Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung durch Prokuristen ohne Vorlage einer Vollmachtsurkunde
Leitsatz (redaktionell)
Wird die Kündigung von einem Prokuristen des Arbeitgebers ausgesprochen, dessen Prokura im Handelsregister eingetragen und vom Registergericht gemäß § 10 Abs 1 HGB bekannt gemacht worden ist, bedarf es für die Wirksamkeit der Kündigung nicht der Vorlage einer Vollmachtsurkunde durch den Prokuristen nach Maßgabe des § 174 Satz 1 BGB. Vielmehr hat der Arbeitgeber in einem solchen Fall seine Belegschaft im Sinne von § 174 Satz 2 BGB über die von der Prokura umfaßte Kündigungsberechtigung in Kenntnis gesetzt; der Gekündigte muß die Prokuraerteilung gemäß § 15 Abs 2 HGB gegen sich gelten lassen. Dies gilt auch, wenn der Prokurist entgegen § 51 HGB nicht mit einem die Prokura andeutenden Zusatz zeichnet.
Verfahrensgang
LAG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 28.01.1991; Aktenzeichen 9 Sa 816/90) |
ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 30.05.1990; Aktenzeichen 3 Ca 261/90) |
Tatbestand
Der im Jahre 1946 geborene Kläger trat am 1. Juli 1970 in das Unternehmen der Beklagten ein und war dort zuletzt als kaufmännischer Angestellter in der Einheit Industriemanagement, Bodenbeläge und Schäume gegen eine monatliche Vergütung von 6.250,-- DM brutto beschäftigt.
Mit Schreiben vom 2. Februar 1990 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise fristgerecht zum 30. September 1990. Das auf dem Geschäftspapier mit dem Briefkopf der Beklagten verfaßte Kündigungsschreiben ist unterzeichnet mit "E " und "H ". Diese beiden Namen sind, ohne Hinweis auf eine Bevollmächtigung, mit Schreibmaschine unter die Unterschriften der jeweiligen Unterzeichner geschrieben.
Als Kündigungsgründe gab die Beklagte an, der Kläger habe wiederholt werkseigene Gegenstände entwendet. Zumindest stehe er auf Grund umfangreicher Ermittlungen im dringenden Verdacht, diese Gegenstände entwendet zu haben.
Der Kläger wies mit Schreiben vom 5. Februar 1990 die Kündigung mit der Begründung zurück, ihm seien - wie zwischen den Parteien unstreitig - die erforderlichen Vollmachten der beiden Unterzeichner des Kündigungsschreibens nicht vorgelegt worden.
Vorsorglich kündigte die Beklagte deshalb mit zwei weiteren Schreiben vom 8. März und vom 9. März 1990 das Arbeitsverhältnis der Parteien nochmals, und zwar jeweils ordentlich zum 30. September 1990. Diesen Kündigungsschreiben, die jeweils zwei Unterschriften tragen, war eine von zwei Personen unterzeichnete Vollmacht beigefügt. Auch diese beiden Kündigungen wies der Kläger wegen fehlender Vollmachtsvorlage der Unterzeichner zurück.
Der Kläger hat sich mit der Kündigungsschutzklage gegen diese Kündigungen gewehrt. Außerdem hat er von der Beklagten die Zahlung eines Betrages von 496,30 DM netto verlangt, den diese von seinem Januargehalt einbehalten hat.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigungen seien wegen Verstoßes gegen § 174 Satz 1 BGB unwirksam. Ferner hat er eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung und die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bestritten.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der
Parteien weder durch die fristlose noch die
hilfsweise ausgesprochene fristgerechte Kündi-
gung der Beklagten vom 2. Februar 1990 aufge-
löst worden ist, sondern zu unveränderten Ar-
beitsbedingungen fortbesteht,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unver-
änderten Arbeitsbedingungen als Sachbearbeiter
im Produktmanagement weiterzubeschäftigen,
3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 496,30 DM
netto nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshän-
gigkeit zu bezahlen,
4. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der
Parteien weder durch die Kündigung vom 8. März
1990 noch durch die Kündigung vom 9. März 1990
aufgelöst worden ist, sondern zu unveränderten
Arbeitsbedingungen fortbesteht.
Für den Fall, daß dem Klageantrag zu 4. statt-
gegeben wird:
5. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den seit-
herigen Arbeitsbedingungen als Sachbearbeiter
im Produktmanagement weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, der Kläger berufe sich zu Unrecht auf § 174 Satz 1 BGB. Der eine Unterzeichner, Dr. E , sei stellvertretender Abteilungsdirektor und habe wie alle stellvertretenden Abteilungsdirektoren ihres Hauses Prokura. Die Prokuraerteilung sei automatisch mit der Ernennung zum stellvertreten den Abteilungsdirektor verbunden. Sie sei auch ins Handelsregister eingetragen und öffentlich bekannt gemacht worden. Als stellvertretender Abteilungsdirektor innerhalb der Abteilung EDM Marketing Dispersionen habe Dr. E der Arbeitseinheit EDM-Z (Zentrale Dienste) vorgestanden. In dieser Arbeitseinheit sei die für die gesamte Abteilung EDM zuständige Personalstelle angesiedelt. Dies müsse dem Kläger innerhalb seiner zwanzigjährigen Betriebszugehörigkeit, in welcher er mit Dr. E auch persönlichen Kontakt gehabt habe, bekannt geworden sein. Es ergebe sich im übrigen auch aus den Organisationsplänen der Abteilung EDM vom Dezember 1989 und vom Juli 1990, die jedem Mitarbeiter der Abteilung EDM zur Verfügung gestellt worden seien, sowie aus ihrem Telefonbuch.
