Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulage für Arbeiten an Textverarbeitungsautomaten
Leitsatz (redaktionell)
Nach Protokollnotiz Nr 3 zu Teil II N I der Anlage 1a zum BAT erhalten Angestellte, die 1/3 der Arbeitszeit Magnetbandschreibmaschinen oder andere Textverarbeitungsautomaten bedienen, eine Funktionszulage von 8%. Diese tariflichen Voraussetzungen erfüllen Arbeiten mit dem elektronischen Schreibgerät "Olympia Disque ES 120". Ist eine solche tarifliche Zulagenregelung nicht mehr sachgerecht, weil infolge der technischen Weiterentwicklung solche Textverarbeitungsautomaten weitreichend und auch zur Arbeitserleichterung eingesetzt werden, ist es allein Sache der Tarifvertragsparteien und nicht der Gerichte für Arbeitssachen, dieser fortschreitenden technischen Entwicklung durch entsprechende Normen Rechnung zu tragen.
Normenkette
BAT Anlage 1a; BAT § 22 Fassung: 1975-03-17
Verfahrensgang
LAG Köln (Entscheidung vom 12.11.1986; Aktenzeichen 5 Sa 92/86) |
ArbG Bonn (Entscheidung vom 26.11.1985; Aktenzeichen 1 Ca 2576/84) |
Tatbestand
Die Klägerin, die der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) als Mitglied angehört, steht seit 1. Dezember 1978 in den Diensten der Beklagten und wird als Schreibkraft im Bundesministerium für beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 1. Dezember 1978 haben die Parteien die Geltung des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen einzelvertraglich vereinbart.
Seit Januar 1983 arbeitet die Klägerin mit dem elektronischen Schreibgerät "Olympia Disque ES 120". Dieses Gerät ermöglicht neben der normalen Schreibfunktion insbesondere ein Abspeichern von Texten auf Magnetscheiben (Disketten), Verschieben von Textteilen und die abrufbereite Speicherung wiederkehrender Textsegmente im internen Speicher.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 14. April 1983 von der Beklagten für die Zeit vom 1. Januar 1983 bis 30. Juni 1984 eine Zulage nach der Protokollnotiz Nr. 3 zum Teil II Abschnitt N I der Anlage 1 a zum BAT in der rechnerisch unstreitigen Höhe von DM 2.012,46 begehrt. Sie hat hierzu vorgetragen, bei der "Olympia Disque ES 120" handele es sich um einen Textverarbeitungsautomaten im Sinne der Protokollnotiz Nr. 3. Im Klagezeitraum habe sie dieses Gerät zu mehr als einem Drittel ihrer regelmäßigen Arbeitszeit bedient und dabei vollwertige Leistungen erbracht. Bei der Bearbeitung von Texten habe sie die folgenden Bedienungsfunktionen der Maschine genutzt: Textspeicherung pro Zeile im Maschinendisplay; automatische Silbentrennung und Randkontrolle; Textaufnahme in den Arbeitsspeicher zur späteren Ablage auf Diskette; Aufnahme von Suchbegriffen zur automatischen Auswahl einer bestimmten Textstelle auf der Diskette; Verschieben von Textteilen, um damit Platz für Einschübe/Korrekturen zu schaffen bzw. Textabschnitte neu zu sortieren; Speicherung in Segmenten für häufig wiederkehrende Textbausteine wie Anschriften, Grußformeln etc.; Einrücken von Textteilen z. B. bei Tabellen, Terminangaben usw.; Einstellung von Sonderdruckarten wie Fettschrift, Unterstreichungen, Doppelanschlag, Sperrschrift; automatische Formularkontrolle, d. h. die Maschine fährt die von der Klägerin vorher festgelegten Abstände und Positionen z. B. beim Ausfüllen von Vordrucken auf Kommando an. Außerdem habe sich die Klägerin eine eigene Diskettenverwaltung mit ca. 90 bis 100 Disketten mit gespeicherten Texten aufbauen müssen, die sie nach Bearbeiter, Thema, Seitenzahl, Datum, Sperrfristen für Löschungen, Angabe des Bearbeitungsstandes und anderen Besonderheiten gegliedert habe. Ohne ein solches Textverarbeitungssystem sei eine Erledigung der Schreibaufträge in der von der Beklagten geforderten Zeit und Form nicht möglich. Die Klägerin müsse mindestens über die gleichen Fähigkeiten verfügen wie die Mitarbeiter an den Bildschirmarbeitsplätzen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie DM
