Leitsatz (redaktionell)
(Fassadenverkleidung als Dachdeckerhandwerk) Fassadenverkleidung ist Tätigkeit von Dachdeckern, Zimmerern, Trockenbaumonteuren und ggf von Isolierern. Die Zuordnung eines Betriebes für Fassadenverkleidung kann deshalb nicht allein nach dem Berufsbild erfolgen. Nur bei Beschäftigung von gelernten Dachdeckern oder der nicht unerheblichen Durchführung von Arbeiten, die ausschließlich zum Dachdeckerhandwerk gehören, gilt die Ausnahmevorschrift für das Dachdeckerhandwerk.
Normenkette
TVG § 1; BauRTV § 1; ArbGG § 61 Fassung: 1969-07-02
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Entscheidung vom 18.07.1986; Aktenzeichen 6/5 Sa 413/86) |
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 22.01.1986; Aktenzeichen 3 Ca 1963/85) |
Tatbestand
Die Klägerin ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes, die nach dem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag über das Verfahren für den Urlaub, den Lohnausgleich und die Zusatzversorgung im Baugewerbe (Verfahrens-TV) die Beiträge für Zusatzversorgung, Lohnausgleich und Urlaub der Arbeitnehmer des Baugewerbes von den Arbeitgebern einzieht und Auskünfte zur Errechnung der Beiträge einholt. Sie verlangt von der beklagten Arbeitgeberin Auskünfte nach näherer tariflicher Regelung über die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer und die Höhe der Bruttolohnsumme für die Monate Januar bis März 1985.
Die Beklagte ist in die Handwerksrolle als Dachdeckereibetrieb, beschränkt auf die Anbringung von Fassadenverkleidungen, eingetragen. Von der betrieblichen Tätigkeit der Beklagten entfallen 80 v.H. auf Fassadenverkleidungsarbeiten und 20 v.H. auf Dachdeckerarbeiten. Bei den Fassadenverkleidungsarbeiten errichtet die Beklagte zunächst eine Holzunterkonstruktion, die aus senkrechten Grundlatten und waagrechten Traglatten besteht, die mit Dübeln und Schraubnägeln an der Gebäudewand befestigt werden. Auf den Traglatten werden dann schuppenartig überlappende Fassadenplatten aus Ziegeln, Holzschindeln, überwiegend aber aus Eternit angebracht. Der Zwischenraum zwischen vorgehängter Fassade und Mauerwerk wird mit Dämmstoffen verfüllt. Die Beklagte beschäftigt in der Regel fünf bis acht angelernte Mitarbeiter, die sie als "Fassadenmonteure" bezeichnet. Die Geschäftsführer der Beklagten sind nicht zur Führung des Meistertitels berechtigt und auch nicht zur Berufsausbildung zum Dachdecker.
Die Beklagte zahlte zunächst ab 1. Januar 1982 auf entsprechende Anforderung an die Klägerin die tariflichen Beiträge für die Sozialkassen des Baugewerbes. Seit 1. Januar 1985 zahlt die Beklagte nur noch Beiträge an die Lohnausgleichskasse für das Dachdeckerhandwerk.