Das Kündigungsschreiben sei - so hat die Beklagte erstinstanzlich behauptet - weiterhin unterzeichnet von dem Handlungsbevollmächtigten H . Dieser sei der Leiter der Abteilung Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht und als Jurist im Personalwesen verantwortlich auch für den Ausspruch und die Unterzeichnung von Kündigungen. Seine Berechtigung zum Ausspruch von Kündigungen sei dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers aus seiner früheren Beschäftigung in der Rechtsstelle des DGB in L bekannt.
In der Berufungsinstanz hat die Beklagte zur internen Zuständigkeit für den Ausspruch von Kündigungen unter Beweisantritt weiter ausgeführt, bei ihr existierten sowohl eine zentrale Personalabteilung, wie auch dezentrale Personalstellen. Die Frage der Berechtigung der Kündigung werde von der zentralen Personalstelle überprüft. Im Falle des positiven Ergebnisses werde nach Anhörung des Betriebsrates die Kündigung in der Regel von einem hierzu berechtigten Mitarbeiter der Abteilung, bei der der zu Kündigende zuletzt beschäftigt gewesen sei (Abteilungsleiter, stellvertretender Abteilungsdirektor oder Prokurist) und einem hierzu befugten Mitarbeiter der zentralen Personalabteilung gemeinsam unterschrieben.
Zum Kündigungsgrund hat die Beklagte unter Beweisantritt behauptet, der Kläger habe werkseigene Gegenstände, die mit Silbernitrat und Phenolphthalein präpariert gewesen seien, aus einem Sideboard im Zimmer des Prokuristen Ed entwendet. Kämen die Präparate mit der Haut in Berührung, so entstünden dunkle bzw. rote Flecken. Solche seien ausschließlich bei dem Kläger über die Hände verstreut festgestellt worden. Spuren von Phenolphthalein habe man in seinem Aktenkoffer, auf seinem Schreibtisch und auf der Lehne seines Schreibtischsessels gefunden. Da sich der Kläger darüber hinaus im Rahmen der durchgeführten Anhörungen in Widersprüche und Lügen verstrickt habe, müsse von seiner Täterschaft ausgegangen werden. Zumindest bestehe aber ein dahingehender dringender Tatverdacht.
Demgegenüber hat der Kläger behauptet, wie sein Prozeßbevollmächtigter habe auch er nicht gewußt, daß Dr. E Prokura und Herr H Handlungsvollmacht hätten, was er im übrigen mit Nichtwissen bestreite. Er habe zwar zum Zeitpunkt der Kündigung Dr. E in Person und in seiner Funktion als Leiter des Marktgebietes Zentrale Dienste gekannt. Er habe aber nicht gewußt, daß Dr. E in seiner Abteilung für Personalangelegenheiten zuständig gewesen sei. Ferner bestreite er mit Nichtwissen, daß Dr. E stellvertretender Abteilungsdirektor sei und alle stellvertretenden Abteilungsdirektoren der Beklagten Prokura besäßen. Dieses fehlende Wissen sei auch insbesondere darauf zurückzuführen, daß er in den letzten Jahren von der Beklagten ganz überwiegend im Ausland eingesetzt worden sei.
Im Hinblick auf den Kündigungsgrund hat der Kläger mit Nichtwissen bestritten, daß bei der Beklagten überhaupt werkseigene Gegenstände abhanden gekommen und an den Händen anderer Mitarbeiter keine Spuren von Silbernitrat und Phenolphthalein festgestellt worden sind. Im übrigen behauptet der Kläger, er benutze auf ärztliches Anraten hin ein Warzenmittel und nehme Phenolphthalein in flüssiger Form. Die an seinen Händen und seinen Gegenständen festgestellten Spuren müßten daher von diesen Präparaten herrühren.
Das Arbeitsgericht hat durch Teilurteil die Unwirksamkeit der Kündigung vom 2. Februar 1990 festgestellt und dem Kläger den Nettobetrag von 496,30 DM nebst Zinsen zuerkannt.
Das Landesarbeitsgericht hat die gegen dieses Teilurteil von der Beklagten eingelegte Berufung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, um deren Zurückweisung der Kläger bittet.
