gearbeitet. Seine Unterlagen ließen aber keine positive Aussage über die Eignung als Korrektor zu.
Herr Heinrich S. habe im Juli 1979 seine Ausbildung als Schriftsetzer erfolgreich abgeschlossen. 1986 habe er eine Gehilfenprüfung als Fachgehilfe in steuer- und wirtschaftsberatenden Berufen abgelegt. Im Vorstellungsgespräch habe sich herausgestellt, daß für ihn die Tätigkeit als Korrektor nur eine Verlegenheitslösung sei, weil es für ihn schwierig sei, einen Arbeitsplatz in steuer- und wirtschaftsberatenden Berufen zu finden. Auch Herr S. habe verschiedene Beschäftigungslücken. Auf Befragen habe er dazu erklärt, es handele sich um Orientierungsphasen.
Er, der Arbeitgeber, habe dem Arbeitsamt Köln einen Vermittlungsauftrag für geeignete Schriftsetzer als Korrektoren erteilt, aber nur Nachweise von Arbeitslosen erhalten, die die Tätigkeit eines “Offset-Druckers” ausführen könnten. Alle diese Arbeitnehmer seien als Korrektor nicht geeignet. Fünf dieser Arbeitnehmer hätten trotz Aufforderung sich nicht mit ihm in Verbindung gesetzt, zwei würden nicht über genügende Deutschkenntnisse verfügen und einer suche ausdrücklich nur eine Stelle als Offset-Drucker. Da keine geeigneten Schriftsetzer oder andere geeignete Fachkräfte der Druckindustrie zur Verfügung stünden und das Arbeitsamt auch keine geeigneten Schriftsetzer als Korrektor habe nachweisen können, sei er berechtigt gewesen, auch andere Bewerber zu berücksichtigen, die fachlich geeignet seien. Dies sei bei dem Bewerber K… der Fall: Er habe 1983 die Befähigung zum Lehramt am Gymnasium in den Fächern Deutsch und Philosophie mit der Note “Gut” erworben. Er habe außerdem 1985 vier Monate und seit 1986 ununterbrochen die Tätigkeit eines Korrektors ausgeübt. Dazwischen sei er ein Jahr lang als Lehrer tätig gewesen.
Der Arbeitgeber ist im übrigen der Auffassung, die qualitative Besetzungsregelung des Anhangs B III 1 zum Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie verstoße gegen Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG, weil sie den Stellenbewerber in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit verletze und den allgemeinen Gleichheitssatz nicht beachte. Den Arbeitgeber verletze die Besetzungsregelung ebenfalls in seinem Recht auf Berufsausübung und in seinem Recht auf Freiheit im wirtschaftlichen Verkehr. Da deshalb die Vorschrift im Anhang zum MTV nichtig sei, könne die beabsichtigte Einstellung auch nicht gegen diese Tarifnorm verstoßen, so daß der Betriebsrat auf jeden Fall seine Zustimmung zu Unrecht verweigert habe.
Der Arbeitgeber hat beantragt,
die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Einstellung des Arbeitnehmers Ralf K… in den Betrieb des Arbeitgebers als Korrektor zu ersetzen.
Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen.
Zur Begründung hat er vorgetragen, mehrere geeignete Schriftsetzer hätten sich um die Korrektorenstelle beworben. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb Herr N. aufgrund von Beschäftigungslücken nicht die Gewähr für eine langfristige Zusammenarbeit bieten sollte. Darüber hinaus habe auch Herr K… eine Beschäftigungslücke von mehr als einem Jahr aufzuweisen.
Nach Auffassung des Betriebsrats verstößt die qualitative Besetzungsregel des Anhangs B III 1 zum MTV nicht gegen das Grundgesetz. Die Grundrechtsbindung der Tarifvertragsparteien sei zweifelhaft. Jedenfalls könne die Freiheit der Berufsausübung tarifvertraglich beschränkt werden. Dies sei mit der Regelung in B III 1 des Anhangs zum MTV unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit geschehen. Daher habe der Arbeitgeber auf den Bewerber K… nicht zurückgreifen dürfen.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Arbeitgebers abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Arbeitgebers zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Arbeitgeber seinen Antrag weiter, während der Betriebsrat bittet, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers war zurückzuweisen, weil der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung nicht begründet ist.
I. Nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG kann der Betriebsrat die Zustimmung u.a. dann verweigern, wenn die Einstellung gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag verstoßen würde. Eine solche Bestimmung ist die Regelung des Anhangs B III 1 zum Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie (im folgenden MTV).
1. Nach dem Anhang B zum MTV gehören Korrekturen in den Betrieben der Druckindustrie zu den Tätigkeiten der Druckformherstellung.
Nach Anhang B I 4 sind alle Tätigkeiten in den einzelnen Bereichen der Druckformherstellung, soweit in den einzelnen Anhängen nicht ausdrücklich anders geregelt, vorzugsweise von Fachkräften der Gruppe Druckformherstellung auszuführen.
Ein solcher speziellerer Anhang ist der Anhang B III über die Korrektur.
a) Nach dem Anhang B III 1 werden die Tätigkeiten der Korrektur nicht vorzugsweise von allen Fachkräften der Gruppe Druckformherstellung ausgeführt, sondern zunächst von Schriftsetzern und zwar nur von solchen, die als Korrektoren geeignet sind.