Die Klägerin meint, der Betrieb der Beklagten werde vom betrieblichen Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes umfaßt. Das ergebe sich aus § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 11 BRTV-Bau, in dem "Fassadenbauarbeiten" ausdrücklich genannt seien. Wenn demgegenüber Betriebe des Dachdeckerhandwerks vom Geltungsbereich des BRTV-Bau ausgenommen seien, beziehe sich dies nicht auf Betriebe, die Tätigkeiten ausübten, die in § 1 Abs. 2 Abschnitt V BRTV-Bau ausdrücklich aufgeführt seien. Im übrigen könnten zwar Fassadenverkleidungen auch von Dachdeckerbetrieben ausgeführt werden. Nach den hier angewendeten Arbeitsmethoden sei der Betrieb der Beklagten aber dem Baugewerbe zuzurechnen. Darüber hinaus lasse sich auch aus der Ausbildung der Mitarbeiter der Beklagten, die keine gelernten Dachdecker seien, nicht auf eine Dachdeckertätigkeit schließen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
1. der Klägerin auf dem vorgeschriebenen
Formular Auskunft darüber zu erteilen,
1.1. wieviel Arbeitnehmer, die eine
nach den Vorschriften der Reichs-
versicherungsordnung (RVO) versi-
cherungspflichtige Tätigkeit aus-
übten, in den Monaten
Januar, Februar, März 1985
in dem Betrieb der Beklagten be-
schäftigt wurden sowie in welcher
Höhe die lohnsteuerpflichtige Brut-
tolohnsumme insgesamt für diese Ar-
beitnehmer und Beiträge für die So-
zialkassen der Bauwirtschaft in den
genannten Monaten angefallen sind,
1.2. wieviel technische und kaufmänni-
sche Angestellte sowie Poliere und
Schachtmeister in den Monaten
Januar, Februar, März 1985
in dem Betrieb der Beklagten be-
schäftigt wurden und in welcher Hö-
he Beiträge für die Zusatzversor-
gungskasse des Baugewerbes (VVaG)
in den genannten Monaten angefallen
sind,
2. für den Fall, daß diese Verpflichtung zur
Auskunftserteilung innerhalb einer Frist
von zwei Wochen nach Urteilszustellung
nicht erfüllt wird, an die Klägerin fol-
gende Entschädigung zu zahlen:
zu Nr. 1.1. 25.800,-- DM
zu Nr. 1.2. 242,16 DM
------------
Gesamtbetrag 26.042,16 DM.
Die Beklagte und die Lohnausgleichskasse für das Dachdeckerhandwerk als Nebenintervenientin haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben vorgetragen, die Beklagte unterhalte einen Betrieb des Dachdeckerhandwerks und falle daher nicht unter den Geltungsbereich der Tarifverträge des Baugewerbes. Die von ihr erstellten Fassadenverkleidungen würden mit den Methoden des Dachdeckerhandwerks angebracht. Die Werkstoffe Ziegel und Eternit seien für das Dachdeckerhandwerk typisch, nicht jedoch für das Bauhandwerk. Die Eintragung der Beklagten in die Handwerksrolle der Dachdecker sei auch ein Indiz dafür, daß die Beklagte mit den Methoden des Dachdeckerhandwerks arbeite.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag mit der Maßgabe weiter, daß die Frist zur Auskunftserteilung nach Ziff. 2 des Klageantrags auf einen Monat festgesetzt wird. Die Beklagte und die Nebenintervenientin beantragen Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage im Ergebnis mit Recht abgewiesen. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Klägerin die begehrten Auskünfte nach den Verfahrenstarifverträgen für das Baugewerbe zu erteilen. Denn der Betrieb der Beklagten ist dem Dachdeckerhandwerk zuzuordnen und wird damit vom Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge für das Baugewerbe nicht erfaßt.
Im Klagezeitraum (Januar bis März 1985) galten hinsichtlich der Arbeitnehmer mit einer arbeiterrentenversicherungspflichtigen Tätigkeit der allgemeinverbindliche Tarifvertrag über das Verfahren für den Urlaub, den Lohnausgleich und die Zusatzversorgung im Baugewerbe vom 19. Dezember 1983 in der Fassung vom 12. Dezember 1984 (Verfahrens-TV) sowie hinsichtlich der Angestellten der allgemeinverbindliche Tarifvertrag über das Verfahren für eine zusätzliche Alters- und Invalidenbeihilfe für technische und kaufmännische Angestellte sowie für Poliere und Schachtmeister des Baugewerbes vom 30. Oktober 1975 in der Fassung vom 19. Dezember 1983 (Verfahrens-TV Angestellte). Diese Verfahrenstarifverträge finden kraft ihrer Allgemeinverbindlichkeit mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 5 Abs. 4, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Nach diesen Tarifverträgen ist die Beklagte nicht verpflichtet, auf dem tariflich vorgeschriebenen Formblatt die von der Klägerin mit ihren Klageanträgen begehrte Auskunft über die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer und die Höhe der Bruttolohnsumme zu erteilen. Denn der Betrieb der Beklagten wird nicht vom betrieblichen Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge erfaßt.
