Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilwiderruf einer Unterstützungskassenversorgung. betriebliche Mitbestimmung bei Verschlechterung von Versorgungswerken. zwingende, triftige und sachlich-proportionale Eingriffsgründe. Eingriffsmöglichkeiten zum Abbau von Überversorgungen. Betriebliche Altersversorgung
Leitsatz (amtlich)
- Ein Versorgungsbesitzstand, in den nur aus zwingendem Grund eingegriffen werden kann, wird nur erworben, wenn der Arbeitnehmer Beschäftigungszeiten in schützenswertem Vertrauen auf den ungeschmälerten Fortbestand der bisherigen Versorgungszusage zurücklegt.
- Ein triftiger Grund, der einen Eingriff in die erdiente Dynamik einer Versorgungszusage rechtfertigen kann, liegt vor, wenn ein unveränderter Fortbestand des Versorgungswerks langfristig zu einer Substanzgefährdung des Versorgungsschuldners führen würde. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Kosten des bisherigen Versorgungswerks nicht mehr aus den Unternehmenserträgen und etwaigen Wertzuwächsen des Unternehmensvermögens erwirtschaftet werden können, so daß eine die Entwicklung des Unternehmens beeinträchtigende Substanzaufzehrung droht.
- Bei einem gewerkschaftlichen Dachverband, der nicht am Markt zur Gewinnerzielung tätig ist, gelten insoweit Besonderheiten, als ihm im wesentlichen nur Beiträge der Mitgliedsgewerkschaften als Einkünfte zur Verfügung stehen. Darüber hinaus genießt ein solcher Verband den verfassungsrechtlichen Schutz der Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG.
Orientierungssatz
- Werden außerhalb des Arbeitsvertrags liegende Regelwerke wie Richtlinien einer Unterstützungskasse ausdrücklich oder stillschweigend arbeitsvertraglich in Bezug genommen, liegt hierin regelmäßig eine dynamische Verweisung auf die Richtlinien in ihrer jeweiligen Fassung.
- Bei einer Unterstützungskassen-Versorgung muß ein Arbeitnehmer aufgrund des Ausschlusses eines Rechtsanspruchs stets mit deren Abänderung rechnen. Auch eine Delegation der Abänderungsbefugnis durch den Richtliniengeber auf ein Kassenmitglied beeinträchtigt nicht schützenswertes Vertrauen des begünstigten Arbeitnehmers.
- Bei einer solchen Ermächtigung eines einzelnen Arbeitgebers durch die Unterstützungskassen-Richtlinien kann der Arbeitgeber zunächst ohne Mitwirkung des Betriebsrates entscheiden, welche Mittel er in Zukunft für die von ihm zu versorgenden Mitarbeiter zur Verfügung stellen will. Sodann müssen sich Betriebsrat und Arbeitgeber nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG darüber einigen, wie die vom Arbeitgeber festgelegten Versorgungsmittel (Dotierungsrahmen) auf die begünstigten Arbeitnehmer verteilt werden sollen.
- Ein nur bei Vorliegen zwingender Gründe entziehbarer Versorgungsbesitzstand kann nur in Beschäftigungszeiten erworben werden, die der Arbeitnehmer im schützenswerten Vertrauen auf den ungeschmälerten Fortbestand der bisherigen Versorgungszusage zurückgelegt hat.
- Ein triftiger Grund für einen Eingriff in die erdiente Dynamik liegt insbesondere dann vor, wenn ein unveränderter Fortbestand des Versorgungswerks langfristig zu einer Substanzgefährdung des Versorgungsschuldners führen würde. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Kosten des bisherigen Versorgungswerks voraussichtlich nicht mehr aus den Unternehmenserträgen und etwaigen Wertzuwächsen des Unternehmensvermögens erwirtschaftet werden können.
- Bei einer Gewerkschaft gelten insoweit Besonderheiten, als ihr im wesentlichen nur Beiträge von Mitgliedern als Einkünfte zur Verfügung stehen. Darüber hinaus genießt eine Gewerkschaft den verfassungsrechtlichen Schutz aus Art. 9 Abs. 3 GG. Er untersagt es den Gerichten für Arbeitssachen grundsätzlich, die Verwendung der Einkünfte der Gewerkschaft im einzelnen zu überprüfen oder zu bewerten. Andererseits muß auch eine Gewerkschaft wie jeder andere Arbeitgeber die Verbindlichkeiten erfüllen, die sie gegenüber ihren Arbeitnehmern übernommen hat. Auch sie darf in versorgungsrechtliche Besitzstände und Erwerbschancen nur nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes eingreifen.
- Eine grundlegende Änderung der Geschäftsgrundlage wegen planmäßig eingetretener Überversorgung kann einen Eingriff in das bisherige Versorgungswerk rechtfertigen. Eine solche Störung erlaubt jedoch nur eine Anpassung an die ursprüngliche Geschäftsgrundlage des Versorgungswerks, nicht dessen grundlegende Umstrukturierung.
- Für die Feststellung von Eingriffsgründen in Versorgungswerke bedarf es einer Prognose über die künftige Entwicklung. Dabei reicht es aus, wenn die Prognose auf der Grundlage der bisherigen Entwicklung und unter vertretbaren und nachvollziehbaren Annahmen für die Zukunft erstellt worden ist. Ein Rückgriff auf eine derart erstellte Prognose zur Rechtfertigung des vorgenommenen Eingriffs wird nicht durch hiervon abweichende tatsächliche Entwicklungen in der Folgezeit ausgeschlossen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich die Abweichungen in einer relativ geringen Bandbreite bewegen.
Normenkette
BetrAVG § 1 Ablösung, § 2 Abs. 1, 5, § 16; BetrVG § 87 Abs. 1 Nrn. 8, 10; GG Art. 9 Abs. 3; HGB § 253 Abs. 5, § 280 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Teilwiderrufs einer Versorgungszusage.
Der am 12. April 1943 geborene Kläger ist seit dem 1. Januar 1980 bei dem Beklagten, zuletzt als Referatsleiter zu einem monatlichen Bruttogehalt von 7.942,00 DM beschäftigt. Zuvor stand er in einem Beamtenverhältnis, das er nach Ablauf der Probezeit beendet hatte. Der Beklagte erbringt an seine Mitarbeiter Leistungen der betrieblichen Altersversorgung unter Einschaltung einer Gruppenunterstützungskasse, der “Unterstützungskasse des DGB eV” (im folgenden: Unterstützungskasse), deren Mitglied er ist. Für begünstigte Mitarbeiter wie den Kläger, die am 31. Dezember 1982 bei der Unterstützungskasse angemeldet waren, galten die am 1. April 1988 in Kraft getretenen Unterstützungsrichtlinien 1988 (UR 88) in der Fassung vom 20. Mai 1994. Sie sehen endgehaltsbezogene Versorgungsleistungen und eine Gesamtversorgungsobergrenze von 70 % vor und werden durch eine den Besitzstand aus vorangegangenen Versorgungsregelungen wahrende sog. Altlastregelung ergänzt. Die Finanzierung der Unterstützungskasse erfolgte im Umlageverfahren. Der Beklagte leistete aus seinen Einnahmen jeweils Zahlungen an die Unterstützungskasse, um deren laufende Aufwendungen für die Betriebsrentner zu refinanzieren.
Am 6. Juni 1995 beschloß die Unterstützungskasse eine Neuregelung der Versorgung in Form der Versorgungsordnung 1995 (VO 95). Nach deren § 1 Abs. 2 gilt sie für die Beschäftigten und früheren Beschäftigten der Kassenmitglieder nur dann, wenn ihr Kassenmitglied gegenüber der Unterstützungskasse die schriftliche Erklärung abgegeben hat, daß es dieser Versorgungsordnung beitritt. In der VO 95 ist eine beitragsorientierte Versorgung vorgesehen, bei der die Anwartschaften über eine Rückdeckungsversicherung vorausfinanziert werden. Die Mitglieder der Unterstützungskasse zahlen monatliche Beiträge für die bei ihnen Beschäftigten. Deren spätere monatliche Unterstützung errechnet sich aus der Summe von Rentenbausteinen, die während der Anrechnungszeit in jedem Kalenderjahr erworben werden (§ 6 VO 95). Weiter heißt es in der VO 95 unter der Überschrift “Unterstützungs-Richtlinien 1988 und 1983 – § 26 Ablösung der Gesamtversorgungszusagen”:
- “
- Ein Kassenmitglied kann durch schriftliche Erklärung gegenüber seinen Begünstigten und gegenüber der Unterstützungskasse bestimmen, daß die Gesamtversorgungszusagen nach § 6 ab einem bestimmten Zeitpunkt durch eine anderweitige Regelung abgelöst werden. …”
Zusammen mit der VO 95 ist die Richtlinie zur Versorgung durch Gehaltsumwandlung in Kraft getreten, nach der die Begünstigten durch Gehaltsumwandlung zusätzliche Versorgungsanwartschaften erhalten können. Der Beklagte trat der VO 95 mit Wirkung vom 1. Januar 1998 bei.
Am 23. Januar 1998 schloß der Beklagte mit dem Gesamtbetriebsrat im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens eine Vereinbarung über die Verteilung des vom Beklagten vorgegebenen Dotierungsrahmens gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Zum Abschluß einer ablösenden Betriebsvereinbarung kam es nicht. In der Vereinbarung heißt es ua.:
Mit Schreiben vom 9. Februar 1998, das dem Kläger am 26. Februar 1998 ausgehändigt wurde, widerrief der Beklagte die Zusagen für eine betriebliche Altersversorgung gegenüber dem Kläger und den weiteren Begünstigten mit Wirkung zum 31. Dezember 1997 und erteilte gleichzeitig mit Wirkung zum 1. Januar 1998 eine den Ziffern I. 1. und 2. der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 23. Januar 1998 entsprechende Zusage.
Nach der ihm vom Beklagten übermittelten Auskunft der Unterstützungskasse vom 4. Mai 1998 hatte der Kläger zum Stichtag 31. Dezember 1997 auf der Grundlage der UR 88 eine unverfallbare Teilanwartschaft in Höhe von 1.951,93 DM erworben. Bis zum Eintritt des Unterstützungsfalls mit Vollendung des 65. Lebensjahres wäre die Anwartschaft nach den UR 88 um weitere 1.120,04 DM auf 3.071,97 DM angewachsen. Für den Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres ergibt sich demgegenüber aus der Summe der Rentenbausteine nach der VO 95 ein Zuwachs von lediglich 383,96 DM. Gegen diese Verschlechterung seiner Versorgungssituation wendet sich der Kläger.