Satz 3 von Anhang B III 1 ist insofern unklar, als danach als Korrektoren geeignete Schriftsetzer oder vorzugsweise Fachkräfte der Druckindustrie beschäftigt werden. Dieser sprachlich nicht gelungene Satz erhält nur dann einen nachvollziehbaren Sinn, wenn er dahin ausgelegt wird, daß auch nur geeignete Fachkräfte der Druckindustrie (im Gegensatz zu nichtgeeigneten) vorzugsweise als Korrektoren beschäftigt werden. Andererseits bezieht sich das Wort “vorzugsweise” zwar nicht grammatikalisch, aber dem Sinn nach auch auf die Schriftsetzer. Das ergibt bereits eine systematische Auslegung: Nach Anhang B III 1 Satz 4 können nämlich andere nach ihrer Vorbildung geeignete Arbeitskräfte als Korrektor herangezogen werden, wenn das zuständige Arbeitsamt nicht in der Lage ist, geeignete Schriftsetzer nachzuweisen. Eine solche Regelung hat auch einen vernünftigen Sinn, weil die Schriftsetzer, wie die Korrektoren, über überdurchschnittlich gute Kenntnisse in der Rechtschreibung und der Interpunktion verfügen müssen. Das gleiche kann nicht von anderen Fachkräften der Druckindustrie gesagt werden. Deswegen sollen diese – wenn sie geeignet sind – nur dann als Korrektoren beschäftigt werden, wenn geeignete Schriftsetzer nicht zur Verfügung stehen. Dabei haben nach dieser Regelung die anderen Fachkräfte der Druckindustrie nur einen Vorrang vor anderen Arbeitnehmern, wenn sie sich um einen konkreten Arbeitsplatz als Korrektor bewerben. Liegen Bewerbungen anderer Fachkräfte der Druckindustrie nicht vor, so kann der Arbeitgeber eine andere geeignete Arbeitskraft als Korrektor einstellen, es sei denn, das zuständige Arbeitsamt wäre in der Lage, einen geeigneten Schriftsetzer nachzuweisen. Im vorliegenden Falle würde der Arbeitgeber die qualitative Besetzungsregel des Anhangs B III 1 also dann nicht verletzen, wenn sich geeignete Schriftsetzer oder andere Fachkräfte der Druckindustrie für den ausgeschriebenen Arbeitsplatz nicht beworben hätten und auch vom zuständigen Arbeitsamt als Korrektor geeignete Schriftsetzer nicht nachgewiesen worden wären.
b) Die qualitative Besetzungsregel des Anhangs B III 1 begründet für Schriftsetzer und andere Fachkräfte der Druckindustrie gegenüber den übrigen Arbeitskräften nur einen sehr begrenzten Vorrang, weil sie nicht nur die fachliche, sondern auch die charakterliche Qualifikation für die Tätigkeit eines Korrektors haben müssen.
Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist Eignung ein anderer Begriff für Tauglichkeit. Geeignet ist ein Bewerber für die Tätigkeit auf einem bestimmten Arbeitsplatz, wenn er die erforderlichen fachlichen Voraussetzungen hat und den erforderlichen charakterlichen Anforderungen entspricht. Daß auch das Persönlichkeitsbild zur Eignung gehört, wird besonders deutlich an Art. 33 Abs. 2 GG, wonach jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte hat. Die Rechtsprechung zu Art. 33 Abs. 2 GG hat stets wiederholt, daß unter Eignung die fachlichen und formellen Voraussetzungen sowie die charakterliche Qualifikation für einen Beruf zu verstehen ist (BAGE 28, 62 = AP Nr. 2 zu Art. 33 Abs. 2 GG). Aus diesem Grunde hat der Fünfte Senat ausgeführt, daß die Eignung eine vorausschauende Bewertung des Charakters voraussetzt (Urteil vom 6. Februar 1980 – 5 AZR 848/77 – AP Nr. 5 zu Art. 33 Abs. 2 GG). Und auch der Zweite Senat, der nunmehr für die Einstellungsprozesse nach Art. 33 Abs. 2 GG zuständig ist, hat ausgeführt, Eignung umfasse die fachlichen und formellen Voraussetzungen sowie die charakterliche Qualifikation (Urteil vom 16. Februar 1982 – 2 AZR 144/81 – AP Nr. 19 zu Art. 33 Abs. 2 GG). Insoweit ist das Arbeitsgericht von einem zu engen Begriff der Eignung ausgegangen, wie der Arbeitgeber zu Recht gerügt hat. Das Arbeitsgericht hätte den Antrag des Arbeitgebers nicht bereits mit der Begründung abweisen dürfen, es hätten sich um die Stelle des Korrektors auch Schriftsetzer beworben.