2.012,46 brutto nebst 4 % Zinsen seit
dem 8. November 1984 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, der Klägerin stehe die begehrte Zulage nicht zu, da die Bedienung der "Olympia Disque ES 120" gegenüber einer normalen Schreibmaschine zu keiner höheren Belastung führe. Vielmehr handele es sich um eine mit einer komfortablen Standardtechnik ausgestattete Speicherschreibmaschine mit elektronischen Schreibhilfen. Diese sei nicht als Textverarbeitungsautomat im Sinne der Protokollnotiz Nr. 3 anzusehen. Magnetschreibmaschinen und andere Textverarbeitungsautomaten, wie sie die Tarifvertragsparteien bei Abfassung der Protokollnotiz Nr. 3 im Jahr 1969 gemeint hätten, seien aufgrund der technischen Entwicklung heute nicht mehr im Gebrauch, so daß der Anwendungsbereich der tariflichen Bestimmung entfallen sei. Der Zweck der Zulagengewährung werde in sein Gegenteil verkehrt, wenn die Schreibarbeit an den heute verwendeten Textautomaten, die zu einer erheblichen Arbeitserleichterung geführt hätten, mit den damaligen Textverarbeitungsautomaten gleichgesetzt würde. Im übrigen komme es nicht auf die technischen Möglichkeiten, sondern auf die tatsächliche Nutzung der Maschine an. Diese könne entsprechend den Erfordernissen des Arbeitsplatzes der Klägerin nicht als Textverarbeitung angesehen werden. Die von der Klägerin erstellte Diskettenkartei für Musterschreiben sei lediglich eine Hilfe für die Herstellung sogenannter Serienbriefe. Die Korrekturmöglichkeiten der Maschine nutze sie im Rahmen normaler Schriftgutherstellung. Auf angeblich gestiegene Anforderungen könne sich die Klägerin dabei nicht berufen. Vielmehr seien die Anforderungen an die Bedienung früher eingesetzter Textverarbeitungsautomaten entfallen. Die Funktionszulage sei heute entsprechend den vom Bundesminister des Inneren aufgestellten Grundsätzen nur dann zu zahlen, wenn in der Textverarbeitung umfangreiche Schriftstücke von mehr als vier Seiten einzugeben und mehrfach zu überarbeiten seien oder wenn Textbausteine für die Textbausteinverarbeitung erfaßt werden müßten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht unter Beschränkung des Zinsanspruchs auf den Nettobetrag nach dem Klageantrag erkannt.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage mit zutreffender Begründung stattgegeben. Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 1983 bis 30. Juni 1984 DM 2.012,46 brutto nebst 4 % Zinsen vom Nettobetrag seit 8. November 1984 zu zahlen. Der Klägerin steht dieser in seiner rechnerischen Höhe unstreitige Betrag als Funktionszulage nach der Protokollnotiz Nr. 3 zum Teil II Abschnitt N Unterabschnitt I der Anlage 1 a zum BAT zu. Denn sie bedient einen Textverarbeitungsautomaten und erbringt hierbei vollwertige Leistungen.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit die Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG), wobei nach der Kündigung der Anlage 1 a zum BAT diese seit 1. Januar 1984 nur noch kraft Nachwirkung gilt (§ 4 Abs. 5 TVG). Danach ist für die Klageforderung die Protokollnotiz Nr. 3 zum Teil II Abschnitt N Unterabschnitt I für Angestellte im Schreibdienst der Anlage 1 a zum BAT heranzuziehen, in der es heißt:
