Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Arztes. Facharzt für Chirurgie
Leitsatz (redaktionell)
1. Den Begriff des Facharztes verwenden die Tarifvertragsparteien des BAT wie den Begriff des Arztes im Sinne des inländischen Medizinalrechts.
2. Die in VergGr Ia BAT Fallgruppe 4 geforderte achtjährige ärztliche Tätigkeit muß im Geltungsbereich des BAT abgeleistet worden sein, also bei einem öffentlichen Arbeitgeber, für den die Geltung des BAT in Betracht kommt.
3. Die Tarifvertragsparteien unterscheiden terminologisch den allgemeinen, im Jahre 1966 eingeführten Bewährungsaufstieg nach § 23a BAT, den im Jahre 1975 eingeführten Fallgruppenbewährungsaufstieg und den reinen Zeitaufstieg (etwa VergGr Ia BAT Fallgruppe 4 und VergGr Ib BAT Fallgruppe 13 für Ärzte). Auf den Zeitaufstieg können die Grundsätze des § 23a BAT weder unmittelbar noch entsprechend angewendet werden.
Orientierungssatz
Keine Überprüfung tariflicher Normen nach § 242 BGB.
Normenkette
BAT Anlage 1a; BGB § 242; BAT §§ 23a, 22 Fassung: 1975-03-17
Verfahrensgang
LAG Berlin (Entscheidung vom 01.04.1987; Aktenzeichen 5 Sa 8/87) |
ArbG Berlin (Entscheidung vom 03.12.1986; Aktenzeichen 33 Ca 39/86) |
Tatbestand
Dem Kläger wurde am 10. Januar 1973 die Approbation als Arzt erteilt. Mit Urkunde vom 10. November 1978 erhielt er seine Anerkennung als "Arzt für Chirurgie". Seit dem 1. November 1979 steht der Kläger im Bereich der Chirurgischen Klinik und Poliklinik in den Diensten der Beklagten, seit dem 1. Oktober 1984 als Oberarzt. Die Parteien haben einzelvertraglich die Geltung des BAT und der diesen ändernden und ergänzenden Tarifverträge vereinbart. Bis zum 31. Oktober 1987 erhielt der Kläger Vergütung nach VergGr. I b BAT. Seitdem wird er nach VergGr. I a BAT vergütet.
Vor Beginn seiner ärztlichen Tätigkeit bei der Beklagten war der Kläger vom 1. Februar 1973 bis 31. Mai 1975 als Assistenzarzt an der Chirurgischen Universitätsklinik in Z, vom 1. Juni 1975 bis zum 30. April 1977 als Stabsarzt der Bundeswehr in der Chirurgischen Abteilung des Zentralkrankenhauses K und vom 1. Mai 1977 bis zum 31. Oktober 1979 als Assistenzarzt in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in T ärztlich eingesetzt. Rechtsträger der Unfallklinik T ist der Verein für Berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung H e.V. Mitglieder dieses eingetragenen Vereins sind ausschließlich öffentlich-rechtliche Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Verein wird ausschließlich aus öffentlichen Mitteln finanziert. Er ist nicht Mitglied eines kommunalen Arbeitgeberverbandes. Er wendet die Bestimmungen des Berufsgenossenschafts-Angestelltentarifvertrages (BG-AT) an. Das galt auch für das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Verein. Während der Kläger in T zunächst Vergütung nach VergGr. II a BG-AT erhielt, wurde er ab 1. April 1978 nach VergGr. I b BG-AT vergütet.