Dem Arbeitgeber kann aber nicht in seiner Auffassung gefolgt werden, er habe bei der Prüfung der Eignung einen Entscheidungs-, Ermessens- und Beurteilungsspielraum, der weder vom Betriebsrat noch von einem Gericht eingeengt werden dürfe. Die Tatsache, daß die Eignung im Sinne des Anhangs B III 1 zum MTV auch eine subjektive Seite hat, bedeutet nicht, daß insoweit die Entscheidung des Arbeitgebers nicht nachprüfbar ist. Vielmehr hat er die objektiven Umstände vorzutragen, aus denen sich ergeben soll, daß eine Eignung der sich bewerbenden Schriftsetzer oder anderen Fachkräfte der Druckindustrie ausscheidet. Das Arbeitsgericht hat dann nachzuprüfen, ob die vom Arbeitgeber behaupteten Tatsachen vorliegen und ob sie den Schluß rechtfertigen, daß eine Eignung nicht gegeben ist. Das gleiche hat der Zweite Senat für die Eignung im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG in ständiger Rechtsprechung entschieden. In den vom Zweiten Senat entschiedenen Fällen ging es jeweils darum, ob die Behörden bei der Bewertung der Verfassungstreue (= Eignung) einen den Gerichten versperrten Beurteilungsspielraum haben oder nicht. Der Zweite Senat hat entschieden, daß die Gerichte nachzuprüfen haben, ob belastende Umstände vorliegen und diese ein hinreichendes Gewicht dafür haben, begründete Zweifel an der Verfassungstreue auszulösen (BAGE 39, 235 = AP Nr. 17 zu Art. 33 Abs. 2 GG).
2. Vorliegend hat der Betriebsrat eine ganze Reihe von Arbeitnehmern genannt, die als Korrektor geeignet sein sollen.
Der Betriebsrat hat die Zustimmung zur Einstellung des Herrn K… nicht mit der Begründung verweigern können, es seien vom Arbeitsamt Offset-Drucker nachgewiesen worden. Wie die Auslegung des Anhangs B III 1 ergeben hat, kann der Arbeitgeber andere geeignete Arbeitskräfte als Korrektor heranziehen, wenn das zuständige Arbeitsamt nicht in der Lage ist, geeignete Schriftsetzer nachzuweisen. Es kommt also nicht mehr darauf an, ob diese Offset-Drucker als Korrektor geeignet gewesen wären. Beworben haben sie sich um die Korrektorenstelle nicht, wie sich aus dem Schriftwechsel zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ergibt. Die Erklärung des Arbeitgebers, diese Offset-Drucker hätten sich mit ihm nicht in Verbindung gesetzt oder seien trotz Einladung zu einem Vorstellungsgespräch nicht erschienen, hat der Betriebsrat “so zur Kenntnis” genommen.
Der Betriebsrat hat die Zustimmungsverweigerung auch nicht damit begründen können, Frau T. sei eine als Korrektor geeignete Schriftsetzerin. Die fehlende Eignung von Frau T. ergibt sich daraus, daß ihr in dem von ihr vorgelegten Bewerbungsschreiben zwei Interpunktionsfehler unterlaufen sind.
Das Landesarbeitsgericht hat aber ohne Rechtsfehler angenommen, der Bewerber Herbert N. habe die Ausbildung eines Schriftsetzers und sei geeignet für die Tätigkeit eines Korrektors. Der Bewerber N. arbeitete bisher schon als Korrektor.
Der Arbeitgeber ist für die Behauptung, dennoch sei dieser Bewerber als Korrektor nicht geeignet, darlegungspflichtig. Dieser Darlegungspflicht ist der Arbeitgeber nicht ausreichend nachgekommen. Die fehlende Eignung hat der Arbeitgeber mit fünf Beschäftigungslücken des Bewerbers N. begründet, aus der sich eine mangelnde Beständigkeit ergebe. Beschäftigungslücken können zwar für eine fehlende Beständigkeit sprechen. Der Arbeitgeber hätte aber etwas dafür vortragen müssen, weshalb zum Zeitpunkt der Bewerbung der Arbeitnehmer N. wegen Unbeständigkeit noch ungeeignet als Korrektor gewesen sein soll. Der Bewerber hatte seit 1986, also annähernd drei Jahre lang bei einem und demselben Arbeitgeber als Korrektor gearbeitet. Vor diesem Hintergrund hätte der Arbeitgeber zumindest vortragen müssen, er habe N. auf die früheren Beschäftigungslücken angesprochen und hierfür keine befriedigende Erklärung erhalten. Beschäftigungslücken können sich z.B. auch aus einer inzwischen ausgeheilten Krankheit erklären. Der Arbeitgeber hat aber noch nicht einmal vorgetragen, er habe die Beschäftigungslücken überhaupt angesprochen. Hat der Arbeitgeber aber die Umstände, aus denen sich die fehlende Eignung des Bewerbers N. ergeben soll, nicht dargetan, so ist das Landesarbeitsgericht zu Recht von der Eignung des Schriftsetzers N. ausgegangen.
II. Ist davon auszugehen, daß der Bewerber N. die Ausbildung eines Schriftsetzers hat, bisher als Korrektor gearbeitet hat und auch für diese Tätigkeit geeignet ist, so ist die Zustimmungsverweigerung begründet, der Antrag des Arbeitgebers also unbegründet, da die Tarifnorm des Anhangs B III 1 des MTV rechtswirksam ist.
