Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaub. Verfall. Mutterschutz. Beschäftigungsverbot. Elternzeit
Leitsatz (amtlich)
1. § 17 Satz 2 MuSchG und § 17 Abs. 2 BEEG, wonach die Arbeitnehmerin den vor Beginn der Beschäftigungsverbote/der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhaltenen Erholungsurlaub auch noch nach Ablauf der Verbote/der Elternzeit im laufenden Jahr oder im Folgejahr nehmen kann, verlängern nicht den Übertragungszeitraum des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG.
2. Diese gesetzlichen Sonderregelungen bestimmen abweichend von § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG, dass der Urlaub nicht im „laufenden” Kalenderjahr gewährt und genommen werden muss, sondern auch im Folgejahr genommen werden kann. Dieses ist dann das für das Fristenregime des § 7 Abs. 3 BUrlG maßgebliche Urlaubsjahr.
Orientierungssatz
1. Nach § 17 Satz 2 MuSchG und gemäß § 17 Abs. 2 BEEG kann die Arbeitnehmerin den vor Beginn der Beschäftigungsverbote/der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhaltenen Erholungsurlaub auch noch nach Ablauf der Verbote/der Elternzeit im laufenden Jahr oder im Folgejahr nehmen.
2. Diese gesetzlichen Regelungen verlängern nicht den Übertragungszeitraum des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG bis zum Ablauf des nächsten auf die Beendigung der Beschäftigungsverbote/der Elternzeit folgenden Jahres. Sie dehnen vielmehr die Befristung des Urlaubsanspruchs nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG auf das Urlaubsjahr, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist, auf das nächste Kalenderjahr (Folgejahr) aus. Dieses ist dann das für das Fristenregime des § 7 Abs. 3 BUrlG maßgebliche Urlaubsjahr.
3. Ist der Arbeitnehmer aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit gehindert, seinen Urlaub in diesem Folgejahr zu nehmen, wird dieser nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG übertragen.
Normenkette
MuSchG §§ 3, 6 Abs. 1, § 17 S. 2; BEEG § 17 Abs. 2; BUrlG §§ 4, 7 Abs. 3-4, § 13 Abs. 1 S. 3; BGB §§ 134, 307 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 26. November 2014 – 12 Sa 982/14 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Abgeltung von 30 Urlaubstagen aus dem Jahr 2011.
Die Klägerin war bei der Beklagten vom 1. Mai 2008 bis zum 8. Januar 2014 als Debitorenbuchhalterin beschäftigt. Ziff. 3 des „Anstellungsvertrags” vom 22. April 2008 lautet:
„Urlaub
Die Mitarbeiterin hat Anspruch auf bezahlten Urlaub von 30 Arbeitstagen pro Kalenderjahr.
Der Urlaub soll der Erholung dienen und im Laufe des Kalenderjahres genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs über den 31. Dezember eines Jahres hinaus bedarf der Zustimmung des Betriebsleiters, im Übrigen gelten die gesetzlichen Bestimmungen.”
Vom 21. Februar bis zum 7. April 2011 war die Klägerin arbeitsunfähig krank. Ab dem 8. April 2011 unterlag sie einem Beschäftigungsverbot gemäß § 3 Abs. 1 MuSchG. An dieses schloss sich ab dem 28. Oktober 2011 das Beschäftigungsverbot gemäß § 3 Abs. 2 MuSchG an und nach der Geburt ihres Kindes am 10. Dezember 2011 folgte das Beschäftigungsverbot des § 6 Abs. 1 MuSchG. Im Jahr 2011 hatte die Klägerin keinen Erholungsurlaub. Nahtlos an das Beschäftigungsverbot des § 6 Abs. 1 MuSchG anknüpfend beanspruchte die Klägerin bis zum 10. Dezember 2012 Elternzeit. Nach dieser war sie jedenfalls bis zum 31. Dezember 2013 durchgehend arbeitsunfähig krank.
