Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg – Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde. Zuständigkeit bei Klagen gegen Pensions-Sicherungsverein aG. Rechtsweg
Leitsatz (amtlich)
Die Beschwerde nach § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG an den obersten Gerichtshof des Bundes ist seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S 1887) am 1. Januar 2002 eine Rechtsbeschwerde iSv. §§ 574 ff. ZPO nF.
Orientierungssatz
- Bei der nach § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Beschwerde handelt es sich seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S 1887) am 1. Januar 2002 um eine Rechtsbeschwerde iSd. §§ 574 ff. ZPO.
- Diese Rechtsbeschwerde ist gemäß § 575 Abs. 1 ZPO binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses einzulegen und zu begründen.
- Entspricht die Rechtsmittelbelehrung der angefochtenen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht der geänderten Rechtslage, dh. den Anforderungen des § 575 Abs. 1 und 2 ZPO, beträgt die Beschwerdefrist gem. § 9 Abs. 5 Satz 4 ArbGG ein Jahr seit Zustellung der Entscheidung.
Normenkette
GVG § 17a Abs. 4; ZPO §§ 574-575; ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 5
Verfahrensgang
Tenor
Tatbestand
A. Die Parteien streiten über Versorgungsansprüche und hierbei vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs.
Die am 4. April 1915 geborene Klägerin wurde unmittelbar nach Eheschließung in der seit 1935 von ihrem Ehemann als Alleininhaber gegründeten P Strickwarenfabrik in N als Arbeitnehmerin ganztägig tätig. Im Jahre 1956 gründete der Ehemann der Klägerin mit seinen drei noch minderjährigen Kindern die P Strickwaren KG. In § 13 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags vom 27. März 1956 heißt es:
“Auf den Tod des persönlich haftenden Gesellschafters P T erhält Frau T, eine lebenslängliche bzw. bis zur Wiederverheiratung zahlbare, über Unkosten zu verbuchende Witwenpension in Höhe von monatlich 500,00 DM.”
Die Klägerin arbeitete über den Tod ihres Ehemanns im Jahre 1971 hinaus in dem Unternehmen bis mindestens zum 31. Dezember 1975.
Nach dem Ableben des Ehemannes der Klägerin wurde durch Beschluß der Gesellschafter vom 20. Juli 1971 die Witwenpension der Klägerin in Abänderung von § 13 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags vom 27. März 1956 auf 1.500,00 DM festgesetzt. Die Witwenrente sollte erstmals mit dem auf den Todesmonat folgenden Monat fällig sein. Mit weiterem Beschluß vom 4. Dezember 1985 wurde die Witwenrente mit Wirkung vom 1. Januar 1986 auf 3.000,00 DM erhöht. Diesen Betrag erhielt die Klägerin bis März 1996. Seit Anfang 1995 leistete die Firma “K”, die mit dem Ausscheiden der beiden Kommanditistinnen und der Weiterführung des Unternehmens durch einen Sohn der Klägerin entstanden war, die Witwenpension. Für dieses Unternehmen wurde von dem beklagten Pensions-Sicherungsverein der Sicherungsfall der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit bei offensichtlicher Masselosigkeit auf den 1. Oktober 1997 festgestellt.
Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin den Beklagten als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung auf Zahlung der Witwenpension in Anspruch. Der Beklagte hat die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen gerügt und die Auffassung vertreten, die Klägerin mache als Witwe eines Nichtarbeitnehmers letztlich einen Anspruch aus dem Gesellschaftsvertrag geltend. Für eine solche Klage seien die ordentlichen Gerichte zuständig.
Das Arbeitsgericht hat sich für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das sachlich zuständige Landgericht Köln verwiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen unzulässig ist, und die weitere sofortige Beschwerde zugelassen. Der Beschluß des Landesarbeitsgerichts vom 4. März 2002 ist der Klägerin am 8. April 2002 zugestellt worden. In der Rechtsmittelbelehrung heißt es:
“Gegen diesen Beschluß kann von der Klägerin weitere sofortige Beschwerde eingelegt werden. Die Beschwerde muß innerhalb einer Notfrist (eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden) von zwei Wochen nach der Zustellung dieses Beschlusses schriftlich beim Bundesarbeitsgericht,
Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt, oder bei dem Landesarbeitsgericht Köln, Blumenthalstraße 33, 50670 Köln, eingelegt werden.”
Mit einem beim Bundesarbeitsgericht am 17. April 2002 eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin weitere sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts eingelegt und diese mit einem am 30. Mai 2002 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Entscheidungsgründe
B. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.
- Bei der nach § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Beschwerde handelt es sich seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S 1887) am 1. Januar 2002 um eine Rechtsbeschwerde iSd. §§ 574 ff. ZPO (ebenso Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 4. Aufl. § 48 Rn. 96; Thomas/Putzo ZPO 24. Aufl. § 17a GVG Rn. 20). Diese ist gemäß § 575 Abs. 1 ZPO binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses einzulegen und gem. § 575 Abs. 2 ZPO, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung zu begründen. Die Klägerin hat mit ihrer am 17. April 2002 eingelegten Beschwerde zwar die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gewahrt. Ihre Beschwerdebegründung vom 30. Mai 2002 ist jedoch nicht binnen Monatsfrist nach Zustellung der Entscheidung am 8. April 2002 eingegangen.
- Die Rechtsbeschwerde der Klägerin ist gleichwohl zulässig. Denn die Rechtsmittelbelehrung der angefochtenen Entscheidung ist unrichtig. Die Rechtsmittelbelehrung entspricht nicht der geänderten Rechtslage, dh. den Anforderungen des § 575 Abs. 1 und 2 ZPO. Die Klägerin ist vielmehr auf die Möglichkeit einer weiteren sofortigen Beschwerde hingewiesen worden, die innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses einzulegen sei. Wegen dieser unrichtigen Belehrung beträgt die Beschwerdefrist gem. § 9 Abs. 5 Satz 4 ArbGG ein Jahr seit Zustellung der Entscheidung. Diese Frist hat die Klägerin gewahrt, denn in der Beschwerdebegründung liegt die erneute Einlegung einer Rechtsbeschwerde mit gleichzeitiger Begründung. Damit ist auch die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde gewahrt.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist unzulässig. Dies hat das Landesarbeitsgericht mit zutreffender Begründung erkannt.
- Die Klägerin hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Unterschriften
Müller-Glöge, Mikosch, Linck
Fundstellen
Haufe-Index 840629 |
BAGE 2004, 16 |
DB 2002, 2732 |
NJW 2002, 3725 |
EBE/BAG 2002, 162 |
ARST 2003, 238 |
ARST 2003, 71 |
EWiR 2002, 1009 |
FA 2002, 387 |
JR 2003, 396 |
JurBüro 2003, 42 |
KTS 2003, 334 |
NZA 2002, 1302 |
SAE 2003, 273 |
ZIP 2002, 1963 |
AP, 0 |
EzA-SD 2002, 14 |
EzA |
MDR 2003, 110 |
SGb 2003, 101 |
AUR 2002, 427 |
AUR 2002, 439 |
BAGReport 2003, 93 |
KammerForum 2003, 60 |