Der Beklagte, dessen Vermögenswerte, Finanzanlagen und Unternehmensbeteiligungen durch die Vermögensverwaltung und Treuhandgesellschaft des DGB mbH (VTG) treuhänderisch verwaltet werden, finanziert sich als Dachverband der bei ihm organisierten Einzelgewerkschaften durch eine Umlage in Höhe von 12 % der an die Einzelgewerkschaften von ihren Mitgliedern entrichteten Beiträge, die sich auf 0,8 bis 1,2 % des jeweiligen Bruttoeinkommens belaufen. Die Mitgliederzahlen der Einzelgewerkschaften sind zwischen 1950 und 1986 stetig angestiegen. Dementsprechend stieg auch das Beitragsaufkommen des Beklagten. Nach einem kurzfristigen Rückgang im Jahre 1987 stiegen die Mitglieder- und Beitragszahlen, ua. infolge der Vereinigung der beiden deutschen Staaten, wieder an. Schon im Jahr nach der Wiedervereinigung verminderte sich die Mitgliederzahl wieder, während das Beitragsaufkommen zunächst noch bis 1993 weiter stieg. Seither sinkt es aber kontinuierlich. Ende 1995 war die Hälfte des vereinigungsbedingten Mitgliederzuwachses wieder aufgezehrt; die Mitgliederzahlen lagen in diesem Jahr bei 9.385.000, 1996 bei 8.973.000, 1997 bei 8.623.000 und 1998 bei geschätzt 8.331.439. Das Beitragsaufkommen belief sich 1993 auf 329,3 Mio. DM, 1994 auf 320,96 Mio. DM, 1995 auf 316,7 Mio. DM, 1996 auf 311,88 Mio. DM und 1997 auf 304,2 Mio. DM. Demgegenüber erhöhten sich die Beitragslasten des Beklagten für seine Rentner von 4,54 Mio. DM im Jahre 1975 auf 23,99 Mio. DM im Jahre 1997. Im Zeitraum von 1975 bis 1996 stieg der Anteil der Aufwendungen für Rentenzahlungen an den Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen von 4,1 % auf 7,2 %. Während sich in diesem Zeitraum die Beiträge um 281,4 % erhöhten, stiegen die Aufwendungen für die Rentenzahlungen um rund 500 %. Der Wert der sogenannten ungedeckten Verpflichtungen, also der zeitanteilig berechnete Barwert aller Pensionsverpflichtungen abzüglich des dem Beklagten zustehenden anteiligen Unterstützungskassenvermögens (“ungedeckte Pensionsverpflichtungen”) erhöhte sich von 66,4 Mio. DM im Jahre 1974 auf 388,7 Mio. DM im Jahre 1997. Das Vermögen des Beklagten stieg im gleichen Zeitraum von 166,2 Mio. DM auf 285,8 Mio. DM.
Eine vom Beklagten in Auftrag gegebene “Gutachterliche Stellungnahme über das Bestehen triftiger Gründe zur Änderung der betrieblichen Altersversorgung der Mitarbeiter des Deutschen Gewerkschaftsbundes Düsseldorf” der ATH Allgemeine Treuhandgesellschaft mbH (ATH) vom 29. August 1997 prognostizierte auf der Grundlage der bisherigen Unterstützungsrichtlinien unter Bezugnahme auf ein vom 12. November 1996 datierendes versicherungsmathematisches Gutachten den Anstieg der jährlichen Rentensumme von 22.340 TDM im Jahr 1996 auf 43.940 TDM im Jahr 2016, den Anstieg der ungedeckten Pensionsverpflichtungen auf 564.080 TDM im Jahr 2016 und den Anstieg des Anteils der Aufwendungen für Rentenzahlungen an den Beitragseinnahmen auf 15 %. Das Gutachten beruht auf der vom Beklagten vorgegebenen Annahme, daß seine Einnahmen aus Mitgliederbeiträgen von 311,8 Mio. DM in 1996 bis in das Jahr 2001 um jährlich 9 Mio. DM auf dann 275,8 Mio. DM sinken und in dieser Höhe bis in das Jahr 2016 konstant bleiben. Die Entwicklung der Beschäftigtenzahl wurde für 1996 mit 2.100, für 1997 mit 2.000 und ab 1998 mit konstant 1.900 zugrunde gelegt. Weiter wird im Gutachten angenommen, daß die Altersrente nach dem Gesetz für Wachstums- und Beschäftigungsförderung zum jeweils frühestmöglichen Zeitpunkt beantragt wird, die Gehaltserhöhungen für 1997 und 1998 jeweils 1,0 %, für 1999 und 2000 jeweils 2,5 % und ab 2001 jeweils 3,5 % (einschließlich 0,5 % für karrierebedingte außerordentliche Erhöhungen) betragen, die künftigen Unterstützungszahlungen mit einem Rechnungszinsfuß von 7 % zu bewerten sind und die laufenden Unterstützungen im Drei-Jahres-Rhythmus erstmals im Jahr 2001 um jeweils 4,5 % angepaßt werden. Die Bestandsentwicklung erfolgte nach dem sog. Monte-Carlo-Verfahren, einer stochastischen Zufallssimulation.
Ein weiteres, vom 24. Oktober 1997 datierendes versicherungsmathematisches Gutachten legt bei ansonsten gleichbleibenden Prämissen eine Beschäftigtenzahl von 2.000 in 1997, 1.900 in 1998, 1.800 in 1999 und 1.700 ab dem Jahr 2002 zugrunde, eine Erhöhung der Arbeitsentgelte von 1997 bis 2000 um 1 %, ab 2001 um 2 % pro Jahr, die Bewertung der künftigen Unterstützungszahlungen mit einem Rechnungszinsfuß von 6,5 % sowie eine Anpassung der laufenden Unterstützungen im Drei-Jahres-Rhythmus erstmals im Jahr 2004 um jeweils 3 %. Auf der Grundlage der 1997 geltenden Unterstützungsrichtlinien steigt danach die jährliche Beitragslast von 23.990 TDM im Jahr 1997 auf 38.530 TDM im Jahr 2014, das Verhältnis der Beitragslast zu den Personalkosten für die aktiven Arbeitnehmer von 16,4 % im Jahr 1997 auf 26,9 % im Jahr 2014 und die ungedeckte Verpflichtung von 379.690 TDM im Jahr 1997 auf 464.610 TDM im Jahr 2014, während bei Einführung der VO 95 mit halben Beitragssätzen die Beitragslast im Jahr 2014 mit 27.930 TDM, das Verhältnis der Beitragslast zu den Aufwendungen für Gehälter mit 19,5 % und die ungedeckte Verpflichtung im Jahr 2014 mit 237.790 TDM prognostiziert werden. Unter Berücksichtigung der mit Wirkung vom 1. Januar 1998 erfolgten Einführung der VO 95 mit 62,5 % der Beitragssätze und der vorgenannten Prämissen errechnete die ATH unter dem 4. September 1998 schließlich für das Jahr 2014 eine voraussichtliche Beitragslast von 27.730 TDM, ein Verhältnis der Beitragslast zu den Gehaltsaufwendungen von 19,3 %, eine ungedeckte Verpflichtung von 225.100 TDM und ein Verhältnis zwischen Beitragslast und den Einnahmen aus den Mitgliedsbeiträgen von 10,05 %.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Widerruf sei unwirksam. Der Beklagte könne sich nicht auf die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage berufen. Die wirtschaftliche Lage des Beklagten rechtfertige den Widerruf ebenfalls nicht. Ein Prognosezeitraum von lediglich drei Jahren sei unzureichend, da der Widerruf wegen triftiger Gründe in seiner Auswirkung auf die Versorgung der Begünstigten einschneidender und langfristiger sei als eine unterlassene Anpassung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG. Es sei nicht erkennbar, daß die Erfüllung der satzungsgemäßen Aufgaben des Beklagten ohne Änderung der Versorgungsregelung nicht gewährleistet werden könne. Der Beklagte habe nicht dargelegt, wieviel Personal er zur Bewältigung welcher Aufgaben benötige. Der Beklagte könne daher nicht damit gehört werden, er müsse bei Aufrechterhaltung der bisherigen Altersversorgung weiter Personal abbauen. Aus der rückläufigen Mitgliederentwicklung und den entsprechend rückläufigen Beitragseinnahmen, der Verschiebung des Verhältnisses zwischen der Zahl der aktiven Beschäftigten zu derjenigen der Betriebsrentner sowie der Erhöhung des Anteils der Beitragslast im Verhältnis zum Mitgliederbeitragsaufkommen könne nicht auf eine Substanzgefährdung des Beklagten durch die Versorgungslast geschlossen werden. Die Prognose der künftigen Entwicklung der Mitgliederzahlen und der Beitragseinnahmen sei nicht schlüssig. Ohne den Sonderfall der deutschen Einigung könne ein nachhaltiger Mitgliederrückgang nicht festgestellt werden, im übrigen flache der Rückgang der Mitgliederzahlen ab, weshalb nicht nachvollziehbar sei, warum der Beklagte in der Prognose von einem gleichbleibenden jährlichen Rückgang um 350.000 Mitglieder ausgehe. Die Verlangsamung habe sich bei einem Rückgang um 3,89 % (349.201) von 1996 auf 1997 und um 3,36 % (292.032) von 1997 auf 1998 fortgesetzt. Der Beklagte habe infolge der Bildung der neuen Dienstleistungsgewerkschaft außerdem mit ca. 500.000 neuen Mitgliedern rechnen müssen. Schließlich sei eine Steigerung des Beitragsaufkommens zu verzeichnen, der Mitgliederrückgang führe also nicht zu einer Verminderung der Beitragseinnahmen. Zudem seien die ab dem Jahr 2001 mit 275,8 Mio. DM jährlich gleichbleibend angenommenen Beitragseinnahmen nicht plausibel. Er bestreite die Zahlenangaben des Beklagten zu den ungedeckten Verpflichtungen auch deshalb, weil in einem Gutachten der ATH aus dem Jahr 1995 für 2014 noch von ungedeckten Verpflichtungen in Höhe von 605,17 Mio. DM, im Gutachten vom 24. Oktober 1997 dagegen lediglich in Höhe von 464,61 Mio. DM ausgegangen worden sei. Er bestreite zudem die prognostizierte Zahl der Rentner und die gutachterliche Berücksichtigung der gebotenen Abzinsung.
Die wirtschaftliche Situation des Beklagten sei ferner nicht allein von der Entwicklung der Beitragseinnahmen abhängig. Der Wert des – überwiegend von der VTG verwalteten – Vermögens habe sich erhöht. Das gelte insbesondere für die 20,48 %ige Beteiligung der VTG an der Beteiligungsgesellschaft der Gewerkschaften (BGAG). Die Einnahmen und Gewinne des Beklagten und seiner Gewerkschaften aus der BGAG seien zu berücksichtigen. Der Beklagte habe in der Vergangenheit die Gewinne für einen erheblichen Schuldenabbau verwendet. Er erwarte für die Zukunft Gewinne aus der Tätigkeit seiner Tochtergesellschaften. Trotz sinkender Mitgliederzahlen hätten sich der Vermögensstatus und die wirtschaftliche Lage des Beklagten zumindest seit 1993 ständig verbessert. Die Schulden seien um 232,3 Mio. DM verringert worden, das liquide Vermögen sei um 26,4 Mio. DM gewachsen und das Bankguthaben um 29,2 Mio. DM gestiegen. Die gebildeten Rücklagen minderten nicht das Betriebsvermögen. Die Substanzerhaltungsrücklage habe sich nahezu verdoppelt und die sonstigen Rücklagen seien um ca. 40 Mio. DM erhöht worden.