Mit der Klage hat der Kläger die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, an ihn ab 1. April 1986 Vergütung nach VergGr. I a BAT zu zahlen. Dazu hat der Kläger vorgetragen, von diesem Zeitpunkt an sei bei ihm das tarifliche Erfordernis achtjähriger ärztlicher Tätigkeit im Sinne der Fallgruppe 4 der VergGr. I a BAT erfüllt gewesen. Auf den Achtjahreszeitraum müsse auch die von ihm in der Unfallklinik T in der VergGr. I b BG-AT verbrachte Beschäftigungszeit angerechnet werden. Das ergebe sich schon daraus, daß die entsprechenden Tätigkeitsmerkmale in den Vergütungsordnungen des BAT und des BG-AT wörtlich übereinstimmten. Eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst oder bei einem in den Geltungsbereich des BAT fallenden Arbeitgeber forderten die Tarifvertragsparteien in VergGr. I a BAT Fallgruppe 4 nicht. Jedenfalls könne sich nicht zu seinen Lasten auswirken, daß der Rechtsträger der Unfallklinik privatrechtlich organisiert sei. Andernfalls könne in allgemeinen Rechtsgrundsätzen widersprechender Weise ein Wechsel der Rechtsform zum Entzug tariflicher Vergütungsansprüche führen. Demgemäß hat der Kläger beantragt
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet
ist, an den Kläger ab 1. April 1986 Vergütung
nach VergGr. I a BAT Fallgruppe 4 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert, der Zeitraum, in dem der Kläger während seiner Tätigkeit in der Unfallklinik T in die VergGr. I b BG-AT eingruppiert gewesen sei, könne im Rahmen der VergGr. I a BAT Fallgruppe 4 keine Berücksichtigung finden. Das ergebe sich schon daraus, daß dieser Beschäftigungszeitraum des Klägers nicht vom BAT erfaßt gewesen sei. Rechtsunerheblich sei, ob und inwieweit der BAT und der BG-AT inhaltlich übereinstimmten. Der Kläger übersehe, daß er während dieser Zeit nicht im öffentlichen Dienst bzw. in den Diensten eines vom BAT erfaßten öffentlichen Arbeitgebers gestanden habe, wobei es entgegen der Meinung des Klägers auch auf die Rechtsform ankomme. Mit Recht wiesen auf diese Rechtslage auch ein Rundschreiben des Bundesinnenministeriums und Erlasse des B Innensenators hin.
Das Arbeitsgericht hat nach dem Klagebegehren erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger hat in der Revisionsinstanz seinen Feststellungsantrag ohne Beschränkung auf eine bestimmte Fallgruppe wiederholt und auf den Anspruchszeitraum bis zum 31. Oktober 1987 beschränkt. Mit diesen Maßgaben beantragt er Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht gegebenen Begründung kann dem Klagebegehren nicht entsprochen werden. Im noch streitbefangenen Anspruchszeitraum kann der Kläger die eingeklagte Vergütung nach VergGr. I a BAT nicht beanspruchen.
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen haben die Parteien einzelvertraglich die Geltung des BAT vereinbart. Damit hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Klägers ausfüllende Arbeitsvorgänge den Tätigkeitsmerkmalen der von ihm für sich beanspruchten VergGr. I a BAT entsprechen (§ 22 Abs. 1, Abs. 2 Unterabs. 1 und Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Dabei ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen, wonach darunter eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen ist (vgl. die Urteile des Senats vom 29. Januar 1986 - 4 AZR 465/84 - AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975, 19. März 1986 - 4 AZR 642/84 - AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975 und 16. April 1986 - 4 AZR 595/84 - AP Nr. 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975, alle auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen, mit weiteren Nachweisen auf die ständige Rechtsprechung des Senats).
Vorinstanzen und Parteien sind auf diesen rechtlichen Komplex nicht eingegangen. Gleichwohl kann der Senat in der vorliegenden Sache durchentscheiden. Angesichts des von den Tarifvertragsparteien vorgegebenen, feststehenden Rechtsbegriffes des Arbeitsvorganges hat nämlich der Senat in allen Eingruppierungsprozessen die rechtliche Möglichkeit, die Arbeitsvorgänge eines Angestellten selbst zu bestimmen (vgl. die Urteile des Senats vom 29. Januar 1986 - 4 AZR 465/84 - AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975 und 16. April 1986 - 4 AZR 595/84 - AP Nr. 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975, beide auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen, mit weiteren Nachweisen auf die ständige Rechtsprechung des Senats). Zudem bedarf es vorliegend auch keiner weiteren diesbezüglichen Tatsachenfeststellungen mehr. Die Tarifvertragsparteien betrachten nämlich in aller Regel die Tätigkeit von Ärzten ohne Rücksicht auf deren Einzelaufgaben rechtlich einheitlich, indem sie beispielsweise in VergGr. II a BAT Fallgruppe 4 die entsprechende tarifliche Mindestvergütung "Ärzten" zuerkennen. Dieses rechtliche Prinzip halten die Tarifvertragsparteien auch in den vorliegend heranzuziehenden höheren Vergütungsgruppen durch (vgl. insbesondere VergGr. I b BAT Fallgruppen 7 ff. und VergGr. I BAT Fallgruppe 4). Daher ist nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien, die insoweit auch eine Fachfunktion umschreiben, die Tätigkeit eines Arztes regelmäßig als ein Arbeitsvorgang anzusehen, wie der Senat bereits in seinem Urteil BAGE 42, 231, 234 = AP Nr. 71 zu §§ 22, 23 BAT 1975 näher ausgeführt hat. Ob etwas anderes etwa dann gilt, wenn ein Arzt neben allgemeinen ärztlichen Aufgaben höher bewertete Einzelaufgaben (etwa der VergGr. I b BAT Fallgruppe 9) verrichtet, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.