Die Beklagte galt den Urlaub der Klägerin aus den Jahren 2012 und 2013 ab. Mit Schreiben vom 12. Februar 2014 verlangte die Klägerin von der Beklagten ohne Erfolg die Abgeltung von 30 Urlaubstagen aus dem Jahr 2011 bis spätestens 27. Februar 2014.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten die Abgeltung ihres Urlaubs aus dem Jahr 2011 mit 3.713,26 Euro brutto. Sie hat die Auffassung vertreten, den Urlaub aus diesem Jahr habe sie gemäß § 17 Satz 2 MuSchG in den Jahren 2012 und 2013 beanspruchen können. Wegen der sich anschließenden Elternzeit sei sie bis zum 10. Dezember 2012 gehindert gewesen, den Urlaub zu nehmen. Danach habe sie ihre Arbeitsunfähigkeit gehindert, bis Ende des Jahres 2013 Urlaub zu nehmen, sodass dieser in das Kalenderjahr 2014 übertragen worden sei.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.713,26 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Februar 2014 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, der Urlaub der Klägerin aus dem Jahr 2011 sei verfallen. Dieser Urlaub sei gemäß § 17 Satz 2 MuSchG bzw. § 17 Abs. 2 BEEG nur bis zum 31. Dezember 2013 übertragen worden. Eine weitere Übertragung des Urlaubs aufgrund der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin sei nicht erfolgt. Jedenfalls könne die Klägerin nur die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs von 20 Tagen verlangen. In Ziff. 3 des „Anstellungsvertrags” habe sie zudem mit der Klägerin ein eigenständiges Fristenregime für den Urlaubsanspruch und seine Übertragung vereinbart.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte die Abweisung der Klage weiter.
Entscheidungsgründe
A. Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Recht stattgegeben.
I. Die Klage ist begründet. Die Beklagte ist nach § 7 Abs. 4 BUrlG verpflichtet, 30 Urlaubstage der Klägerin aus dem Jahr 2011 mit 3.713,26 Euro brutto abzugelten.
1. Die Klägerin hatte nach § 4 BUrlG iVm. Ziff. 3 des Arbeitsvertrags im Jahr 2011 Anspruch auf 30 Urlaubstage. Der Urlaubsanspruch entstand trotz ihrer zeitweiligen Arbeitsunfähigkeit und der Beschäftigungsverbote. Er hing allein vom rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses ab (BAG 6. Mai 2014 – 9 AZR 678/12 – Rn. 11, BAGE 148, 115; 7. August 2012 – 9 AZR 353/10 – Rn. 8, BAGE 142, 371). § 17 Satz 1 MuSchG stellt klar, dass durch mutterschutzrechtliche Beschäftigungsverbote bedingte Ausfallzeiten sich nicht nachteilig auf den gesetzlichen Urlaubsanspruch auswirken dürfen (zur Klarstellungsfunktion vgl. BT-Drs. 14/8525 S. 9).
2. Entgegen der Auffassung der Beklagten war der Urlaub der Klägerin aus dem Jahr 2011 bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 8. Januar 2014 weder vollständig noch teilweise verfallen. Die Klägerin konnte den Urlaub wegen der Beschäftigungsverbote und der sich anschließenden Elternzeit noch im Jahr 2013 nehmen. Da sie nach dem Ende der Elternzeit am 10. Dezember 2012 jedenfalls bis zum 31. Dezember 2013 arbeitsunfähig krank war, verfiel der Urlaubsanspruch nicht mit Ablauf des Urlaubsjahres 2013, sondern wurde nach § 7 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 BUrlG zumindest bis zum 31. März 2014 übertragen. Er war deshalb aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 8. Januar 2014 abzugelten.
a) Der Urlaub aus dem Jahr 2011 verfiel weder mit Ablauf des 31. Dezember 2011 noch des 31. März 2012. Nach § 17 Satz 2 MuSchG kann die Arbeitnehmerin den vor Beginn der Beschäftigungsverbote nicht oder nicht vollständig erhaltenen Erholungsurlaub auch noch nach Ablauf der Verbote im laufenden Jahr oder im Folgejahr in Anspruch nehmen.