Schließlich könne er, der Kläger, sich auf ein gesteigertes Vertrauen in die Aufrechterhaltung der bisherigen beamtenähnlichen Versorgungsregelung berufen, weil er sein zunächst ruhendes Beamtenverhältnis auf Wunsch des Beklagten beendet habe. Jedenfalls sei die Rückwirkung des Widerrufs unzulässig, da mit ihm in erdiente Besitzstände eingegriffen werde. Hieraus allein ergebe sich für ihn ein monatlicher Verlust von 17,20 DM.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß seine Ruhegeldansprüche auf Grund der Unterstützungsrichtlinien 1988 in der Fassung vom 20. Mai 1994 (UR 88) in Verbindung mit der Altlastregelung vom 20. Mai 1994 dynamisch fortbestehen und durch den Widerruf vom 9. Februar 1998 nicht auf den Stand am 31. Dezember 1997 begrenzt bleiben.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, der Widerruf sei wirksam. Die Geschäftsgrundlage für die bisherige Altersversorgung sei weggefallen. Es liege eine planwidrige Überversorgung vor.
Seine wirtschaftliche Lage rechtfertige jedenfalls den Widerruf der bisherigen Versorgungszusage aus triftigen Gründen. Hierzu gehörten die rückläufige Mitglieder- und die damit einhergehende Beitragsentwicklung, die Verschiebung des Verhältnisses zwischen der Zahl der aktiven Beschäftigten und der Rentner und die Erhöhung des Anteils der Beitragslast zur Unterstützungskasse im Verhältnis zum Aufkommen aus Mitgliederbeiträgen. Auf Grund der rückläufigen Beitragseinnahmen sei zur Anpassung der Kosten ein erheblicher Abbau von Arbeitsplätzen erfolgt. Für ihn, den Beklagten, als nichtwirtschaftliche Organisation bedeute Substanzerhaltung, daß die Wahrnehmung seiner satzungsmäßigen, vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgaben gewährleistet sein müsse. Dazu müsse ihm ausreichend Personal zur Verfügung stehen. Die bereits beschlossene Reduzierung des Personalbestandes ab dem Jahr 2001 auf 1.700 Mitarbeiter reiche nicht aus, um einen Eingriff in die Altersversorgung zu vermeiden. Auch die Vermögenszuwächse reichten nicht aus, um einen Substanzverzehr aufzufangen. Bei Fortbestand des bisherigen Versorgungswerks hätten die satzungsgemäßen Aufgaben jedenfalls zum Teil nicht mehr erfüllt werden können.
Im Hinblick auf entsprechende Rügen des Klägers hat der Beklagte weiter vorgetragen: Gewinne habe er nicht erzielt, vielmehr Schuldenabbau im wesentlichen durch Vermögensveräußerung erreicht. Die Bewertung der ungedeckten Verpflichtungen – bei der die notwendigen Erhöhungen auf Grund der Sterbetafeln 1998 noch keine Berücksichtigung gefunden hätten – sei nach versicherungsmathematischen Grundsätzen und damit unter Beachtung einer entsprechenden Abzinsung erfolgt. Die Beitragsschätzungen seien zu 96,3 % plangenau. Die Abweichung im Jahr 1997 habe nur 0,46 % betragen. Hinsichtlich der Zahl der Rentner liege die Abweichung bei 0,7 %. Die erwartete Steigerung des durchschnittlichen Beitrags je Mitglied werde in der Prognose kompensiert durch die Erhöhungen der Gehälter der Mitarbeiter. Die Gründung der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft sei im Prognosezeitpunkt noch nicht mit Sicherheit voraussehbar gewesen. Einen dadurch bedingten Mitgliederzuwachs habe er daher nicht berücksichtigen müssen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, daß der Kläger Rechte aus den UR 88 nur noch in dem sich aus dem Widerruf vom 9./26. Februar 1998 ergebenden Umfang hat und sich seine Versorgungsrechte für die Zeit ab dem 1. Januar 1998 nach diesem Widerruf im Zusammenhang mit der VO 95 richten.
Der Widerruf des Beklagten vom 9./26. Februar 1998 hat die bis dahin auf die UR 88 verweisende Versorgungszusage formell wirksam abgelöst.
Der Kläger hatte keinen vertraglichen Anspruch darauf, daß sich seine Versorgungsrechte nur nach den UR 88 richten. Inhalt der Versorgungszusage waren vielmehr Versorgungsrechte nach Maßgabe der Richtlinien der Unterstützungskasse in ihrer jeweiligen Fassung.
Das Landesarbeitsgericht hat zwar nur festgestellt, die UR 88 seien auf Grund “einer Gesamtzusage bzw. einer vertraglichen Einheitsregelung” Gegenstand des Arbeitsvertrags des Klägers geworden. Diese Feststellung bedeutet aber nicht, daß diese Richtlinien statisch in Bezug genommen worden wären. Hiervon gehen das Landesarbeitsgericht und die Parteien zu Recht nicht aus. Werden außerhalb des Arbeitsvertrags liegende Regelwerke wie Richtlinien einer Unterstützungskasse ausdrücklich oder stillschweigend in Bezug genommen, liegt hierin üblicherweise und regelmäßig eine dynamische Verweisung auf die Richtlinien in ihrer jeweiligen Fassung (BAG 23. September 1997 – 3 AZR 529/96 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 23 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 14; 22. Februar 2000 – 3 AZR 39/99 – AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 13 = EzA BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 3). Dementsprechend hat sich der Kläger auch auf die UR 88 gestützt, obwohl er bereits seit 1980 beim Beklagten beschäftigt ist, bei dem bereits lange vor dem Jahr 1988 eine Zusatzversorgung unter Einschaltung der Unterstützungskasse des DGB eingerichtet war, und bei der der Kläger auch angemeldet war. Gleichwohl stützt der Kläger sich nicht auf die ursprünglich für ihn geltenden Richtlinien.
Der Eingriff des Beklagten in die Anwartschaft des Klägers auf Altersversorgung nach Maßgabe der Richtlinien der Unterstützungskasse durch den Widerruf vom 9./26. Februar 1998, der die Vereinbarung des Beklagten mit dem Gesamtbetriebsrat vom 23. Januar 1998 und die VO 95 zum Gegenstand des derzeitigen Versorgungsanspruchs des Klägers macht, ist arbeitsvertraglich zulässig.
Die einzelvertragliche Verweisung auf die Richtlinien der Unterstützungskasse bedeutet zwar zunächst nur, daß die Richtlinien selbst in ihrer jeweiligen Fassung den künftigen Versorgungsanspruch des Klägers gestalten. Im Rahmen der VO 95 ist jedoch auch eine neue Bestimmung in die UR 88 eingefügt worden. Dieser neue § 26 UR 88/VO 95 ermächtigt den Beklagten als Mitglied der Unterstützungskasse, durch schriftliche Erklärung gegenüber den von ihm begünstigten Arbeitnehmern und gegenüber der Unterstützungskasse zu bestimmen, daß die Gesamtversorgungszusage nach § 6 UR 88 von einem bestimmten Zeitpunkt an durch eine anderweitige Regelung auf der Grundlage der VO 95 abgelöst wird. Diese Ermächtigung ist als Teil der arbeitsvertraglich in bezug genommenen Unterstützungskassen-Richtlinien zugleich auch Teil des arbeitsvertraglichen Versorgungsanspruchs des Klägers geworden. Dadurch wurde der Beklagte einzelvertraglich ermächtigt, die von ihm versprochene Versorgung in dem von der VO 95 vorgezeichneten Rahmen neu zu gestalten.
Eine solche Ermächtigung durch die Richtlinie einer Unterstützungskasse ist durch die einzelvertragliche Jeweiligkeitsklausel gedeckt. Bei einer Unterstützungskassen-Versorgung muß ein Arbeitnehmer auf Grund des Ausschlusses eines Rechtsanspruchs stets mit einer Abänderung rechnen. Eine Delegation der Abänderungsbefugnis durch den Richtliniengeber auf das Kassenmitglied beeinträchtigt auch nicht die schützenswerte Erwartungshaltung eines Arbeitnehmers, dem Altersversorgung unter Einschaltung einer Gruppenunterstützungskasse versprochen worden ist. Mit der Ermächtigung in § 26 UR 88/VO 95 wird zwar die Einheitlichkeit der Regelung der Gruppenunterstützungskasse im Ergebnis aufgegeben; eine Neuregelung nach Maßgabe der individuellen Leistungsfähigkeit des einzelnen Arbeitgebers, der Mitglied der Gruppenunterstützungskasse ist, wird möglich. Eine Versorgungszusage unter Einschaltung einer Gruppenunterstützungskasse enthält aber auch keine Garantie, daß eine solche Individualisierung unterbleibt. Es gibt anders als bei den Konditionen-Kartellen des Essener und Bochumer Verbandes keine wettbewerblich veranlaßten Vereinheitlichungsgesichtspunkte, auf deren Aufrechterhaltung der Begünstigte zumindest tendenziell vertrauen könnte.
Gegenüber der im Februar 1998 vorgenommenen Veränderung der dem Kläger erteilten Versorgungszusage ergeben sich auch keine betriebsverfassungsrechtlichen Bedenken. Die Mitbestimmungsrechte des Gesamtbetriebsrats wurden gewahrt.
- Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann die Mitbestimmung bei einer betrieblichen Zusatzversorgung unter Einschaltung einer Unterstützungskasse zweistufig oder organschaftlich erfolgen. Bei der zweistufigen Mitbestimmung werden die mitbestimmungspflichtigen Fragen zunächst zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat geregelt; der Arbeitgeber hat die Regelung dann in der Sozialeinrichtung umzusetzen. Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats können aber auch durch gleichberechtigte, paritätische Beteiligung von Vertretern des Betriebsrats und des Arbeitgebers in den entscheidungsbefugten Organen der Unterstützungskasse wahrgenommen werden (BAG 13. Juli 1978 – 3 ABR 108/77 – BAGE 31, 11 = AP BetrVG 1972 § 87 Altersversorgung Nr. 5 mit Anm. Hanau). Bei einer Altersversorgung unter Einschaltung einer Gruppenunterstützungskasse wird in aller Regel eine organschaftliche Mitbestimmung nicht in Betracht kommen. Hier hat regelmäßig der Betriebsrat des einzelnen Kassenmitglieds nach § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG über das Abstimmungsverhalten des Unternehmens bei Beschlüssen der Gruppenunterstützungskasse mitzubestimmen (BAG 22. April 1986 – 3 AZR 100/83 – BAGE 51, 387; 9. Mai 1989 – 3 AZR 439/88 – BAGE 62, 26 = AP BetrVG 1972 § 87 Altersversorgung Nr. 18 mit Anm. v. Hoyningen-Huene). Anders ist die Rechtslage allerdings, wenn die Richtlinie einer Gruppenunterstützungskasse das einzelne Kassenmitglied zu einer Änderung der Versorgungszusage ermächtigt und hierzu Wahlmöglichkeiten eröffnet, wie dies vorliegend geschehen ist. In diesem Fall muß das Mitglied vor Ausspruch der sich hieraus ergebenden Befugnis zunächst die Entscheidung treffen, welche Mittel es in Zukunft für die bei ihm zu versorgenden Mitarbeiter zur Verfügung stellen will. Sodann müssen Betriebsrat und Kassenmitglied nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG gemeinsam darüber entscheiden, wie der so vom Arbeitgeber festgelegte Dotierungsrahmen auf die begünstigten Arbeitnehmer verteilt werden soll (vgl. grundlegend BAG 12. Juni 1975 – 3 ABR 13/74 – BAGE 27, 194 = AP BetrVG 1972 § 87 Altersversorgung Nr. 1 mit Anm. Richardi; 12. Juni 1975 – 3 ABR 137/73 –, – 3 ABR 66/74 – AP BetrVG 1972 § 87 Altersversorgung Nr. 2, 3 mit Anm. Steindorff, Blomeyer = EzA BetrVG 1972 § 87 Lohn- und Arbeitsentgelt Nr. 2, 3).
- Diesen Anforderungen hat der Beklagte vor Ausspruch des Widerrufs am 9./26. Februar 1998 genügt. Er hat zunächst entschieden, daß er nur noch in einem bestimmten reduzierten Umfang Steigerungen von Versorgungsanwartschaften nach Maßgabe der VO 95 finanzieren will. Er hat hierfür bestimmte Verteilungsregeln vorgeschlagen, über die er sich dann letztlich am 23. Januar 1998 vor der Einigungsstelle mit dem hierfür zuständigen Gesamtbetriebsrat geeinigt hat. Nach dieser Einigung war er betriebsverfassungsrechtlich befugt, die seinen Mitarbeitern erteilte Versorgungszusage nach Maßgabe der jeweiligen Unterstützungskassen-Richtlinien entsprechend allgemein zu verändern. Es kommt nicht darauf an, daß der Gesamtbetriebsrat der Verschlechterung des Versorgungswerks selbst nicht zugestimmt hat. Die Verringerung des Dotierungsrahmens unterliegt nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats (BAG 12. Juni 1975 – 3 ABR 13/74 –, – 3 ABR 137/73 –, – 3 ABR 66/74 – aaO).
Der nach alledem arbeitsvertraglich und betriebsverfassungsrechtlich zulässige Eingriff des Beklagten in die dem Kläger erteilte Versorgungszusage durch den Widerruf vom 9./26. Februar 1998 ist auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt und dem Kläger gegenüber wirksam. Die vom Senat für einen zulässigen Eingriff in Versorgungsrechte aufgestellten Regeln werden durch den Widerruf des Beklagten nicht verletzt. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt.
Eine Versorgungszusage, wonach ein Arbeitnehmer nach Maßgabe der jeweiligen Richtlinie einer Unterstützungskasse Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erhalten soll, ist in der Anwartschaftsphase der Gefahr ausgesetzt, daß die in Bezug genommene Versorgungsrichtlinie durch diejenigen verschlechtert werden, die über deren Inhalt satzungsgemäß zu entscheiden haben. Dies gilt unabhängig davon, ob die Verschlechterung durch die Richtlinie selbst vorgenommen wird, oder die Richtlinie den Arbeitgeber zu einer solchen Verschlechterung ermächtigt und der Arbeitgeber diese Ermächtigung nutzt. Zu Lasten eines von einer solchen Versorgungszusage begünstigten Arbeitnehmers gilt auf Grund der Jeweiligkeitsklausel im Grundsatz die von vornherein erkennbare Regel, daß die ohne Zutun des einzelnen Arbeitnehmers geschaffene Versorgungsordnung durch eine andere verdrängt werden kann. Die Position des begünstigten Arbeitnehmers ist hier dieselbe wie bei einer betrieblichen Altersversorgung durch Betriebsvereinbarung, bei der ebenfalls ohne Mitwirkung des einzelnen Arbeitnehmers eine ablösende Betriebsvereinbarung zustandekommen kann, hinsichtlich dessen Inhalt die Betriebspartner grundsätzlich frei sind.
Im Hinblick darauf, daß die begünstigten Arbeitnehmer auf Grund der ihnen zunächst erteilten Zusage trotz der an sich möglichen Ablösung der in bezug genommenen Regelung ein schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Regelung haben können, hat der Senat in ständiger Rechtsprechung zur Kontrolle verschlechternd ablösender, ohne Mitwirkung des einzelnen Arbeitnehmers zustandegekommener Neuregelungen ein dreistufiges Schema entwickelt (8. Dezember 1981 – 3 ABR 53/80 – BAGE 36, 327, 337 f.; 17. April 1985 – 3 AZR 72/83 – BAGE 49, 57, 65 ff.; 17. März 1987 – 3 AZR 64/84 – BAGE 54, 261, 270 ff.; 22. Mai 1990 – 3 AZR 128/89 – BAGE 65, 157, 161; 11. Mai 1999 – 3 AZR 21/98 – BAGE 91, 310, 318 f.); es geht vom Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsgebot aus, wonach Eingriffe in Versorgungsordnungen um so gewichtigerer Rechtfertigungsgründe bedürfen, je schützenswerter das Vertrauen auf die bisher erreichte Rechtsposition ist:
Der unter der Geltung der bisherigen Ordnung und im Vertrauen auf deren Inhalt bereits erdiente und entsprechend § 2 Abs. 1, § 2 Abs. 5 Satz 1 BetrAVG ermittelte Teilbetrag kann hiernach allenfalls aus zwingenden Gründen entzogen werden. Sie können insbesondere bei einem Wegfall der Geschäftsgrundlage der bisherigen Versorgungszusage vorliegen. Solche zwingenden Gründe können etwa eine mit Zeitablauf auf der Grundlage der bisherigen Regelung eingetretene planwidrige Überversorgung oder eine bei Schaffung des Versorgungswerks nicht vorhersehbare, ganz außergewöhnliche Mehrbelastung sein. Nach der früheren Rechtsprechung konnte auch eine beim Arbeitgeber eingetretene wirtschaftliche Notlage als rechtfertigender zwingender Grund für einen Eingriff auf der ersten Eingriffsstufe in Betracht kommen; dies ist allerdings vor dem Hintergrund der am 1. Januar 1999 in Kraft getretenen Neuregelung des § 7 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG und dem Wegfall des entsprechenden Insolvenzsicherungsfalles zweifelhaft geworden (hierzu Schwerdtner FS Uhlenbruck S 799 ff. mwN).
Insbesondere bei endgehaltsbezogenen Zusagen kommen auf der zweiten Eingriffsstufe geschützte Zuwächse in Betracht, die sich dienstzeitunabhängig allein aus variablen Berechnungsfaktoren ergeben. Sie können nur aus triftigen Gründen geschmälert werden, weil sie zum Ablösungszeitpunkt bereits zeitanteilig erdient waren. Ein Arbeitnehmer, dem pro Jahr der Beschäftigung ein bestimmter Prozentsatz seines Endgehalts zum Zeitpunkt seines altersbedingten Ausscheidens zugesagt ist, hat zum Ablösungszeitpunkt an sich schon den sich bis dahin ergebenden Prozentsatz nicht nur des Gehalts zum Ablösungsstichtag, sondern des Endgehalts beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis erdient. Er hat schon die erwartete Gegenleistung erbracht. Gleichwohl ist dieser auf einem zugesagten dynamischen Berechnungsfaktor beruhende Teil des Erdienten nach der Entscheidung des Gesetzgebers weniger schutzwürdig; er genießt keinen Insolvenzschutz (§ 7 Abs. 2 Satz 3, § 2 Abs. 5 BetrAVG). Es bedarf deshalb auch keiner zwingenden Gründe. Die für einen Eingriff in diesen Teil des Versorgungsbesitzstandes erforderlichen triftigen Gründe hat der Senat ähnlich bestimmt wie die wirtschaftlichen Gründe, die es dem Arbeitgeber erlauben, eine Anpassung laufender Betriebsrenten an die Kaufkraftentwicklung nach § 16 BetrAVG zu verweigern: Ein Eingriff ist möglich, wenn ein Fortbestand der bisherigen Versorgungsregelung den Bestand des Unternehmens des Versorgungsschuldners langfristig gefährdet. Dies ist dann anzunehmen, wenn unveränderte Versorgungsverbindlichkeiten voraussichtlich nicht aus den Erträgen des Unternehmens finanziert werden können und für deren Ausgleich auch keine ausreichenden Wertzuwächse des Unternehmens zur Verfügung stehen.
Eingriffe in dienstzeitabhängige, also noch nicht erdiente Zuwachsraten durch betriebliche Neuregelungen oder Änderungen von Unterstützungskassen-Richtlinien können demgegenüber schon aus sachlich-proportionalen Gründen erfolgen. Die Eingriffe dürfen nicht willkürlich sein. Sie müssen nachvollziehbar erkennen lassen, welche Umstände und Erwägungen zur Änderung der Versorgungszusage Anlaß gegeben haben. Das Vertrauen der Arbeitnehmer in den Fortbestand der bisherigen Regelung darf nicht über Gebühr beeinträchtigt werden. Die sachlichen Gründe sind deshalb gegenüber den schützenswerten Interessen der Arbeitnehmer abzuwägen.
Durch die Neuregelung in Folge des Widerrufs vom 9./26. Februar 1998 wird nicht in bereits erdiente, auf der ersten Stufe geschützte Besitzstände eingegriffen. Ein Eingriff in die noch nicht erdienten Zuwachsraten liegt vor. Ob durch den Widerruf auch in die vom Kläger erdiente Dynamik eingegriffen worden ist, ist zweifelhaft.
Ein Eingriff in einen bereits erdienten Besitzstand lag zum Zeitpunkt des Widerrufs vom 9./26. Februar 1998 nicht deshalb vor, weil die Versorgungszusage dadurch verschlechternd umgestaltet wurde, daß der erdiente und nach § 2 Abs. 1 und Abs. 5 BetrAVG errechnete Besitzstand aber nicht bis zum Zugang des Widerrufs, sondern nur bis zum 31. Dezember 1997 aufrechterhalten worden ist. Das Vertrauen des Klägers, in der Beschäftigungszeit zwischen dem 1. Januar und dem 26. Februar 1998 ungeschmälert Zuwächse nach der bisherigen Versorgungszusage erwerben zu können, war nicht mehr schutzwürdig.