Vollbeschäftigte Angestellte, die mit mindestens
1/3 der regelmäßigen Arbeitszeit im Sinne
des § 15 Abs. 1 Magnetbandschreibmaschinen
oder andere Textverarbeitungsautomaten bedienen
und hierbei vollwertige Leistungen erbringen,
erhalten für die Dauer dieser Tätigkeit
eine monatliche Funktionszulage in Höhe von
8 v.H. der Anfangsvergütung der Vergütungsgruppe
VII. ...
Da die Klägerin unstreitig überwiegend Schreibarbeiten ausführt, kommen für sie die besonderen tariflichen Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Schreibdienst zur Anwendung, wozu auch die angeführte Protokollnotiz Nr. 3 gehört. Die Klägerin erfüllt als Maschinenschreiberin das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. VII Fallgruppe 3 des Teils II Abschnitt N Unterabschnitt I der Anlage 1 a zum BAT. Das räumt auch die Beklagte ein und vergütet die Klägerin dementsprechend. In der angeführten VergGr. VII Fallgruppe 3 BAT wird in einem Klammerzusatz ausdrücklich auf die Protokollnotiz Nr. 3 verwiesen.
Das von der Klägerin benutzte Gerät "Olympia Disque ES 120" ist als Textverarbeitungsautomat im Sinne der Protokollnotiz Nr. 3 anzusehen. Was unter einem Textverarbeitungsautomaten im tariflichen Sinne zu verstehen ist, ist nach dem für die Tarifauslegung in erster Linie maßgeblichen Wortlaut und Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelung zu beurteilen (vgl. BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung). Durch die Verknüpfung mit Magnetbandschreibmaschinen in der Protokollnotiz Nr. 3 haben die Tarifvertragsparteien zu verstehen gegeben, daß sie unter Textverarbeitungsautomaten Geräte verstehen, die mit Magnetbandschreibmaschinen vergleichbar sind und damit in ihrem Bedienungskomfort und in ihren technischen Möglichkeiten den Magnetbandschreibmaschinen entsprechen (Claus, Lexikon der Eingruppierung, Buchst. T, Stichwort: Textverarbeitungsautomaten, S. 13). Eine weitere Erläuterung des Begriffs des Textverarbeitungsautomaten enthält der BAT nicht. Daher sind zur weiteren Begriffsbestimmung der allgemeine Sprachgebrauch und die fachspezifische Bedeutung des Begriffs des Textverarbeitungsautomaten in der Bürotechnik zu berücksichtigen. Hierbei sind die Verhältnisse im Jahre 1969 maßgebend, da die Tarifvertragsparteien nur diese bei Abfassung der Protokollnotiz im Jahre 1969 berücksichtigen konnten.
Textverarbeitung im allgemeinen sprachlichen Sinn ist die Aufbereitung, Fixierung und Verfügbarmachung von Texten aller Art zu ihrer optischen Erfassung (z. B. mit Hilfe der Schreibmaschine, des Kopierens und Vervielfältigens, der Satzherstellung und des Druckverfahrens), die mit Textverarbeitungssystemen betrieben wird, worunter elektronisch gesteuerte Büromaschinenanlagen zur rationellen Erfassung, Speicherung, Verarbeitung und Ausgabe von Schriftgut zu verstehen sind, insbesondere auch Schreibautomaten und Speicherschreibmaschinen (vgl. Der große Brockhaus, Bd. 11, 18. Aufl. 1980, Stichwort: Textverarbeitung, S. 341). Auf einen Textautomaten bezogen ist Textverarbeitung die Herstellung von Texten aus Entwürfen einschließlich laufender Einarbeitung von sachlichen Korrekturen und Ergänzungen (Claus, Lexikon der Eingruppierung, Buchst. T, Stichwort: Textverarbeitung, S. 13). Nach den einschlägigen DIN-Normen kennzeichnet eine Schreibmaschine die ausschließliche Bestimmung zur Herstellung von Schriftstücken mit in der Regel druckschriftähnlichen Zeichen, bedienbar durch aufeinanderfolgendes Betätigen von Tasten einer Tastatur (DIN 2108), während ein Textautomat definiert ist als Büromaschine für die Ein- und Ausgabe von Texten und die Textbearbeitung wie Zusammenstellen und Redigieren von Texten (DIN 2140). In diesem Sinne sind auch die von den Tarifvertragsparteien ausdrücklich erwähnten Magnetbandschreibmaschinen Textautomaten. Im Unterschied zu einer sonstigen elektrischen Schreibmaschine ist für Textverarbeitungsautomaten das Betriebssystem (zentrale Einheit) entscheidend, das mit Hilfe der Maschinenprogramme Textbearbeitung im Umfang von mehr als einer Seite (DIN A 4) in einem Arbeitsgang ermöglicht.