Nach der Fallgruppe 4 der VergGr. I a BAT, die vorliegend allein für den Kläger in Betracht kommt, sind zu vergüten
Fachärzte mit entsprechender Tätigkeit nach
achtjähriger ärztlicher Tätigkeit in Vergütungsgruppe
I b.
Dabei verwenden die Tarifvertragsparteien den Begriff des "Facharztes" - wie in anderen Vergütungs- bzw. Fallgruppen den des "Arztes" - im Sinne des inländischen staatlichen Medizinalrechts (vgl. BAGE 42, 231, 235 = AP Nr. 71 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Danach ist Facharzt ein Arzt, der sich nach den Bestimmungen einer Facharztordnung durch entsprechende mehrjährige Weiterbildung auf einem bestimmten medizinischen Fachgebiet besondere Kenntnisse erworben hat, etwa auf dem Gebiete der Chirurgie (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, VergO, Anm. 17). Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist der Kläger Facharzt für Chirurgie. Wenn der Kläger nach den weiteren Feststellungen der Vorinstanzen und dem unstreitigen Sachverhalt als Chirurg im Klinikum der Beklagten tätig ist, übt er auch eine "entsprechende Tätigkeit" im tariflichen Sinne aus.
Damit kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits lediglich darauf an, ob der Kläger am 1. April 1986 acht Jahre eine ärztliche Tätigkeit "in Vergütungsgruppe I b" ausgeübt hat, wobei wiederum entscheidend ist, ob ihm auf den Achtjahreszeitraum die Zeit seiner in der Unfallklinik T in der VergGr. I b BG-AT verbrachte Vordienstzeit angerechnet werden kann. Dabei ist mit dem Landesarbeitsgericht davon auszugehen, daß die VergGr. I a BAT Fallgruppe 4 für Ärzte einen reinen Zeitaufstieg vorsieht, wobei eine Bewährung nicht gefordert wird. Vorliegend bedeutet das, daß der Kläger ab 1. April 1986 Anspruch auf Vergütung nach VergGr. I a BAT hätte, wenn im Sinne seiner Rechtsauffassung seine in der VergGr. I b BG-AT in T verbrachte Zeit im Rahmen der VergGr. I a BAT Fallgruppe 4 angerechnet werden müßte.
In Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht wird das vom Landesarbeitsgericht bejaht. Dazu führt das Landesarbeitsgericht aus, soweit sie jeweils auf die Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst wie in § 27 Abs. 6 BAT oder § 23 a BAT abstellten, brächten das die Tarifvertragsparteien des BAT jeweils deutlich zum Ausdruck. Eine derartige Einschränkung finde sich jedoch in den Merkmalen der VergGr. I a BAT Fallgruppe 4 nicht. Insbesondere fehle eine derartige Einschränkung auch in VergGr. I b BAT Fallgruppe 13, aus der heraus ebenfalls der Aufstieg nach VergGr. I a BAT Fallgruppe 4 möglich sei. Demgemäß sei bei der Anwendung der VergGr. I a BAT Fallgruppe 4 lediglich zu fordern, daß die außerhalb des Geltungsbereiches des BAT abgeleistete ärztliche Tätigkeit qualitativ den Anforderungen der VergGr. I b BAT entsprochen habe. Das habe aber auch für die in VergGr. I b BG-AT vom Kläger in T abgeleistete ärztliche Dienstzeit zu gelten, wobei es nicht darauf ankommen könne, daß der Rechtsträger der dortigen Unfallklinik ein eingetragener Verein sei. Entscheidend sei vielmehr, daß sich die Fallgruppe 4 der VergGr. I a und die Fallgruppe 13 der VergGr. I b in beiden Tarifwerken wörtlich deckten.
