Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitgutschrift bei Schichtarbeit. Wochenfeiertag. Arbeitszeitkonto. Jahresarbeitszeit. Zeitgutschrift. Schichtarbeit. Arbeitsausfall wegen Arbeitsunfähigkeit. Lohnausfallprinzip. pauschale Bewertung des Feiertags. Tarifauslegung. Entgeltfortzahlung Krankheit. Feiertagsvergütung. Arbeitszeitrecht
Leitsatz (amtlich)
- Die Regelungen des § 5 JazTV über die Bewertung der verschiedenen Tatbestände bezahlter und unbezahlter Arbeitsbefreiung auf dem Arbeitszeitkonto stehen selbständig nebeneinander.
- Die Bewertung von Wochenfeiertagen bei Schichtarbeitnehmern ist nach § 5 Abs. 2 Nr. 2b JazTV unabhängig von einem konkreten Arbeitsausfall oder einer Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers.
Orientierungssatz
- § 5 Abs. 2 Nr. 2a und Nr. 2b JazTV sichern dem Arbeitnehmer je nach der Lage seiner Arbeitszeit im Ergebnis die gleiche Arbeitszeitgutschrift für einen Wochenfeiertag.
- § 5 Abs. 3 JazTV schließt diesen Anspruch nicht aus, sondern bewertet unabhängig hiervon den konkreten Arbeitsausfall wegen Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers mit einer entsprechenden Zeitgutschrift. Für den Vergütungsanspruch wirkt sich das nur im Rahmen des Entgeltfortzahlungszeitraums aus.
- Sinn und Zweck des § 5 Abs. 2 Nr. 2b JazTV, dem Schichtarbeitnehmer einen Ausgleich für die Wochenfeiertage ohne Rücksicht auf die konkrete Arbeitspflicht zu geben, gelten unabhängig davon, ob er arbeitsfähig oder arbeitsunfähig ist.
Normenkette
Tarifvertrag zur Regelung einer Jahresarbeitszeit für die Arbeitnehmer der DB AG (JazTV) § 2; Tarifvertrag zur Regelung einer Jahresarbeitszeit für die Arbeitnehmer der DB AG (JazTV) §§ 3-5; Tarifvertrag zur Regelung einer Jahresarbeitszeit für die Arbeitnehmer der DB AG (JazTV) § 6; EFZG §§ 2-4
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Zeitgutschrift für einen Wochenfeiertag.
Der Kläger ist als Schlosser mit einem monatlichen Festlohn bei der Beklagten beschäftigt. Seine Jahresarbeitszeit beträgt 1.984 Stunden. Er arbeitet nicht regelmäßig an fünf Tagen in der Woche, sondern nach einem Wechselschichtplan in der Früh-, Spät- und Nachtschicht. Die Beklagte führt ein Arbeitszeitkonto und erteilt eine Abrechnung am Jahresende. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifbindung die für die Beklagte geltenden Tarifverträge Anwendung.
Ab dem 12. Mai 1999 war der Kläger arbeitsunfähig krank. Am Donnerstag, dem 13. Mai 1999, einem gesetzlichen Feiertag (Christi Himmelfahrt), war nach dem Schichtplan ein Ruhetag für den Kläger vorgesehen. Die Beklagte hat dem Kläger für diesen Tag keine Zeitgutschrift erteilt.