1. Sinn und Zweck der qualitativen Besetzungsregel in dem Anhang B III 1 entspricht nicht ganz dem der qualitativen Besetzungsregel in dem Anhang D Nr. 1 über die Weiterverarbeitung, über deren Wirksamkeit der Senat im Beschluß vom 26. April 1990 (– 1 ABR 84/87 – EzA § 4 TVG Druckindustrie Nr. 20, zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) zu entscheiden hatte.
Die Vereinbarung qualitativer Besetzungsregeln in der Druckindustrie dient seit jeher mehreren Zielen: Eine Funktion der qualitativen Besetzungsregeln ist es, einen Beschäftigungsschutz für Fachkräfte der Druckindustrie zu schaffen (Berg/Wendeling-Schröder/Wolter, RdA 1980, 299, 300). Dieser Zweck stand ganz im Vordergrund bei der Vereinbarung des Tarifvertrags über die Einführung und Anwendung rechnergesteuerter Textsysteme vom 20. März 1978 (RTS-TV), dessen erklärtes Ziel es war, die negativen Auswirkungen der Einführung dieser neuen Technologie auf die Arbeitnehmer zu begrenzen, indem vereinbart wurde, bestimmte Tätigkeiten für einen Zeitraum von acht Jahren vorzugsweise durch die überflüssig gewordenen Fachkräfte der Druckindustrie ausüben zu lassen. Anders als in dem RTS-TV enthalten die Manteltarifverträge der Druckindustrie seit dem Inkrafttreten des Setzmaschinentarifs vom 1. Januar 1900 qualitative Besetzungsregeln gerade für Facharbeiten, die nicht überflüssig geworden sind und eine gründliche Ausbildung erfordern. Sie sind unabhängig von einschneidenden technologischen Entwicklungen immer wieder vereinbart worden. Sie versperren nicht für Arbeitnehmer mit anderer oder ohne Berufsausbildung den Zugang zu den Arbeitsplätzen der Druckindustrie. Sie verpflichten den Arbeitgeber nur zur vorrangigen Beschäftigung von Fachkräften mit entsprechender Berufsausbildung bei Facharbeiten bestimmter Lehrberufe. Damit wird dreierlei erreicht: Es werden Hilfskräfte ohne Ausbildung und angelernte Hilfskräfte vor Überforderung geschützt; es wird die Arbeitsqualität gefördert, indem ein Anreiz geschaffen wird, eine Ausbildung für die anspruchsvolleren Tätigkeiten der Druckindustrie auf sich zu nehmen und es wird den Fachkräften der Druckindustrie ein besonderer Beschäftigungsschutz gewährt. Dabei bedingen alle drei Ergebnisse einander.
2. Die vorliegende qualitative Besetzungsregel hat die Besonderheit, daß es für den Korrektor keine eigene Berufsausbildung gibt. Deshalb kann diese qualitative Besetzungsregel auch nicht damit gerechtfertigt werden, daß sie die Hilfskräfte vor Überforderung schützen solle. Dem entspricht ein erheblich weniger stark ausgebildeter Vorrang für die Beschäftigung von Fachkräften der Druckindustrie als Korrektoren gegenüber dem allgemeinen Anhang A III 5 MTV, wonach alle Facharbeiten in den Gruppen Druckformherstellung, Druck und Weiterverarbeitung von Fachkräften der Druckindustrie auszuüben sind. Immerhin wird aber auch durch die qualitative Besetzungsregel des Anhangs B III 1 ein Vorrang insbesondere der Schriftsetzer gegenüber anderen Bewerbern um eine Stelle als Korrektor geschaffen. Dieser Beschäftigungsschutz dient gleichzeitig als Anreiz, eine Ausbildung für die anspruchsvolleren Tätigkeiten der Druckindustrie auf sich zu nehmen. Nur dann, wenn für die Fachkräfte der Druckindustrie eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, daß sie auch längere Zeit in der Druckindustrie arbeiten können, lohnt es sich für sie, eine längere Ausbildung auf sich zu nehmen. Da aufgrund der technologischen Entwicklung in den letzten Jahrzehnten sich die Anforderungen an die Tätigkeit der Arbeitnehmer in der Druckindustrie sehr schnell ändern, andererseits auch die Arbeitgeber betonen, daß eine gute Grundausbildung erforderlich ist, behält die Anreizfunktion der qualitativen Besetzungsregel nach wie vor große Bedeutung für die gesamte Druckindustrie.
3. Im Beschluß vom 26. April 1990 (– 1 ABR 84/87 – EzA § 4 TVG Druckindustrie Nr. 20, zu B V 2 der Gründe) hat der Senat ausführlich begründet, daß die qualitativen Besetzungsregeln Betriebsnormen sind.
Abschlußnormen sind sie schon deshalb nicht, weil von ihnen ebenso bereits beschäftigte Arbeitnehmer betroffen werden wie solche, die sich erst um einen Arbeitsplatz bemühen. Sie wenden sich auch – zumindest unmittelbar – nicht an den einzelnen Arbeitnehmer, sondern an den Arbeitgeber.
