Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung - Unternehmerentscheidung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Entscheidung des Arbeitgebers, den Personalbestand auf Dauer zu reduzieren, gehört zu den sog unternehmerischen Maßnahmen, die zum Wegfall von Arbeitsplätzen führen und damit den entsprechenden Beschäftigungsbedarf entfallen lassen können.
2. Eine solche Unternehmerentscheidung ist hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und hinsichtlich des Begriffs "Dauer" zu verdeutlichen, damit das Gericht ua prüfen kann, ob sie - iS der Rechtsprechung zur betriebsbedingten Kündigung nach § 1 Abs 2 KSchG (ua BAG Urteil vom 30.04.1987 2 AZR 184/86 = BAGE 55, 262 = AP Nr 42 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung) - nicht offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist.
3. Insofern gelten die Grundsätze der abgestuften Darlegungslast: Zunächst hat der Arbeitgeber darzulegen, daß und wie die von ihm getroffene Maßnahme durchgeführt werden soll. Dann ist es Sache des Arbeitnehmers vorzutragen, warum die getroffene Maßnahme offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sein soll. Alsdann hat sich der Arbeitgeber hierauf weiter einzulassen.
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des
Landesarbeitsgerichts Berlin vom 10. Februar 1998 - 11 Sa 128/97
und 163/97 - aufgehoben.
2. Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das
Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der Kläger (zur Zeit der Kündigung 43 Jahre alt) war bei der Beklagten seit dem 13. Februar 1995 als Bauwerker mit einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 39 Stunden und einem Bruttostundenlohn von 20,62 DM (Berufsgruppe VII nach § 5 Nr. 2.1 BRTV-Bau) beschäftigt. Die Beklagte betreibt ein Unternehmen des Bauhauptgewerbes. Anfang März 1997 beschäftigte sie 11 ungelernte Mitarbeiter, darunter den Kläger, sowie 68 Facharbeiter, nämlich 39 Maurer, 6 Zimmerer/Einschaler, 4 Fuger, 4 Kranführer bzw. Maschinisten, 2 Kraftfahrer, 1 Schweißer/Kraftfahrer, 1 Putzmaschinenwart, 6 Vorarbeiter, 4 Werkpoliere und 1 Magaziner. Die ungelernten Mitarbeiter führten Hilfstätigkeiten aus, wie z.B. das Heranholen von Material und Geräten, Vorbereitungs-, Abschluß- und Reinigungsarbeiten sowie in gewissem Umfang auch Abbruch- und Stemmarbeiten. Den überwiegenden Teil der Abbruch- und Stemmarbeiten ließ die Beklagte von Subunternehmen ausführen, die auf solche Tätigkeiten spezialisiert sind und deshalb kostengünstiger arbeiten können, als es der Beklagten möglich ist. Am 12. März 1997 faßte die Gesellschafterversammlung der Beklagten den Beschluß, alle Mitarbeiter ohne abgeschlossene Berufsausbildung, soweit sie keine angelernten Spezialtätigkeiten ausüben, zu entlassen und die von diesen ausgeführten Tätigkeiten teilweise den bei der Beklagten beschäftigten Facharbeitern und teilweise Subunternehmen zu übertragen; die Facharbeiter sollten zukünftig die von den Hilfskräften ausgeführten Hilfstätigkeiten miterledigen und auf die Subunternehmen sollten sämtliche Abbruch- und Stemmarbeiten übertragen werden.
Von den elf ungelernten Hilfskräften schied ein Mitarbeiter am 31. März 1997 und ein weiterer aus Altersgründen am 1. Mai 1997 aus dem Betrieb aus. Gegenüber den übrigen neun Helfern sprach die Beklagte Anfang April 1997 mit unterschiedlichen Fristen zwischen zwei und sieben Monaten ordentliche Kündigungen aus; dem Kläger kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 2. April 1997 zum 17. April 1997.
