Entscheidungsstichwort (Thema)
Erweiterung der Mitbestimmung bei Versetzungen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Betriebsparteien können durch eine freiwillige Betriebsvereinbarung vereinbaren, dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei einer Versetzung iSd. § 99 Abs. 1 BetrVG nicht auf die gesetzlichen Zustimmungsverweigerungsgründe des § 99 Abs. 2 BetrVG beschränkt ist.
2. Die Betriebsparteien sind nicht befugt, den Betriebsrat von seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Nennung konkreter Zustimmungsverweigerungsgründe freizustellen.
Orientierungssatz
1. Hat der Rechtsmittelführer mit einem Antrag in der Vorinstanz ohne Einschränkung obsiegt, ist sein Rechtsmittel mangels Beschwer unzulässig. Allein aus einer unerwünschten Feststellung oder einer von seinem Vortrag abweichenden Begründung in der gerichtlichen Entscheidung ergibt sich grundsätzlich keine Beschwer.
2. Das Schriftformerfordernis des § 77 Abs. 2 Satz 1 BetrVG ist gewahrt, wenn die Betriebsparteien in einer Betriebsvereinbarung auf außerhalb der Vertragsurkunde bestehende Regelungen verweisen, die bei Abschluss der Betriebsvereinbarung in schriftlicher Form vorliegen und eindeutig bezeichnet sind.
3. Die Betriebsparteien können die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG zwar verlängern, aber nicht gänzlich aufheben. Eine solche Vereinbarung würde die mit der Zustimmungsfiktion verbundene gesetzliche Grundentscheidung für ein beschleunigtes innerbetriebliches Verfahren und die Konkretisierung des gerichtlichen Prüfungsumfangs auf vom Betriebsrat rechtzeitig geltend gemachte Zustimmungsverweigerungsgründe missachten.
4. Durch eine freiwillige Betriebsvereinbarung können die Betriebsparteien regeln, dass der Betriebsrat bei einer Verweigerung seiner Zustimmung zu einer Versetzung iSd. § 99 Abs. 1 BetrVG auch Gründe anführen kann, die nicht in § 99 Abs. 2 BetrVG genannt sind. Erforderlich ist jedoch die Angabe konkreter Zustimmungsverweigerungsgründe. Diese bestimmen den Verfahrensgegenstand eines nachfolgenden Zustimmungsersetzungsverfahrens.
5. Eine Anschlussrechtsbeschwerde ist nach § 92 Abs. 2 Satz 1, § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO innerhalb eines Monats nach Zustellung der Rechtsbeschwerdebegründung zu erklären. Anders als bei einer Anschlussbeschwerde, für die § 90 ArbGG keine Frist für die Beschwerdeerwiderung nennt, kann die Rechtsbeschwerde nicht bis zum Anhörungstermin eingelegt werden.
Normenkette
ArbGG § 81 Abs. 1, § 83 Abs. 3; BetrVG § 77 Abs. 2 Sätze 1-2, § 99 Abs. 1-2, 3 Sätze 1-2; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 256 Abs. 1-2, § 293 S. 2
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Rechtsbeschwerde des zu 1) beteiligten Betriebsrats wird unter deren Zurückweisung im Übrigen der Beschluss des Landesarbeitsgerichts München vom 6. Februar 2014 – 4 TaBV 85/13 – teilweise aufgehoben.
Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 18. Juni 2013 – 28 BV 226/12 – wird auch hinsichtlich dessen Entscheidungsausspruchs zu 4. mit der klarstellenden Maßgabe zurückgewiesen:
Es wird festgestellt, dass bei der Durchführung der Mitbestimmung nach der im Jahr 2015 geschlossenen „Vereinbarung zur Erweiterten Mitbestimmung für Betriebsräte in ver.di” im Rahmen des Zustimmungsverfahrens nach § 99 BetrVG bei einer Versetzung eine Zustimmungsverweigerung nicht auf die in § 99 Abs. 2 BetrVG aufgeführten Gründe beschränkt ist.
2. Die Anschlussrechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den genannten Beschluss des Landesarbeitsgerichts wird als unzulässig verworfen.
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines Spruchs der Einigungsstelle und über die Auslegung einer Gesamtbetriebsvereinbarung.