Entscheidungsgründe
A. Die Revision ist unzulässig, soweit sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 496,30 DM wehrt.
Die Beklagte hat in der Revisionsschrift ohne Einschränkung beantragt, das Berufungsurteil abzuändern und die Klage abzuweisen. Damit ist auch die Zahlungsklage einbezogen. Zur Begründung ihres hierauf gerichteten Antrages hat die Beklagte aber nichts vorgetragen. Bezieht sich die Revision auf mehrere Ansprüche im prozessualen Sinn, so muß zu jedem Anspruch eine ausreichende Revisionsbegründung gegeben werden. Soweit sie fehlt, ist die Revision unzulässig, es sei denn, die Begründetheit des einen Anspruchs hängt von der Begründetheit eines anderen Anspruchs praktisch unmittelbar ab (BAG Urteil vom 2. April 1987 - 2 AZR 418/86 - AP Nr. 96 zu § 626 BGB, zu B I 1 der Gründe, m.w.N.).
Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Kündigungsschutzklage und Zahlungsklage sind nicht derart voneinander abhängig, daß mit der Abweisung der Kündigungsschutzklage ohne weiteres auch der geltend gemachte Zahlungsanspruch entfiele. Die angegriffene außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 2. Februar 1990 könnte das Arbeitsverhältnis frühestens zum Zeitpunkt ihres Zugangs auflösen. Der vom Kläger verfolgte Anspruch auf Zahlung des von der Beklagten einbehaltenen Teils seines Januargehalts bliebe somit auch bei Abweisung der Kündigungsschutzklage unberührt. Er hängt ausschließlich vom Bestehen eines Gegenanspruchs der Beklagten in der fraglichen Höhe ab. Die Beklagte hat im Verlaufe des gesamten Verfahrens den geltend gemachten Gegenanspruch nicht näher begründet. Selbst wenn man mit dem Berufungsgericht unterstellt, daß der einbehaltene Betrag dem Wert der nach der Behauptung der Beklagten aus dem Zimmer des Prokuristen Ed entwendeten Gegenstände entspricht, kann die Feststellungsklage unbegründet, die Zahlungsklage aber begründet sein. Dies wäre der Fall, wenn die Beklagte die Entwendung der Gegenstände nicht nachweisen könnte, die Kündigung jedoch wegen eines dahingehenden Verdachts gerechtfertigt wäre. Andererseits könnte die Kündigung schon aus formellen Gründen wegen fehlender Vollmachtsvorlage unwirksam, der Gegenanspruch der Beklagten dagegen bei Nachweis der Entwendung begründet sein. Das Landesarbeitsgericht ist ausdrücklich davon ausgegangen, die Begründetheit des Gegenanspruchs hänge unmittelbar von der Begründetheit des Feststellungsanspruchs ab. Die Beklagte hätte mit der Revision deshalb zumindest darlegen müssen, daß diese Auffassung unzutreffend sei.
B. Soweit sich die Revision gegen die Feststellung der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 2. Februar 1990 richtet, ist sie begründet und führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat die Kündigung wegen fehlender Vollmachtsvorlage für unwirksam erachtet und dies im wesentlichen wie folgt begründet:
Die Voraussetzungen des § 174 Satz 1 BGB lägen vor. Der Kläger habe schon mit Schreiben vom 5. Februar 1990 die fehlende Vorlage der Vollmachtsurkunden gerügt. In diesem Zusammenhang sei es unschädlich, daß zumindest Dr. E als Prokurist der Beklagten kraft Gesetzes zum Ausspruch der Kündigung befugt gewesen sei und auch erkennbar im Namen der Beklagten habe handeln wollen. Gerade in einem solchen Falle solle es § 174 BGB dem Geschäftsgegner ermöglichen, die Ungewißheit darüber zu beseitigen, ob das ihm gegenüber vorgenommene einseitige Rechtsgeschäft wegen fehlender Vollmacht gemäß § 180 Satz 1 BGB unzulässig sei.
Die Zurückweisung der Kündigung sei nicht nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen, weil der Kläger von der Bevollmächtigung des Dr. E zum Ausspruch von Kündigungen nicht in Kenntnis gesetzt worden sei.
Ein derartiges Inkenntnissetzen sei nicht dadurch erfolgt, daß der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter seines Betriebs in eine Stellung berufen habe, mit der das Kündigungsrecht verbunden zu sein pflege und der Arbeitnehmer auch Kenntnis davon habe, daß der Erklärungsgegner eine solche Stellung inne habe. Als lediglich stellvertretender Abteilungsdirektor einer Fachabteilung könne Dr. E jedenfalls nicht zu diesem Kreis von Mitarbeitern gerechnet werden.
Ein Inkenntnissetzen des Klägers sei ferner nicht darin zu sehen, daß Dr. E Prokura erteilt und dies laut Auskunft des Registergerichts auch im Handelsregister eingetragen worden sei. Denn Dr. E habe das Kündigungsschreiben nicht gemäß § 51 HGB mit einem seine Prokura andeutenden Zusatz unterzeichnet. Wenngleich diese Vorschrift im Verhältnis zwischen Prokuristen und Vollmachtgeber lediglich eine Ordnungsvorschrift sei, so ändere dies nichts an ihrem Zweck, schon durch die Art der Unterzeichnung erkennbar zu machen, daß der Unterzeichnende in seiner Eigenschaft als rechtsgeschäftlicher Vertreter in Ausübung der einem Prokuristen zustehenden Vertretungsmacht handele.