Nach der Verabschiedung der VO 95 durch die Organe der Unterstützungskasse hat im Betrieb des Beklagten unstreitig eine mehrjährige intensive Diskussion über das künftige Versorgungswerk stattgefunden und darum, in welchem Umfang es hier zu Verschlechterungen kommen würde. Diese Diskussion ist auch im Rundschreiben des Gesamtbetriebsrats an die Belegschaft dokumentiert. Sie mündete noch im Jahr 1997 in die Einleitung eines Einigungsstellenverfahrens zur Neuregelung des betrieblichen Versorgungswerks, worüber die Mitarbeiter des Beklagten ebenfalls informiert worden sind. Angesichts dessen mußten die Mitarbeiter des Beklagten damit rechnen, daß es zumindest zu einer auf den Zeitpunkt des Beginns des Einigungsstellenverfahrens zurückwirkenden verschlechternden Neuregelung des Versorgungswerks kommen würde. Damit ist bis spätestens Ende 1997 das schützenswerte Vertrauen der von der Versorgungszusage Begünstigten darauf beseitigt worden, daß das betriebliche Versorgungswerk ungeschmälert fortbestehen wird.
Wendet man die aus dem Rechtsstaatsgebot folgenden Grundsätze des Vertrauensschutzes auf den einseitigen Eingriff in das Versorgungswerk sinngemäß an, so erweist sich eine verschlechternde Neuregelung zum 31. Dezember 1997 als zulässig. Mit Beseitigung des schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand der bisherigen Versorgungsregelung entfiel für den Arbeitnehmer die Grundlage für sein Vertrauen darauf, auch noch in der Folgezeit besonders schutzwürdige Besitzstände zu erwerben. Beschäftigungszeiten, die während einer derart unsicheren Rechtslage zurückgelegt wurden, sind hinsichtlich der ursprünglich in Aussicht gestellten Gegenleistung nicht ebenso zu behandeln wie Zeiten zuvor, in denen die Begünstigten ohne Einschränkung auf den Fortbestand des Versorgungswerks vertrauen durften. Eine auf den Zeitpunkt der Beseitigung des schutzwürdigen Vertrauens zurückwirkende verschlechternde Neuregelung wurde zulässig. Sie ist so zu überprüfen, wie wenn der Eingriff zu diesem Zeitpunkt erfolgt wäre. Erdient und damit allenfalls bei Vorliegen zwingender Gründe entziehbar ist ein Besitzstand nur insoweit, als der Arbeitnehmer Beschäftigungszeiten im schutzwürdigen Vertrauen darauf zurückgelegt hat, daß die bisherige Versorgungsregelung fortbesteht. Dies war hier allenfalls bis zum 31. Dezember 1997 der Fall. Der bis dahin erdiente Besitzstand ist aber ausdrücklich aufrechterhalten worden.
- Ein Eingriff der Neuregelung in künftige Zuwächse liegt vor, weil die Zuwächse für die begünstigten Arbeitnehmer nach dem Ablösungsstichtag auf der Grundlage der VO 95 in Verbindung mit dem Widerruf um einiges niedriger sind, als sie es nach den abgelösten UR 88 gewesen wären.
Es steht nicht fest, ob die Neuregelung auch auf der zweiten Besitzstandsstufe, die erdiente Dynamik, eingreift.
Dies ist nur dann eindeutig, wenn man den sich hier ergebenden Besitzstand nur zum Ablösungsstichtag bewertet: Die bis dahin erdienten Steigerungssätze sollen nicht, wie ursprünglich versprochen, mit dem Endgehalt bei Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis, sondern mit dem in aller Regel niedrigeren zum Zeitpunkt der Ablösung multipliziert werden. Ein Eingriff in den Berechnungsfaktor Endgehalt liegt damit vor. Fraglich ist jedoch, ob mit diesem Eingriff zugleich auch immer ein Eingriff in den Besitzstand “erdiente Dynamik” verbunden ist. Wird ein Versorgungswerk für die Zukunft geschlossen und der Berechnungsfaktor Endgehalt auf den Zeitpunkt der Schließung festgeschrieben, steht dies außer Frage. Wird aber mit dem Eingriff in das bisherige Versorgungswerk und der Festschreibung des Endgehalts auf den Ablösungsstichtag durch die Neuregelung der Erwerb weiterer Steigerungssätze, etwa in Form von Festbeträgen oder Rentenbausteinen, vorgesehen, könnte ein Eingriff in die erdiente Dynamik bereits dann ausscheiden, wenn der begünstigte Arbeitnehmer auf Grund der weiteren Steigerungsbeträge im Versorgungsfall jedenfalls nicht weniger erhält, als er bis zum Ablösungsstichtag unter Berücksichtigung seines tatsächlich erreichten Endgehalts erworben hat, also berechnet nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 BetrAVG ohne entsprechende Anwendung der Abänderungssperre des § 2 Abs. 5 BetrAVG. Eine entsprechende Feststellung, die von der Beschäftigungszeit nach dem Ablösungsstichtag und der Entwicklung des versorgungsfähigen Arbeitsentgelts abhängig ist, läßt sich in aller Regel erst bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit Sicherheit treffen.
Im vorliegenden Rechtsstreit kann – anders als im Urteil vom 11. Dezember 2001 (– 3 AZR 128/01 –) – unentschieden bleiben, unter welchen Voraussetzungen ein Eingriff in die erdiente Dynamik anzunehmen ist und wie es sich insoweit beim Kläger verhält. Der Beklagte hatte, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, für seinen Eingriff in die UR 88 nicht nur sachlich-proportionale, sondern auch triftige Gründe. Ein etwaiger Eingriff in die vom Kläger erdiente Dynamik ist damit ebenso gerechtfertigt und dem Kläger gegenüber wirksam wie der zweifelsfrei festzustellende Eingriff in künftige Zuwächse.
Das Landesarbeitsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, daß der Beklagte für seinen Eingriff keine zwingenden Gründe hatte, die jeden Eingriff in das Versorgungswerk hätten rechtfertigen können. Der Beklagte beruft sich ohne Erfolg auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen planwidrig eingetretener Überversorgung (zu diesem Eingriffsgrund BAG 23. September 1997 – 3 ABR 85/96 – BAGE 86, 312, 318 f.).
Dabei kann dahin stehen, ob überhaupt von einer planwidrig eingetretenen Überversorgung ausgegangen werden kann und ob es für die Feststellung einer Überversorgung auf das bei Schaffung der Versorgungsordnung im Jahr 1957 feststellbare Versorgungsziel ankommt, oder ob auf die spätere Herabsetzung der Gesamtversorgungsobergrenze auf 70 % abzustellen ist. Jedenfalls erlaubt eine Störung der Geschäftsgrundlage nur eine Anpassung an die ursprüngliche Geschäftsgrundlage des Versorgungswerks, nicht aber dessen grundlegende Umstrukturierung. Durch die Neuregelung des Jahres 1998 verläßt das Versorgungswerk des Beklagten das bisher geltende Gesamtversorgungssystem, dessen Ziel es war, einen bestimmten Lebensstandard im Alter unabhängig von den Entwicklungen der gesetzlichen Rentenversicherung zu gewährleisten. An seine Stelle ist eine nicht auf dieses Ziel ausgerichtete und deshalb auch nicht lediglich den veränderten Umständen Rechnung tragende beitragsorientierte Leistungszusage getreten.
Der Beklagte hatte aber im Jahr 1997 für den vorgenommenen Eingriff in die UR 88 triftige Gründe, so daß sowohl die Verschlechterungen bei den künftig zu erdienenden Zuwächsen als auch der denkbare Eingriff in die erdiente Dynamik dem Kläger gegenüber wirksam sind.
Ein triftiger Grund, der einen Eingriff in die erdiente Dynamik rechtfertigen kann, liegt vor, wenn ein unveränderter Fortbestand des Versorgungswerks langfristig zu einer Substanzgefährdung des Versorgungsschuldners führen würde. Wie ausgeführt, ist dies dann der Fall, wenn die Kosten des bisherigen Versorgungswerks nicht mehr aus den Unternehmenserträgen und etwaigen Wertzuwächsen des Unternehmensvermögens erwirtschaftet werden können, so daß eine die Entwicklung des Unternehmens beeinträchtigende Substanzaufzehrung droht. Dabei können die zu § 16 BetrAVG vom Senat entwickelten Regeln, bei deren Erfüllung eine Anpassung der laufenden Betriebsrenten auf Grund der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers verweigert werden kann, als Orientierungsmaßstab dienen (BAG 18. April 1989 – 3 AZR 299/87 – BAGE 61, 273, 280; 17. November 1992 – 3 AZR 76/92 – BAGE 71, 372, 381; 26. August 1997 – 3 AZR 235/96 – BAGE 86, 216, 222). Es geht bei der Prüfung, ob ein triftiger Grund für einen Eingriff vorlag, also um die Frage, ob dem Versorgungsschuldner im Interesse einer gesunden wirtschaftlichen Entwicklung seines Unternehmens eine Entlastung im Bereich der Versorgungsverbindlichkeiten verwehrt werden darf (BAG 18. April 1989 – 3 AZR 299/87 – BAGE 61, 273, 281). Hierfür bedarf es sachkundig erstellter Prognosen auf der Grundlage der Entwicklung bis zum Ablösungsstichtag.
Bei dem Beklagten als steuerbefreitem Berufsverband in der Rechtsform eines nicht eingetragenen Vereins, der nicht am Markt zur Gewinnerzielung tätig ist, gelten allerdings insoweit Besonderheiten, als hier im wesentlichen nur Beiträge der Mitgliedsgewerkschaften als Einkünfte zur Verfügung stehen. Darüber hinaus genießt der Beklagte den verfassungsrechtlichen Schutz der Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG, der es den Gerichten für Arbeitssachen grundsätzlich untersagt, die Verwendung seiner Einkünfte im einzelnen zu überprüfen oder gar zu bewerten. Andererseits muß der Beklagte aber auch wie jeder andere Arbeitgeber die Verbindlichkeiten erfüllen, die er gegenüber seinen Arbeitnehmern übernommen hat und darf in versorgungsrechtliche Erwerbschancen nur nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes eingreifen.
Das Landesarbeitsgericht hat einen triftigen Grund für die Verschlechterung des Versorgungswerks zu Recht angenommen. Das entgegen der Auffassung des Klägers plausibel prognostizierte künftige Beitragsaufkommen des Beklagten als dessen wesentliche Einkommensquelle hätte nicht ausgereicht, die ebenfalls plausibel prognostizierten künftigen Versorgungsverbindlichkeiten nach Maßgabe des bis 1997 geltenden Versorgungswerks ohne Eingriff in die Substanz zu erfüllen. Damit ist zugleich auch der Eingriff in die dienstzeitabhängigen Zuwächse gerechtfertigt.
