Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristetes Arbeitsverhältnis zur Vertretung einer Beamtin im Erziehungsurlaub
Normenkette
BErzGG § 21 Abs. 3; BAT Nr. 1c SR 2y
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. Juli 1996 – 7 (10) Sa 1304/95 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.
Die Klägerin ist Gymnasiallehrerin. Sie war vom 9. Januar 1995 befristet bis zum 5. Juli 1995 bei dem beklagten Land beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 20. Dezember 1994/9. Januar 1995 hatten die Parteien die Geltung des BAT vereinbart. Außerdem enthielt er u.a. folgende Regelung:
„Der Arbeitnehmer wird als Lehrkraft ab 09.01.1995 … bis zum Ablauf der durch die mutterschutzrechtlichen Bestimmungen (Beschäftigungsverbot und evtl. Erziehungsurlaub) begründeten Abwesenheit vom Dienst, jedoch nicht länger als bis zum letzten Schultag vor den Ferien längstens jedoch bis 05.07.1995 als … Aushilfsangestellte/r zur Vertretung von Frau StR Gabriele G. eingestellt.
…”
Die zu vertretende Beamtin G. hatte bereits am 9. September 1994 vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin (28. Januar 1995) Erziehungsurlaub im Anschluß an die Mutterschutzfrist verlangt, ohne sich zu dessen Dauer festzulegen. Am 4. Juli 1995 unterzeichnete die Klägerin unter Vorbehalt einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 6. Juli 1995 bis zum 17. Juli 1996.
Die Klägerin hat die Befristung des ersten Arbeitsvertrags für unwirksam gehalten. Die Wirksamkeit der Befristung bestimme sich nach § 21 Abs. 3 BErzGG, der eine Zweckbefristung ausschließe. Die Vorschrift sei auch auf die Vertretung einer im Erziehungsurlaub befindlichen Beamtin anzuwenden.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis gemäß Arbeitsvertrag vom 09.01.1995 bezogen auf die Vertretungsregelung der Studienrätin Gabriele G. nicht durch Fristablauf zum 05.07.1995 geendet hat und über diesen Zeitpunkt hinaus unbefristet zu den im übrigen unveränderten Bedingungen fortbesteht.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Befristung des Arbeitsverhältnisses zumindest wegen der zusätzlich vereinbarten Höchstbefristung für wirksam gehalten, weil die zu vertretende Beamtin im Zeitpunkt des Vertragsschlusses den Erziehungsurlaub bereits verlangt hatte.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben; das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das beklagte Land beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat durch wirksame Befristung mit Ablauf des 5. Juli 1995 geendet.
1. Das Landesarbeitsgericht hat für die Befristungskontrolle zu Recht auf den ersten Arbeitsvertrag der Parteien abgestellt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist zwar bei zwei aufeinanderfolgenden Arbeitsverträgen nur die Befristung des letzten Arbeitsvertrages auf ihre sachliche Rechtfertigung hin zu prüfen. Das gilt jedoch nicht, wenn die nachfolgenden Befristungen nur vorbehaltlich der Wirksamkeit der vorangegangenen Befristungen vereinbart waren (ständige Rechtsprechung seit BAGE 49, 73, 79 = AP Nr. 97 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; zuletzt BAG Urteil vom 28. August 1996 – 7 AZR 849/95 – AP Nr. 181 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Eine solche Regelung haben die Parteien für das Anschlußarbeitsverhältnis getroffen.