Danach ist das Gerät "Olympia Disque ES 120", das über einen eigenen internen Arbeitsspeicher verfügt, von den vom Landesarbeitsgericht herangezogenen Gutachtern R, K und Dr. C übereinstimmend als Textautomat, Textsystem bzw. Textverarbeitungsautomat angesehen worden. Hierbei hat insbesondere der Gutachter K die Punkte herausgestellt, die die von der Klägerin benutzte Maschine von einer komfortablen elektronischen Schreibmaschine unterscheiden. Diese Punkte sind:
- Texte, Textkonstanten und Formularsteuerungen
in den elektronischen Speicher eingeben,
überarbeiten und drucken. Der Arbeitsspeicher
kann dazu in bis zu 48 direkt ansprechbare
Bereiche (Segmente) unterteilt werden.
Der Hersteller empfiehlt in der Bedienungsanleitung,
einen Speicherbelegungsplan anzulegen
(Seite 54).
- Textbearbeitungsfunktionen benutzen: Springen
zum Textanfang und zum Textende, zeichen-,
wort- und zeilenweises Positionieren
und Löschen; Suchbegriff zum Springen, Löschen,
Drucken verwenden; Umstellen von
Textteilen; Inhalt eines Segments in ein anderes
Segment kopieren.
- Benutzung der Funktionen zur Anordnung eines
neuen oder überarbeiteten Textes: Formatkontrolle,
Silbentrenn -Funktion, Trennungsvorbereitung,
geschützter Leerschritt,
geschützte Zeilenschaltung, Formularwerte
setzen, Trennungen eingeben.
- Benutzung des externen Speichers (Mikro-Diskette)
für größere Schriftstücke, deren einzelne
Seiten auf mehreren Mikro-Disketten
gespeichert werden können: Speichern des Textes
aus dem Arbeitsspeicher bis Cursorposition
auf Mikro-Diskette; Einlesen von Mikro-Diskette
hinter Cursorposition. Hierbei ist
eine konzentrierte Arbeitsweise und eine
übersichtliche Organisation des externen
Textarchivs erforderlich.
- Sonderanwendungen: Stop-Code setzen für variable
Einfügungen; Formularsteuerung speichern
einschließlich Positions-Code.
- Zusatzfunktionen (sofern im Schreibgerät installiert)
einsetzen: Serienbrieffunktion
(Mischen von konstantem Text und Anschriften);
Teletex.
Die Zuordnung der "Olympia Disque ES 120" zu den Textverarbeitungsautomaten steht in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Sprachgebrauch. Danach werden Speicherschreibmaschinen ausdrücklich als Beispiele für Textverarbeitungssysteme erwähnt (Der große Brockhaus, aaO). Auch in der Fachliteratur werden für die speziellen Funktionen der Textverarbeitung neben Textautomaten und Kleinrechnern hochentwickelte Schreibmaschinen als die sich anbietenden Textsysteme aufgeführt (vgl. Kreuser/Friedrich, Organisations- und Bürokunde für die Verwaltung, 10. Aufl. 1986, S. 263).