Die maßgeblichen Vorschriften des Tarifvertrags zur Regelung einer Jahresarbeitszeit für die Arbeitnehmer der DB AG (JazTV) lauten wie folgt:
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Jahresarbeitszeit
(1) Die tarifvertragliche regelmäßige Jahresarbeitszeit des Vollzeitarbeitnehmers beträgt ausschließlich der Pausen 1984 Stunden im Kalenderjahr; dies entspricht einer durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,0 Stunden in einem Abrechnungszeitraum von 52,2 Wochen/Jahr. …
(2) Soweit im Abrechnungszeitraum die tarifvertragliche regelmäßige Jahresarbeitszeit nicht vollständig verbraucht wurde, werden bis zu 38 Stunden der Unterschreitung auf das Arbeitszeitkonto des folgenden Abrechnungszeitraums vorgetragen. Durch eine Überschreitung der tarifvertraglich regelmäßigen Jahresarbeitszeit bis zur Höhe von 38 Stunden am Ende dieses Abrechnungszeitraums (Nacharbeitszeitraum) entsteht dadurch keine Überzeitarbeit nach § 3 Abs. 1. Wurde die tarifvertragliche regelmäßige Jahresarbeitszeit in diesem Abrechnungszeitraum nicht vollständig verbraucht, erfolgt ein Vortrag auf den folgenden Abrechnungszeitraum nach Satz 1.
§ 3
Überzeitarbeit
(1) Überzeitarbeit ist die Arbeit, die vom Arbeitnehmer auf Anordnung über die jeweils geltende regelmäßige tarifvertragliche Jahresarbeitszeit (§ 2) – mindestens jedoch über mehr als 1984 Stunden/Jahreszeitraum – hinaus geleistet wird. …
§ 4
Zeitkonten
(1) Für den Arbeitnehmer wird ein Arbeitszeitkonto geführt, das der Feststellung der tarifvertraglich anzurechnenden Arbeitszeit für die angeordnete und geleistete Arbeit und der arbeitszeitrechtlichen Grundlagen für das Entgelt dient; dazu werden die jeweils zu erbringende Jahresarbeitszeit (§§ 2 und 7 Abs. 2) und die geleistete bzw. anzurechnende Arbeitszeit fortlaufend saldiert.
(2) Der Einsatz des Arbeitnehmers soll mit dem Ziel eines ausgeglichenen Ergebnisses am Ende eines Jahresabrechnungszeitraumes geregelt werden. Dazu ist das Arbeitszeitkonto zeitnah auszugleichen.
(3) Der Arbeitnehmer kann auf Antrag dem Arbeitszeitkonto einzelne Stunden oder bis zu 3 zusammenhängende arbeitsfreie Tage als Freizeit entnehmen; der Antrag soll möglichst 2 Wochen vor dem gewünschten Freistellungstermin gestellt werden. Die Freizeit ist regelmäßig antragsgemäß zu gewähren, wenn wichtige betriebliche Belange nicht entgegenstehen (z. B. überdurchschnittliches Arbeitsaufkommen, erhöhter Krankenstand oder Urlaub bzw. Freizeitausgleich für andere Arbeitnehmer). § 2 Abs. 2 bleibt unberührt.
(4) Eine durch Überzeitarbeit veranlaßte Überschreitung des Jahresarbeitssolls wird am Ende des Jahresabrechnungszeitraums vom Arbeitszeitkonto in das Freizeitkonto des Arbeitnehmers übertragen.
(5) Ein Zeitguthaben auf dem Freizeitkonto begründet einen Anspruch auf Gewährung von Freizeit oder in begründeten Ausnahmefällen wahlweise auf Auszahlung des entsprechenden, zum Zeitpunkt der Zahlung geltenden individuellen Gegenwertes (§ 7 Abs. 5 MTV).
(8) Dem Arbeitnehmer ist halbjährlich, grundsätzlich nach Abrechnung der Monate Juni und Dezember eines Jahres, der Stand seiner Zeitkonten (Soll/Ist) schriftlich mitzuteilen.
§ 5
Freistellung von der Arbeitspflicht
(1) Ein Urlaubstag (einschließlich Zusatzurlaub) wird im Arbeitszeitkonto mit 1/261 der jeweiligen Jahresarbeitszeit-Sollstunden verrechnet. Sofern der Arbeitnehmer während des Urlaubsjahres nicht regelmäßig planmäßig oder betriebsüblich an 261 Werktagen bzw. an 5,0 Werktagen in der Woche zu arbeiten hat oder zu arbeiten hätte, ist ihm ein insgesamt zeitlich gleichwertiger Urlaub zu gewähren. Der Urlaub gilt als zeitlich gleichwertig, wenn die Zeitsumme der für die gewährten Urlaubstage des Urlaubsjahres verrechneten tarifvertraglichen Arbeitszeitstunden insgesamt der Zeitsumme des dem Arbeitnehmer zustehenden Jahresurlaubsanspruchs entspricht.