Antragsteller ist der bei der zu 2. beteiligten Arbeitgeberin, ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), in deren Landesbezirk Bayern gebildete Betriebsrat. Ver.di entstand im Jahr 2001 durch Verschmelzung von fünf Gewerkschaften. In einer zuvor im April 2001 von diesen Gewerkschaften mit ihren Gesamtbetriebsräten sowie der Gründungsorganisation von ver.di geschlossenen „Vereinbarung zur Erweiterten Mitbestimmung für Betriebsräte in ver.di” (GBV EM) heißt es ua.:
„wird folgende Vereinbarung im Rahmen der freiwilligen Mitbestimmung geschlossen:
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Präambel |
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… |
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… Die Mitbestimmung der Betriebsräte wird dabei durch den betriebsverfassungsrechtlichen Tendenzschutz nicht berührt und insbesondere im personellen wie im sozialen Bereich über die gesetzlichen Regelungen hinaus erweitert. |
§ 4 |
Mitbestimmung in personellen und sozialen Angelegenheiten |
(1) |
Der Betriebsrat hat, soweit in den folgenden Absätzen keine Ausnahmen geregelt sind, in allen personellen und sozialen Angelegenheiten über das Betriebsverfassungsgesetz hinaus erweitert mitzubestimmen. Dies gilt auch in Betrieben mit weniger als 21 Beschäftigten. |
(2) |
Ausnahmen von der erweiterten Mitbestimmung begründen sich aus dem Vorrang der Ausübung satzungsgemäßer Rechte der zuständigen Gremien von ver.di, wie z. B. … |
(3) |
Eine Erweiterung der Mitbestimmung gemäß Absatz 1 gilt nicht bei folgenden Gegenständen: |
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a) |
in personellen Angelegenheiten ≪Protokollnotiz 1)≫ |
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- Personalplanung einschließlich Personalkostenplanung,
- die Aufstellung des Stellenplans einschließlich der Verteilung der Stellen und der Stellenbewirtschaftung,
- Inhalten von Stellenanforderungen und Qualifikationsprofilen einschließlich Stellenausschreibungen,
- die Beurteilung und Entscheidung über die Geeignetheit eines Stellenbewerbers,
- Stellenbeschreibungen einschließlich der Aufgabenzuweisungen und -zuordnungen sowie Arbeitsanweisungen im Rahmen des Direktionsrechts,
- die vorübergehende Abordnung für andere Arbeitsaufgaben und/oder an einen anderen Arbeitsort bis zur Höchstdauer von drei Monaten,
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(4) |
… Im Übrigen hat der Betriebsrat mitzubestimmen nach Maßgabe des jeweils gültigen Betriebsverfassungsgesetzes, soweit nicht eine gesetzliche und gültige tarifersetzende Regelung besteht. |
§ 5 |
Einigungsstelle |
(1) |
Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach §§ 3 (3), 4 (1) oder § 7 (1) nicht zustande, entscheidet die Einigungsstelle. Diese wird nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen eingesetzt: |
§ 7 |
Vorläufige Maßnahmen |
(1) |
Will ver.di eine unter § 4 Abs. 1 dieser Vereinbarung fallende personelle Maßnahme vorläufig durchführen, weil sie dies aus sachlichen Gründen für dringend erforderlich hält, bevor der Betriebsrat sich geäußert oder wenn dieser seine Zustimmung verweigert hat, so hat ver.di den Betriebsrat von dieser Absicht unverzüglich zu unterrichten. Bestreitet sodann der Betriebsrat, daß die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, wovon ver.di ebenfalls unverzüglich zu unterrichten ist, darf ver.di die vorläufige personelle Maßnahme nur aufrechterhalten, wenn innerhalb von drei Tagen die Einigungsstelle angerufen wird. Die Einigungsstelle ist berechtigt, auch vor der Entscheidung über die Maßnahme selbst über die Dringlichkeit der jeweiligen Maßnahme vorab verbindlich zu entscheiden. |
§ 9 |
Schlußbestimmungen |
(1) |
Soweit in dieser Vereinbarung keine gesonderten Regelungen getroffen werden, gilt im Übrigen das Betriebsverfassungsgesetz in seiner jeweiligen Fassung, das auch ansonsten unberührt bleibt. |
(2) |
Die beteiligten Gewerkschaften werden rechtlich verbindlich sicherstellen, daß diese freiwillige Betriebsvereinbarung ver.di bindet. Dazu wird ver.di nach ihrer Gründung und Eintragung im Vereinsregister dieser Vereinbarung unmittelbar durch eigene Erklärung beitreten. Sobald der neu gebildete Gesamtbetriebsrat in ver.di dieser Vereinbarung ebenfalls durch entsprechende schriftliche Erklärung beitritt, tritt diese Vereinbarung für ver.di wirksam in Kraft.” |
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Mit Schreiben vom 23. Januar 2012 ersuchte die Arbeitgeberin den antragstellenden Betriebsrat (nachfolgend: Betriebsrat) um die Zustimmung zur Versetzung der Arbeitnehmerin A. Diese ist bei ver.di seit dem 16. Dezember 2010 beschäftigt und hatte sich als einzige auf eine Stellenausschreibung vom 21. Dezember 2011 für eine gewerkschaftspolitische Assistenz beworben. Mit Schreiben vom 6. Februar 2012 widersprach der Betriebsrat der Maßnahme. Es liege weder eine fünfjährige Beschäftigungszeit vor noch sei die Stelle nach der Personalplanung vorgesehen. Die von der Arbeitgeberin angerufene Einigungsstelle beschloss, „die Qualifizierung und der Einsatz” der Arbeitnehmerin „kann … stattfinden.”
Der Betriebsrat hält den Einigungsstellenspruch für unwirksam. Er habe die Zustimmung zur Versetzung zu Recht verweigert, weil er nicht auf die Zustimmungsverweigerungsgründe des § 99 Abs. 2 BetrVG beschränkt sei. In dem Zustimmungsverfahren nach § 4 Abs. 1 GBV EM gelte weder die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG noch greife die Zustimmungsfiktion nach dessen Satz 2 ein. Zudem sei zwischen den Mitgliedern des Betriebsrats und der Landesbezirksleiterin besprochen worden, dass bei personellen Maßnahmen außer in den Fällen des § 100 BetrVG keine Fristen zur Anwendung kämen.
Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt
festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle „Einsatz von A als gewerkschaftspolitische Assistenz im Bezirk M” vom 7. Mai 2012 unwirksam ist;
hilfsweise für den Fall der Abweisung des Antrags zu 1.
festzustellen, dass die Qualifizierung und der Einsatz von A als GPA in M gegen die Gesamtbetriebsvereinbarung über Rahmenbedingungen, Einarbeitung und Qualifikation für „gewerkschaftspolitische/r Assistent/in” – Stand 1. Juni 2011 verstößt;
hilfsweise
festzustellen, dass die Qualifizierung und der Einsatz von A als GPA in M gegen die „Vereinbarung zur Erweiterten Mitbestimmung für Betriebsräte in ver.di”
von April 2001 verstößt; weiterhin
- festzustellen, dass für die Zustimmungsverweigerung bei personellen Maßnahmen gemäß § 4 Abs. 1 GBV EM keine Frist gilt, insbesondere nicht § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG;
- festzustellen, dass der Betriebsrat bei seiner Zustimmungsverweigerung bei der personellen Maßnahme „Einsatz von A als Gewerkschaftspolitische Assistenz im Bezirk M” keine Frist einzuhalten hatte, insbesondere nicht § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG;
- festzustellen, dass der Betriebsrat bei einer Zustimmungsverweigerung bei personellen Maßnahmen gemäß § 4 Abs. 1 GBV EM keine Frist einhalten muss, insbesondere nicht § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG;
- festzustellen, dass für die Zustimmungsverweigerung bei personellen Maßnahmen gemäß § 4 Abs. 1 GBV EM keine Zustimmungsfiktion gemäß § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt;
- festzustellen, dass für die Zustimmungsverweigerung bei der personellen Maßnahme „Einsatz von A als Gewerkschaftspolitische Assistenz im Bezirk M” keine Zustimmungsfiktion gemäß § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG galt;
- festzustellen, dass der Betriebsrat hinsichtlich der Zustimmungsverweigerung bei personellen Maßnahmen gemäß § 4 Abs. 1 GBV EM nicht auf die in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe begrenzt ist;
- festzustellen, dass der Betriebsrat hinsichtlich der Zustimmungsverweigerung bei der personellen Maßnahme „Einsatz von A als Gewerkschaftspolitische Assistenz im Bezirk M” nicht auf die in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe begrenzt war.
Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, im Zustimmungsverfahren seien die § 99 Abs. 2 und Abs. 3 BetrVG zu beachten. Die GBV EM habe die erzwingbare Mitbestimmung nur hinsichtlich der Regelungsgegenstände erweitert, nicht aber hinsichtlich des im Übrigen gesetzlich geregelten Verfahrens. Das folge auch aus § 4 Abs. 4 und § 9 Abs. 1 GBV EM.
Das Arbeitsgericht hat den in den Tatsacheninstanzen gestellten Anträgen zu 1., 4., 7. und 9. stattgegeben. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin hat das Landesarbeitsgericht die Anträge zu 4., 7. und 9. abgewiesen und das Rechtsmittel im Übrigen zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat den Antrag zu 1. einschließlich der beiden Hilfsanträge sowie die Anträge zu 4., 7. und 9. unter Erweiterung um die – erstmals in der Rechtsbeschwerdeinstanz gestellten – Anträge zu 5., 6., 8. und 10. weiter. Die Arbeitgeberin hat zunächst beantragt, die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats zurückzuweisen und im Wege einer nachfolgenden Anschlussrechtsbeschwerde die Anträge zu 1. bis 3. abzuweisen.
Der Senat hat im Rechtsbeschwerdeverfahren den zu 3. beteiligten Gesamtbetriebsrat und die zu 4. bis 23. beteiligten, bei ver.di gebildeten Betriebsräte angehört.
In der Rechtsbeschwerdeinstanz hat der Betriebsrat zu einem „Beitritt” von Arbeitgeberin und Gesamtbetriebsrat iSd. § 9 Abs. 2 GBV EM vorgetragen. Ein solcher sei durch den Abschluss von verschiedenen, konkret bezeichneten Gesamtbetriebsvereinbarungen erfolgt, die jeweils Bestimmungen der GBV EM in Bezug genommen hätten. Zudem habe der Gesamtbetriebsratsvorsitzende am 26. Januar 2015 eine schriftliche „Erklärung nach § 9 GBV” abgegeben, in der der Gesamtbetriebsrat „ggf. nochmals – seinen Beitritt zu dieser Vereinbarung” erklärt habe. Die Arbeitgeberin führt an, ver.di und der Gesamtbetriebsrat seien im Jahr 2015 der GBV EM beigetreten und hätten diese rückwirkend in Kraft gesetzt. Die dazu – ohne Datumsangabe – geschlossene „Vereinbarung zur Erweiterten Mitbestimmung für Betriebsräte in ver.di – Erweiterte Mitbestimmung” „zwischen dem Bundesvorstand der ver.di und dem Gesamtbetriebsrat der ver.di” (GBV EM 2015) ist im Text identisch mit dem der GBV EM. Für den Bundesvorstand von ver.di hat der Vorsitzende und für den Gesamtbetriebsrat dessen Vorsitzender unterzeichnet. Der Gesamtbetriebsrat hat schließlich mit Schriftsatz vom 15. April 2016 eine „Erklärung zur Vereinbarung zur erweiterten Mitbestimmung für Betriebsräte in ver.di” vorgelegt (Erklärung zur GBV EM), die – ebenfalls ohne Datumsangabe – von zwei Mitgliedern des Bundesvorstands von ver.di sowie dem Gesamtbetriebsratsvorsitzenden unterzeichnet ist und folgenden Inhalt hat: „Hiermit erklären der Bundesvorstand der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der Gesamtbetriebsrat der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di übereinstimmend, dass sie der Vereinbarung zur ‚erweiterten Mitbestimmung für Betriebsräte in ver.di’ mit Wirkung vom 01. 07.2001 beitreten.
Die Vereinbarung zur ‚Erweiterten Mitbestimmung für Betriebsräte in ver.di’ entfaltet damit ab dem 01.07.2001 verbindliche Wirkung.”
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats hat teilweise Erfolg. Sie ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Stattgabe des Antrags zu 1. richtet (unter I). Von den in den Tatsacheninstanzen gestellten Anträgen ist der Antrag zu 7. unzulässig und der Antrag zu 4. unbegründet. Hingegen ist der Antrag zu 9. begründet. Die weiteren Anträge des Betriebsrats sind als Antragserweiterungen in der Rechtsbeschwerdeinstanz ebenso unzulässig (unter II) wie die Anschlussrechtsbeschwerde der Arbeitgeberin (unter III).
I. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist hinsichtlich des Antrags zu 1. mangels Beschwer unzulässig. In der Folge fallen die dazu hilfsweise gestellten Anträge zu 2. und 3. nicht zur Entscheidung an.
1. Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels setzt die Beschwer des Rechtsmittelführers voraus (BAG 21. März 2012 – 5 AZR 320/11 – Rn. 10 ff. mwN). Ob eine solche vorliegt, bestimmt sich nach dem rechtskraftfähigen Inhalt der angegriffenen Entscheidung. Hat ein Rechtsmittelführer mit einem Antrag in der Vorinstanz ohne Einschränkung obsiegt, ist er durch die Entscheidung nicht beschwert (BAG 26. Januar 1995 – 2 AZR 355/94 – zu I 2 der Gründe). Allein aus einer vom Antragsteller unerwünschten Feststellung oder einer von seinem Vortrag abweichenden Begründung folgt keine Beschwer.
2. Danach fehlt es an der erforderlichen Beschwer des Betriebsrats. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag zu 1. stattgegeben und das Landesarbeitsgericht die dagegen gerichtete Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerdebegründung lässt zwar erkennen, dass der Betriebsrat einzelne Begründungselemente des Landesarbeitsgerichts nicht teilt. Eine gegenwärtige Beschwer (dazu auch BVerfG 15. Juli 2015 – 2 BvR 2292/13 – Rn. 48 ff., 68 ff., BVerfGE 140, 42) des Betriebsrats resultiert daraus nicht.
II. Der in den Tatsacheninstanzen gestellte Antrag zu 7. ist unzulässig, von den zulässigen Anträgen zu 4. und 9. ist nur letzterer begründet.
1. Der Betriebsrat ist entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin antragsbefugt iSv. § 81 Abs. 1 ArbGG.
a) Im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ist ein Beteiligter nur antragsbefugt, wenn er eigene Rechte geltend macht. Die Antragsbefugnis ist nach den Regeln über die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens zu bestimmen (§ 81 Abs. 1 ArbGG). Sie ist gegeben, wenn der Antragsteller durch die begehrte Entscheidung in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition betroffen sein kann. Das ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn er eigene Rechte geltend macht und dies nicht von vornherein als aussichtslos erscheint (BAG 13. Dezember 2005 – 1 ABR 31/03 – Rn. 24; 18. Februar 2003 – 1 ABR 17/02 – zu B III 2 a der Gründe mwN, BAGE 105, 19).
b) Danach ist der Betriebsrat antragsbefugt. Er macht geltend, ihm seien als dem in personellen Einzelmaßnahmen nach § 99 BetrVG zuständigem Betriebsrat nach § 4 Abs. 1 GBV EM Rechte eingeräumt worden. Er kann daher klären lassen, wie diese zu verstehen sind und die GBV EM insoweit durchzuführen ist (vgl. BAG 18. Mai 2010 – 1 ABR 6/09 – Rn. 19, BAGE 134, 249).
2. Die Vorinstanzen haben es rechtsfehlerhaft unterlassen, den Gesamtbetriebsrat und die einzelnen Betriebsräte der Arbeitgeberin anzuhören (§ 83 Abs. 3 ArbGG). Die vom Betriebsrat begehrten Feststellungen betreffen sowohl die betriebsverfassungsrechtliche Stellung der örtlichen Betriebsräte als auch die des Gesamtbetriebsrats als Partei der Betriebsvereinbarung. Durch eine Entscheidung stünde ihnen gegenüber fest, wie die GBV EM insoweit durchzuführen ist.
3. Die in den Tatsacheninstanzen gestellten Anträge zu 4. und zu 9. sind entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts zulässig. Der Antrag zu 7. ist unzulässig.
a) Die Anträge bedürfen der Auslegung. Sie sind auf die Feststellung gerichtet, wie die GBV EM bei einem Zustimmungsersuchen der Arbeitgeberin zu einer Versetzung iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG durchzuführen ist.
aa) Nach ihrem Wortlaut sind die Anträge auf die abstrakte Auslegung von Regelungen der GBV EM gerichtet. Danach wären die Anträge unzulässig, weil sie kein nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliches feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zum Gegenstand hätten. Ihre Beantwortung hätte den Charakter eines Rechtsgutachtens. Dagegen betrifft die Frage, wie die GBV EM bei einzelnen Mitbestimmungstatbeständen durchzuführen ist, ein Rechtsverhältnis. Dies kann im Wege eines Feststellungsantrags im Beschlussverfahren geklärt werden (BAG 20. Mai 2008 – 1 ABR 19/07 – Rn. 19 mwN). Zwar ist im Antragswortlaut nicht die konkrete personelle Einzelmaßnahme aufgeführt, sondern der Begriff der „personellen Maßnahmen (richtig: Angelegenheiten) gem. § 4 Abs. 1 GBV EM”. Ausgehend vom Anlassfall – der Versetzung einer Arbeitnehmerin – und dem Vorbringen der Beteiligten in den Tatsacheninstanzen will der Betriebsrat einzelne Fragestellungen hinsichtlich der Durchführung eines Zustimmungsverfahrens nach § 4 GBV EM bei einer Versetzung iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG geklärt wissen.