Die Beklagte könne sich auch nicht auf die negative Publizitätswirkung des Handelsregisters gemäß § 15 Abs. 2 HGB berufen. Der Schutz des gutgläubigen Erklärungsempfängers gemäß § 174 Satz 1 BGB gehe in diesem Fall dem Schutzzweck des § 15 Abs. 2 HBG vor. § 174 BGB sei nach seinem Sinn und Zweck bei einem Prokuristen nur dann Genüge getan, wenn der Erklärungsempfänger wisse oder zumindest erkennen könne, daß ein Prokurist das Kündigungsschreiben unterzeichnet habe. Nur dann habe er bei Zweifeln an der Prokuraerteilung Veranlassung, sich durch Rückfrage beim Handelsregister über eine Eintragung zu unterrichten.
Die Beklagte habe ferner nicht den Nachweis erbracht, daß der Kläger in sonstiger Weise von der Prokuraerteilung Kenntnis erhalten habe oder solche Kenntnis hätte haben müssen.
Gleiches gelte für die Zurückweisung der Kündigung in Bezug auf den Angestellten H , auch wenn man unterstelle, daß diesem Handlungsvollmacht erteilt worden sei.
II. Dieser Würdigung ist der Senat nicht gefolgt. Der Prokurist Dr. E hat die außerordentliche Kündigung vom 2. Februar 1990 wirksam im Namen der Beklagten erklärt. Sie scheitert nicht an der fehlenden Vorlage einer Vollmachtsurkunde. Der Kläger ist vor der Prokuraerteilung an Dr. E im Sinne des § 174 Satz 2 BGB durch ihre Eintragung in das Handelsregister sowie deren Bekanntmachung in Kenntnis gesetzt worden; er muß diese Tatsache gem. § 15 Abs. 2 HGB gegen sich gelten lassen.
1. Dr. E hat die Kündigung vom 2. Februar 1990 in Vollmacht und im Namen der Beklagten erklärt.
a) Dr. E war bevollmächtigt, die Kündigung für die Beklagte auszusprechen. Das Berufungsgericht hat aufgrund einer beim Registergericht eingeholten Auskunft festgestellt, daß Dr. E im Kündigungszeitpunkt als Prokurist der Beklagten im Handelsregister eingetragen war. An diese Feststellung ist der Senat gem. § 561 Abs. 2 ZPO gebunden; sie ist auch von dem Kläger und Revisionsbeklagten nicht mit einer Gegenrüge angegriffen worden. Die Prokura ermächtigte Dr. E gem. § 49 Abs. 1 HGB u.a. zu allen Arten von außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt, und damit auch zur Kündigung von Arbeitsverhältnissen der Arbeitnehmer der Beklagten. Nach dem Vortrag der Beklagten und der Feststellung des Berufungsgerichts hatte Dr. E Einzelprokura. Damit konnte er allein für die Beklagte die Kündigung wirksam erklären. Eine weitere wirksame Kündigungserklärung des Mitunterzeichners H war nicht erforderlich. Der Parteivortrag bietet keinen Anhalt für die Annahme, Dr. E sei die Prokura nur gemeinschaft lich mit einem Handlungsbevollmächtigten i.S. einer Gesamtvertretung erteilt worden. Die Begründung einer solchen Gesamtvertretung wäre im übrigen nicht zulässig (BGH Urteil vom 30. Dezember 1963 - VII ZR 211/62 - BB 1964, 151; Joost in Staub, Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 48 Rz 113, m.w.N.).
b) Die Kündigung ist nicht deshalb unwirksam, weil Dr. E entgegen § 51 HGB dem Namen der Beklagten seinen Namen nicht mit einem die Prokura andeutenden Zusatz beigefügt hat.
Diese Vorschrift ist keine gesetzliche Formvorschrift i.S. des § 125 Satz 1 BGB, sondern, wie schon die Vorgängerregelung des § 44 ADHGB, eine reine Ordnungsvorschrift, deren Verletzung keine unmittelbare Sanktion auslöst. Sie will erreichen, daß schon durch die Art der Unterzeichnung schriftlicher Erklärungen klar erkennbar wird, der Erklärende handele in seiner Eigenschaft als rechtsgeschäftlicher Vertreter in Ausübung der einem Prokuristen zustehenden Vertretungsmacht. Sie dient damit größtmöglicher Klarheit der Vertretungsverhältnisse und letztlich der Erleichterung des Handelsverkehrs (allgem. Meinung; vgl. RGZ 50, 51, 59 f.; Bandasch/Nickel, GK-HGB, 3. Aufl., § 51 Rz 2; Baumbach/Duden/ Hopt, HGB, 28. Aufl., § 51; Brüggemann/Würdinger, HGB, 3. Aufl., § 51 Rz 2; Düringer/Hachenburg, HGB, 2. Aufl., § 51; Heymann/ Sonnenschein, HGB, § 51 Rz 1; Schlegelberger/Schröder, HGB, 5. Aufl., § 51 Rz 1).
c) Dr. E hat die Kündigung im Namen der Beklagten und damit gem. § 164 Abs. 1 BGB mit Wirkung für diese erklärt. Für die Kündigung wurde ein mit dem Briefkopf der Beklagten versehener Briefbogen verwendet und der Name der Beklagten zusätzlich noch unmittelbar über die beiden Unterschriften gesetzt. Hieraus hat das Berufungsgericht zutreffend gefolgert, daß die beiden Unterzeichner für die Beklagte handeln wollten und dies für den Kläger auch erkennbar war. Da § 51 HGB, wie ausgeführt, nur eine Ordnungsvorschrift ist, kann der Prokurist auch auf andere Weise als durch eine dieser Vorschrift entsprechende Zeichnung zum Ausdruck bringen, daß er im Namen des Prinzipals handeln will.