(2) 1. Für jeden Tag einer Arbeitsbefreiung mit Fortzahlung des Entgelts nach § 11 Abs. 1 MTV oder nach § 18 ÜTV wird im Arbeitszeitkonto des Vollzeitarbeitnehmers verrechnet:
a) Die Zeitsumme der für diesen Tag geplanten tarifvertraglichen Arbeitszeit oder
b) 1/261 der tarifvertraglichen regelmäßigen Jahresarbeitszeit, wenn für diesen Tag eine Arbeitszeit nicht bestimmt ist.
2. Ein auf einen Werktag fallender gesetzlicher Feiertag (Wochenfeiertag) wird für den Vollzeitarbeitnehmer bewertet:
a) Mit der Dauer der geplanten, wegen des Wochenfeiertags an diesem Tag ausfallenden regelmäßigen Arbeitszeit, wenn er regelmäßig an 5 Werktagen in der Woche mit einem arbeitsfreien Werktag, in der Regel mit einem arbeitsfreien Samstag, beschäftigt wird, oder
b) mit 1/261 der jeweiligen Jahresarbeitszeit Sollstunden, wenn der Arbeitnehmer regelmäßig an mehr oder weniger als 5,0 Werktagen in der Woche, an Sonntagen, in Schichtarbeit oder in Wechselschichtarbeit beschäftigt wird und der Wochenfeiertag auf die Tage Montag bis Freitag fällt; für einen auf einen Samstag fallenden Wochenfeiertag erfolgt keine Arbeitszeitgutschrift.
Ausführungsbestimmung
Der Anspruch auf Verrechnung wegen eines Wochenfeiertags ausfallender Arbeitszeit richtet sich nach den am Sitz des Betriebs bzw. am jeweiligen Arbeitsort geltenden Vorschriften über gesetzliche Wochenfeiertage.
(3) Jeder Tag eines Arbeitsausfalls wegen Arbeitsunfähigkeit wird mit der Dauer der für den jeweiligen Tag geplanten Arbeitsleistung des Arbeitnehmers bewertet.
(4) bleibt frei.
(5) In Fällen einer stundenweisen Arbeitsbefreiung mit Fortzahlung des Entgelts wird dem Arbeitnehmer mindestens die an diesem Tag tatsächlich geleistete Arbeitszeit angerechnet. Die Zeitsumme der insgesamt anzurechnenden Arbeitszeit darf jedoch die Dauer der für den jeweiligen Tag geplanten Arbeitsleistung nicht übersteigen.
(6) Sinngemäß zu verfahren ist bei dem Teilzeitarbeitnehmer sowie in Fällen einer Arbeitsbefreiung ohne Fortzahlung des Entgelts. Bei individuell abweichendem Jahresarbeitszeitvolumen ist das Verhältnis zur tarifvertraglichen regelmäßigen Jahresarbeitszeit sowie die Anzahl der während des Jahreszeitraums (§ 2 Abs. 1) regelmäßig zu leistenden Arbeitstage maßgeblich für den anteiligen Arbeitszeitwert eines Ausfalltages.
§ 6
Verteilung der Jahresarbeitszeit
(1) Der Verteilung der tarifvertraglich regelmäßigen Jahresarbeitszeit werden 261 Arbeitstage zugrunde gelegt. …
(3) Die Arbeitszeit ist jeweils im Rahmen der gesetzlich und tarifvertraglich maßgebenden Bestimmungen und unter Beachtung des § 87 BetrVG einzuteilen; dabei gilt insbesondere:
…
4. Der Arbeitnehmer, der an einem auf einen Werktag fallenden gesetzlichen Feiertag (Wochenfeiertag) zur Arbeitsleistung herangezogen wird, erhält grundsätzlich innerhalb des Jahresabrechnungszeitraums (§ 2) einen Ersatzruhetag; für Arbeit an einem in das letzte Quartal eines Jahresabrechnungszeitraums (§ 2) fallenden Wochenfeiertag ist der Ersatzruhetag spätestens innerhalb der diesem Zeitraum folgenden 3 Kalendermonate zu gewähren.