Nach § 1 Abs. 2 Verfahrens-TV, der mit § 1 Abs. 2 des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe vom 3. Februar 1981 in der Fassung vom 20. Oktober 1983 (BRTV-Bau) wörtlich übereinstimmt und der gemäß § 1 Abs. 2 Verfahrens-TV Angestellte auch für den Bereich dieses Tarifvertrags gilt, werden in Abschnitt V für den betrieblichen Geltungsbereich Betriebe mit bestimmten Tätigkeiten aufgeführt. Betriebe, in denen überwiegend in den Beispielen des Abschnitts V genannte Tätigkeiten ausgeführt werden, fallen danach unter den betrieblichen Geltungsbereich des Verfahrens-TV, ohne daß die Erfordernisse der allgemeinen Merkmale des Abschnitts I bis III des Verfahrens-TV zu überprüfen sind (BAG 48, 390, 394 = AP Nr. 67 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Demgegenüber bestimmt Abschnitt VII des § 1 Abs. 2 Verfahrens-TV, welche Betriebe nicht vom Geltungsbereich des Verfahrens-TV erfaßt werden. Danach sind vorliegend folgende Bestimmungen des § 1 Abs. 2 Verfahrens-TV heranzuziehen:
Abschnitt V
-----------
Zu den in den Abschnitten I bis III genannten
Betrieben gehören z. B. diejenigen, in denen
Arbeiten der nachstehend aufgeführten Art aus-
geführt werden:
.....
8. Dämm- (Isolier-) Arbeiten (z. B. Wärme-,
Kälte-, Schallschutz-, Schallschluck-,
Schallverbesserungs-, Schallveredelungs-
arbeiten) einschließlich Anbringung von
Unterkonstruktionen;
.....
11. Fassadenbauarbeiten;
.....
36. Trocken- und Montagebauarbeiten (z. B.
Wand- und Deckeneinbau bzw. -verkleidun-
gen) einschließlich des Anbringens von
Unterkonstruktionen und Putzträgern;
.....
40. Zimmerarbeiten und Holzbauarbeiten, die im
Rahmen des Zimmerergewerbes ausgeführt wer-
den.
.....
Abschnitt VII
-------------
Nicht erfaßt werden Betriebe
.....
2. des Dachdeckerhandwerks
.....
Die von der Beklagten überwiegend erstellten sogenannten vorgehängten und hinterlüfteten Fassadenverkleidungen sind Fassadenbauarbeiten im Sinne von Abschnitt V Nr. 11 Verfahrens-TV. Entgegen der Auffassung der Beklagten werden nicht nur sogenannte Vollwärmeschutzfassaden von den Bautarifverträgen erfaßt. Für diese Auffassung ist kein Anhaltspunkt aus dem Tarifvertrag ersichtlich. Vielmehr wollten die Tarifvertragsparteien mit der Einführung des Begriffs "Fassadenbauarbeiten" durch den BRTV-Bau in der Fassung vom 1. März 1980 ersichtlich sämtliche Fassadenbauarbeiten erfassen. Soweit bei den in § 1 Abs. 2 Verfahrens-TV aufgeführten Tätigkeiten von den Tarifvertragsparteien Einschränkungen gewollt waren, haben sie dies jeweils deutlich zum Ausdruck gebracht (vgl. z. B. Abschnitt V Nr. 12, Nr. 17, Nr. 31). Solche Einschränkungen enthält Abschnitt V Nr. 11 für Fassadenbauarbeiten nicht.
Andererseits genügt die Erfüllung des Tätigkeitsbeispiels des Abschnitts V Nr. 11 nicht, um den Betrieb der Beklagten schon deshalb dem Geltungsbereich des Verfahrens-TV zuzuordnen. Vielmehr fallen Fassadenbauarbeiten dann nicht unter den Geltungsbereich des Verfahrens-TV, wenn sie von Betrieben ausgeführt werden, die in Abschnitt VII des § 1 Abs. 2 Verfahrens-TV aufgeführt sind, weil diese Betriebe nach der ausdrücklichen Bestimmung des Abschnitts VII nicht vom Geltungsbereich des Verfahrens-TV erfaßt werden. Der Auffassung der Klägerin, daß Fassadenbauarbeiten in jedem Falle unter den Geltungsbereich des Verfahrens-TV fallen, auch wenn sie von Betrieben des Dachdeckerhandwerks ausgeführt werden, kann nicht gefolgt werden. Andernfalls hätten die Tarifvertragsparteien in § 1 Abschnitt VII Nr. 2 BRTV-Bau eine entsprechende Einschränkung normiert, z. B. "soweit nicht Fassadenbauarbeiten ausgeführt werden". Solche einschränkenden Bestimmungen haben die Tarifvertragsparteien für das Malerhandwerk (§ 1 Abschnitt VII Nr. 5 Verfahrens- TV) und das Schreinerhandwerk (§ 1 Abschnitt VII Nr. 9 Verfahrens-TV) getroffen. Für das Dachdeckerhandwerk haben sie keine Einschränkungen vorgesehen. Daraus folgt zwingend, daß alle Betriebe des Dachdeckerhandwerks, auch soweit sie Fassadenbauarbeiten ausführen, vom Geltungsbereich des Verfahrens-TV ausgenommen sind.