Mit seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt, insbesondere liege für sie kein dringender betrieblicher Grund vor. So habe der Bauleiter K noch bei einer Arbeitsbesprechung am 20. Dezember 1996 mitgeteilt, daß 1996 mit Gewinn gearbeitet worden sei und für 1997 genügend Aufträge vorhanden seien. Allenfalls liege eine jahreszeitbedingte vorübergehende Auftragsreduzierung vor. Es fehle auch an einem Vortrag zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Gesellschafterbeschlusses vom 12. März 1997. Infolge Annahmeverzuges schulde die Beklagte die Vergütung für die Zeit vom 18. April bis 8. September 1997.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den
Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 2. April 1997
nicht aufgelöst worden ist,
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn, den Kläger, 12.452,00
DM brutto abzüglich des erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe
von 5.635,80 DM netto nebst 4 % Zinsen seit dem 18. April 1997
aus dem sich ergebenden Nettobetrag zu zahlen.
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag vorgetragen, die Kündigung gegenüber dem Kläger sei schon deshalb sozial gerechtfertigt, weil sie auf einer unternehmerischen Entscheidung beruhe, nämlich sämtliche ungelernten Hilfskräfte zu entlassen und deren bisherige Arbeiten auf die Facharbeiter und Subunternehmer zu verteilen. Dazu habe sie sich entschlossen, nachdem sie bei 26 Ausschreibungen zwischen Mitte November 1996 und Ende Februar 1997 nur in drei Fällen als günstigster Anbieter den Zuschlag erhalten habe; sie führe das darauf zurück, daß andere Anbieter im Bereich der Bauhilfsarbeiten kostengünstiger arbeiteten; insoweit lägen die Preise anderer Anbieter zwischen 8,00 DM und 15,00 DM pro Stunde, während sie dem Bauwerker den bis zum 31. März 1997 geltenden Tariflohn von 20,62 DM - im Vergleich dem Spezialbaufacharbeiter nach Lohngruppe III: 24,94 DM pro Stunde - zu zahlen habe. Da in der Bauwirtschaft mindestens 50 % des Auftragswertes auf Personalkosten entfielen, liege es auf der Hand, daß sie bei der Kalkulation mit Tariflöhnen den Angeboten der Wettbewerber hoffnungslos unterlegen sei. Im übrigen sei ihr Auftragsbestand per 30. November 1996 von 4,9 Mio. auf 3,3 Mio. per 28. Februar 1997 gesunken. Aus diesem Grund verlange sie von den Facharbeitern zukünftig, daß diese die Arbeiten, die bisher von den Bauhelfern ausgeführt wurden, miterledigten, was für die Facharbeiter bei rückläufiger Arbeitsmenge ohne weiteres möglich sei. Im übrigen sei auch die Entscheidung sachgerecht, sämtliche Abbruch- und Stemmarbeiten zukünftig Subunternehmen zu übertragen.
Das Arbeitsgericht hat ein wegen der Kündigungsschutzklage zugunsten des Klägers ergangenes Versäumnisurteil aufrechterhalten. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben; auf die Klageerweiterung hat das Berufungsgericht außerdem nach dem Zahlungsantrag erkannt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte nach wie vor die Klageabweisung.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung (§ 565 ZPO), da der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch nicht abschließend über die soziale Rechtfertigung der Kündigung entscheiden kann.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung kurz zusammengefaßt wie folgt begründet: Die Kündigung sei nicht sozial gerechtfertigt (§ 1 Abs. 2 KSchG), weil die Beklagte nicht ausreichend geschildert habe, inwiefern die Durchführung des unternehmerischen Organisationszieles zu einem Wegfall der bisherigen Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger geführt habe. Die Entscheidung der Beklagten zur Stellenstreichung sei nicht so exakt ausgeformt, daß dem Gericht eine Nachprüfung ihrer konkreten Auswirkungen möglich sei; eine betriebsbedingte Kündigung könne nicht von vornherein mit einer Leistungsverdichtung bei gleichbleibender Arbeitsmenge begründet werden, weil auf diese Weise der Belegschaft rechtswidrig eine vom Arbeitsvertragsinhalt nicht gedeckte Arbeitsleistung abverlangt werden könne. Die Beklagte habe insoweit nicht konkret zur Abwicklung der Arbeiten vorgetragen.