Sichere Voraussagen über die künftige Entwicklung von Beitragsaufkommen und Versorgungsverbindlichkeiten sind grundsätzlich nicht möglich. Es reicht aus, wenn die Prognose auf der Grundlage der bisherigen Entwicklung und unter vertretbaren und nachvollziehbaren Annahmen für die Zukunft erstellt worden ist. Dies ist der Fall. Der Beklagte hat eine negative Entwicklung in der Vergangenheit von mehr als vier Jahren festgestellt, von deren Fortsetzung in der Zukunft er auf Grund der allgemeinen Entwicklung in der Zusammensetzung der Arbeitnehmerschaft und der Stagnation auf dem Arbeitsmarkt zumindest ausgehen konnte. Der Rückgriff auf eine derart erstellte Prognose wird nicht durch hiervon abweichende tatsächliche Entwicklungen ausgeschlossen, zumal dann nicht, wenn sich die Abweichungen – wie hier – in einer geringen Bandbreite bewegen.
Der Kläger kann in diesem Zusammenhang auch nichts daraus herleiten, daß die beiden Gutachten aus dem Jahr 1997 hinsichtlich des Umfangs der ungedeckten Versorgungsverbindlichkeiten voneinander abweichen. Beide Gutachten gehen von unterschiedlichen, jeweils aber vertretbaren Annahmen und Berechnungsmodalitäten aus und kommen daher auch zu unterschiedlichen Zahlenwerten. Die für das vorliegende Verfahren maßgebliche Grundaussage ist jedoch dieselbe.
Aus den vorliegenden Zahlen und der daraus hergeleiteten Prognose der künftigen Entwicklung des Beklagten ergibt sich, daß der Anteil der Belastungen aus Rentenverbindlichkeiten bei unverändert fortbestehendem Versorgungswerk an dem weitgehend konstanten Beitragsaufkommen des Beklagten von 4,1 % im Jahr 1975 über 7,2 % im Jahr 1996 auf rund 15 % im Jahr 2016 angestiegen wäre, sich also vom Ablösungszeitpunkt an etwa verdoppelt hätte. Dabei hat der Beklagte zu Recht auf die Entwicklung der Beitragseinnahmen abgestellt, da diese weit mehr als 90 % der Gesamteinnahmen ausmachen und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, daß sich die übrigen Einnahmen erheblich steigern ließen. Die Umschichtung der auf Grund der Beitragseinnahmen zur Verfügung stehenden Mittel, die hiernach erforderlich geworden wären, hätte notwendigerweise zu weiteren Kürzungen, in erster Linie bei den laufenden Personalausgaben, in eingeschränktem Umfang auch bei den Sachausgaben führen müssen, und damit zu einer Beeinträchtigung der bisher wahrgenommenen Aktivitäten. Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht als langfristige Gefährdung des Beklagten durch Substanzauszehrung angesehen, die er nicht hinnehmen mußte. Er durfte hierauf vielmehr durch einen Eingriff in das Versorgungswerk, auch in die erdiente Dynamik, reagieren.
Entgegen der Auffassung des Klägers war der Beklagte nicht gehalten, im einzelnen darzulegen, wie sich die ansonsten eingetretene weitere Verringerung der für seine tägliche Arbeit zur Verfügung stehenden Mittel auf seine Aufgabenerfüllung ausgewirkt hätte. Der Beklagte darf die ihm zur Verfügung stehenden Mittel nur zu den satzungsmäßig vorgegebenen koalitionspolitischen Zwecken verwenden. Er hat die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Freiheit, seine koalitionspolitischen Aufgaben und die Form, die Art und Weise sowie die Intensität der Aufgabenerfüllung festzulegen. Eine Überprüfung und Bewertung dieser Entscheidung steht den Gerichten für Arbeitssachen jedenfalls dann nicht zu, wenn es nur um die Aufrechterhaltung der bisherigen Aktivitäten geht. Ebensowenig wie ein Unternehmer von der Verfolgung wirtschaftlicher Ziele absehen, etwa seine Produktion einschränken muß, um Versorgungswerke unverändert fortführen zu können, hat der Beklagte die Pflicht, seine koalitionspolitischen Aufgaben wegen künftig anwachsender Versorgungsverbindlichkeiten zu reduzieren. Eine Darlegung im einzelnen, warum der Beklagte in einzelnen Bereichen keine Einsparungen zum Ausgleich steigender Rentenbelastungen vornehmen will oder kann, bedarf es angesichts der grundsätzlichen Bindung aller Mittel an den Einsatz für koalitionspolitische Ziele nicht.
Die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu der eine langfristige Substanzgefährdung indizierenden Entwicklung von Beitragsaufkommen und Versorgungslasten werden durch die Einwände des Klägers nicht erschüttert.
Die prognostizierte Entwicklung der Rentenverbindlichkeiten des Beklagten bei Fortbestehen des bisherigen Versorgungswerks wird vom Kläger nicht im einzelnen in Frage gestellt. Er bestreitet jedoch die Richtigkeit der Prognose, was die im wesentlichen nur in gleicher Höhe zu erwartenden Mitgliedsbeiträge angeht. Er beruft sich insoweit insbesondere auf eine Berechnung im Urteil erster Instanz, wonach das Beitragsaufkommen nur dann nicht steigt, wenn im Prognosezeitraum die Zahl der Mitglieder der Einzelgewerkschaften von 8,33 Mio. auf 5,3 Mio., also um mehr als 35 % absinkt; dies ergebe sich aus der Abhängigkeit der an den Beklagten fließenden Beiträge von der Einkommensentwicklung der Mitglieder der Einzelgewerkschaften.
Der Beklagte hat demgegenüber zu Recht darauf hingewiesen, daß die auf die Steigerung der Löhne und Gehälter zurückgehenden Steigerungen der Beiträge der Mitglieder der Einzelgewerkschaften nicht in dieser Weise in die Prognose eingestellt werden dürfen. Diese Steigerungen werden durch entsprechende Steigerungen der Sach- und Personalkosten des Beklagten zumindest auf längere Sicht etwa ausgeglichen. Dies ist unabhängig davon richtig, daß die Gehälter der Mitarbeiter des Beklagten in den letzten Jahren vor dem Ablösungsstichtag nur unterdurchschnittlich gestiegen sind. In diesen Jahren mit erheblichem Personalabbau lag es nahe, daß die mit dem Gesamtbetriebsrat vereinbarten Entgeltsteigerungen hinter dem zurückblieben, was allgemein in der Privatwirtschaft oder einzelnen wirtschaftlich starken Unternehmen tariflich vereinbart wurde. Solche besonderen Entwicklungen brauchen bei einer Prognose jedenfalls dann nicht berücksichtigt zu werden, wenn die die Prognose begründenden Tatsachen in der Vergangenheit im übrigen für deren Richtigkeit sprechen. Dies ist aber der Fall: Zwischen 1993 und 1997 war das Beitragsaufkommen des Beklagten immerhin noch um mehr als 7,5 % zurückgegangen, obwohl der Einzelbeitrag je Mitglied der Einzelgewerkschaft in diesem Zeitraum gestiegen war. An der prognostizierbaren Leistungsfähigkeit des Beklagten, die für die Rechtfertigung der Eingriffe in das Versorgungswerk allein maßgeblich ist, ändert sich mithin auch dann nichts Grundlegendes, wenn man die Steigerungen der Einkommen der Arbeitnehmer und deren Auswirkungen auf das gesamte Beitragsaufkommen des Beklagten mit berücksichtigt.
Der grundsätzlichen Richtigkeit der vom Landesarbeitsgericht zugrunde gelegten Prognose steht auch nicht der zutreffende Hinweis des Klägers entgegen, der Mitgliederrückgang habe sich seit dem Prognosezeitpunkt, dem 31. Dezember 1997, bis zum Jahr 2000 deutlich verlangsamt, während die Prognose zunächst von einem kontinuierlichen Rückgang von 350.000 Mitgliedern pro Jahr ausgegangen sei. Zum Zeitpunkt der Prognose und des Teilwiderrufs lagen die jährlichen Rückgänge in den Mitgliederzahlen während der letzten Jahre in der prognostizierten Größenordnung. Darüber hinaus weist der Beklagte auch zu Recht darauf hin, daß Personalabbau in der Gesamttendenz verstärkt in den Bereichen der Wirtschaft stattfindet, wie etwa in der Großindustrie, in denen der gewerkschaftliche Organisationsgrad traditionell hoch ist. Neue Arbeitsplätze entstehen demgegenüber verstärkt in “gewerkschaftsferneren” Branchen und Technologiebereichen.
Deshalb ist die vom Kläger in diesem Zusammenhang erhobene Rüge, das Landesarbeitsgericht habe die tatsächlichen Bewertungsgrundlagen nicht ausgeschöpft und Denkgesetze nicht hinreichend beachtet, unbegründet. Dies gilt auch für seinen Einwand, der Beklagte und das Landesarbeitsgericht hätten die Entwicklungen berücksichtigen müssen, die sich aus der Gründung der Dienstleistungsgewerkschaft ver. di ergeben. Zu dem maßgeblichen Prognosezeitpunkt Ende des Jahres 1997 waren das Zustandekommen dieser Gewerkschaft und dessen etwaige wirtschaftliche Folgen noch nicht mit der Wahrscheinlichkeit absehbar, daß sich daraus Konsequenzen für die erforderliche Prognoseentscheidung hätten ergeben können.
- Der Kläger ist auch zu Unrecht der Auffassung, auf Grund der Gesamtentwicklungen in den Jahren nach 1997, was das Beitragsaufkommen angehe, werde die Richtigkeit der für den Eingriff in das Versorgungswerk maßgeblichen Prognose widerlegt. Der Kläger hat hier Abweichungen in der Größenordnung von 0,46 % und 1,32 % ermittelt und prognostiziert, diese Abweichungen würden sich letztlich auf mehr als 4 % belaufen. Dies widerlegt die 1997 angestellte Prognose nicht. Die festgestellten Abweichungen betreffen nur einen relativ kleinen nicht repräsentativen Ausschnitt des Prognosezeitraums.
Gegenüber der sehr ungünstigen Ertragslage und der entsprechend zu erwartenden Ertragsentwicklung beim Beklagten kann der Kläger nicht einwenden, es müsse vor deren abschließender Bewertung zunächst ermittelt werden, inwieweit die einzelnen Mitgliedsgewerkschaften ihre Beiträge an den Beklagten prozentual erhöhen könnten; dies sei von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Einzelgewerkschaften abhängig, die deshalb vorab festgestellt werden müsse. Dem steht schon entgegen, daß es für die Mitglieder eines nichtrechtsfähigen Vereins keine Rechtspflicht gibt, ihre satzungsmäßigen Beiträge im Fall wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Vereins zu erhöhen (§ 54, § 707 BGB). Allein aus der mitgliedschaftlichen Verbindung der Einzelgewerkschaften mit dem Beklagten ergibt sich deshalb keine Steigerung von dessen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, wie leistungsfähig die Mitglieder auch sein mögen.