2. Die Kündigung scheitert nicht an der fehlenden Vorlage einer auf Dr. E ausgestellten Vollmachtsurkunde.
a) Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.
Die Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Dr. E hatte, was für die Anwendung der Norm weiter erforderlich ist (vgl. BAGE 24, 273, 277 = AP Nr. 1 zu § 174 BGB, zu II 2 der Gründe), auch Vertretungsmacht für die Kündigung.
Der Kläger hat die Kündigung zwar unverzüglich wegen fehlender Vollmachtsvorlage zurückgewiesen. Insoweit gelten die zu § 121 BGB aufgestellten Grundsätze entsprechend. Die Zurückweisung muß daher nicht sofort erfolgen. Dem Erklärungsempfänger ist vielmehr eine gewisse Zeit zur Überlegung und zur Einholung eines Rates durch einen Rechtskundigen darüber, ob er das Rechtsgeschäft wegen der fehlenden Bevollmächtigung zurückweisen soll, einzuräumen (Senatsurteil vom 30. Mai 1978 - 2 AZR 633/76 - AP Nr. 2 zu § 174 BGB, zu II 2 der Gründe, m.w.N.). Innerhalb welcher Zeitspanne der Erklärungsempfänger das Rechtsgeschäft zurückweisen muß, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles.
Danach ist die vom 2. Februar 1990 datierende Kündigung auch dann unverzüglich zurückgewiesen worden, wenn sie dem Kläger noch am selben Tag, einem Freitag, zugegangen sein sollte. Im Hinblick auf das dazwischenliegende Wochenende ist die Zeit bis zur Zurückweisung der Kündigung durch das Schreiben des Klägers vom 5. Februar 1990 als angemessene Überlegungsfrist anzusehen.
b) Die Zurückweisung der Kündigung ist aber gemäß § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen, weil die Beklagte den Kläger von der Bevollmächtigung durch die Eintragung der Prokura im Handelsregister und deren Bekanntmachung in Kenntnis gesetzt hat.
aa) Das Inkenntnissetzen von einer Bevollmächtigung zum Ausspruch von Kündigungen kann auch darin liegen kann, daß der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter - z. B. durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung - in eine Stellung beruft, mit der das Kündigungsrecht verbunden zu sein pflegt. Hat der Arbeitnehmer, demgegenüber eine Kündigung ausgesprochen wird, Kenntnis davon, daß sein Erklärungsgegner eine solche Stellung inne hat, dann ist es ihm zuzurechnen, daß er dessen Bevollmächtigung gekannt hat (BAGE 24, 273, 277 = AP, aaO, zu II 2 der Gründe, m.w.N.).
Das Berufungsgericht hat angenommen, in seiner Eigenschaft als stellvertretender Abteilungsdirektor könne Dr. E nicht zu diesem Kreis von Mitarbeitern gerechnet werden. Es hat ferner für nicht erwiesen angesehen, daß der Kläger positive Kenntnis von der Prokuraerteilung gehabt habe. Ob die hiergegen erhobenen Verfahrensrügen der Revision durchgreifen, kann dahingestellt bleiben, weil die Beklagte den Kläger von der Prokuraerteilung durch die Eintragung in das Handelsregister und deren Bekanntmachung in Kenntnis gesetzt hat.
bb) Die Frage, ob der Geschäftsgegner bei der Vornahme einseitiger Rechtsgeschäfte die Prokuraerteilung über § 174 Satz 2 BGB hinaus nach § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB dann gegen sich gelten lassen muß, wenn sie im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts im Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht war, ist umstritten.
Der erkennende Senat hat sie, entgegen der Ansicht der Revision, in dem nicht veröffentlichten Urteil vom 9. Mai 1985 - 2 AZR 355/84 - nicht abschließend beantwortet. Er hat lediglich zugunsten des dortigen Arbeitgebers die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB unterstellt, weil der Arbeitgeber nicht ausreichend dargelegt hatte, daß die Prokura bei Ausspruch der Kündigung im Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht gewesen war.
Im Schrifttum wird § 15 Abs. 2 HGB überwiegend auch bei einseitigen empfangsbedürftigen Rechtsgeschäften des Prokuristen für anwendbar gehalten (Bandasch/Nickel, aaO, § 49 Rz 2; Brüggemann/ Würdinger, aaO, § 48 Rz 9; Düringer/Hachenburg, aaO, Vorbem. zu §§ 48 ff. Rz 35; Hachenburg, Anm. zu Urteil des LG Frankfurt am Main vom 9. Mai 1932 - 218 S 116/32 - JW 1932, 2307; Joost, aaO, § 48 Rz 73; Schlegelberger/Schröder, aaO, § 49 Rz 8; a.M. Baumbach/Duden/Hopt, aaO, § 49 Anm. 1 A; offenbar auch MünchKomm-Thiele, BGB, 2. Aufl., § 171 Rz 9 und § 174 Rz 6).