Wie die Revision mit Recht bemerkt, kann dieser Auslegung der Merkmale der VergGr. I a BAT Fallgruppe 4 durch das Landesarbeitsgericht nicht gefolgt werden. Das ergibt eine Auslegung dieser Tarifnorm nach den allgemeinen Grundsätzen der Tarifauslegung, die auch bei der Auslegung der Tarifverträge für den öffentlichen Dienst zu gelten haben, wobei auf deren besonders ausgeprägte Differenzierung angemessen Bedacht zu nehmen ist. Demgemäß ist auch hier über den reinen Tarifwortlaut hinaus der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, wobei auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang zurückzugreifen ist (vgl. BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung).
Wenn die Tarifvertragsparteien in VergGr. I a BAT Fallgruppe 4 eine achtjährige fachärztliche Tätigkeit "in Vergütungsgruppe I b" fordern, so legt es schon der reine Tarifwortlaut nahe, daß es sich dabei um eine Tätigkeit im Geltungsbereich des BAT handeln muß, d.h. um eine Tätigkeit in den Diensten eines solchen (öffentlichen) Arbeitgebers, für den eine Geltung des BAT in Betracht kommt. Bei der VergGr. I b handelt es sich nämlich erkennbar um einen Begriff und vorgegebenen Bestandteil der Vergütungsordnung zum BAT, wobei der Senat den allgemeinen Rechtsgrundsatz berücksichtigt, daß Tarifvertragsparteien es in aller Regel ausdrücklich sagen oder sogar verdeutlichen, wenn sie auf Begriffe und Bestandteile anderer Tarifverträge zurückgreifen. Erst recht bestätigt aber der tarifliche Gesamtzusammenhang die Rechtsauffassung des Senats. Wenn nämlich die Tarifvertragsparteien im Bereiche des im Jahre 1975 eingeführten Fallgruppenbewährungsaufstiegs eine bestimmte Bewährungszeit in einer konkreten Vergütungsgruppe bzw. Fallgruppe fordern (etwa VergGr. V b BAT Fallgruppe 1 c oder VergGr. IV b BAT Fallgruppe 1 b), dann muß es sich immer um eine entsprechende Tätigkeit im Bereiche des vom BAT umfaßten öffentlichen Dienstes handeln (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, aaO, Anm. V 1 der Einführung zu Teil II BL S. 306 f ff.). Dafür, daß es bei der vorliegend heranzuziehenden VergGr. I a BAT Fallgruppe 4 Abweichungen von diesem die gesamte Vergütungsordnung des BAT beherrschenden Prinzip geben könnte, sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich.
Dabei verkennt der Senat nicht, daß der Zeitaufstieg in die VergGr. I a BAT Fallgruppe 4 nicht etwa auf bestimmte Fallgruppen der VergGr. I b BAT beschränkt ist, sondern von den Tarifvertragsparteien aus sämtlichen Fallgruppen dieser Vergütungsgruppe ermöglicht wird. Er ist also auch aus der für den Kläger in Betracht kommenden Fallgruppe 13 der VergGr. I b BAT möglich, wonach vergütet werden
Ärzte nach fünfjähriger ärztlicher
Tätigkeit.
Schon der eindeutige Wortlaut dieser Tarifmerkmale stellt klar, daß ein im öffentlichen Dienst tätiger, nach staatlichem Medizinalrecht approbierter Arzt hiernach zu vergüten ist, wenn er zuvor fünf Jahre ärztlich tätig war. Das braucht weder im öffentlichen Dienst noch in Krankenhäusern der Fall gewesen zu sein. Insbesondere wird hier auch nicht etwa eine ärztliche Tätigkeit im Angestelltenverhältnis gefordert (vgl. BAGE 42, 231, 236 = AP Nr. 71 zu §§ 22, 23 BAT 1975, auch Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, aaO, Anm. 17).