Betriebsnormen sind sie deshalb, weil sie gerade nicht auf das einzelne Arbeitsverhältnis abstellen, sondern auf die Besetzung des Arbeitsplatzes als objektiven Faktor. Da die Besetzungsregel sich auf die Anforderungen der Arbeitsplätze bezieht, kann sie nur einheitlich für Organisierte und Nichtorganisierte gelten. Eine Regelung, die die Besetzung eines Arbeitsplatzes wegen seiner Anforderungen von einer bestimmten Ausbildung abhängig macht, kann sinnvollerweise nur für alle Arbeitnehmer einheitlich erfolgen (Reuter, ZfA 1978, 1, 4; Zöllner, RdA 1962, 453, 454; Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 3 Rz 66).
4. Dem Landesarbeitsgericht war im Ergebnis auch darin zu folgen, daß die qualitative Besetzungsregel des Anhangs B III 1 des MTV nicht verfassungswidrig ist.
a) Der Senat hat zunächst im Beschluß vom 13. September 1983 (BAGE 44, 141 = AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge: Druckindustrie) entschieden, § 2 RTS-TV, der eine qualitative Besetzungsregelung enthält, verstoße nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Er hat dabei offengelassen, ob es sich bei den qualitativen Besetzungsregeln um subjektive Zulassungsvoraussetzungen oder um Regelungen der Berufsausübung handelt. Er hat darauf abgestellt, daß die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den freien Berufen nicht ohne weiteres und schematisch auf die abhängige Arbeit übertragen werden könne. Wer einer selbständigen beruflichen Tätigkeit nachgehen wolle, stelle sich dem Wettbewerb mit anderen auf einem Markt mit prinzipiell freiem Zugang und mit einer nicht eingeschränkten Zahl berufstätiger Personen. Er bedürfe keines Dritten, der ihm erst die Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit ermögliche. Dagegen sei derjenige, der als abhängiger Arbeitnehmer beruflich tätig werden wolle, auf einen Arbeitgeber angewiesen, der ihm einen entsprechenden Arbeitsplatz anbiete. Die Zahl der einschlägigen Arbeitsplätze sei aber begrenzt. Es gehe also nicht wie bei der Zulassung zu einer selbständigen beruflichen Tätigkeit um die Frage, wer neben anderen, sondern wer anstelle anderer die gewünschte Berufstätigkeit aufnehmen könne. Damit stelle sich ein Auswahlproblem, daß sich allein mit dem Blick auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit nicht befriedigend lösen lasse. Daß für diese Auswahl auch soziale Gesichtspunkte einbezogen werden könnten, entspreche der Wertung des Gesetzgebers, wie § 95 Abs. 2 BetrVG zeige; dort würden soziale Gesichtspunkte ausdrücklich als möglicher Bestandteil von Auswahlrichtlinien genannt. Für den Senat war wesentlich, daß der RTS-TV den Fachkräften der Druckindustrie lediglich den Vorrang gegenüber anderen Mitbewerbern einräumt, diese jedoch nicht ausschließt. Für den RTS-TV hat der Senat entschieden, die Bevorzugung der Fachkräfte sei durch sachbezogene Gründe gerechtfertigt, da diese sich einer langen beruflichen Ausbildung unterzogen und diese durch Ablegung einer erfolgreichen Abschlußprüfung beendet hätten. Außerdem hätten sie ihr dadurch erworbenes Wissen und ihre Fähigkeiten bisher der Druckindustrie auf entsprechend qualifizierten Arbeitsplätzen zur Verfügung gestellt und damit in der Vergangenheit ihren unentbehrlichen Beitrag zum Funktionieren dieses Wirtschaftszweiges geleistet. Wenn nunmehr diese Fachkräfte durch die neue Technologie rechnergesteuerter Textsysteme eine Entwertung ihrer beruflichen Qualifikation erlitten, sei es gerechtfertigt, aus sozialen Gründen einen gewissen Ausgleich zu schaffen, indem ihnen bei der Besetzung der neuen, wenn auch weniger qualifizierten Arbeitsplätze der Vorrang gegenüber anderen Arbeitsplatzbewerbern eingeräumt werde. Das in Art. 12 Abs. 1 GG angelegte Prinzip des freien beruflichen Wettbewerbs werde dadurch nicht unverhältnismäßig eingeschränkt, zumal der Tarifvertrag nur eine auf acht Jahre begrenzte Präferenz für die Fachkräfte der Druckindustrie vorsehe.
b) Im Beschluß vom 26. April 1990 (aaO) hat der Senat entschieden, daß die qualitative Besetzungsregel des Anhangs A III 5 in Verbindung mit A III 1a, A III 1b, A III 6 und Anhang D Nr. 1 nicht gegen das Recht auf freie Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) der beruflichen Außenseiter verstoßen, solange es nicht überflüssig geworden sei, Facharbeiten von Fachkräften der jeweiligen Gruppe der Druckindustrie ausüben zu lassen. Der Senat hat den Unterschied zum RTS-TV darin gesehen, daß die qualitativen Besetzungsregeln in den Anhängen zum MTV nicht der vorrangigen Besetzung von Arbeitsplätzen mit überqualifizierten Arbeitnehmern dienen, sondern sicherstellen sollen, daß Facharbeitsplätze, auf denen die Beschäftigung von ausgebildeten Facharbeitern grundsätzlich erforderlich ist, vorrangig auch mit Fachkräften der Druckindustrie besetzt werden. Schon dieser Unterschied zu der Besetzungsregel des § 2 RTS-TV spreche dafür, daß gerade auch die qualitativen Besetzungsregeln der Anhänge zum MTV verfassungsgemäß seien. Denn während die qualitativen Besetzungsregeln des RTS-TV allein die Funktion eines besonderen Schutzes für die überflüssig gewordenen Facharbeiter der Druckindustrie gegen Arbeitslosigkeit hätten, erfüllten die Besetzungsregeln der Anhänge zum MTV die Aufgabe, die ungelernten und angelernten Arbeitnehmer vor Überforderung zu schützen sowie die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen der Druckindustrie zu stärken, indem ein entsprechender Anreiz geschaffen werde, eine volle Ausbildung in den Ausbildungsberufen der Druckindustrie auf sich zu nehmen.