aa) Unter diese Regelung fallen Urlaubsansprüche, die infolge von generellen oder individuellen Beschäftigungsverboten nicht erfüllt werden konnten (ErfK/Schlachter 16. Aufl. § 17 MuSchG Rn. 1; BeckOK ArbR/Schrader Stand 1. Dezember 2015 MuSchG § 17 Rn. 5; HWK/Hergenröder 6. Aufl. § 17 MuSchG Rn. 2; Neumann/Fenski/Kühn BUrlG 11. Aufl. § 17 MuSchG Rn. 2; Hk-MuSchG/BEEG/Pepping 4. Aufl. § 17 MuSchG Rn. 9; Willikonsky MuSchG 2. Aufl. § 17 Rn. 4; HK-ArbR/Reinecke/Velikova 3. Aufl. § 17 MuSchG Rn. 2). Der in § 17 MuSchG genannte Begriff „mutterschutzrechtliche Beschäftigungsverbote” macht deutlich, dass die Regelung nicht nur für die generellen Beschäftigungsverbote nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG gilt, sondern auch für die individuellen mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote wie beispielsweise § 3 Abs. 1 MuSchG (vgl. Willikonsky aaO).
bb) Die Klägerin konnte infolge der mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote nach § 3 Abs. 1 und Abs. 2 MuSchG sowie nach § 6 Abs. 1 MuSchG ihren Urlaub aus dem Jahr 2011 nicht in diesem Urlaubsjahr nehmen.
b) Zudem waren die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 BEEG erfüllt. An das letzte im Jahr 2012 endende Beschäftigungsverbot nach § 6 Abs. 1 MuSchG schloss sich nahtlos die Elternzeit der Klägerin an. Gemäß § 17 Abs. 2 BEEG hat der Arbeitgeber den dem Arbeitnehmer zustehenden Urlaub, den dieser vor dem Beginn der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhalten hat, nach der Elternzeit im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr zu gewähren.
aa) Von dieser Regelung wird auch der Urlaub erfasst, den die Klägerin wegen der Beschäftigungsverbote nicht nehmen konnte. Auch bei diesem Urlaub handelt es sich um Urlaub, den sie vor dem Beginn der Elternzeit nicht erhalten hat. Wird von einer Arbeitnehmerin unmittelbar im Anschluss an das Beschäftigungsverbot nach § 6 Abs. 1 MuSchG Elternzeit nach § 15 BEEG in Anspruch genommen, richtet sich mit Beginn der Elternzeit das Fristenregime für den nicht genommenen Erholungsurlaub allein nach § 17 Abs. 2 BEEG, auch wenn er bereits nach § 17 Satz 2 MuSchG „übertragen” worden ist (vgl. Hk-MuSchG/BEEG/Pepping § 17 MuSchG Rn. 13 mwN; Neumann/Fenski/Kühn § 17 MuSchG Rn. 4 bis 6; HK-ArbR/Reinecke/Velikova § 17 MuSchG Rn. 5; Sowka DB 2002, 1658, 1659 zu § 17 Abs. 2 BErzGG). § 17 Satz 2 MuSchG steht dem nicht entgegen. Diese Vorschrift regelt vielmehr den Fall, dass sich an die Beschäftigungsverbote keine Elternzeit anschließt. Dies wird daraus deutlich, dass § 17 Satz 2 MuSchG im Anschluss an die Beschäftigungsverbote einen Zeitraum bestimmt, in dem der Urlaub beansprucht werden kann. Bei einer sich anschließenden Elternzeit ist eine solche Beanspruchung aber nicht möglich, weil die Hauptleistungspflichten ruhen. § 17 Abs. 2 BEEG ist in diesem Fall die speziellere Vorschrift.
bb) Vorliegend sind die Fristenregime des BEEG und des MuSchG für den im Jahr 2011 entstandenen Urlaub allerdings identisch, weil die Elternzeit der Klägerin ebenso wie das letzte Beschäftigungsverbot im Jahr 2012 endete. Die Klägerin konnte den Urlaub aus dem Jahr 2011 gemäß § 17 Satz 2 MuSchG im Jahr 2013 noch beanspruchen. Die Beklagte hatte ihn nach § 17 Abs. 2 BEEG in diesem Jahr noch zu gewähren.