bb) Der Antrag zu 4. ist danach darauf gerichtet, dass der Betriebsrat in diesem Verfahren nach § 4 Abs. 1 GBV EM nicht gehalten ist, nach erfolgter Unterrichtung seine Zustimmung binnen einer Frist zu verweigern. Soweit im Antrag „insbesondere nicht § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG” aufgeführt ist, handelt es sich nicht um ein weiteres eigenständiges Feststellungsbegehren, sondern lediglich um einen Teil der Antragsbegründung. Mit dem weiteren Antrag zu 7. soll geklärt werden, dass die Zustimmungsfiktion iSd. § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG im Zustimmungsverfahren nicht zum Tragen kommt. Durch den Antrag zu 9. will der Betriebsrat festgestellt wissen, dass er im Rahmen des Zustimmungsverfahrens nach § 4 Abs. 1 GBV EM nicht auf die in § 99 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 6 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe beschränkt ist. Der – anders als in den Anträgen zu 4. und zu 7. – beigefügte Zusatz „der Betriebsrat” führt nach dem Vorbringen der Beteiligten nicht zu einem eingeschränkten Feststellungsbegehren, nur für den antragstellenden Betriebsrat bestehe – etwa aufgrund ergänzender Vereinbarungen – keine Begrenzung auf die Zustimmungsverweigerungsgründe nach § 99 Abs. 2 BetrVG.
b) Die so verstandenen Anträge sind hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem Betriebsrat steht allerdings nur für die Anträge zu 4. und zu 9. das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse an der begehrten alsbaldigen gerichtlichen Feststellung zu. Die Arbeitgeberin wendet die GBV EM bei einer Versetzung in anderer als der von ihm für richtig erachteten Weise an. Damit geht es dem Betriebsrat entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts nicht um ein Rechtsgutachten zur Klärung der Wirksamkeit der GBV EM in Bezug auf alle denkbaren „personellen Maßnahmen”. Demgegenüber ist der Antrag zu 7. mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Die begehrte Feststellung beschreibt lediglich eine Rechtsfolge, die sich aus einer Stattgabe des Antrags zu 4. ergibt. Zwischen den Beteiligten steht auch außer Streit, dass bei einer fristungebundenen Zustimmungsverweigerung eine Zustimmungsfiktion iSd. § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG nicht greift.
4. Der Antrag zu 4. ist unbegründet, der zu 9. begründet.
a) Die GBV EM ist allerdings erst im Jahr 2015 aufgrund der „Erklärung zur GBV EM” wirksam vereinbart worden (offengelassen in BAG 22. Juli 2014 – 1 ABR 94/12 – Rn. 35; anders aufgrund der ausdrücklichen Erklärungen der Beteiligten 10. Dezember 2013 – 1 ABR 39/12 – Rn. 26 ff., BAGE 147, 19). Vorangegangene Erklärungen und Übereinkünfte sowie die vom Betriebsrat angeführten Gesamtbetriebsvereinbarungen mit Bezugnahmen auf die GBV EM führten nicht zu einer wirksamen Gesamtbetriebsvereinbarung mit deren Inhalt.
aa) Die GBV EM wurde – anders als der Betriebsrat es meint – nicht zwischen dem Bundesvorstand von ver.di und dem Gesamtbetriebsrat dadurch abgeschlossen, indem die beiden Betriebsparteien in anderen Gesamtbetriebsvereinbarungen auf Bestimmungen der GBV EM verwiesen haben. Den Bezugnahmeregelungen kann nicht der Wille entnommen werden, durch den Abschluss der jeweiligen betrieblichen Regelung solle zugleich die GBV EM erneut oder erstmals rechtswirksam vereinbart werden. Vielmehr wird – anders als bei einer Verweisung auf ein von anderen Vertragsparteien geschlossenes Regelwerk regelmäßig der Fall ist – mangels besonderer Anhaltspunkte im Wortlaut der Gesamtbetriebsvereinbarungen durch die Bezugnahmen lediglich zum Ausdruck gebracht, dass die als wirksam angesehene GBV EM für das jetzige Regelungswerk im angegebenen Umfang anwendbar sein soll.
bb) Durch die vom Gesamtbetriebsratsvorsitzenden unterzeichnete „Erklärung nach § 9 GBV” vom 26. Januar 2015 ist eine Gesamtbetriebsvereinbarung mit dem Inhalt der GBV EM schon deshalb nicht zustande gekommen, weil das Schriftformgebot nach § 77 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG nicht gewahrt ist. Bei einer Gesamtbetriebsvereinbarung muss die eigenhändige (BAG 15. April 2008 – 1 AZR 86/07 – Rn. 22, BAGE 126, 251) Unterzeichnung durch beide Betriebsparteien auf derselben Urkunde erfolgen (BAG 18. März 2014 – 1 AZR 807/12 – Rn. 17 mwN, BAGE 147, 273). Daran fehlt es bei einseitigen Erklärungen.
cc) Eine Vereinbarung der Regelungen der GBV EM folgt auch nicht aus der vom Vorsitzenden der Gewerkschaft ver.di und dem Gesamtbetriebsratsvorsitzenden unterzeichneten GBV EM 2015. Die Arbeitgeberin wurde nicht wirksam vertreten. Der Bundesvorstand wird nach § 42 Nr. 3 Satz 2 der Satzung von ver.di durch zwei seiner Mitglieder vertreten. Vorliegend handelte lediglich der Vorsitzende.
dd) Die Bestimmungen der GBV EM wurden allerdings durch die von der Arbeitgeberin und dem Gesamtbetriebsrat ohne Angabe eines Datums unterzeichnete und erst mit Schriftsatz vom 15. April 2016 eingereichte „Erklärung zur GBV EM” als Gesamtbetriebsvereinbarung wirksam.
(1) Die „Erklärung zur GBV EM” genügt den Satzungsanforderungen an eine wirksame Vertretung der Arbeitgeberin. Sie ist entsprechend § 42 Nr. 3 Satz 2 der Satzung von zwei Mitgliedern des Bundesvorstands unterzeichnet worden.