Im Rahmen einer plausiblen Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung des Beklagten ist es entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht geboten, Beitragserhöhungen, welche die Mitgliederversammlung des Beklagten beschließen könnte, vorsorglich zu berücksichtigen. Hierfür bestünde allenfalls dann Veranlassung, wenn es für einen solchen Willen der Einzelgewerkschaften zum Zeitpunkt der Prognose greifbare Anhaltspunkte gäbe. Dies wird vom Kläger aber weder behauptet, noch gibt es hierfür irgendwelche Hinweise. Es ist auch nicht erkennbar, daß die Leistungsfähigkeit des Beklagten gesteigert werden könnte, indem die Mitgliedsgewerkschaften ihre Beiträge mittelbar durch prozentuale Erhöhungen der Beitragssätze ihrer Mitglieder erhöhen könnten. Es ist schon zweifelhaft, ob eine solche Maßnahme tatsächlich zu einer Steigerung der Leistungsfähigkeit des Beklagten führen würde, weil eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge für die einzelnen Gewerkschaftsmitglieder die Gefahr eines allein hierdurch ausgelösten Rückgangs der Mitgliederzahlen beinhaltet. Darüber hinaus macht der Kläger auch nicht geltend, daß es im Prognosezeitraum Anhaltspunkte dafür gab, daß in den Einzelgewerkschaften entsprechende Satzungsänderungen, was die Höhe der Mitgliedsbeiträge angeht, erwogen worden sind.
Das Landesarbeitsgericht hat bei seiner Beurteilung der Ertragssituation des Beklagten zu Recht dessen gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen keine Bedeutung beigemessen. Die über die VTG vermittelten Beteiligungen können im vorliegenden Zusammenhang nur von Bedeutung sein, soweit aus ihnen Erträge erzielt wurden und in Zukunft erwartet werden konnten. Etwaige Gewinne, die in den Gesellschaften erwirtschaftet wurden, sind für die Ertragslage des Beklagten ohne Bedeutung. Für einen Konzerntatbestand, der eine Zurechnung der wirtschaftlichen Entwicklung in einem oder mehreren abhängigen Unternehmen zum Beklagten erlauben könnte (zuletzt BAG 4. Oktober 1994 – 3 AZR 910/93 – BAGE 78, 87, 97 ff.), ist nichts ersichtlich. Auch der Kläger hat hierzu nichts vorgetragen.
Es steht fest, daß der Beklagte in der Vergangenheit aus seinen Beteiligungen keine Erträge erzielt hat. Dies hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, ohne daß der Kläger dem mit einer Verfahrensrüge entgegengetreten wäre. Er hat lediglich gegenüber der vom Landesarbeitsgericht übernommenen Prognose, daß auch in Zukunft mit solchen Erträgen nicht habe gerechnet werden müssen, darauf hingewiesen, dies sei, was den Anteil des Beklagten an der Beteiligungsgesellschaft der Gewerkschaften AG (BGAG) angehe, unrichtig. Deren Vorstandssprecher habe schon im Geschäftsbericht 1998 dargelegt, daß nach langen Jahren der Dividendenlosigkeit das Ziel in greifbare Nähe gerückt sei, die Aktionäre angemessen an den Erträgen zu beteiligen. Im Jahr 2000 habe die BGAG auch Dividenden in Höhe von insgesamt 16 Mio. DM ausgeschüttet, weshalb an den Beklagten entsprechend seiner Beteiligung rund 3,3. Mio DM geflossen sein müßten. Eine weitere Aufstockung der Dividende habe der Vorstandssprecher für möglich gehalten. Darüber hinaus habe die Hauptversammlung der BGAG im Juli 1998 beschlossen, die Zuzahlungen der Anteilseigner in Höhe von rund 250 Mio. DM an diese zurückzugewähren, wobei dies allerdings wirtschaftlich im Wege des “Schütt-aus-hol-zurück-Verfahrens” wieder rückgängig gemacht worden sei. Die betreffenden Beträge seien der BGAG als langfristige nachrangige verzinsliche Gesellschaftsdarlehen wieder zur Verfügung gestellt worden.
Diese unbestrittenen Tatsachen erschüttern die Prognose nicht, die Beteiligungen des Beklagten an der BGAG seien für dessen künftige Ertragslage ohne Bedeutung. Die Prognose zum Zeitpunkt der Ablösung beruhte auf der Tatsache, daß langjährig bis zum Prognosezeitpunkt auch aus der Beteiligung an der BGAG keine Erträge an den Beklagten geflossen sind. Die wirtschaftliche Lage dieser Gesellschaft war stets schwierig. Daß zwei Jahre nach Prognoseerstellung und Widerruf erstmals Dividenden in relativ geringer Höhe ausgeschüttet worden sind, widerlegt die darauf gestützte Prognose nicht. Der Beschluß vom Juli 1998 und dessen Durchführung änderte an der für die Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Beklagten maßgeblichen Liquidität des Beklagten nichts. Aus dem Beschluß vom Juli 1998 kann nicht hergeleitet werden, der Beklagte hätte die tatsächliche Auszahlung dieser Beträge an sich veranlassen können. Zum einen konnte der Beklagte als einer von mehreren Anteilseignern darüber nicht allein entscheiden. Zum anderen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, daß dieser Beschluß bei der damaligen wirtschaftlichen Situation der BGAG unvernünftig war und damit auf sachfremden Motiven beruhte.
Das Landesarbeitsgericht hat schließlich der Personalentwicklung beim Beklagten in den Jahren vor 1998 auch zu Recht einen deutlichen Hinweis auf dessen krisenhafte Situation und unzureichende Leistungsfähigkeit unter unveränderten Rahmenbedingungen entnommen. Es mag sein, daß für den erheblichen Personalabbau zum Teil auch “Abgrenzungsmaßnahmen” zwischen dem Beklagten und Einzelgewerkschaften und technische Neuerungen ursächlich waren. Der Beklagte hat aber unstreitig ua. auch die Zahl der DGB-Kreise und -Bezirke verringert und im Zusammenhang hiermit Personal abgebaut. Auch nach dieser Änderung konnten koalitionspolitische Aufgaben sicherlich noch erledigt werden. Eine Erledigung mit gleicher Intensität wie zuvor war danach aber nicht möglich.
Das Landesarbeitsgericht hat zudem überzeugend darauf hingewiesen, daß ein erheblicher Personalabbau bei einer Arbeitnehmerorganisation, die keinen Gewinn anstrebt, ein starkes Indiz für erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten und damit für die Erforderlichkeit von Einsparungen ist.
Die einen Eingriff in die erdiente Dynamik rechtfertigende – voraussehbare und unter angemessener und sachkundiger Berücksichtigung der maßgeblichen Umstände vorhergesehene – unzureichende Entwicklung der Ertragslage des Beklagten im Verhältnis zu den steigenden Belastungen aus einem unverändert fortbestehenden Versorgungswerk verliert nicht dadurch ihre Bedeutung, daß die prognostizierten Mehrbelastungen durch vorhersehbare Vermögenszuwächse des Beklagten aufgefangen werden könnten. Beim Beklagten bestand nach den vom Landesarbeitsgericht im Ergebnis zu Recht übernommenen Feststellungen des Gutachtens des Wirtschaftsprüfers bei Berücksichtigung des Barwertes der nicht gedeckten Versorgungsverbindlichkeiten eine bilanzielle Überschuldung in Höhe von rund 102 Mio. DM. Es war deshalb am Ablösungsstichtag auszuschließen, daß in absehbarer Zeit aus dem Vermögen des Beklagten Zuwächse erzielt würden, mit denen die bei unverändertem Fortbestand des Versorgungswerks steigenden Versorgungsverbindlichkeiten ohne Substanzgefährdung hätten erfüllt werden können.
Der Beklagte ist nicht deshalb an der Geltendmachung einer bilanziellen Überschuldung gehindert, weil er in der Vergangenheit in seinen Geschäftsberichten stets eine positive Vermögenslage dargestellt und die künftigen Versorgungsverbindlichkeiten nicht berücksichtigt hatte, für die er mittelbar über Zuführungen an die Unterstützungskasse einzustehen hat.
Es entspricht wirtschaftlicher Vernunft, daß der Beklagte zur Abbildung seiner Lage und der Zukunftsaussichten auch künftige Versorgungsverbindlichkeiten in Ansatz bringt. Dies gilt unabhängig davon, daß die laufenden Versorgungsleistungen bereits im Zusammenhang mit der Ertragslage des Beklagten bewertet worden sind. Bei der Einschätzung der Vermögenslage und der Vermögensentwicklung geht es um etwas anderes. Sie ist nur dann realistisch, wenn entsprechend den handelsrechtlichen Gepflogenheiten alle künftigen Verbindlichkeiten einschließlich der Versorgungsverpflichtungen angemessen angesetzt werden.
Die Berufung auf eine bilanzielle Überschuldung ist dem Beklagten nicht deshalb versagt, weil er als nicht rechtsfähiger Idealverein nicht bilanzieren muß und dies in der Vergangenheit auch nicht getan hat. Bei der Prüfung, inwieweit das Vermögen eines Versorgungsschuldners geeignet ist, künftige Versorgungsverbindlichkeiten aufzufangen, ohne daß dessen Substanz beeinträchtigt wird, geht es um ein realistisches Bild von dessen Vermögenslage. Hierfür ist eine nach den einschlägigen handelsrechtlichen Bestimmungen erstellte Bilanz unabhängig davon am besten in der Lage, ob es hierfür eine handels- oder steuerrechtliche Pflicht gibt. Eine zutreffende Abbildung der wirtschaftlichen Lage kann dem Versorgungsschuldner nicht deshalb versagt werden, weil dieser hierauf in der Vergangenheit unter Außerachtlassung wirtschaftlicher Vernunft verzichtet und so die wahre Vermögenslage objektiv falsch dargestellt hat. An einer solchen Verhaltensweise, die Gläubiger und Arbeitsplätze gefährdet, kann niemand von Rechts wegen festgehalten werden.
Die Einwände, welche der Kläger gegen mehrere Einzelpositionen in der zur Feststellung eines negativen Vermögens des Beklagten führenden Bilanz erhebt, stellen jedenfalls deren Gesamtergebnis nicht durchgreifend in Frage. Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen.
Der Kläger rügt zunächst die Fortschreibung von Wertberichtigungen in Höhe von 67,6 Mio. DM und 89,8 Mio. DM im Hinblick auf die sich aus der Ertragslosigkeit der Beteiligung des Beklagten an der BGAG ergebende fehlende Werthaltigkeit dieser Vermögensposition.