c) Im Unterschied zu den anderen qualitativen Besetzungsregeln in den Anhängen des MTV wird durch den Anhang B III 1 ein Vorrang der Fachkräfte der Druckindustrie für die Beschäftigung als Korrektor begründet, obwohl gerade dieser kein Ausbildungsberuf ist. Auch diese Besetzungsregel verletzt nicht das Recht auf freie Berufswahl der beruflichen Außenseiter.
aa) Das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet nach allgemeiner Ansicht dem einzelnen Bürger das Recht, jede erlaubte Erwerbstätigkeit, für die er sich eignet und befähigt glaubt, als “Beruf” zu ergreifen, d.h. zur Grundlage seiner Lebensführung zu machen (BVerfGE 7, 377, 397; 78, 179, 193). Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts stellt die Berufsfreiheit ein einheitliches Grundrecht dar, so daß der Regelungsvorbehalt des Satzes 2 sich dem Grunde nach sowohl auf die Berufsausübung als auch auf die Berufswahl erstreckt (BVerfGE 7, 377, 402). Der Gesetzgeber kann also nicht nur die Berufsausübung, sondern auch die Berufswahl reglementieren. Jedoch ist ihm diese Befugnis allein um der Ordnung der Berufsausübung willen verliehen worden. Sie darf deshalb nur unter diesem Gesichtspunkt allenfalls auch in die Freiheit der Berufswahl eingreifen. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers ist deshalb umso freier, je mehr es sich um eine reine Ausübungsregelung handelt, dagegen umso enger begrenzt, je mehr eine Regelung auch die Berufswahl berührt.
Die Freiheit der Berufsausübung kann schon beschränkt werden, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls dies zweckmäßig erscheinen lassen.
In seinem Beschluß vom 26. April 1990 (aaO) hat der Senat näher ausgeführt, daß die Abgrenzung von Berufsausübungsregelung zu subjektiver Zulassungsvoraussetzung Schwierigkeiten bereitet.
Eine präzise Abgrenzung zwischen Berufszulassung und Berufsausübung ist bisher nicht gelungen. Wenn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Verkauf von loser Milch im Rahmen eines Lebensmittelgeschäfts als eigenständiger Beruf bewertet und entsprechende Zulassungsbeschränkungen als Berufszulassungsvoraussetzungen qualifiziert werden (so BVerfGE 9, 39, 48), so vermag dies wenig zu überzeugen, wenn andererseits der Verkauf von Arzneifertigwaren durch einen Drogisten als Berufsausübung bewertet wird (so BVerfGE 9, 73, 78). Wichtiger als die formale Zuordnung einer Regelung zu den Berufszulassungsvoraussetzungen oder zur Berufsausübung ist deshalb, wie einschneidend mit der Regelung in das Grundrecht der Freiheit der Berufswahl eingegriffen wird.
Wiederum in dem Grundsatzbeschluß vom 26. April 1990 (aaO) hat der Senat dargelegt, weshalb es sich bei den qualitativen Besetzungsregeln nicht um subjektive Zulassungsvoraussetzungen handelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind mit subjektiven Zulassungsvoraussetzungen ausschließlich Vorbedingungen, namentlich bestimmte Kenntnisse, Fertigkeiten, Fähigkeiten oder persönliche Qualifikationen gemeint, die den Zugang zu einem Beruf eröffnen. Gerade darum handelt es sich bei den qualitativen Besetzungsregeln in den Anhängen zum MTV, insbesondere auch bei der Besetzungsregel des Anhangs B III 1 nicht. Sie versperrt nicht den Zugang zu einem Beruf, sie macht ihn nicht abhängig von einer formalen Qualifikation. Es bleibt jedem überlassen, ohne entsprechende Berufsausbildung sich um einen Arbeitsplatz als Korrektor zu bewerben. Die Besetzungsregel des Anhangs B III 1 begründet nur einen Vorrang für Schriftsetzer, soweit diese als Korrektoren geeignet sind.