II. Dem folgt der Senat nicht. Die Beklagte rügt zu Recht eine Verletzung des § 1 Abs. 2 KSchG sowie eine Nichtbeachtung einschlägiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.
1. Bei der Beantwortung der Frage, ob eine ordentliche Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt ist, weil dringende betriebliche Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entgegenstehen, geht es um die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, die vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden kann, ob das Landesarbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil die Rechtsbegriffe selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es bei der gebotenen Interessenabwägung, bei der dem Tatsachenrichter ein Beurteilungsspielraum zusteht, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (st. Rechtsprechung, vgl. BAGE 42, 151, 157 = AP Nr. 12 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu B II 1, 2 der Gründe und Urteil vom 26. September 1996 - 2 AZR 200/96 - BAGE 84, 209, 212= AP Nr. 80, aaO, zu II 2 der Gründe). Danach hält das angegriffene Urteil den Revisionsangriffen nicht stand.
a) Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung im Sinne der Vorschrift des § 1 Abs. 2 KSchG können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Eine Kündigung ist aus innerbetrieblichen Gründen gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber im Unternehmensbereich zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren innerbetrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt (vgl. u.a. BAG Urteil vom 7. Dezember 1978 - 2 AZR 155/77 - BAGE 31, 157 = AP Nr. 6, aaO und Urteil vom 29. März 1990 - 2 AZR 369/89 - BAGE 65, 61 = AP Nr. 50, aaO).
Von den Arbeitsgerichten voll nachzuprüfen ist, ob eine derartige unternehmerische Entscheidung tatsächlich vorliegt und durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist. Dagegen ist die unternehmerische Entscheidung nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAGE 55, 262 = AP Nr. 42, aaO und Urteil vom 29. März 1990, aaO). Dazu hat der Senat weiter entschieden (Urteile vom 24. April 1997 - 2 AZR 352/96 - BAGE 85, 358 = AP Nr. 42 zu § 2 KSchG 1969 und 7. Mai 1998 - 2 AZR 536/97 - AP Nr. 94 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen), die Unternehmerentscheidung könne auch darin liegen, künftig auf Dauer mit weniger Personal zu arbeiten; soweit dadurch eine Leistungsverdichtung eintrete, werde sie als Konzept gewollt und dadurch notwendig werdende Änderungen seien in Kauf genommen; der rationelle Einsatz des Personals sei Sache der Unternehmerentscheidung. In diesem Zusammenhang hat der Senat ferner angenommen (BAGE 73, 151, 161 f. = AP Nr. 31, aaO, zu II 1 der Gründe), es liege in der unternehmerischen Entscheidung, mit welcher Anzahl von Arbeitskräften der Arbeitgeber nach Durchführung eines innerbetrieblichen Organisationsaktes die verbleibende Arbeitsmenge durchführen lasse; so gehöre die Bestimmung zum Bereich der Unternehmenspolitik, ob ein umfangmäßig konkretisierter Dienstleistungsbedarf z.B. nur mit Volltags- oder teilweise auch mit Halbtagsbeschäftigungen abgedeckt werden solle. Schließlich hat der Senat in einem hier einschlägigen Urteil vom 11. September 1986 (- 2 AZR 564/85 - EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 54) entschieden, die Übertragung von Bauwerkerarbeiten auf die Facharbeiter könne eine Unternehmerentscheidung im vorstehenden Sinne darstellen.
b) Von dieser Rechtsprechung divergiert das angegriffene Urteil jedenfalls insoweit, als es nicht berücksichtigt, die betriebsbedingte Kündigung könne mit der Vergabe von Arbeiten an Subunternehmer begründet werden, und außerdem davon ausgeht, die Beklagte habe ihre unternehmerische Entscheidung zur Stellenreduzierung - jedenfalls auf einer ersten Stufe der Darlegungslast (vgl. nachfolgend zu c) - noch nicht ausreichend begründet.