Das Reichsgericht hat diese Frage in der von Baumbach/Duden/ Hopt (aaO) und auch vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung RGZ 133, 229, 233 nicht geklärt. Es hatte vielmehr darüber zu entscheiden, ob in der Erklärung einer Firma, daß sie einem Handelsgehilfen Prokura erteile, eine steuerpflichtige Vollmacht nach dem preußischen Stempelsteuergesetz auch dann zu sehen sei, wenn diese zum Zwecke der Eintragung in das Handelsregister an das Amtsgericht gerichtet sei. Es hat diese Frage bejaht und zur Begründung ausgeführt, nach dem Stempelsteuergesetz sei die Stempelpflichtigkeit nur nach dem Inhalt der Urkunde zu beurteilen. Hier besage der Wortlaut der Urkunde, daß die Firma dem Handlungsgehilfen Prokura erteile. Zu Unrecht meinte das Berufungsgericht, die Urkunde sei ihrem Inhalt nach gar nicht geeignet, als Vollmacht zu dienen, weil sie höchstens deren Bestehen zur Zeit der Anmeldung beim Handelsregister, nicht aber ihr Weiterbestehen erweisen würde. Hierbei sei unbeachtet gelassen, daß gem. § 15 Abs. 2 HGB jeder Dritte die eingetragene und bekanntgemachte Tatsache der Prokuraerteilung gegen sich gelten lassen müsse. Nach § 171 Abs. 1 BGB habe die durch die öffentliche Bekanntmachung kundgegebene Bevollmächtigung die Wirkung, daß der Bevollmächtigte jedem Dritten gegenüber zur Vertretung befugt sei. Nach § 171 Abs. 2 BGB bleibe diese Vertretungsmacht bestehen, bis die Kundgebung in derselben Weise widerrufen werde; somit könne keine Rede davon sein, daß sie nur für den Zeitpunkt der Anmeldung beim Handelsregister Wirkung äußern könne. Das Bedenken des Berufungsgerichts, die Urkunde sei nur zur Einverleibung in die Handelsregisterakten bestimmt, erledige sich mit der Erwägung, daß eine Aushändigung der Vollmachtsurkunde an den Bevollmächtigten oder gar ein Gebrauchmachen von ihr nicht Voraussetzung der Stempelpflichtigkeit sei. Übrigens ersetze ein die Prokuraerteilung betreffender Auszug aus dem Handelsregister ohne weiteres die förmliche Vollmachtsurkunde.
Wie aus diesen Ausführungen deutlich wird, hat das Reichsgericht sich mit der Auslegung des § 174 BGB und dem Verhältnis dieser Vorschrift zu § 15 HGB nicht befaßt. Der Hinweis auf die Bedeutung des Handelsregisterauszugs sollte nur zusätzlich das Argument des Berufungsgerichts entkräften, die Urkunde sei nur für die Einverleibung in die Handelsregisterakten bestimmt.
Das Landgericht Frankfurt am Main hat in der in JW 1932, 2307 abgedruckten Entscheidung, entgegen der Ansicht des Klägers, die Anwendung des § 15 HGB nicht allgemein, sondern nur auf eine von dem Prokuristen einer ausländischen Aktiengesellschaft in Deutschland ausgesprochene Kündigung verneint.
cc) Der Senat folgt der im Schrifttum überwiegend vertretenen Auffassung. § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB gilt nach seinem Wortlaut wie nach seinem Sinn und Zweck auch im Rahmen des § 174 Satz 2 BGB. § 15 HGB regelt die Publizität des Handelsregisters als eine besondere Form des Vertrauensschutzes (Heymann, aaO, § 15 Rz 1). Die in dieser Vorschrift aufgeführten Offenlegungsakte der Eintragung und Bekanntmachung bezwecken eine zuverlässige Unterrichtung der Öffentlichkeit über bestimmte, für einen Außenstehenden nur schwer erkennbare rechtserhebliche Verhältnisse (Vertretung, Haftung) vollkaufmännischer Unternehmen. Mit der Unterrichtung der Allgemeinheit soll die Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs gefördert werden (Schlegelberger/Hildebrandt, HGB, 5. Aufl., § 15 Rz 3). Vor diesem Hintergrund erklärt sich, daß § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB den Dritten im Ergebnis so behandelt, als ob er die offengelegte Tatsache kennt. Die Vorschrift geht von der tatsächlichen Kenntnisnahme des Dritten aus, sobald die eingetragene Tatsache länger als 15 Tage (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 2 HGB) bekannt gemacht ist, unabhängig davon, ob dieser das Handelsregister tatsächlich eingesehen oder in sonstiger Weise von der eingetragenen Tatsache Kenntnis erlangt hat oder nicht. Insoweit wirkt § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs auch zu Ungunsten des Dritten (vgl. Brox, Handelsrecht und Wertpapierrecht, 8. Aufl., Rz 122). Dessen Schutzbedürfnis wird u.a. dadurch Rechnung getragen, daß er sich nach dieser Vorschrift nur richtige Tatsachen entgegenhalten lassen muß.