Aus der Auslegung der Merkmale der VergGr. I b BAT Fallgruppe 13 können jedoch entgegen der Rechtsauffassung des Klägers, der auch das Landesarbeitsgericht zuneigt, wie die Revision mit Recht hervorhebt, keine Anhaltspunkte für die Auslegung der VergGr. I a BAT Fallgruppe 4 gewonnen werden, obwohl aus der VergGr. I b BAT Fallgruppe 13 der Zeitaufstieg in die VergGr. I a BAT Fallgruppe 4 unbedenklich rechtlich möglich ist. Während nämlich die Tarifvertragsparteien eindeutig und ausdrücklich in VergGr. I a BAT Fallgruppe 4 eine ärztliche (fachärztliche) Tätigkeit "in Vergütungsgruppe I b" fordern und damit den Anwendungsbereich der Norm auf eine entsprechende Angestelltentätigkeit im Bereiche des öffentlichen Dienstes beschränken, fehlt eine solche Einschränkung bei den Merkmalen der VergGr. I b BAT Fallgruppe 13. Diese ersichtlich gewollte rechtliche Differenzierung der Tarifvertragsparteien haben die Gerichte für Arbeitssachen zu respektieren. Sie haben Tarifverträge weder auf ihre Zweckmäßigkeit noch auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundsätzen des § 242 BGB hin zu überprüfen (vgl. die Urteile des Senats BAGE 48, 65, 73 = AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge: Süßwarenindustrie sowie vom 20. August 1986 - 4 AZR 265/85 - AP Nr. 47 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie und 11. März 1987 - 4 AZR 229/86 -, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, mit weiteren Nachweisen). Das gilt auch bezüglich der Tarifverträge für den öffentlichen Dienst.
Auch ein Vergleich mit den tariflichen Tätigkeitsmerkmalen für Meister (Teil II Q der Vergütungsordnung zum BAT) bestätigt die Richtigkeit der vom Senat vorgenommenen Tarifauslegung: Dort reicht zwar zur Erfüllung der Merkmale der VergGr. VI b BAT Fallgruppe 3 sowohl eine mehrjährige Tätigkeit als Meister in der VergGr. VII BAT Fallgruppe 2 als auch eine "entsprechende Tätigkeit außerhalb des Geltungsbereiches dieses Tarifvertrages" aus; bei den qualifizierenden Merkmalen der höheren Vergütungsgruppen (V c Fallgruppe 4, V b Fallgruppe 5) wird jedoch jeweils eine höherwertige Tätigkeit in einer konkreten Vergütungs- und Fallgruppe der Anlage 1 a zum BAT, also ausschließlich im Bereich des öffentlichen Dienstes, gefordert. Diese Differenzierung der Tarifvertragsparteien haben die Gerichte für Arbeitssachen ohne Rücksicht auf die entsprechenden Motive der Tarifvertragsparteien ebenso zu respektieren wie die entsprechende Differenzierung zwischen den Regelungen für Ärzte in VergGr. I a BAT Fallgruppe 4 und VergGr. I b BAT Fallgruppe 13.
Demgegenüber sind die Hinweise des Landesarbeitsgerichts auf sonstige Tarifbestimmungen zwar inhaltlich zutreffend, aber vorliegend zur Tarifauslegung ungeeignet. Das gilt insbesondere für die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu § 23 a BAT. In dieser Tarifnorm wird zwar näher dargelegt, daß die im einzelnen vorgeschriebene Bewährungszeit nicht bei demselben Arbeitgeber zurückgelegt worden zu sein braucht; es wird in der Tarifnorm auch näher ausgeführt, bei welchen Arbeitgebern anrechnungsfähige Vordienstzeiten möglich sind. Daraus können jedoch für die Auslegung der Merkmale der VergGr. I a BAT Fallgruppe 4 nicht die vom Landesarbeitsgericht gezogenen Schlüsse gezogen werden. § 23 a BAT betrifft nämlich lediglich den ursprünglichen, im Jahre 1966 eingeführten "allgemeinen" Bewährungsaufstieg, neben dem es inzwischen den davon weitgehend wesensverschiedenen, im Jahre 1975 eingeführten Fallgruppenbewährungsaufstieg und den