aa) Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, stützt die Beklagte die Kündigung nicht auf außerbetriebliche Gründe in dem oben gekennzeichneten Sinne. Dem stimmt die Revision ausdrücklich zu. Die Beklagte beruft sich vielmehr auf ihre unternehmerische Entscheidung zur Personalreduzierung, die mit einer Neuverteilung der den Bauhelfern bisher obliegenden Arbeiten einhergehen soll.
bb) Insoweit spricht das Landesarbeitsgericht, was die Vergabe von Abbruch- und Stemmarbeiten an Subunternehmer angeht, zu Unrecht von einer "Verdichtung" der Arbeit. Tatsächlich liegt eine Vergabe von bisher im Betrieb durchgeführten Arbeiten an einen Unternehmer zur selbständigen Durchführung vor, worin der Senat (vgl. BAGE 55, 228 = AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; zuletzt auch Urteil vom 12. November 1998 - 2 AZR 91/98 - NZA 1999, 471, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B II 5 der Gründe) eine die Arbeitsgerichte bindende Unternehmerentscheidung gesehen hat, die zum Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten führt; das hat das Landesarbeitsgericht nicht berücksichtigt. Es kann dem Arbeitgeber nicht angesonnen werden, die früher von den Bauwerkern erbrachten Abbruch- und Stemmarbeiten weiterhin von ihnen ausüben zu lassen, wenn er sie aus Kostengründen von darauf spezialisierten Subunternehmen günstiger ausführen lassen will und kann. Dieses Ansinnen berührt unmittelbar die unternehmerische Freiheit (Art. 2 Abs. 1, 12, 14 GG). Es ist nicht Sache des Arbeitsgerichts, dem Arbeitgeber eine "bessere" oder "richtigere" Unternehmenspolitik vorzuschreiben und damit in die Kostenkalkulation des Arbeitgebers einzugreifen (so schon Senatsurteil vom 30. April 1987 - AP Nr. 42, aaO; vgl. ferner Senatsbeschluß vom 21. Juni 1995 - 2 ABR 28/94 - BAGE 80, 185, 192 f. = AP Nr. 36 zu § 15 KSchG, zu B II 2 a bb der Gründe, mit kritischer Anm. von U. Preis). In der einschlägigen Literatur wird zutreffend darauf hingewiesen (Tenczer/Stahlhacke, Anm. zu EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 16), daß dafür das Arbeitsgericht auch nicht die Haftung übernehme.
c) Was die Entscheidung angeht, den Facharbeitern die restlichen bisher von den Bauwerkern ausgeübten Tätigkeiten zu übertragen, gilt folgendes:
Es kommt im Rahmen der Prüfung des § 1 KSchG allein darauf an, ob infolge einer unternehmerischen Entscheidung, die durch das Gericht im allgemeinen nicht nachprüfbar ist, das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers noch besteht oder ob mangels einer solchen Beschäftigungsmöglichkeit eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen sozial gerechtfertigt ist. Mit dem Gesellschafterbeschluß vom 12. März 1997 hat die Beklagte die Entscheidung getroffen, die Beschäftigungsmöglichkeiten für Bauwerker durch Übernahme dieser Tätigkeiten seitens der Baufacharbeiter entfallen zu lassen (siehe hierzu schon Senatsurteil vom 11. September 1986 - 2 AZR 564/85 - EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 54). Hierbei könnte es sich nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts um eine bindende Unternehmerentscheidung in dem oben gekennzeichneten Sinne handeln. Daß der Gesellschafterbeschluß, der eine neue Arbeitsstruktur einführen soll, etwa nicht umgesetzt worden ist, hat der Kläger bisher nicht geltend gemacht.