(2) Die Parteien haben mit der „Erklärung zur GBV EM” eine Gesamtbetriebsvereinbarung mit dem Inhalt der GBV EM geschlossen. Nach dem Inhalt der Erklärung wollten die Arbeitgeberin und der Gesamtbetriebsrat das Inkrafttreten der GBV EM mit „verbindliche[r] Wirkung” erreichen. Auch diejenigen Organisationen und Gesamtbetriebsräte, die im Jahr 2001 die GBV EM unterzeichnet haben, sind, wie die „Schlussbestimmungen” in § 9 Abs. 2 GBV EM zeigen, davon ausgegangen, dass es weiterer Handlungen der damals zu gründenden Gewerkschaft ver.di und des künftig zu errichtenden Gesamtbetriebsrats bedarf, um eine Geltung der GBV EM herbeizuführen.
(3) Die Betriebsparteien haben weiterhin das Schriftformgebot nach § 77 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gewahrt.
(a) In einer Gesamtbetriebsvereinbarung kann auf außerhalb der Vertragsurkunde bestehende Regelungen verwiesen werden, sofern das Bezugsobjekt bei deren Abschluss vorliegt. Darüber hinaus muss klar und zweifelsfrei feststehen, auf welche Bestimmungen Bezug genommen wird (BAG 18. März 2014 – 1 AZR 807/12 – Rn. 17, BAGE 147, 273). Das ist durch Auslegung zu ermitteln.
(b) Die „Erklärung zur GBV EM” verweist auf die GBV EM und nicht auf die namensidentische GBV EM 2015. Ein „Beitreten” zu einer „Vereinbarung” setzt denknotwendig voraus, dass es sich um die Abrede anderer Vertragsparteien handelt. Das ist nur bei der von den Gründungsorganisationen und ihren Gesamtbetriebsräten geschlossenen GBV EM der Fall. Demgegenüber handelt es sich bei der GBV EM 2015 um eine von identischen Vertragsparteien geschlossene – wenn auch aus formellen Gründen unwirksame – Gesamtbetriebsvereinbarung. Ein Beitritt zum eigenen Vertragswerk wäre regelmäßig rechtlich ohne weitere Bedeutung. Aus welchen Gründen gleichwohl ein „Beitritt” hätte erklärt werden sollen, ist vorliegend nicht ersichtlich.
b) Unerheblich ist, dass die „Erklärung zur GBV EM” erst während des Rechtsbeschwerdeverfahrens wirksam zustande gekommen ist. Bei der „Erklärung zur GBV EM” handelt es sich um eine betriebliche Norm. Deren Inhalt ist von den Gerichten für Arbeitssachen nach § 293 Satz 2 ZPO als Bestandteil des auf den Sachverhalt anzuwendenden Rechts daraufhin zu überprüfen, ob sie den erhobenen Anspruch betrifft (dazu BAG 23. Februar 2016 – 1 ABR 5/14 – Rn. 19 mwN). Auf dieses kann der Betriebsrat seine zukunftsgerichteten Feststellungsbegehren stützen. Deshalb kann es vorliegend dahinstehen, ob der „Erklärung zur GBV EM” eine Rückwirkung auf den 1. Juli 2001 zukommt.
c) Der Antrag zu 4. ist unbegründet. Die GBV EM setzt bei personellen Maßnahmen iSv. § 99 Abs. 1 BetrVG nicht die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG und damit auch nicht die daran knüpfende Zustimmungsfiktion des § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG außer Kraft.
aa) Nach § 4 Abs. 1 GBV EM hat der Betriebsrat über das BetrVG hinaus in allen personellen Angelegenheiten ungeachtet der Betriebsgröße mitzubestimmen, soweit nicht ein Gegenstand iSv. § 4 Abs. 3 GBV EM betroffen ist. Kommt eine Einigung der Betriebsparteien nicht zustande, entscheidet hierüber nach § 4 Abs. 3 GBV EM eine Einigungsstelle, die gemäß § 7 Abs. 1 GBV EM unter den darin geregelten Voraussetzungen berechtigt ist, der Arbeitgeberin die vorläufige Durchführung einer personellen Maßnahme zu gestatten. Regelungen zur konkreten Ausgestaltung des zwischen den Betriebsparteien einzuhaltenden Verfahrens bei der Ausübung des Mitbestimmungsrechts sind damit nicht getroffen. Es verbleibt dann bei der Regelung nach § 4 Abs. 4 GBV EM, wonach die Mitbestimmung nach Maßgabe des jeweils gültigen Betriebsverfassungsgesetzes zu erfolgen hat. § 7 Abs. 1 GBV EM gibt kein anderes Ergebnis vor. Die Vorschrift beschränkt sich auf Regelungen zu vorläufigen Maßnahmen iSv. § 100 BetrVG.
bb) Dieses Auslegungsergebnis entspricht sowohl dem Sinn und Zweck der Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen als auch dem Gebot der gesetzeskonformen Auslegung (dazu BAG 13. Oktober 2015 – 1 AZR 853/13 – Rn. 22, BAGE 153, 46). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können die Beteiligungsrechte des Betriebsrats zwar in einer Betriebsvereinbarung grundsätzlich erweitert werden (BAG 18. August 2009 – 1 ABR 49/08 – Rn. 20 mwN, BAGE 131, 358). Eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, die in den Angelegenheiten des § 99 Abs. 1 BetrVG die gesetzliche Konzeption des § 99 Abs. 3 BetrVG aufhebt, überschreitet aber deren Regelungskompetenz.