c) Entgegen der Auffassung der Revision verfiel der Urlaubsanspruch nicht am 31. Dezember 2013. Der Urlaub wurde gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 BUrlG übertragen. Da die Klägerin nach dem Ende der Elternzeit mindestens bis zum 31. Dezember 2013 arbeitsunfähig krank war, wurde ihr Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2011 wegen in ihrer Person liegender Gründe jedenfalls bis zum 31. März 2014 übertragen. Nach dem Fristenregime des § 17 Abs. 2 BEEG und dem des § 17 Satz 2 MuSchG konnte die Klägerin ihren Urlaub aus dem Jahr 2011 im gesamten Jahr 2013 beanspruchen. Dieses Jahr ist deshalb auch für den aus dem Jahr 2011 stammenden Urlaub das maßgebliche Urlaubsjahr. Dieser Urlaub unterfiel damit dem Fristenregime des Urlaubs aus dem Jahr 2013. Damit konnte er unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG übertragen werden.
aa) Der Senat hat zu § 17 Abs. 2 BErzGG (nunmehr § 17 Abs. 2 BEEG) angenommen, diese Vorschrift verlängere den Übertragungszeitraum des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG bis zum Ablauf des nächsten auf die Beendigung der Elternzeit folgenden Jahres. Er konnte allerdings offenlassen, ob die Sonderregelung die Befristung des Urlaubsanspruchs (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG) auf das nächste Kalenderjahr oder zusätzlich auch auf den Übertragungszeitraum (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG) ausdehnt (vgl. BAG 20. Mai 2008 – 9 AZR 219/07 – Rn. 19 ff., BAGE 126, 352; anders noch BAG 21. Oktober 1997 – 9 AZR 267/96 – zu I 2 b der Gründe; 23. April 1996 – 9 AZR 165/95 – zu I 2 der Gründe, BAGE 83, 29).
bb) Nach dem Wortlaut des § 17 Satz 2 MuSchG und des § 17 Abs. 2 BEEG wird freilich keine Verlängerung des dreimonatigen Übertragungszeitraums des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG geregelt, sondern eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass der Erholungsurlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden muss (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG). § 17 Satz 2 MuSchG und § 17 Abs. 2 BEEG sprechen anders als § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG nicht von „der Übertragung des Urlaubs”, sondern davon, dass der Urlaub im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr beansprucht werden kann bzw. der Arbeitgeber den Urlaub im laufenden oder nächsten Urlaubsjahr zu gewähren hat. Damit knüpfen beide Vorschriften an den Wortlaut des § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG an, wonach der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden muss. § 17 Satz 2 MuSchG und § 17 Abs. 2 BEEG treffen deshalb bezüglich der Erfüllung und des Verfalls des Urlaubs eine eigenständige, von § 7 Abs. 3 BUrlG abweichende Regelung des Urlaubsjahres.
cc) Sinn und Zweck des § 17 Satz 2 MuSchG und des § 17 Abs. 2 BEEG bestätigen die wortlautgetreue Auslegung. Die betroffenen Arbeitnehmer sollen nach dem Willen des Gesetzgebers die Möglichkeit haben, ebenso wie die anderen Arbeitnehmer ihren Urlaub zumindest auf ein Kalenderjahr zu verteilen (anders noch BAG 21. Oktober 1997 – 9 AZR 267/96 – zu I 2 b der Gründe). Ansonsten wäre es nicht notwendig gewesen, Frauen nach den Beschäftigungsverboten und Arbeitnehmern nach der Elternzeit die Möglichkeit einzuräumen, den Urlaub im gesamten nächsten Urlaubsjahr zu nehmen. Hätte der Gesetzgeber in Anlehnung an § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG nur den Verfall des Urlaubs verhindern wollen, hätte es ausgereicht, einen entsprechenden dreimonatigen Übertragungszeitraum festzulegen. Das „nächste Urlaubsjahr” iSv. § 17 Abs. 2 BEEG und § 17 Satz 2 MuSchG ist damit kein – im Vergleich zur Regelung in § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG – verlängerter Übertragungszeitraum, sondern Urlaubsjahr iSv. § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG.