Wie der Senat in einem parallel gelagerten Rechtsstreit am gleichen Tage entschieden hat (Urteil vom 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - zur Veröffentlichung vorgesehen) kann dann, wenn die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluß ohne nähere Konkretisierung nicht voneinander getrennt werden können, die vom Senat bisher angenommene Vermutung (vgl. u.a. Senatsurteile vom 30. April 1987 - 2 AZR 184/86 - BAGE 55, 262, 271 f. = AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu III 2 c der Gründe und vom 24. Oktober 1979 - 2 AZR 940/77 - AP Nr. 8, aaO, zu II 2 a der Gründe), die Unternehmerentscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht von vornherein greifen. In diesen Fällen muß der Arbeitgeber vielmehr darlegen, in welchem Umfang die fraglichen Arbeiten - hier die bisher vom Kläger ausgeübten Hilfstätigkeiten - zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand anfallen, d.h. es geht um die Darlegung einer näher konkretisierten Prognose der Entwicklung aufgrund außerbetrieblicher Faktoren oder unternehmerischer Vorgaben, z.B. nur noch eine geringere Zahl von Aufträgen anzunehmen - die Beklagte spricht recht pauschal von einem Rückgang des Auftragsbestandes und einer ungünstigen Kostensituation - und wie diese Arbeiten von dem verbliebenen Personal ohne überobligatorische Leistungen erledigt werden können. Der Arbeitgeber muß im Kündigungsschutzprozeß konkrete Angaben dazu machen, wie sich die Verringerung der Produktion auf die Arbeitsmenge auswirkt und in welchem Umfang dadurch ein konkreter Arbeitskräfteüberhang entsteht (vgl. Hueck/von Hoyningen-Huene, KSchG, 12. Aufl., § 1 Rz 376 a; Dorndorf/Weller/Hauck, KSchG, § 1 Rz 883). Im Wege einer abgestuften Darlegungslast wäre es dann Sache des Arbeitnehmers, hierauf - soweit ihm dies, z.B. aus seiner bisherigen Arbeit möglich ist - zu erwidern. Dann wäre es wiederum Sache des Arbeitgebers, sich darauf weiter einzulassen (ähnlich KR-Etzel, 5. Aufl., § 1 KSchG Rz 573; Bitter, DB 1999, 1214, 1217). Der Arbeitgeber muß substantiiert dartun, wie sich die Umsetzung seiner unternehmerischen Entscheidung auf die Beschäftigungsmöglichkeiten ausgewirkt hat (so Ascheid, KSchR, Rz 240 f., Rz 290). Nicht nur die durch äußere Anlässe bedingte, sondern auch die autonome, gestaltende Unternehmerentscheidung muß sich in greifbaren betrieblichen und damit objektivierbaren Formen niederschlagen (Stahlhacke/Preis, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 6. Aufl., Rz 627). Zusammenfassend ist zu sagen: Je näher die eigentliche Organisationsentscheidung an den Kündigungsentschluß rückt, umso mehr muß der Arbeitgeber durch Tatsachenvortrag verdeutlichen, daß ein Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer entfallen ist.
aa) Insoweit ist für den vorliegenden Fall - im Unterschied zu der im Parallelfall - 2 AZR 141/99 - getroffenen Unternehmerentscheidung, bei der die eigentliche Organisationsentscheidung und die an sich daraus folgende Kündigung praktisch zusammenfielen - festzustellen, daß die Beklagte durch den Gesellschafterbeschluß vom 12. März 1997 eine schon nach außen deutlich sichtbarere Organisationsentscheidung getroffen hat, der Anfang April die Kündigungen der davon betroffenen Bauwerker folgten. Der dadurch bedingte Arbeitskräfteüberhang wird einerseits schon durch die Verlagerung der Stemm- und Abbrucharbeiten auf Subunternehmer sowie ferner durch die Übertragung restlicher Bauwerkertätigkeiten auf die Facharbeiter angesichts des behaupteten Rückgangs der von diesen zu erbringenden Arbeitsmenge indiziert.