(6) Dem Arbeitnehmer bereits zugesprochene Ruhezeiten oder Arbeitsbefreiungen gelten als gewährt, wenn sie in die Zeit einer Erkrankung, eines Urlaubs oder einer Arbeitsbefreiung aus persönlichen Anlässen fallen. Satz 1 gilt nicht für Freizeitausgleich nach § 4 Abs. 6. Aus betrieblichen Gründen ausgefallene Ruhezeiten sind nach den jeweils maßgeblichen gesetzlichen und tarifvertraglichen Arbeitszeitschutzvorschriften nachzugewähren.”
Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte müsse ihm für den 13. Mai 1999 7,36 Stunden auf dem Arbeitszeitkonto gutschreiben. Es sei ebenso zu verfahren wie bei Arbeitsfähigkeit. Anderenfalls ergebe sich ein Verstoß gegen zwingendes Entgeltfortzahlungsrecht. Die Fälle des § 5 Absätze 2, 3 und 5 JazTV stünden selbständig nebeneinander. § 5 Abs. 3 JazTV regele keine spezielle Ausnahme gegenüber § 5 Abs. 2 JazTV. Da kein Arbeitsausfall wegen Arbeitsunfähigkeit vorliege, komme Absatz 3 überhaupt nicht zur Anwendung.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, sein Arbeitszeitkonto für Mai 1999 von 151,36 Stunden um 7,36 Stunden auf 158,72 Stunden zu erhöhen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Zeitgutschrift für einen Feiertag erfolge grundsätzlich auch dann, wenn der Schichtarbeiter dienstplanmäßig frei habe. Dem Kläger wäre deshalb der Feiertag gutgeschrieben worden, wenn er nicht arbeitsunfähig krank gewesen wäre. Erbringe der Arbeitnehmer eine Arbeitsleistung, werde ihm diese zusätzlich zu der Feiertagsgutschrift verrechnet. Für den Fall der Arbeitsunfähigkeit bestehe jedoch die Sonderregelung des § 5 Abs. 3 JazTV. Diese gehe den Absätzen 1 und 2 vor. Falle bei dem Schichtarbeiter Ruhezeit und krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit zusammen, ergebe sich auch für einen gesetzlichen Wochenfeiertag keine Zeitgutschrift. § 5 Abs. 2 Nr. 2b JazTV wolle den Verlust des Freistellungsanspruchs ausgleichen und damit die Entwertung des Feiertags verhindern. Dieser Zweck greife nicht ein, wenn der Arbeitnehmer an dem Feiertag krankheitsbedingt ohnehin nicht zur Verfügung stehe. Die Tarifregelung schließe aus, daß der kranke Schichtarbeiter durch Zeitgutschriften für Feiertage zusätzliche freie Tage erwerbe.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, den Streitwert auf 225,36 DM festgesetzt und die Berufung zugelassen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben und die Revision zugelassen. Mit dieser begehrt die Beklagte, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Der Kläger kann eine Zeitgutschrift von 7,36 Stunden für den 13. Mai 1999 verlangen.
Der Anspruch ergibt sich aus § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 2 Nr. 2b JazTV, die kraft beiderseitiger Tarifbindung gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG iVm. § 3 Abs. 1 TVG auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finden.