Der Unterschied zu den subjektiven Zulassungsvoraussetzungen wird auch daran deutlich, daß die Besetzungsregeln sich gar nicht an die Arbeitnehmer, sondern an den Arbeitgeber wenden, der durch die qualitativen Besetzungsregeln in seiner Auswahlfreiheit eingeschränkt wird. Nur als Reflex dieser tarifvertraglichen Pflicht mindern sich die Erwerbschancen der Arbeitnehmer, die nicht den Beruf eines Schriftsetzers gelernt haben. Umgekehrt müßten die Arbeitnehmer, die keine Fachkräfte der Druckindustrie sind, nicht über mehr Erwerbschancen verfügen, wenn es keine qualitativen Besetzungsregeln gäbe. Denn dann stünde es in dem Ermessen des Arbeitgebers, genau so zu verfahren, wie es ihm jetzt die Besetzungsregeln vorschreiben, nämlich die Tätigkeit von Korrektoren zunächst von geeigneten Schriftsetzern ausführen zu lassen und nur dann, wenn er diese nicht findet, andere Arbeitskräfte einzusetzen.
Anders als bei einer gesetzlichen Regelung können die Arbeitnehmer auch auf nicht tarifgebundene Arbeitgeber ausweichen. So ist der Bewerber K… nach wie vor bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber als Korrektor beschäftigt. Im Grunde sind die qualitativen Besetzungsregeln von ihrer Wirkungsweise her nichts anderes als fachliche Auswahlrichtlinien, die in § 95 BetrVG geregelt sind. Die Verfassungswidrigkeit von § 95 BetrVG wird jedoch nicht diskutiert. Das mag daher kommen, daß bei einer betrieblichen Auswahlrichtlinie für den Arbeitnehmer immer Ausweichmöglichkeiten bleiben. Das gleiche gilt aber auch für einen Firmentarifvertrag. Ein Verbandstarifvertrag kann grundsätzlich nicht anders bewertet werden.
bb) Sind qualitative Besetzungsregeln Berufsausübungsregeln, so verletzen sie das Recht der Berufswahl der beruflichen Außenseiter nicht, da vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls die qualitative Besetzungsregel des Anhangs B III 1 MTV rechtfertigen.
Insoweit weisen Säcker/Oetker (Grundlagen und Grenzen der Tarifautonomie, 1989, S. 388) zu Recht darauf hin, daß die Abschottung vor der Konkurrenz auch bei qualitativen Besetzungsregeln kein Selbstzweck sein darf, sondern die Rechtfertigung durch die spezifischen Besonderheiten des Berufsstandes besitzen muß (so auch Wiedemann, BAG-Festschrift, 1979, S. 635, 659 f.; Wank, Das Recht auf Arbeit im Verfassungsrecht und Arbeitsrecht, 1980, S. 118). Vorliegend haben die Besetzungsregeln nicht nur die Funktion eines Beschäftigungsprivilegs für die Fachkräfte der Druckindustrie, insbesondere der Schriftsetzer. Vielmehr haben die Besetzungsregeln vor allem den Sinn, die Arbeitnehmer für eine erreichte Qualifikation zu belohnen und einen Anreiz zur Erlangung einer beruflichen Qualifikation zu geben (ebenso Säcker/Oetker, aaO, S. 388). Das Beschäftigungsprivileg gewinnt bei dieser Sichtweise seine Rechtfertigung durch das Interesse eines Gewerbezweiges an einem ausreichend großen Kreis von Fachkräften bei bestehender großer Unsicherheit, ob die Fachkräfte nach ihrer Ausbildung auch längere Zeit in ihrem Beruf arbeiten können. Diejenigen, die nicht mehr als Setzer beschäftigt werden können, sollen wenigstens vorrangig auf einem anderen Arbeitsplatz in der Druckindustrie beschäftigt werden, insbesondere auf Arbeitsplätzen, in denen ihre Fachkenntnisse noch nützlich sind, so als Korrektor. Den mit einer derartigen Beschränkung verbundenen Gefahren für andere Berufsanwärter und eine verfassungsrechtlich inakzeptable berufsmäßige Abschottung eines Berufsstandes können im Rahmen einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung ausreichend Rechnung getragen werden (Konertz, Tarifrechtliche Regelungsmöglichkeiten der Rationalisierung, 1983, S. 169; Säcker/Oetker, aaO, S. 389).
cc) Der den für eine Korrekturtätigkeit geeigneten Schriftsetzern in der Besetzungsregel B III 1 eingeräumte Vorrang gegenüber anderen Bewerbern ist auch nicht unverhältnismäßig. Die qualitativen Besetzungsregeln sind geeignet, den Schutz des Berufsstandes durch die Gewährung eines Anreizes zur Ausbildung als Setzer oder einer anderen Fachkraft der Druckformherstellung zu fördern. Auch von der Erforderlichkeit der Besetzungsregeln ist auszugehen, solange der technologische Umbruch in der Druckindustrie zwar viele Fachkräfte überflüssig macht, aber die betreffenden Tätigkeiten in der Druckindustrie in einem geringeren Maße weiterhin anfallen.