bb) Die Revision rügt insofern zutreffend, das Berufungsgericht komme zu dem von ihm an sich zu Recht geforderten Erfordernis der Nachprüfbarkeit der Auswirkungen der unternehmerischen Entscheidung auf den Bestand der übrigen Arbeitsverhältnisse nur mit der Unterstellung, daß bei der von ihm angenommenen Leistungsverdichtung bei gleichbleibender Arbeitsmenge der Belegschaft rechtswidrig eine vom Arbeitsvertragsinhalt nicht gedeckte Arbeitsleistung abverlangt werde. Die Annahme einer "gleichbleibenden Arbeitsmenge" ist eine bloße Mutmaßung, die im Widerspruch zu der nicht bestrittenen Behauptung der Beklagten steht, aufgrund des Auftragsrückgangs per 30. November 1996 von 4,9 Mio. auf 3,3 Mio. per 28. Februar 1997 seien bei rückläufiger Arbeitsmenge die Bauhilfsarbeiten von den Facharbeitern mit zu übernehmen. Dazu hat sich der Kläger bisher nicht näher erklärt, sondern nur geltend gemacht, die Zeitspanne von drei Monaten sei nicht repräsentativ.
cc) Der Beklagten ist auch einzuräumen, daß die Art und Weise des Einsatzes des Personals ihre Sache ist, d.h. solange nach den vorstehenden Ausführungen keine überobligatorischen Leistungen verlangt werden, liegt eine bindende Unternehmerentscheidung vor. Das gilt im vorliegenden Fall jedenfalls insoweit, als den Fachkräften des Baugewerbes keine artfremden Tätigkeiten abverlangt, sondern nur Hilfstätigkeiten übertragen werden, die wie das Heranholen von Material und Geräten sowie Vor-, Abschluß- und Reinigungsarbeiten bei Nichtvorhandensein von Hilfspersonal ohnehin in einem Arbeitsvorgang von ihnen mitzuerledigen wären. Das Landesarbeitsgericht argwöhnt insoweit eine vom jeweiligen Arbeitsvertrag nicht gedeckte und/oder tarif- bzw. gesetzwidrige Wahrnehmung der Hilfstätigkeiten durch die Fachkräfte, ohne daß dafür tatsächliche Anhaltspunkte ersichtlich sind. Die Berufsgruppeneinteilung nach § 5 Nr. 2.1 des allgemeinverbindlichen BRTV-Bau steht dem nicht entgegen, wonach Spezialbaufacharbeiter, gehobene Baufacharbeiter und Baufacharbeiter in den Gruppen III bis V, Bauwerker und Hilfskräfte dagegen in den Gruppen VII bis VIII erfaßt werden, ohne daß die zusätzliche Ausübung von Hilfstätigkeiten an der zutreffenden Eingruppierung nach § 5 Nr. 2.2 BRTV-Bau etwas ändert. Auch die Berliner Lohntarifverträge enthalten - die Parteien haben dazu nichts anderes vorgetragen - keine anderen Eingruppierungsmerkmale (vgl. zur einschlägigen Eingruppierungssystematik u.a. BAG Urteil vom 20. April 1988 - 4 AZR 678/87 - AP Nr. 93 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Bei Anwendung der Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast hat daher die Beklagte ihr unternehmerisches Konzept dargestellt, das auf Dauer zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit der Bauwerker, darunter des Klägers führt; es wäre nunmehr Sache des Klägers, die Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkürlichkeit dieses Konzepts darzustellen.
dd) Der Kläger hat bisher nicht behauptet, die in Rede stehende Unternehmerentscheidung sei tatsächlich nicht zu verwirklichen. Insbesondere hat der Kläger seinerseits nicht vorgetragen, die geplante Beschäftigung der Facharbeiter u.a. mit Hilfstätigkeiten sei etwa art- und berufsfremd oder gar tarifwidrig oder umfangmäßig unvertretbar, also vertragswidrig.