vorstehend zur Beurteilung stehenden bloßen Zeitaufstieg (etwa von VergGr. I b BAT Fallgruppe 13 in die VergGr. I a BAT Fallgruppe 4) gibt. Schon auf den Fallgruppenbewährungsaufstieg, der rechtlich von den Tarifvertragsparteien anders konzipiert worden ist als der ursprüngliche allgemeine Bewährungsaufstieg, kann § 23 a BAT - von ganz allgemeinen Rechtsgedanken abgesehen - weder unmittelbar noch entsprechend angewendet werden (vgl. BAGE 43, 374, 378 = AP Nr. 6 zu § 24 BAT). Daher haben die Gerichte für Arbeitssachen auch keine rechtliche Möglichkeit, § 23 a BAT, wie es das Landesarbeitsgericht tut, beim bloßen Zeitaufstieg der VergGrn. I b BAT Fallgruppe 13 und I a BAT Fallgruppe 4 heranzuziehen, zumal es an jedem Anhaltspunkt dafür fehlt, daß die Tarifvertragsparteien insoweit überhaupt eine Anwendung dieser Tarifnorm (§ 23 a BAT) in Erwägung gezogen haben. Aus den gleichen Gründen können entgegen der Meinung des Landesarbeitsgerichts auch aus § 27 Abs. 6 BAT und der dazugehörigen Protokollnotiz keine Kriterien zur Auslegung der vorliegend streitbefangenen Tarifnormen gewonnen werden. Dasselbe gilt schließlich auch für die §§ 19 und 20 BAT, die näher Beschäftigungs- und Dienstzeit regeln.
Zutreffend führt das Landesarbeitsgericht indessen aus, daß dem die Auslegung von VergGr. I a BAT Fallgruppe 4 betreffenden Rundschreiben des Bundesinnenministeriums und den entsprechenden Erlassen des B Innensenators im Verhältnis der Prozeßparteien deswegen keine rechtliche Bedeutung zukommt, weil ihr Inhalt nicht arbeitsvertraglich als gültig vereinbart worden ist (vgl. BAGE 38, 221, 227 = AP Nr. 64 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAGE 34, 173, 178 = AP Nr. 7 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer sowie BAGE 48, 107, 110 = AP Nr. 12 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer, auch das Urteil des Senats vom 28. Januar 1987 - 4 AZR 147/86 -, zur Veröffentlichung vorgesehen, mit weiteren Nachweisen auf die ständige Rechtsprechung des Senats). Die Tarifauslegung des Senats deckt sich indessen mit dem Inhalt des Rundschreibens bzw. der Erlasse, ohne daß das prozeßentscheidend wäre.
Sowohl die Vorinstanzen als auch der Kläger haben zum Ausdruck gebracht, daß eine gewisse, auch unverständliche Härte darin zu erblicken sei, daß dem Kläger der frühere Aufstieg in die VergGr. I a BAT Fallgruppe 4 nur deshalb verwehrt sein solle, weil sein Arbeitgeber in T ein rechtsfähiger Verein war. Diese Härte verschärft sich noch dadurch, daß in der Unfallklinik T ein Tarifvertrag angewendet wurde, der weitgehend inhaltlich dem BAT entspricht und sogar dieselben Tätigkeitsmerkmale für Ärzte enthält, wie sie die Anlage 1 a zum BAT vorsieht. Es ist auch nicht ohne weiteres einleuchtend, weshalb in den Merkmalen der VergGr. I b BAT Fallgruppe 13 jede ärztliche Tätigkeit auch außerhalb des öffentlichen Dienstes ausreichen soll, in den Merkmalen der VergGr. I a BAT Fallgruppe 4 wiederum nur eine Tätigkeit im Geltungsbereich des BAT. Aus den dargelegten Gründen ist es jedoch ausschließliche Angelegenheit der Tarifvertragsparteien, aus diesen Umständen die entsprechenden tarifrechtlichen Konsequenzen zu ziehen und ggf. die entsprechenden Tarifnormen anzugleichen oder zu ändern.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger nach § 91 ZPO.
Dr. Neumann Dr. Etzel Dr. Feller
Peter Jansen Wiese
Fundstellen
Haufe-Index 439320 |
RdA 1988, 127 |
ZTR 1988, 260-262 (LT1-3) |
AP Nr 141 zu §§ 22, 23 BAT 1975 (LT1-3) |
ArztR 1989, 6-7 (K) |
PersV 1989, 324-327 (LT1-3) |