Die Beklagte ist ein Betrieb des Dachdeckerhandwerks im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 2 Verfahrens-TV. Insoweit gilt der Grundsatz, daß die Partei, die sich auf eine rechtsausschließende Norm (hier: Abschnitt VII Nr. 2) beruft, die tatsächlichen Voraussetzungen der Norm darzulegen und im Streitfall zu beweisen hat (Rosenberg, Die Beweislast, 5. Aufl. 1965, S. 106). Vorliegend ist bereits nach dem unstreitigen Sachverhalt der Betrieb der Beklagten dem Dachdeckerhandwerk zuzurechnen. Nach der Rechtsprechung des Senats haben die Tarifvertragsparteien mit der Norm des Abschnitts VII Nr. 2 diejenigen handwerklichen Betriebe vom Geltungsbereich des Verfahrens-TV ausschließen wollen, deren Arbeitnehmer überwiegend mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die nach dem Berufsbild, der beruflichen Tradition, dem Berufsrecht und insbesondere nach der Üblichkeit im Arbeits- und Wirtschaftsleben sowie den angewandten Arbeitsmethoden dem Dachdeckergewerbe zugehören (BAG Urteil vom 21. Januar 1981 - 4 AZR 856/78 -, AP Nr. 33 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Daran hält der Senat fest.
Die Beklagte führt mit 80 v.H. ihrer betrieblichen Tätigkeit Fassadenverkleidungsarbeiten aus. Hierbei errichtet sie zunächst eine Holzunterkonstruktion, die aus senkrechten Grundlatten und waagrechten Traglatten besteht, die mit Dübeln und Schraubnägeln an der Gebäudewand befestigt werden. Auf den Traglatten werden dann schuppenartig überlappende Fassadenplatten aus Ziegeln, Holzschindeln, überwiegend aber aus Eternit angebracht. Der Zwischenraum zwischen vorgehängter Fassade und Mauerwerk wird mit Dämmstoffen verfüllt. Mit dieser Tätigkeit kann der Betrieb der Beklagten nach dem Berufsbild nicht eindeutig dem Dachdeckerhandwerk zugeordnet werden. Der Beklagten ist zwar einzuräumen, daß zum Berufsbild des Dachdeckerhandwerks auch das Verkleiden von Außenwänden, insbesondere hinterlüftete Fassadenverkleidungen gehören, wobei es eine Beschränkung auf bestimmte Werkstoffe nicht gibt, vielmehr das Verkleiden mit Asbestzementplatten, Betonfassadensteinen, Dachziegeln, Kunststoffelementen, Schiefern und Schindeln vom Berufsbild des Dachdeckers umfaßt wird (Blätter zur Berufskunde, Bd. 1-II C 401, S. 3). Demgemäß sind nach der Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen Teil und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Dachdeckerhandwerk vom 15. Juni 1973 (BGBl. I, S. 608) dem Dachdeckerhandwerk zugerechnet: "Verkleiden von Außenwänden" (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung). Darin ist die Verfüllung mit Dämmstoffen eingeschlossen, weil dies im allgemeinen mit der Verkleidung von Außenwänden verbunden ist. Davon ist der Senat auch in seinem Urteil vom 21. Januar 1981 (- 4 AZR 856/78 -, AP Nr. 33 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau) ausgegangen.