(1) Arbeitgeber und Betriebsrat sind zwar berechtigt, im Rahmen ihrer Zuständigkeit die betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungsrechte zu erweitern. Dabei sind sie nicht auf die in § 88 BetrVG genannten Regelungsgegenstände beschränkt. Die Aufzählung der in dieser Vorschrift genannten Angelegenheiten ist nicht abschließend (BAG 14. August 2001 – 1 AZR 744/00 – zu III 1 der Gründe).
(2) Die Aufhebung von § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG beträfe aber nicht nur das Rechtsverhältnis der Betriebsparteien, sondern zugleich die Ausgestaltung des gesetzlich geregelten Verfahrens. Sie würde die kraft Gesetzes vorgesehene Möglichkeit eines Eintretens der Zustimmungsfiktion nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG dauerhaft ausschließen; die mit der Fiktion verbundene gesetzliche Grundentscheidung für ein beschleunigtes innerbetriebliches Verfahren bliebe gänzlich unbeachtet. Das wäre mit dem Rechtssicherheitsinteresse gerade von Arbeitgeber und Betriebsrat selbst und im Übrigen mit den Belangen der betroffenen Arbeitnehmer nicht vereinbar (vgl. BAG 3. Mai 2006 – 1 ABR 2/05 – Rn. 21, BAGE 118, 141). Denn jene haben ein berechtigtes Interesse daran, mit Ablauf der Wochenfrist zu erfahren, ob der Betriebsrat seine Zustimmung zu der beabsichtigten Maßnahme verweigert. Auch kann der Arbeitgeber nur bei Kenntnis der Zustimmungsverweigerungsgründe die Erfolgsaussichten eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens prüfen und von seiner Befugnis zur Einleitung einer vorläufigen Maßnahme sachgerecht Gebrauch machen. Zudem würden die Betriebsparteien in das nicht zu ihrer Disposition stehende arbeitsgerichtliche Verfahren eingreifen, dessen Ausgestaltung allein dem Gesetzgeber obliegt. Mangels Fristablauf käme es für das Zustimmungsersetzungsverfahren nicht zur Konkretisierung des Prüfungsumfangs auf vom Betriebsrat rechtzeitig geltend gemachte Zustimmungsverweigerungsgründe (vgl. BAG 18. August 2009 – 1 ABR 49/08 – Rn. 20 mwN, BAGE 131, 358).
(3) Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die hier betroffene Arbeitgeberin zugleich Gewerkschaft ist und zur Regelung der Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder keine Tarifverträge mit sich selbst abschließen kann (vgl. BAG 17. Februar 1998 – 1 AZR 364/97 – zu II 1 d der Gründe, BAGE 88, 38). Die genannten Abänderungen des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wären den Parteien eines Tarifvertrags ebenso verwehrt.
d) Der Antrag zu 9. ist begründet. Nach § 4 Abs. 1 GBV EM ist der Betriebsrat bei der Ausübung seines Mitbestimmungsrechts bei einer Versetzung iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht auf die gesetzlichen Zustimmungsverweigerungsgründe des § 99 Abs. 2 BetrVG beschränkt. Allerdings muss er in den personellen Angelegenheiten des § 99 Abs. 1 BetrVG im Falle einer Zustimmungsverweigerung Gründe hierfür benennen.
aa) Die Betriebsparteien haben mit § 4 Abs. 1 iVm. Abs. 2 und Abs. 3 GBV EM den sachlichen Anwendungsbereich der Mitbestimmung des Betriebsrats bei personellen Maßnahmen, wozu auch eine Versetzung iSd. § 99 Abs. 1 BetrVG zählt, erweitert. Durch den Wortlaut „hat … mitzubestimmen” haben sie festgelegt, dass jedenfalls bei einer solchen Maßnahme, soweit nicht ein Ausnahmetatbestand nach § 4 Abs. 3 Buchst. a GBV EM vorliegt, eine Einigung zwischen den Betriebsparteien erforderlich ist. Die von den Betriebsparteien gewählte Terminologie entspricht insoweit der der zwingenden Mitbestimmung in den § 87 Abs. 1, § 97 Abs. 2 Satz 1, § 98 BetrVG. Nach diesem Regelungsmodell des BetrVG, welches die Betriebsparteien in § 4 Abs. 1 GBV EM herangezogen haben, und mangels gegenteiliger Anhaltspunkte in der GBV EM ist der Betriebsrat dann grundsätzlich nicht auf bestimmte Gründe beschränkt, um eine Einigung mit dem Arbeitgeber abzulehnen. Der gesetzlichen Systematik des BetrVG im Bereich der zwingenden Mitbestimmung entspricht es weiterhin, wenn für den Fall einer nicht zustande gekommenen Einigung die Zuständigkeit der Einigungsstelle – hier nach § 5 Abs. 1 Satz 1 GBV EM – bestimmt wird, die dann entscheidet.
bb) Für dieses Ergebnis spricht auch die Systematik der GBV EM. Der Ausnahmetatbestand in § 4 Abs. 3 Buchst. a, vierter Spiegelstrich „die Beurteilung und Entscheidung über die Geeignetheit eines Stellenbewerbers”) GBV EM wäre überflüssig, wenn der Betriebsrat auf die Zustimmungsverweigerungsgründe nach § 99 Abs. 2 BetrVG beschränkt wäre. Ebenso erklärt sich die Rückausnahme im sechsten Spiegelstrich des § 4 Abs. 3 Buchst. a GBV EM. Bei einer „vorübergehende[n] Abordnung für andere Arbeitsaufgaben und/oder an einen anderen Arbeitsort bis zur Höchstdauer von drei Monaten”, bei der regelmäßig von einer Versetzung iSd. § 99 Abs. 1, § 95 Abs. 3 BetrVG auszugehen ist, soll es bei den Zustimmungsverweigerungsgründen des § 99 Abs. 2 Nrn. 1 bis 6 BetrVG verbleiben.