Die Wirkungen des § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB treten deshalb auch dann ein, wenn der Dritte Erklärungsempfänger eines einseitigen Rechtsgeschäfts im Sinne des § 174 BGB ist und die Bevollmächtigung seines Erklärungsgegners eingetragen und bekannt gemacht ist. Dem stehen Sinn und Zweck des § 174 BGB, dem Erklärungsempfänger die Ungewißheit über die Wirksamkeit des einseitigen Rechtsgeschäfts zu nehmen, nicht entgegen. Die nach § 174 Satz 2 erforderliche Kenntnis des Erklärungsempfängers von der Bevollmächtigung wird im Fall der Prokura durch § 15 Abs. 2 HGB im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs fingiert.
Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn das einseitige Rechtsgeschäft im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses vorgenommen wird, wie das Arbeitsgericht meint. § 15 HGB ist jedenfalls dann stets anwendbar, wenn der Dritte mit einem Kaufmann in rechtsgeschäftlichem Verkehr steht (Schlegelberger/Hildebrandt, aaO, § 15 Rz 16; Heymann, aaO, § 15 Rz 4). Dabei ist mit dem Dritten jeder Außenstehende gemeint (Brox, aao, Rz 113). Nicht erforderlich ist, daß der Dritte ebenfalls Kaufmann ist oder mit demjenigen, in dessen Angelegenheit eine Tatsache einzutragen ist, Handel treibt. Die gemäß § 53 Abs. 1 HGB eintragungspflichtige Prokura deckt nach § 49 HGB die Vornahme aller Rechtsgeschäfte, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt. Dazu zählt, wie ausgeführt, auch die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses.
dd) Von dieser Ansicht geht, anders als das Arbeitsgericht, grundsätzlich offenbar auch das Berufungsgericht aus. Es hält je doch § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB dann für unanwendbar, wenn der Erklärungsempfänger - wie im vorliegenden Fall - nicht auf die Prokuristenstellung des Erklärenden durch Hinzufügung eines diese Stellung andeutenden Zusatzes gemäß § 51 HGB bei der Unterzeichnung hingewiesen wird oder in sonstiger Weise von der Prokuraerteilung unterrichtet worden ist. Dieser Auffassung vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
Wie bereits ausgeführt, ist § 51 HGB eine Ordnungsvorschrift, deren Verletzung keine unmittelbare Sanktion auslöst. Sie will erreichen, daß schon durch die Art der Unterzeichnung das Handeln des Erklärenden in Ausübung der einem Prokuristen eingeräumten Vertretungsmacht klar erkennbar wird. Einen weitergehenden Zweck, etwa dem Erklärungsempfänger eines einseitigen Rechtsgeschäfts den Weg ins Handelsregister zu weisen, verfolgt sie nicht. Demgegenüber greift die Wirkung des § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB nach seinem Wortlaut wie auch nach seinem Sinn und Zweck unabhängig davon ein, ob der Dritte zuvor Veranlassung gehabt hat, das Handelsregister einzusehen und sich von der eingetragenen Partei Kenntnis zu verschaffen. Die Kenntnis wird allein aufgrund der Eintragung und ihrer Bekanntmachung fingiert. Da eintragungspflichtig nur die Tatsache der Prokuraerteilung ist (§ 53 Abs. 1 HGB), entfaltet die Eintragung allerdings keine Wirkung hinsichtlich der Frage, ob der Prokurist auch erkennbar im Namen des Geschäftsherrn gehandelt hat. Diese Frage beantwortet sich aus § 51 HGB und, falls dessen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, allein aus § 164 BGB.
Auch die weitere Argumentation des Berufungsgerichts, es bestehe kein Verkehrsbedürfnis, den Prokuristen bei einseitigen empfangsbedürftigen Willenserklärungen zu schützen, wenn er bei seiner Unterzeichnung die gesetzliche Vorgabe des § 51 HGB mißachte, überzeugt nicht. § 51 HGB schützt den Prokuristen in gewissem Umfang nur im umgekehrten Fall, wenn er in der vorgeschriebenen Form unterzeichnet, weil dann offenkundig ist, daß er im Namen eines anderen handelt (Schlegelberger/Schröder, aa0, § 51 Rz 5; Bandasch/Nickel, aa0, § 51 Rz 2) und ihm die Wirkungen des § 164 Abs. 2 BGB nicht mehr entgegengehalten werden können. Zeichnet hingegen der Prokurist nur mit seinem Namen, so kann das nach Lage des Falles dazu führen, daß sein Wille nur für den Geschäftsherrn zu handeln, nicht erkennbar hervorgetreten ist (Schlegelberger/Schröder, aa0, § 51 Rz 5). Abgesehen davon geht es im vorliegenden Fall nicht um den Schutz des Prokuristen, sondern den der von ihm vertretenen Beklagten.