Soweit der Kläger hier den doppelten Wertberichtigungsansatz – einmal 67,6 Mio. DM bei “Wertberichtigungen auf Beteiligungen”, zum andern bei “Sonstige Rücklagen” 89,8 Mio. DM – rügt und bestreitet, daß eine solche doppelte Berücksichtigung “notwendig” sei, verkennt er den gebotenen und von den Gerichten für Arbeitssachen anwendbaren Prüfungsmaßstab. Entscheidend ist, ob solche Ansätze zulässig sind und zu einer zutreffenden Beschreibung der wirtschaftlichen Situation des Beklagten beitragen. Dies hat das Wirtschaftsprüfungsunternehmen in seinem testierten Prüfbericht angenommen. Die Positionen sind auch in sich nachvollziehbar, so daß hiervon für die Entscheidung über die Berechtigung des Eingriffs auszugehen ist.
Soweit der Kläger weiter rügt, die Werthaltigkeit der Beteiligung an der BGAG habe sich wesentlich verbessert, geht diese Rüge schon deshalb fehl, weil eine durch tatsächliche Erträge belegte wirkliche Verbesserung erst im Jahr 2000, also lange nach dem Prognosezeitpunkt, nämlich durch die Dividendenausschüttung für das Jahr 1999 eingetreten ist. Ob diese Verbesserung nachhaltig ist und deshalb eine veränderte bilanzielle Berücksichtigung gebietet, ist darüber hinaus bis heute nicht feststellbar. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob sich der Arbeitgeber zur Rechtfertigung von Eingriffen in Versorgungswerke auf das sich aus § 253 Abs. 5 HGB ergebende Recht zur Beibehaltung niedrigerer Wertansätze berufen kann, oder ob in diesem Zusammenhang die für Kapitalgesellschaften geltende Bewertungsvorschrift des § 280 Abs. 1 HGB anzuwenden ist; danach dürfen niedrigere Wertansätze im Interesse einer zutreffenden Darstellung der Vermögenslage nur so lange beibehalten werden, wie die Gründe dafür bestehen (Wertaufholungsgebot).
Das Landesarbeitsgericht hat auch zu Recht im Rahmen seiner Bewertung der Vermögenssituation des Beklagten unberücksichtigt gelassen, daß der Kläger die Notwendigkeit von in 30 Positionen aufgespaltenen Rückstellungen in einem Gesamtumfang von 104,7 Mio. DM bestritten hatte.
Es kommt auch hier nicht auf die aktuelle Notwendigkeit, sondern auf die fachkundig festgestellte Zulässigkeit der Rückstellungen an. Rückstellungen in einer testierten Bilanz können nur dann unberücksichtigt bleiben und müssen bei der Ermittlung einer realistischen Lagebeurteilung herausgerechnet werden, wenn sie offenbar zu Unrecht erfolgt sind. Hierfür fehlt aber jeder Anhaltspunkt aus dem Vortrag des Klägers, der zudem überwiegend auch zu unbestimmt ist. Der Hinweis, es hätten – auf Dauer? – nur in 16 der 30 Positionen Entnahmen stattgefunden, hat keine indizielle Bedeutung dafür, daß das durch die Bilanz geschaffene Bild von der Vermögenslage des Beklagten verfälscht sein könnte. Rückstellungen müssen nicht nur für Verbindlichkeiten gebildet werden, die im kommenden Geschäftsjahr fällig werden, sondern auch für die weitere Zukunft. Soweit bis zur Beurteilung durch den Beklagten noch keine Entnahmen erfolgt sein sollten, schließt dies nicht aus, daß eine verantwortliche wirtschaftliche Betrachtung der Lage solche Rückstellungen geboten hat. Auch die vom Kläger im einzelnen angesprochenen Positionen “DGB-Kongreß”, “Besondere finanzielle Aktivitäten” und “Ungewisse Risiken” sowie “Übrige” belegen dessen grundsätzliche Bedenken nicht. Zum einen handelt es sich hier angesichts des Gesamtvolumens um relativ geringwertige Positionen, die im Prüfbericht testiert sind und ohne konkrete Einwände als angemessen angesehen werden müssen. Zum andern hat sich etwa die Position “DGB-Kongreß” tatsächlich realisiert. Es ist lediglich zu einer Unterschreitung des Kostenansatzes um etwa 11 % gekommen.
Problematisch ist allerdings die bereits in der Berufungsinstanz erörterte Position “Substanzerhaltungsrücklage”, für die der Beklagte auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keine befriedigende und in sich widerspruchsfreie Erläuterung geben konnte. Es steht nur fest, daß dieser Ansatz dazu dienen soll, Wert und Risiken des Grundbesitzes des Beklagten realistisch abzubilden.
Dem muß jedoch nicht im einzelnen nachgegangen werden. Selbst wenn man diese Position “Substanzerhaltungsrücklage” vollständig aus der Bilanz herausrechnete, ergäbe sich noch keine positive Vermögenslage des Beklagten, mit deren Hilfe die ansteigenden Versorgungsverbindlichkeiten hätten erfüllt werden können. Darüber hinaus steht fest, daß die Substanzerhaltungsrücklage in mehreren Jahren und in relativ kleinen Schritten aufgebaut worden ist; für das Geschäftsjahr des Prüfberichts ist nur eine Zuführung in Höhe von 2,3 Mio. DM festgestellt. Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, daß sich die Vermögenslage des Beklagten seit 1993 erheblich verschlechtert hat. Rechnete man die jährlich erhöhte Position “Substanzerhaltungsrücklage” entsprechend ihrem allmählichen Aufbau wieder heraus, so würde sich an der Tendenz einer ständigen Verschlechterung der Vermögenslage nichts ändern. Auch dann hätten die Versorgungsverbindlichkeiten des Beklagten nicht aus dessen Vermögenszuwächsen beglichen werden können. Der ungeschmälerte Fortbestand des Versorgungswerks hätte vielmehr die wirtschaftliche Auszehrung des Beklagten zur Folge gehabt.
Der Teilwiderruf der Versorgungszusage durch den Beklagten vom 9./26. Februar 1998 war, wie nach alledem feststeht, nicht nur im Grundsatz aus triftigem Grund sachlich gerechtfertigt. Der Eingriff war auch verhältnismäßig und unter den besonderen Umständen des Einzelfalles des Klägers diesem gegenüber wirksam.
- Die Verschlechterung des Versorgungswerks hat nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen. Auch die Verringerung des Dotierungsrahmens, die im Zusammenhang mit den vorgenommenen Eingriffen eingetreten ist, führt nach den insoweit nicht in Frage gestellten Feststellungen noch nicht dazu, daß nunmehr eine ausgeglichene oder gar positive Vermögenslage beim Beklagten festzustellen wäre. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, daß sich die laufenden Belastungen des Beklagten nach dem Teilwiderruf derart verringern werden, daß der Anteil der Aufwendungen für die Betriebsrenten an den gesamten Einnahmen den derzeitigen Anteil unterschreiten würde, durch den Teilwiderruf also zusätzliche Mittel zur Finanzierung koalitionspolitischer Zwecke freigemacht worden wären. Dies behauptet der Kläger auch nicht. Damit bleibt der Teilwiderruf insgesamt innerhalb der durch seinen Anlaß vorgegebenen Grenzen und ist deshalb verhältnismäßig. Der Beklagte hat damit nur auf die für eine Fortführung des bisherigen Versorgungswerks auf Dauer unzureichende Ertragslage und die insoweit absehbar fehlenden Vermögenszuwächse reagiert. Die Neuregelung schont darüber hinaus die rentennahen Jahrgänge. Sie gibt mit dem gleichzeitig eingeführten Rechtsanspruch der Mitarbeiter auf Entgeltumwandlung nach Maßgabe der VO 95 auch die Möglichkeit, die durch den Eingriff eintretenden Versorgungslücken durch Eigenbeiträge – staatlich gefördert – zu schließen. Schließlich paßt sich der Eingriff auch in ein Gesamtbild von Sparmaßnahmen ein, welche auf Grund der Struktur des Beklagten in erster Linie an den Personalkosten ansetzen müssen. Diese haben sich auch in dem erheblichen Personalabbau und in den vom Kläger selbst dargelegten unterdurchschnittlichen Gehaltssteigerungen niedergeschlagen.
- Das Landesarbeitsgericht hat auch zu Recht angenommen, daß der Einzelfall des Klägers keine Veranlassung dazu gibt, die mit dem Gesamtbetriebsrat abgestimmte Regelung des Beklagten zur Ablösung der UR 88 nach Sinn und Zweck dahin einschränkend auszulegen, daß sie einen Teilwiderruf gegenüber dem Kläger nicht rechtfertigt. Dabei kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, daß er nach seiner persönlichen Entwicklung in besonderer Weise auf die Beamtenähnlichkeit der ursprünglichen Versorgungszusage des Beklagten vertraut hat. Eine hierauf gerichtete individuelle Zusage hat er jedoch nicht erhalten. Er kann deshalb nicht besser stehen als alle anderen Mitarbeiter des Beklagten, für die im Zweifel die günstige Versorgungszusage unter Einschaltung der Unterstützungskasse ebenfalls einer von mehreren Gründen war, die Tätigkeit für den Beklagten aufzunehmen. Für alle Mitarbeiter des Beklagten stand auf Grund der Art der ihnen erteilten Versorgungszusage von Anfang an fest, daß diese ohne ihre Mitwirkung verschlechtert werden konnte. Sie durften zwar darauf vertrauen, daß diese Möglichkeit nicht ohne sachgerechte Gründe und nur unter angemessener Berücksichtigung ihrer eigenen schützenswerten Belange ergriffen werden würde. Solche rechtfertigenden und angemessenen Gründe lagen indes für den im Jahr 1998 erfolgten, die bis dahin erdienten Besitzstände schonenden Eingriff in die künftigen Zuwächse und einen etwaigen Eingriff in die erdiente Dynamik vor. Angesichts der ganz erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Beklagten wäre es ohne diesen Eingriff für ihn unmöglich geworden, die koalitionspolitischen Ziele in ihrem bisherigen Umfang weiter zu verfolgen und die damit im Zusammenhan stehenden Arbeitsplätze aufrecht zu erhalten. Auf diese drohende Substanzbeeinträchtigung durfte der Beklagte wie geschehen reagieren.
Unterschriften
Reinecke, Bepler, Kaiser
Der Richter am Bepler Bundesarbeitsgericht Kremhelmer ist durch Urlaub an der Unterschrift gehindert.
Reinecke
Die Amtszeit des ehrenamtlichen Richters Arntzen ist beendet.
Reinecke
Fundstellen
Haufe-Index 862744 |
BAGE, 76 |
BB 2003, 56 |
DB 2003, 293 |
NWB 2003, 335 |
FA 2003, 26 |
FA 2003, 58 |
NZA 2003, 1414 |
RdA 2004, 48 |
SAE 2003, 81 |
ZTR 2003, 97 |
AP, 0 |
EzA-SD 2002, 16 |
EzA |
PERSONAL 2003, 57 |
AUR 2002, 477 |