Demgegenüber überzeugt die vom Arbeitsgericht eingeholte Auskunft der Bundesstelle für Büroorganisation und Bürotechnik im Bundesverwaltungsamt nicht. Das Bundesverwaltungsamt sieht die Textspeichermöglichkeiten der von der Klägerin benutzten Maschine als "auf einer allgemeinen kontinuierlichen technischen Fortentwicklung der bisherigen elektromechanischen Schreibmaschinen beruhend" an. Dies mag zutreffen. Es mag auch zutreffen, daß heute die Benutzung solcher fortentwickelter Schreibmaschinen üblich und gebräuchlich ist. Das ändert aber nichts daran, daß es sich hierbei um Textverarbeitungsautomaten im Sinne der Protokollnotiz Nr. 3 handelt. Die Tarifvertragsparteien haben diesen Begriff in der Protokollnotiz Nr. 3 nicht näher eingeschränkt. Damit haben sie bewußt in Kauf genommen, daß auch technisch weiterentwickelte Geräte oder neuartige Textsysteme - selbst wenn sie im Schreibdienst allgemein üblich sind - einbezogen werden, sofern diese unter den Oberbegriff des Textverarbeitungsautomaten, wie er im Jahre 1969 verstanden wurde, fallen. Erscheint danach eine tarifliche Regelung infolge der technischen Entwicklung als nicht mehr sachgerecht, ist es Sache der Tarifvertragsparteien, der fortschreitenden technischen Entwicklung durch entsprechende Normen Rechnung zu tragen (vgl. BAG Urteil vom 14. Mai 1986 - 4 AZR 134/85 -, AP Nr. 119 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Die Gerichte dürfen insoweit nicht Tarifnormen wegen neuer technischer Entwicklungen einengend oder ausdehnend auslegen, wenn Wortlaut und Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelungen hierfür keine Möglichkeit bieten. Andernfalls würden die Gerichte in unzulässiger Weise in die durch das Grundgesetz geschützte Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG) eingreifen.
Selbst wenn danach alle von der Beklagten eingesetzten Schreibmaschinen als Textverarbeitungsautomaten im Sinne der Protokollnotiz Nr. 3 anzusehen wären, müßte den entsprechend beschäftigten Angestellten die Zulage gezahlt werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es auch nicht auf die Anforderungen an, die an den Bediener der Maschine gestellt werden. Die Bedienung eines Textverarbeitungsautomaten allein reicht aus, um die Voraussetzungen der Protokollnotiz Nr. 3 zu erfüllen, sofern der Angestellte den Automaten mindestens während eines Drittels der regelmäßigen Arbeitszeit bedient und hierbei vollwertige Leistungen erbringt.
Die prozessualen Rügen der Revision sind insoweit unbegründet. Die Revision rügt, das Landesarbeitsgericht habe zu Unrecht festgestellt, die Beklagte habe nach Vorlage der Gutachten Dr. C und K nicht mehr bestreiten wollen, daß es sich bei der "Olympia Disque ES 120" um einen Textverarbeitungsautomaten in dem Sinne handele, wie man ihn im Jahre 1969 in der Bürotechnik verstanden habe. Diese Feststellung des Landesarbeitsgerichts ist in der Tat fragwürdig. Darauf beruht das Urteil des Landesarbeitsgerichts jedoch nicht, da es im einzelnen mit den herbeigezogenen Gutachten begründet, weshalb es sich bei der "Olympia Disque ES 120" um einen Textverarbeitungsautomaten im tariflichen Sinne handelt.
Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht auch bejaht, daß die Klägerin mit mindestens einem Drittel ihrer regelmäßigen Arbeitszeit mit der Bedienung des Textverarbeitungsautomaten befaßt ist und hierbei vollwertige Leistungen erbringt. Die Schreibarbeit der Klägerin nimmt unstreitig den überwiegenden Teil ihrer Arbeitszeit in Anspruch. Es ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen, daß die Klägerin noch mit einem anderen Schreibgerät als der "Olympia Disque ES 120" arbeitet. Damit steht fest, daß die Klägerin zeitlich überwiegend, also mehr als tariflich gefordert, einen Textverarbeitungsautomaten im tariflichen Sinne bedient.