Ohne Erfolg verweist das Berufungsgericht schließlich für seine Auslegung des § 174 BGB auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 29. Juni 1988 - 7 AZR 180/87 - (BAGE 59, 93 = AP Nr. 6 zu § 174 BGB). Nach diesem Urteil steht ein Dienstsiegel, mit dem nach einer gemeinderechtlichen Vorschrift u.a. auch ein von zwei vertretungsberechtigten Gemeindeorganen zu unterzeichnendes Kündigungsschreiben zu versehen ist, als Legitimationszeichen einer Vollmachtsurkunde i.S. des § 174 Satz 1 BGB gleich. Fehlt das Siegel, so kann der Arbeitnehmer die Kündigung in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift zurückweisen. Für die Frage, ob der Kündigungsempfänger nach § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB auch die in das Handelsregister eingetragene Tatsache der Prokura gegen sich gelten lassen muß oder sich auch dann auf § 174 Satz 2 BGB berufen kann, ist aus diesem Urteil nichts herzuleiten.
ee) Aus den vorstehenden Darlegungen folgt, daß die von Dr. E im Namen der Beklagten erklärte Kündigung vom 2. Februar 1990 wegen fehlender Vorlage einer Vollmachtsurkunde nicht unwirksam ist.
Die Dr. E - nach dem Vortrag der Beklagten am 1. Oktober 1971 - erteilte Prokura war nach der vom Kläger nicht gerügten Feststellung des Berufungsgerichts bei Ausspruch der Kündigung im Handelsregister eingetragen. Nach der vom Berufungsgericht fernmündlich eingeholten und den Parteien im Berufungstermin bekanntgegebenen Auskunft des Registergerichts war Dr. E jedenfalls schon im Zeitpunkt der Umschreibung des Registers im Jahr 1988 als Prokurist eingetragen.
Diese Eintragung ist auch entsprechend der Vorschrift des § 10 HGB bekannt gemacht worden. Die Beklagte hat dies im Laufe des Verfahrens mehrfach unter Beweisantritt vorgetragen. Dieser Vortrag ist gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen. Der Kläger hat in der Berufungsbeantwortung mit Nichtwissen bestritten, daß Dr. E stellvertretender Abteilungsdirektor sei und alle stellvertretenden Abteilungsdirektoren - somit auch Dr. E - Vollmacht besäßen. Daraufhin hat die Beklagte in einem weiteren Schriftsatz nochmals vorgetragen, die Dr. E am 1. Oktober 1971 erteilte Prokura sei im Handelsregister ein getragen und ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Das Berufungsgericht hat dann den Inhalt der schon vorher beim Handelsregister eingeholten Auskunft im Berufungstermin den Parteien mitgeteilt. Der Kläger hat sich hierzu nicht mehr geäußert. Zuvor hatte er ausdrücklich nur die Tatsache der Prokuraerteilung an alle stellvertretenden Abteilungsdirektoren und damit auch an Dr. E bestritten. Zwar handelt es sich bei der Bekanntmachung der Eintragung der Prokura in das Handelsregister um eine nicht in seinem Wahrnehmungsbereich liegende Tatsache. Nachdem jedoch das Registergericht nach § 10 Abs. 1 HGB eine Eintragung von Amts wegen in der dort vorgeschriebenen Weise bekanntmachen muß und die Beklagte ausdrücklich unter Beweisantritt behauptet hatte, daß die Eintragung der Prokura "ordnungsgemäß", d.h. also dem Gesetz entsprechend, bekannt gemacht worden sei, hätte der Kläger nunmehr zu erkennen geben müssen, daß er zumindest die Bekanntmachung der nach der gerichtlichen Auskunft erfolgten Eintragung bestreiten wolle. Da er sich aber hierzu nicht weiter geäußert hat, ist die Absicht, diese Tatsache bestreiten zu wollen, seinen übrigen Erklärungen nicht zu entnehmen.
III. Das angefochtene Urteil kann deshalb mit der Begründung, die außerordentliche Kündigung vom 2. Februar 1990 sei bereits wegen fehlender Vollmachtsvorlage gem. § 174 Satz 1 BGB unwirksam, nicht gehalten werden. Die Wirksamkeit der Kündigung hängt nunmehr davon ab, ob der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden ist und ein wichtiger Grund vorliegt. Da der Sachvortrag der Beklagten hierzu in wesentlichen Punkten bestritten ist und das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat, muß sein Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Hillebrecht Triebfürst Bitter
Peter Jansen Dr. Bächle
Fundstellen
Haufe-Index 437479 |
DB 1992, 895-896 (LT1) |
NJW 1992, 2046 |
NJW 1992, 2046 (L) |
EBE/BAG 1992, 42-45 (LT1) |
ARST 1992, 89-91 (LT1) |
EWiR 1992, 541 (L1) |
JR 1992, 220 |
JR 1992, 220 (S) |
NZA 1992, 449 |
NZA 1992, 449-452 (LT1) |
RzK, I 2b 14 (LT1) |
ZIP 1992, 497 |
ZIP 1992, 497-502 (LT) |
AP § 174 BGB (LT1), Nr 9 |
AR-Blattei, ES 880.5 Nr 2 (LT1) |
EzA § 174 BGB, Nr 9 (LT1) |