Andererseits ist aber zu berücksichtigen, daß das Anbringen von Fassaden mit Dämmstoffen an Außenwänden auch zum Berufsbild des Zimmerers (§ 15 Nr. 10 der Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft vom 8. Mai 1974 - BGBl. I, S. 1073 -: "Herstellen von Leichtwänden, Wand-, Decken-, Fassenbe- und -verkleidungen"), und des Trockenbaumonteurs (§ 21 der Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft vom 8. Mai 1974 - BGBl. I, S. 1073 -: "Ausführen der Montagearbeiten im Akustik- und Trockenbau") und des Isolierers (Anbringung von Dämmstoffen und Verkleidung mit einer Ummantelung - Blätter zur Berufskunde, Bd. 1-II C 206, S. 2 -) gehört. Der Zimmerer arbeitet mit Holz, aber auch mit den verschiedensten Bauplatten und mit Kunststoffen (Blätter zur Berufskunde, Bd. 1-II D 101, S. 3). Fassadenbekleidungen zählen zu den wesentlichen Tätigkeiten des Zimmererhandwerks. Es handelt sich hierbei um Bekleidungen an bestehenden Außenwänden mit und ohne Unterkonstruktion sowie den dazugehörigen Befestigungsmitteln einschließlich Dämmstoffen (vgl. 5. Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft vom 17. Dezember 1984 - BGBl. I, S. 1599, 1620). Alle geeigneten Trockenbaustoffe wie Asbestzementplatten, Metall, Kunststoffplatten und ähnliches kommen als Bekleidung in Betracht (Brocksiepe/Sperner, BRTV-Bau, 1981, S. 90). Der Trockenbaumonteur montiert vor allem plattenförmige Bauteile aus den verschiedenen Materialien zur Bekleidung von Außen- und Innenwänden, zur Herstellung von Unterdecken und zur Errichtung von Leichtbauwänden einschließlich dem Einbringen von Dämmstoffen (vgl. 5. Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft vom 17. Dezember 1984 - BGBl. I, S. 1599, 1625 f. -; Blätter zur Berufskunde, Bd. 1-II C 205, S. 3). Er arbeitet u. a. mit Werkstoffen, Metallwerkstoffen, Kunststoffen, Holzwerkstoffen und dekorativen Verkleidungen (5. Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft vom 17. Dezember 1984 - BGBl. I, S. 1599, 1625 -). Zum Ausbildungsberufsbild des Trockenbaumonteurs gehören "Kenntnisse der gestalterischen Gesichtspunkte und Anforderungen von Decken-, Wand- und Fassadenverkleidungen" (BGBl. 1984 I, S. 1599, 1626). Zum Berufsbild des Isolierers gehören das Herstellen von Dämmungen, Schutzmänteln und Leichtwänden einschließlich der Unterkonstruktionen, wobei Kenntnisse der Arbeitstechniken von Akustik- und Montagebauarbeiten und der Plattentechnik verlangt werden (BGBl. 1984 I, S. 1599, 1625).
Danach gehört der Fassadenbau - auch mit Dämmstoffen - sowohl zum Berufsbild des Dachdeckers als auch zum Berufsbild des Zimmerers, des Trockenbaumonteurs und des Isolierers. Hierbei wird insbesondere zum Beruf des Zimmerers die Herstellung, Montage und Instandhaltung von Bauwerksteilen aus Holz, Holzwerk- und Trockenbaustoffen gezählt. Trockenbaustoffe sind Baustoffe, die "trocken" eingebaut werden, z. B. Asbestzementplatten und -tafeln, sonstige Erzeugnisse auf Asbestzementbasis für das Bauwesen, Wand- und Deckenbauplatten aus Gips, Gipskartonplatten, Gipskartonverbundplatten, Metallwerkstoffe, z. B. Bleche, Paneele, Kassetten aus Stahl, Kupfer, Aluminium, Bitumenplatten, Mineralfaserplatten, Kork- und Schaumkunststoffplatten, Schichtpreßstoffplatten, Kunststoffplatten und Formteile aller Art, Glas, Dämmstoffe, z. B. Schaumkunststoff und Faserdämmstoffe, Verbundplatten aller Art, Unterkonstruktionen und ähnliches (Brocksiepe/Sperner, aaO, S. 88 f.). Die Zuordnung des Betriebs der Beklagten zu nur einem dieser Berufszweige kann danach nicht nach dem Berufsbild vorgenommen werden, da das Berufsbild insoweit für die Berufe des Zimmerers, Trockenbaumonteurs und Dachdeckers identisch ist.