cc) Der Einwand der Arbeitgeberin, in § 4 Abs. 4 und § 9 Abs. 1 GBV EM sei ausdrücklich festgehalten, dass der Betriebsrat im Übrigen nach „Maßgabe des jeweils gültigen Betriebsverfassungsgesetzes” mitzubestimmen hat, geht ins Leere. Diese Bestimmung führt nicht zu einer Einschränkung des in Auslegung von § 4 Abs. 1 und Abs. 3 Buchst. a GBV EM gewonnenen Ergebnisses, sondern setzt dieses „im Übrigen”) voraus.
dd) § 4 Abs. 1 GBV EM führt allerdings nicht dazu, dass der Betriebsrat bei einer Zustimmungsverweigerung zu einer personellen Einzelmaßnahme iSd. § 99 Abs. 1 BetrVG von der gesetzlichen Verpflichtung der Angabe konkreter Zustimmungsverweigerungsgründe freigestellt ist. Diese konkretisieren nicht nur den Verfahrensgegenstand eines nachfolgenden Einigungsstellenverfahrens, sondern auch den eines sich ggf. anschließenden Beschlussverfahrens. Eine Betriebsvereinbarung, welche die Beschränkung der gerichtlichen Prüfung auf vom Betriebsrat geltend gemachte Zustimmungsverweigerungsgründe beseitigte, würde das gerichtliche Verfahren im Rahmen der Zustimmung zur betreffenden personellen Einzelmaßnahme – auch im Rahmen der Überprüfung eines Spruchs der Einigungsstelle – in unzulässiger Weise verändern (vgl. BAG 18. August 2009 – 1 ABR 49/08 – Rn. 24, BAGE 131, 358).
5. Bei den Anträgen zu 5., 6., 8. und 10. handelt es sich um in der Rechtsbeschwerdeinstanz unzulässige Antragserweiterungen.
a) Antragserweiterungen sind ebenso wie sonstige Antragsänderungen im Rechtsbeschwerdeverfahren grundsätzlich unzulässig (§ 559 ZPO). Eine Ausnahme besteht dann, wenn der geänderte Sachantrag sich auf einen in der Beschwerdeinstanz festgestellten Sachverhalt stützen kann, die anderen Verfahrensbeteiligten gegen die Antragsänderung oder -erweiterung keine Einwendungen erheben, ihre Verfahrensrechte nicht verkürzt werden und die geänderte Antragstellung darauf beruht, dass die Vorinstanzen einen nach § 139 Abs. 1 ZPO gebotenen Hinweis unterlassen haben (BAG 22. Juli 2014 – 1 ABR 94/12 – Rn. 31 mwN).
b) Nach diesen Maßstäben sind die Anträge unzulässig.
aa) Das gilt zunächst für den Antrag zu 6. Bei dem Antrag, der darauf gerichtet ist, dass jedenfalls für den antragstellenden Betriebsrat eine Zustimmungsverweigerung nicht an eine Frist gebunden ist, handelt es sich entgegen seiner Auffassung nicht um eine Beschränkung des Feststellungsantrags zu 4. Vielmehr wird das für die Sachentscheidung erforderliche Programm erweitert, weil der Senat weiterhin prüfen müsste, ob und mit welchem Inhalt die Betriebsparteien Abweichungen von § 99 Abs. 3 BetrVG vereinbart haben. Hierfür fehlt es an den erforderlichen Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht.
bb) Weiterhin erweisen sich die Anträge zu 5., 8. und 10. als unzulässig.
(1) Die Anträge zu 5., 8. und 10. sind, wie ihr Inhalt im Vergleich zu dem der Anträge zu 4., 7. und 9. zeigt, auf die Feststellung gerichtet, bei dem konkreten Zustimmungsverfahren zur Versetzung der Arbeitnehmerin nach § 4 Abs. 1 GBV EM habe der Betriebsrat weder eine Zustimmungsverweigerungsfrist zu beachten noch greife eine Zustimmungsfiktion nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG ein oder er sei auf die Zustimmungsverweigerungsgründe des § 99 Abs. 2 BetrVG beschränkt.
(2) Die Anträge sind, auch in Form eines Zwischenfeststellungsantrags nach § 256 Abs. 2 ZPO zum Antrag zu 1., unzulässig, weil das Prüfprogramm ebenfalls erweitert wird und es an den erforderlichen Feststellungen fehlt.
Überdies ist der Antrag zu 1. nicht mehr in der Rechtsbeschwerdeinstanz angefallen, sodass mangels eines anhängigen Hauptantrags ein Zwischenfeststellungsantrag auch aus diesem Grund ausscheidet.
III. Die Anschlussrechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist unzulässig. Sie ist nicht innerhalb der von § 92 Abs. 2 Satz 1, § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO bestimmten Monatsfrist nach der Zustellung der Rechtsbeschwerdebegründung erklärt worden. Die Rechtsbeschwerdebegründung des Betriebsrats wurde der Arbeitgeberin am 14. Juli 2014 zugestellt, die Anschlussrechtsbeschwerdeschrift ging erst am 11. April 2016 beim Bundesarbeitsgericht ein. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin kann eine Anschlussrechtsbeschwerde – anders als eine Anschlussbeschwerde, für die § 90 ArbGG keine Frist für die Beschwerdeerwiderung nennt – nicht bis zum Anhörungstermin eingelegt werden.
Unterschriften
Schmidt, Weber, Treber, Platow, Stemmer
Fundstellen
Haufe-Index 10083802 |
BAGE 2017, 135 |
BB 2017, 51 |
BB 2017, 58 |
DB 2016, 7 |