1. Die genannten Tarifnormen gewähren einen Anspruch auf Leistung. Der Arbeitgeber wird verpflichtet, das Arbeitszeitkonto des Arbeitnehmers entsprechend der geleisteten und der tariflich anzurechnenden Arbeitszeit zu führen. Der Arbeitnehmer kann diesen Anspruch auf korrekte Führung des Arbeitszeitkontos klageweise geltend machen; denn das Arbeitszeitkonto bildet die Grundlage für sein Entgelt und seine weitere Arbeitsverpflichtung (vgl. BAG 13. Dezember 2000 – 5 AZR 334/99 – AP BGB § 394 Nr. 31 = EzA TVG § 4 Friseurhandwerk Nr. 1, zu II 2 der Gründe; 26. September 2001 – 5 AZR 539/00 – BAGE 99, 112; 13. Februar 2002 – 5 AZR 470/00 – AP EntgeltFG § 4 Nr. 57 = EzA EntgFG § 4 Nr. 5, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu I der Gründe). Die Voraussetzungen für einen Zahlungsanspruch sind nicht ohne Weiteres erfüllt. Der Antrag, das Konto um eine bestimmte Stundenzahl zu erhöhen, ist gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt (vgl. BAG 5. September 2002 – 9 AZR 244/01 – zur Veröffentlichung vorgesehen, zu A der Gründe).
2. Soweit der Antrag des Klägers auf das Arbeitszeitkonto “für Mai 1999” abstellt und den von der Beklagten damals geführten Stand von 151,36 Stunden sowie den geforderten Stand von 158,72 Stunden bezeichnet, handelt es sich um eine überflüssige, aber unschädliche Klarstellung. Der Kläger will damit nur ausdrücken, wofür die Zeitgutschrift erfolgen soll. Ein Arbeitszeitkonto für Mai 1999 besteht freilich wegen der laufenden Fortschreibung nach § 4 JazTV nicht mehr; es genügt aber, daß sich durch eine Gutschrift für den 13. Mai 1999 das laufende Arbeitszeitkonto oder das Freizeitkonto erhöht. Zwischen den Parteien steht außer Streit, daß eine solche gegenwartsbezogene Gutschrift verlangt wird und noch möglich ist. Der Kläger fordert deshalb zu Recht Erfüllung und nicht Schadensersatz.
3. Die Voraussetzungen der § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 2 Nr. 2b JazTV liegen vor. Da der Kläger als Vollzeitarbeitnehmer in Wechselschichtarbeit, zudem regelmäßig an mehr oder weniger als fünf Werktagen in der Woche beschäftigt wird, wird der auf Donnerstag fallende Wochenfeiertag des 13. Mai 1999 für ihn mit 1/261 der Jahresarbeitszeit bewertet. In diesem Umfang hat also eine Arbeitszeitgutschrift zu erfolgen. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend herausgestellt hat, sichern § 5 Abs. 2 Nr. 2a und Nr. 2b JazTV dem Arbeitnehmer je nach der Lage seiner Arbeitszeit im Ergebnis die gleiche Arbeitszeitgutschrift für einen Wochenfeiertag. Deren Höhe ist zwischen den Parteien nicht streitig.
§ 5 Abs. 3 JazTV schließt den Anspruch nicht aus.
1. Nach § 5 Abs. 3 JazTV wird jeder Tag eines Arbeitsausfalls wegen Arbeitsunfähigkeit mit der Dauer der für den jeweiligen Tag geplanten Arbeitsleistung des Arbeitnehmers bewertet. Eine Zeitgutschrift erfolgt also entsprechend der konkret ausgefallenen Arbeitsleistung. Für den Vergütungsanspruch wirkt sich das nur im Rahmen des Entgeltfortzahlungszeitraums aus, wie sich aus § 9 Abs. 2 Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der DB AG (MTV), § 15 Tarifvertrag über die Sicherung der Einkommen und Arbeitsbedingungen für die zur DB AG übergeleiteten Arbeitnehmer (ÜTV) ergibt (vgl. auch § 5 Abs. 6 Satz 1 JazTV). § 5 Abs. 3 JazTV gilt für alle Arbeitnehmer unabhängig davon, ob sie regelmäßig an fünf Werktagen in der Woche oder in Schichtarbeit beschäftigt werden.