Auch die Zumutbarkeit der Besetzungsregeln ist unter Berücksichtigung des weiten Prognosespielraums der Tarifvertragsparteien zu bejahen. Entgegen der Auffassung von Säcker/Oetker (aaO, S. 390) sind Besetzungsregeln zwar nicht nur dann als unzumutbar zu bewerten, wenn durch sie ein Berufsstand vollständig und dauerhaft vor Konkurrenten, die die Arbeitsaufgabe gleichermaßen erfüllen können, abgeschottet wird (so im Ergebnis auch Riedel, Das Grundrecht der Berufsfreiheit im Arbeitsrecht, 1987, S. 123; Weyand, Die tarifvertragliche Mitbestimmung unternehmerischer Personal- und Sachentscheidungen, 1989, S. 172 f.). Die völlige Abschottung eines Berufsstandes vor unliebsamer Konkurrenz von beruflichen Außenseitern ist in jedem Falle unzumutbar. Vorliegend wird kein Berufsstand völlig von den beruflichen Außenseitern abgeschottet. Die Besetzungsregel des Anhangs B III 1 begründet nur einen Vorrang der geeigneten Schriftsetzer und danach der übrigen geeigneten Fachkräfte der Druckindustrie gegenüber beruflichen Außenseitern. Diese Privilegierung ist weniger stark als bei anderen Besetzungsregelungen. Der Arbeitgeber muß nur Fachkräfte der Druckindustrie bevorzugt einstellen, wenn diese über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügen und darüber hinaus auch subjektiv geeignet sind, d.h. auch in ausreichendem Maße über die Charaktereigenschaften verfügen, die für die Ausübung des Berufs, hier des Korrektors, erforderlich sind.
Die vorliegende Besetzungsregel ist auch nicht dahin auszulegen, daß sie beruflichen “Neulingen” keinen Vorrang gewährt (so Säcker/Oetker, aaO, S. 392). Es ist zwar richtig, daß derjenige, der weiß, daß ein Beruf durch den technologischen Wandel eine Umstrukturierung erfährt, sich nicht auf einen Vertrauensschutz berufen kann, wenn er danach seine Energien und Fähigkeiten in die Ausbildung gerade dieses Berufes investiert. Gerade wenn – wie hier – die qualitative Besetzungsregel auch zur Ausbildung als Fachkraft anreizen soll, obwohl eine große Unsicherheit darüber entstanden ist, ob auf längere Sicht eine Beschäftigung in dem zu erlernenden Beruf möglich ist, erscheint eine Privilegierung der Fachkräfte gerade für die Zukunft erforderlich.
Vorliegend ist diese Frage aber nicht streitentscheidend, da der Bewerber N. bereits 1965 seine Ausbildung als Schriftsetzer mit Erfolg abgeschlossen hat. Auch nach der Auffassung von Säcker/Oetker (aaO) gilt für diesen Arbeitnehmer die Besetzungsregel des Anhangs B III 1 MTV. Der Grundsatz der Zumutbarkeit ist im übrigen auch deshalb gewahrt, weil der Manteltarifvertrag jederzeit kündbar ist. Die Anhänge können jederzeit verändert und den entsprechenden Erfordernissen aufgrund der neuesten technologischen Entwicklung angepaßt werden.
5. Die Besetzungsregeln verstoßen auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten unterschiedlich behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE 55, 72, 88; 63, 152, 166; 71, 146, 154 ff.; 72, 141, 150 u.a.). Vorliegend besteht ein Unterschied von solchem Gewicht zwischen Facharbeitern und Arbeitnehmern ohne Ausbildung, weil davon auszugehen ist, daß ohne den Vorrang in der Besetzungsregel nicht genügend Arbeitnehmer sich zu Fachkräften der Druckindustrie ausbilden lassen würden und die Fachkräfte eine dreijährige Ausbildungszeit für die Druckindustrie investiert haben.
6. Auch Grundrechte des Arbeitgebers sind nicht verletzt. Die Freiheit der Berufswahl des Arbeitgebers wird durch die qualitative Besetzungsregel nicht berührt. Er wird nur beschränkt in seiner Auswahlentscheidung für bestimmte Tätigkeiten. Auch dem Arbeitgeber gegenüber wirken qualitative Besetzungsregeln als Berufsausübungsregelungen. Der Eingriff wirkt auch nicht so intensiv, daß er die Möglichkeit, ein Druckunternehmen zu führen, nachhaltig in Frage stellen würde und aus diesem Grunde einem Eingriff in die Freiheit der Berufswahl nahekäme. Die Berufsausübungsregelung ist auch durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt, da sie in erster Linie dazu dient, den Arbeitnehmern in der Druckindustrie den erforderlichen Anreiz zu geben, sich einer Ausbildung zur Fachkraft der Druckindustrie zu unterziehen. Der Zweck, mit den qualitativen Besetzungsregeln einen Anreiz für den Nachwuchs zu geben, sich der Ausbildung zur Fachkraft der Druckindustrie zu unterziehen, bleibt so lange eine vernünftige Erwägung, so lange der betreffende Beruf – hier der des Schriftsetzers – nicht überflüssig geworden ist.
Hat also das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, die qualitative Besetzungsregel des Anhangs B III 1 des MTV sei rechtswirksam und der Schriftsetzer N. für die Tätigkeit als Korrektor geeignet, so war die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts zurückzuweisen.
Unterschriften
Dr. Kissel, Matthes, Dr. Weller, Janzen, Dr. Federlin
Fundstellen
Haufe-Index 839157 |
RdA 1991, 190 |
AfP 1991, 668 |