Hierbei erbringt sie während ihrer gesamten Tätigkeit mit der "Olympia Disque ES 120" vollwertige Leistungen im tariflichen Sinne. Vollwertige Leistungen setzen voraus, daß der Angestellte die vom Gerät angebotene Funktionsvielfalt voll zu nutzen hat (Claus, Lexikon der Eingruppierung, Buchst. L, Stichwort: Leistungen 6, S. 14). Erforderlich ist danach, daß die wesentlichen Textverarbeitungsfunktionen des Schreibgeräts genutzt und ausgeschöpft werden. Dies hat die Klägerin nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts unbestritten vorgetragen. Die weitaus meisten Funktionen, die die "Olympia Disque ES 120" im einzelnen ermöglicht und die sie insoweit von einer elektronischen Schreibmaschine unterscheidet, werden von der Klägerin genutzt. Daraus hat das Landesarbeitsgericht zutreffend gefolgert, daß die Klägerin vollwertige Leistungen erbringt. Darauf, in welchem zeitlichen Umfang die Sonderfunktionen, die für einen Textverarbeitungsautomaten typisch sind, bei der Tätigkeit der Klägerin anfallen, kommt es nicht an. Entscheidend ist, daß die Klägerin die Funktionen bei ihrer täglichen Arbeit nutzt. Insoweit hat sie bei jeder Schreibarbeit zu überlegen und zu entscheiden, ob und welche Funktionen des Schreibautomaten von ihr in Anspruch genommen werden sollen. Dies genügt zur Erbringung einer vollwertigen Leistung an dem Textverarbeitungsautomaten.
Die insoweit erhobene prozessuale Rüge der Revision ist unbegründet. Die Revision rügt, das Landesarbeitsgericht gehe zu Unrecht davon aus, daß die Beklagte als zur sparsamen Haushaltsführung verpflichtete Behörde zumindest im Einzelfall die Schreibkräfte funktionsgerecht einsetze, d. h. die betreffenden Arbeitsplätze nicht mit komfortablen, teuren Maschinen ausstatte, deren theoretische Nutzungsmöglichkeiten in der Praxis gar keine Verwendung fänden. Diese Rüge geht schon deshalb fehl, weil das Urteil des Landesarbeitsgerichts nicht auf dem von ihm offenbar angenommenen Erfahrungssatz beruht. Vielmehr begründet das Landesarbeitsgericht im Anschluß an die von der Beklagten gerügten Ausführungen mit der von der Klägerin dargestellten Tätigkeit, daß diese vollwertige Leistungen erbringt. Insoweit hat die Beklagte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nichts substantiiert bestritten. Die Revision hat hierzu keine zulässige Verfahrensrüge erhoben. Ihr allgemeiner Hinweis, die Beklagte habe den Vortrag der Klägerin insoweit bestritten, genügt nicht den Anforderungen an eine zulässige Verfahrensrüge, wozu die Angabe gehört hätte, welche Behauptungen der Klägerin die Beklagte ihrerseits mit welchen Behauptungen substantiiert in der Tatsacheninstanz bestritten hat (vgl. BAG Urteil vom 6. Februar 1974 - 3 AZR 232/73 -, AP Nr. 38 zu § 133 BGB). Entgegen der Auffassung der Revision reichen die festgestellten Tätigkeiten der Klägerin aus, um von vollwertigen Leistungen sprechen zu können.
Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Dr. Neumann Dr. Freitag Dr. Etzel
Dr. Börner H. Wehner
Fundstellen
Haufe-Index 439202 |
CR 1989, 202 (S) |
RdA 1988, 63 |
ZTR 1988, 99-100 (LT1) |
AP Nr 139 zu §§ 22, 23 BAT 1975 (LT1) |
EzBAT §§ 22, 23 BAT, Funktionszulage Nr 1 (LT1) |
ZfSH/SGB 1988, 203-204 |