2. Schon der Wortlaut des § 5 Abs. 3 JazTV spricht gegen dessen ausschließliche Anwendbarkeit im Streitfall.
a) Allerdings greift die Argumentation des Klägers nicht, er sei am 13. Mai 1999 gar nicht zur Arbeit eingeteilt gewesen. Die Tarifnorm regelt nicht nur den Fall, daß überhaupt Arbeit wegen der Arbeitsunfähigkeit ausfällt. Vielmehr schließt sie die Rechtsfolge ein, daß die Arbeitsleistung mit “Null” bewertet wird, weil für einen Tag keine Arbeit geplant war und deshalb kein Ausfall wegen der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers eintritt.
b) § 5 Abs. 3 JazTV betrifft alle Tage eines Arbeitsausfalls wegen Arbeitsunfähigkeit. Danach ist die Regelung auch auf Feiertage anzuwenden. Die Arbeit kann an Feiertagen wegen Arbeitsunfähigkeit ausfallen (vgl. § 4 Abs. 2 EFZG). Hier besteht ebenfalls das Bedürfnis, die dem arbeitsunfähig kranken Arbeitnehmer anzurechnende Arbeitszeit entsprechend dem Arbeitsausfall zu bemessen. Dagegen behandelt die Tarifnorm nicht speziell die Bewertung der Feiertage, sondern die Bewertung des Arbeitsausfalls wegen Arbeitsunfähigkeit. Nur hierfür ist die geplante Arbeitsleistung maßgebend. Rechtsfolge des § 5 Abs. 3 JazTV ist allein die Bewertung der anzurechnenden Arbeitszeit. Das stellt schon nach dem Wortlaut keine spezielle Regelung gegenüber der differenzierten Bewertung eines Wochenfeiertags nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 JazTV dar.
3. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht auf den systematischen Zusammenhang des § 5 JazTV hingewiesen. Die Absätze der Norm regeln nebeneinander, wie bei den verschiedenen Tatbeständen der bezahlten (und unbezahlten) Arbeitsbefreiung zu verfahren ist. Die Regelungen gewähren erkennbar unabhängig voneinander unter bestimmten Voraussetzungen Ansprüche auf Verrechnung und Bewertung bestimmter Zeiten. Es ist nicht anzunehmen, daß sie sich gegenseitig einschränken oder ausschließen. Vielmehr genügt für eine Gutschrift, daß einer der Anspruchstatbestände erfüllt ist. Bei einem Schichtarbeitnehmer wird der auf Montag bis Freitag fallende Wochenfeiertag unabhängig von einem Arbeitsausfall bewertet. § 5 Abs. 3 JazTV verkehrt das nicht in sein Gegenteil, sondern gewährt seinerseits Gutschriften bei Arbeitsunfähigkeit, allerdings – selbstverständlich – nur unter bestimmten Voraussetzungen. Bei Arbeitsunfähigkeit haben die Tarifvertragsparteien auch für Schichtarbeitnehmer – anders als etwa in dem Tarifvertrag, der der Senatsentscheidung vom 9. Oktober 2002 (– 5 AZR 356/01 – AP EntgeltFG § 4 Nr. 63) zugrunde lag – auf den konkreten Arbeitsausfall abgestellt. Die Differenzierung des § 5 Abs. 2 JazTV wird hierdurch nicht in Frage gestellt.
4. Sinn und Zweck des § 5 Abs. 2 Nr. 2b JazTV, dem Schichtarbeitnehmer einen Ausgleich für die Wochenfeiertage ohne Rücksicht auf die konkrete Arbeitspflicht zu geben, gelten unabhängig davon, ob er arbeitsfähig oder arbeitsunfähig ist.