dd) Das Auslegungsergebnis entspricht dem Grundsatz, dass gesetzliche Urlaubsansprüche vor Ablauf eines Zeitraums von 15 Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres nicht erlöschen, wenn der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen an seiner Arbeitsleistung gehindert war. Diese Ansprüche gehen erst mit Ablauf des 31. März des zweiten Folgejahres unter (grundlegend BAG 7. August 2012 – 9 AZR 353/10 – Rn. 32, BAGE 142, 371). Endete ein nach § 3 Abs. 1 MuSchG aus gesundheitlichen Gründen bestehendes Beschäftigungsverbot kurz vor dem Jahresende und bestünde der Urlaubsanspruch entsprechend der Ansicht der Beklagten nur bis zum Ablauf des nächsten Urlaubsjahres, wäre der Übertragungszeitraum offenkundig nicht deutlich länger als die Dauer des Bezugszeitraums und könnte sogar nur ein Jahr und einen Tag betragen (vgl. zur Elternzeit Düwell in jurisPK-Vereinbarkeit von Familie und Beruf Kap. 6.17 Rn. 53; vgl. auch BeckOK ArbR/Schrader BEEG § 17 Rn. 10a, der auf ein Ende der Elternzeit im vierten Quartal eines Jahres abstellt).
3. Der Übertragung des Urlaubs gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 BUrlG steht nicht entgegen, dass die Übertragung des Urlaubs über den 31. Dezember eines Jahres nach Ziff. 3 des Arbeitsvertrags der Parteien der Zustimmung des Betriebsleiters bedarf.
a) Diese Regelung ist bezüglich des gesetzlichen Urlaubs gemäß § 134 BGB iVm. § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG nichtig. Sie schließt entgegen § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG eine Übertragung aus, die sich kraft Gesetzes vollzieht und damit unabhängig vom Willen der Vertragsparteien und insbesondere des Arbeitgebers ist. Für die Übertragung des Urlaubs kommt es allein auf das Vorliegen der Merkmale des § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG an. Es bedarf dafür keiner weiteren Handlungen von Arbeitgeber oder Arbeitnehmer. Aus diesem Grunde sind weder ein Antrag des Arbeitnehmers auf Übertragung noch eine entsprechende Annahmeerklärung des Arbeitgebers erforderlich, um die Übertragung des Urlaubs am Ende des Urlaubsjahres zu bewirken (BAG 25. August 1987 – 8 AZR 118/86 – zu 2 a der Gründe, BAGE 56, 53). Hiervon können die Arbeitsvertragsparteien nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abweichen (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG).
b) Die Zustimmung des Betriebsleiters war entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht hinsichtlich des übergesetzlichen Urlaubs, den die Parteien des Einzelarbeitsvertrags grundsätzlich frei regeln können (vgl. BAG 20. September 2011 – 9 AZR 416/10 – Rn. 43 mwN, BAGE 139, 168), Voraussetzung für die Übertragung. Die Regelung in Ziff. 3 des von der Beklagten vorformulierten Arbeitsvertrags benachteiligt die Klägerin unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und ist deshalb unwirksam, weil sie nicht zwischen gesetzlichem und übergesetzlichem Urlaub differenziert, sondern die Übertragung des Urlaubs ausnahmslos an die Zustimmung des Betriebsleiters der Beklagten knüpft (vgl. BAG 16. Dezember 2014 – 9 AZR 295/13 – Rn. 20).
II. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1 Satz 1, § 288 Abs. 1 BGB. Die Klägerin setzte der Beklagten mit Schreiben vom 12. Februar 2014 eine Zahlungsfrist bis zum 27. Februar 2014. Mit Ablauf dieser Frist befand sich die Beklagte in Verzug.
B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Brühler, Klose, Krasshöfer, Frank, Merte
Fundstellen
Haufe-Index 9163917 |
BAGE 2017, 1 |
BB 2016, 884 |
DB 2016, 7 |
DB 2016, 897 |
DStR 2016, 12 |