2. Das Landesarbeitsgericht hat weiter zu Recht dahinstehen lassen können, ob die vereinbarte Zweckbefristung nach § 21 Abs. 3 BErzGG zulässig ist und diese Vorschrift auch für die Vertretung von Beamtinnen und Beamten während deren Erziehungsurlaubs gilt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht durch Zweckerreichung, sondern aufgrund der ebenfalls vereinbarten Zeitbefristung geendet. Die weniger als sechs Monate dauernde Befristung des ersten Arbeitsvertrages bedurfte aus Gründen des Tarifrechts eines Sachgrundes. Das sieht die kraft einzelvertraglicher Vereinbarung geltende Tarifvorschrift der Nr. 1 der Protokollnotiz Nr. 1 SR 2y BAT vor (vgl. BAG Urteil vom 25. November 1992 – 7 AZR 191/92 – AP Nr. 150 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 4 a der Gründe, m.w.N.). Für diese Befristung hat ein Sachgrund vorgelegen.
a) Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist die Einstellung der Klägerin zur Vertretung und damit als Aushilfsangestellte im Sinne der Nr. 1 c SR 2y BAT erfolgt. Die Einstellung eines Arbeitnehmers zur Vertretung eines zeitweilig ausfallenden Mitarbeiters ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als Befristungsgrund anerkannt (zuletzt BAG Urteil vom 22. November 1995 – 7 AZR 252/95 – AP Nr. 178 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 1 der Gründe, m.w.N.). Der sachliche Rechtfertigungsgrund einer solchen Befristungsabrede liegt darin, daß der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Mitarbeiters rechnen muß. Damit besteht für die Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Mitarbeiter obliegenden Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis.
b) Da die zu vertretende Beamtin G. bereits einen Antrag auf Erziehungsurlaub in unmittelbarem Anschluß an die Zeiten des Mutterschutzes gestellt hatte, konnte das beklagte Land bei Vertragsschluß mit hinreichender Sicherheit erwarten, daß die zu vertretende Lehrkraft nach Ablauf der Mutterschutzfrist ihren Dienst nicht wieder aufnehmen und dadurch ein Bedürfnis für eine vorübergehende Beschäftigung einer Vertretungskraft besteht. In diesem Zusammenhang kann sich die Klägerin nicht auf die Senatsentscheidung vom 9. November 1994 (– 7 AZR 243/94 – BAGE 78, 239 = AP Nr. 1 zu § 21 BErzGG) berufen. Im Unterschied zu dem dortigen Sachverhalt hat sich das beklagte Land vorliegend auf einen konkret verlangten Erziehungsurlaub berufen und nicht wie im damaligen Fall die Befristung auf eine nach allgemeiner Erfahrung zu erwartende Antragstellung gestützt. Allein die fehlende Festlegung der zu vertretenden Beamtin G. zur zeitlichen Dauer ihres Erziehungsurlaubs führt nicht zur Unwirksamkeit der Befristung. Bei einer Befristung zur Überbrückung eines zeitweilig ausfallenden Mitarbeiters hat der Arbeitgeber eine Prognoseentscheidung zu treffen. Sie hat sich nicht auf die Dauer des Vertretungsbedarfs, sondern nur darauf zu beziehen, ob er mit der Rückkehr des Mitarbeiters zu rechnen hat (BAG Urteil vom 22. November 1995, aaO). Daran konnte für das beklagte Land nach dem objektiven Geschehensablauf kein Zweifel bestehen. Die zu vertretende Beamtin hatte sich gegenüber dem beklagten Land hinsichtlich des Beginns ihres Erziehungsurlaubs bereits festgelegt. Damit konnte der Arbeitgeber von einem nach der Mutterschutzfrist fortbestehenden Vertretungsbedarf ausgehen.
c) Auch die von dem beklagten Land gewählte Befristungsdauer stellt den Sachgrund der Befristung nicht in Frage. Nach der Senatsrechtsprechung bedarf die Befristungsdauer keiner eigenen sachlichen Rechtfertigung. Sie hat lediglich Bedeutung für die Prüfung des Sachgrundes, weil sie ein Indiz für dessen Fehlen sein kann. Dafür fehlt es vorliegend jedoch an Anhaltspunkten. Angesichts der am Schuljahresende orientierten Befristungsdauer drängen sich keine Zweifel daran auf, daß die Klägerin tatsächlich nicht zur Vertretung von Frau G eingestellt worden ist.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dörner, Bepler, Schmidt, Straub, Nottelmann
Fundstellen