Auch das Berufsrecht und die Üblichkeit im Arbeits- und Wirtschaftsleben erlauben keine eindeutige Zuordnung des Betriebs der Beklagten zum Dachdeckerhandwerk. Im Berufsrecht ist der Fassadenbau nicht einem bestimmten Berufszweig allein zugeordnet. Nach der Üblichkeit im Arbeits- und Wirtschaftsleben werden Fassadenbauarbeiten - wie der Verfahrens-TV und der BRTV-Bau selbst sinnfällig zeigen - sowohl von Baubetrieben (§ 1 Abschnitt V Nr. 11) als auch von Dachdeckerbetrieben (§ 1 Nr. 3 der Verordnung vom 15. Juni 1973 - BGBl. I, S. 608 -) ausgeführt.
Nach den von der Beklagten angewandten Arbeitsmethoden ist ihr Betrieb jedoch eindeutig dem Dachdeckergewerbe zuzurechnen. Im Betrieb der Beklagten wird zwar kein einziger gelernter Dachdecker beschäftigt, was zunächst gegen die Annahme eines Dachdeckerbetriebs spricht. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem Sachverhalt im Senatsurteil vom 21. Januar 1981 (- 4 AZR 856/78 -, AP Nr. 33 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Wenn aber in einem Betrieb zwar nicht überwiegend, aber in nicht unerheblichem Umfang Arbeiten ausgeführt werden, die ausschließlich dem Dachdeckerhandwerk zuzuordnen sind, kann dieser Betrieb, sofern er seine übrigen überwiegenden Arbeiten nach Methoden ausführt, die auch im Dachdeckerhandwerk gebräuchlich sind, nach dem Prinzip der Sachnähe insgesamt dem Dachdeckerhandwerk zugeordnet werden. Dasselbe gilt, wenn in einem Betrieb von gelernten Dachdeckern Arbeiten ausgeführt oder beaufsichtigt werden, die nach Berufsbild und angewandten Arbeitsmethoden sowohl dem Dachdeckerhandwerk als auch anderen Bauberufen zuzuordnen sind; auch dann ist im Hinblick auf die Ausbildung der Dachdecker nach dem Prinzip der Sachnähe die Zuordnung zum Dachdeckerhandwerk geboten.
Werden hingegen in einem Betrieb keine oder nur in unerheblichem Umfang Arbeiten ausgeführt, die ausschließlich dem Dachdeckerhandwerk zuzuordnen sind, im übrigen aber nur Fassadenbauarbeiten und werden hierbei nur Arbeitskräfte eingesetzt, die das Dachdeckerhandwerk nicht erlernt haben und nach Arbeitsmethoden arbeiten, die sowohl beim Dachdecker als auch beim Zimmerer, Trockenbaumonteur und/oder Isolierer üblich sind, ist eine eindeutige Zuordnung zum Dachdeckerhandwerk im Zweifel nicht möglich. Im Sinne der Ausnahmevorschrift des Abschnitts VII Nr. 2 des § 1 Abs. 2 Verfahrens-TV können als Betriebe des Dachdeckerhandwerks nur solche Betriebe angesehen werden, deren überwiegende Tätigkeit entsprechend den vom Senat aufgestellten Grundsätzen eindeutig dem Dachdeckerhandwerk zugeordnet werden kann.
Nach diesen Grundsätzen kann der Betrieb der Beklagten vorliegend eindeutig dem Dachdeckerhandwerk zugeordnet werden. Die Beklagte führt in nicht unerheblichem Umfang, nämlich mit 20 v.H. ihrer betrieblichen Tätigkeit, Dachdeckerarbeiten aus, also Arbeiten, die ausschließlich zum Dachdeckerhandwerk gehören. Dann sind auch ihre Fassadenbauarbeiten, die sie mit Methoden ausführt, die zwar nicht nur, aber auch im Dachdeckerhandwerk gebräuchlich sind, diesem Handwerk zuzurechnen. Dem entspricht es, daß die Beklagte in die Handwerksrolle als Dachdeckereibetrieb, beschränkt auf die Anbringung von Fassadenverkleidungen, eingetragen ist.
Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Dr. Neumann Dr. Freitag Dr. Etzel
Prieschl Dr. Konow
Fundstellen
Haufe-Index 439350 |
RdA 1987, 64 |
AP § 1 TVG Tarifverträge - Bau (LT), Nr 73 |
AR-Blattei, Baugewerbe VIII Entsch 82 (LT) |
AR-Blattei, ES 370.8 Nr 82 (LT) |