ee) Die Anwendung der Grundsätze über die abgestufte Darlegungs- und Beweislast ermöglicht insofern eine sachgerechte Lösung: Erscheint das unternehmerische Konzept nicht von vornherein gesetz-, tarif- oder vertragswidrig, ist es als geeignetes Mittel zum rationelleren Einsatz der Arbeitnehmer anzusehen und schafft damit die Voraussetzung für die auf betriebliche Erfordernisse gestützte Kündigung. Dem Arbeitnehmer, der - wie der Kläger - Einblick in die Geschehensabläufe seiner bisherigen Arbeit (Hilfstätigkeiten als Bauwerker, ferner Abbruch- und Stemmarbeiten) hat, kann dann abverlangt werden näher vorzutragen, warum diese Tätigkeiten durch die Facharbeiter nicht plan- und konzeptmäßig durchgeführt werden können; nur soweit der Arbeitnehmer einen solchen Einblick nicht hat, käme auch ein Bestreiten des Arbeitnehmers mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) in Betracht. Insoweit fehlt von Seiten des Klägers bisher eine Stellungnahme bzw. näherer Vortrag. Die allgemeine Behauptung, der Bauleiter K habe noch am 20. Dezember 1996 von einem Gewinn für 1996 gesprochen und für 1997 seien noch genügend Aufträge vorhanden, reicht dazu nicht aus. Der Hinweis, für eine Gesamtbetrachtung fehle es an der Angabe der ersparten Lohnkosten, führt ebenfalls nicht weiter, sondern zielt nur wieder auf die gerade nicht angängige Kosten-Wirtschaftlichkeits-Prüfung. Da der Kläger in beiden Vorinstanzen aufgrund der anders gelagerten Begründung der Gerichte obsiegt hat, muß ihm nach Auffassung des Senats Gelegenheit gegeben werden, sich auf die teilweise neue Rechtsprechung zur abgestuften Darlegungslast einzustellen. Der Senat konnte außerdem auf das neue, von der Beklagten bestrittene Vorbringen des Klägers in der Revisionsinstanz wegen § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht eingehen.
ff) Gelingt dem Kläger eine substantiierte Erwiderung, die die Durchführung der neuen Arbeitsstruktur als offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich erscheinen läßt, wird es Sache der Beklagten sein, sich hierauf weiter einzulassen und u.a. präzisere Prognosen für den von ihr angenommenen Beschäftigungsbedarf darzustellen. Dabei muß es nach Auffassung des Senats der Beklagten überlassen werden, ob sie z.B. eine langsamere Fertigstellung aufgrund des Einsatzes von Facharbeitern mit zusätzlichen Hilfstätigkeiten ohne Bauhilfspersonal und damit gleichzeitig eine eventuell erwünschte Arbeitsstreckung in Kauf nimmt oder in anderer Weise dem prognostizierten Arbeitskräfteüberhang begegnet. Der möglichst rationelle Einsatz der Arbeitskräfte ist auch insoweit Sache des Arbeitgebers.
e) Ob es nach der Zurückverweisung auf die Frage der Beweislast für die offensichtliche Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkür der Arbeitgebermaßnahme ankommen wird (kritisch hierzu bereits KR-Becker, 3. Aufl., § 1 KSchG Rz 313; Däubler, Das Arbeitsrecht 2, 8.6.1.1. Rz 1036; Bitter, DB 1999, 1214, 1217), läßt sich derzeit noch nicht übersehen.
2. Da über die Kündigung nicht abschließend entschieden werden kann, gilt dies auch für die klägerischen Ansprüche aus Annahmeverzug gemäß §§ 615, 293 f. BGB. Auch insoweit unterliegt das Berufungsurteil deshalb der Aufhebung und Zurückverweisung.
Etzel Bitter Fischermeier
Strümper Lenz
Fundstellen
Haufe-Index 610871 |
BAGE, 61 |
BB 1999, 1930 |
BB 1999, 2300 |
DB 1999, 1910 |
NJW 2000, 378 |
ARST 2000, 32 |
EWiR 2000, 43 |
FA 1999, 339 |
NZA 1999, 1095 |
SAE 2000, 126 |
ZIP 1999, 1729 |
ZTR 1999, 526 |
AP, 0 |
AuA 2000, 93 |
NJ 1999, 667 |
RdW 1999, 736 |