a) Entgegen der Auffassung der Beklagten geht es nicht darum, freie Arbeitstage auf Grund von Krankheitstagen anzusammeln. Vielmehr gilt bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit die Arbeit im Hinblick auf die zu leistende Jahresarbeitszeit nur insoweit als erbracht, wie Arbeitsleistung für den betreffenden Tag geplant war; im übrigen muß auch der Schichtarbeitnehmer seine Jahresarbeitszeit erfüllen. Für die Wochenfeiertage erhält er allerdings den Bonus des § 5 Abs. 2 Nr. 2b JazTV. Insoweit wird seine zu leistende Jahresarbeitszeit von 1.984 Stunden/Jahr (entsprechend 52,2 Wochen/Jahr × 38 Stunden/Woche) pauschal verkürzt. Das hat unabhängig von der Arbeitsfähigkeit zu gelten. Andernfalls erhielte der Schichtarbeitnehmer keinen adäquaten Ausgleich, sondern müßte die Wochenfeiertage im Gegensatz zu dem Vollzeitarbeitnehmer, der regelmäßig von Montag bis Freitag arbeitet, nacharbeiten; denn nach § 5 Abs. 2 Nr. 2a JazTV verkürzt sich die zu leistende Arbeit im Ergebnis anteilig ohne Rücksicht auf die Arbeitsfähigkeit, woran die Anwendung des § 5 Abs. 3 JazTV nichts ändern würde.
b) Das Arbeitszeitkonto gemäß § 4 Abs. 1, § 5 JazTV dient auch als Grundlage für das Entgelt. § 5 Abs. 2 Nr. 2b JazTV rückt für Schichtarbeitnehmer von dem konkreten Lohnausfallprinzip des § 2 EFZG zugunsten einer pauschalen Bewertung ab. Grund hierfür ist die unregelmäßige Arbeitszeit des Schichtarbeitnehmers, die den konkreten Arbeitsausfall zufällig erscheinen läßt. Der Schichtarbeitnehmer soll für die auf Montag bis Freitag fallenden Wochenfeiertage die durchschnittliche Vergütung erhalten, als wenn er wöchentlich montags bis freitags arbeiten würde; denn er arbeitet unabhängig von Feiertagen an allen Wochentagen und kommt deshalb nicht durchgehend in den “Genuß” der Wochenfeiertage. Damit wird die Tarifnorm dem zwingenden § 2 EFZG im Ergebnis gerecht.
c) Im Falle der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers verweisen § 3 und § 4 Abs. 2 EFZG auf § 2 EFZG. Auch hier muß der entgeltfortzahlungspflichtige Feiertag dem Schichtarbeitnehmer gutgebracht werden. Der maßgebliche Grund der Tarifvertragsparteien für die Bewertung des Feiertags gilt unverändert. Das bestätigt die Regelung des § 5 Abs. 2 Nr. 2b JazTV, die an den gesetzlichen Feiertag als solchen anknüpft und weder nach dem Arbeitsausfall noch nach dessen Grund fragt.
d) Muß der Arbeitnehmer an einem Feiertag arbeiten, findet bei Schichtarbeitnehmern eine doppelte Anrechnung statt (§ 4 Abs. 1 JazTV und § 5 Abs. 2 Nr. 2b JazTV). Das entspricht gerade auch der Auffassung der Beklagten. Bei den anderen Arbeitnehmern liegt regelmäßig Mehrarbeit vor. Nach § 6 Abs. 3 Nr. 4 JazTV besteht Anspruch auf einen Ersatzruhetag. Fällt die angeordnete Feiertagsarbeit allein wegen Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers aus, ist sie nach § 5 Abs. 3 JazTV wie erbrachte Arbeit zu bewerten. In der Konsequenz dieser doppelten Anrechnung liegt es, § 5 Abs. 2 Nr. 2 JazTV unabhängig davon anzuwenden, zu welchem Ergebnis die Bewertung nach § 5 Abs. 3 JazTV führt.
- Die Beklagte hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Müller-Glöge, Mikosch, Linck, W. Hinrichs, Hann
Fundstellen
Haufe-Index 961112 |
BAGE 2004, 132 |
EWiR 2003, 1027 |
FA 2003, 318 |
NZA 2004, 49 |
AP, 0 |
EzA-SD 2003, 15 |
EzA |
AUR 2003, 358 |
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