Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermögenswirksame Leistungen – Arbeitszeitverkürzung
Leitsatz (amtlich)
Die Vergütung eines vollbeschäftigten Angestellten dessen regelmäßige Arbeitszeit durch einen auf der Grundlage des § 15 c BAT-O abgeschlossenen Tarifvertrag verkürzt wird, ermäßigt sich wie bei einem Teilzeitbeschäftigten entsprechend dem Umfang der Arbeitszeitverkürzung. Dies gilt mangels anderweitiger bezirklicher oder örtlicher Tarifregelung auch für die vermögenswirksamen Leistungen.
Normenkette
Tarifvertrag über vermögenswirksame Leistungen an Angestellte (TV VL Ang-O) vom 8. Mai 1991 § 1; Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 i.d. F. des Änderungstarifvertrags Nr. 4 vom 25. April 1994 § 15 c; 5. Vermögensbildungsgesetz § 2 Abs. 7
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 29. Januar 1997 – 9 Sa 445/95 – in der Kostenentscheidung und insoweit aufgehoben, als es die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Jena vom 23. März 1995 – 4 Ca 347/94 – hinsichtlich eines Betrages von DM 1,94 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit 12. Dezember 1994 zurückgewiesen hat.
2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Jena vom 23. März 1995 – 4 Ca 347/94 – in der Kostenentscheidung und insoweit abgeändert, als es die Beklagte verurteilt hat, an die Klägerin DM 1,94 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit 12. Dezember 1994 zu zahlen. Insoweit wird die Klage abgewiesen.
3. Die Beklagte trägt 45/47, die Klägerin 2/47 der Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten der Revision. Diese trägt die Klägerin.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der der Klägerin für Oktober und November 1994 zustehenden vermögenswirksamen Leistungen.
Die Klägerin ist bei der Beklagten als Erzieherin beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 1. Juli 1991 haben die Parteien vereinbart, daß die Klägerin auf unbestimmte Zeit als vollbeschäftigte Angestellte mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt wird. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft Organisationszugehörigkeit und aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – manteltarifliche Vorschriften (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 Anwendung.
§ 15 c BAT-O in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 4 vom 25. April 1994 lautete wie folgt:
„§ 15 c Besondere regelmäßige Arbeitszeit
(1) Zur Sicherung von Beschäftigungsmöglichkeiten, die Vorrang vor betriebsbedingten Kündigungen hat, sind alle Möglichkeiten zum sozialverträglichen Personalabbau auszuschöpfen.
(2) Bis zum 31. Dezember 1995 kann durch bezirkliche oder örtliche Tarifverträge die regelmäßige Arbeitszeit (§ 15 Abs. 1) für längstens drei Jahre auf bis zu 32 Stunden wöchentlich herabgesetzt werden. In den Tarifverträgen nach Satz 1 ist ein nach der Verkürzung gestaffelter Teillohnausgleich zu vereinbaren.
Unterabsatz 1 gilt in den Fällen des § 15 Abs. 2 bis 4 und der Sonderregelungen zu § 15 mit der Maßgabe, daß die jeweilige Arbeitszeit um bis zu 20 v.H. herabgesetzt werden kann.
(3) Solange für den Angestellten eine Arbeitszeit nach Absatz 2 gilt, kann ihm nicht betriebsbedingt gekündigt werden.
(4) Diese Vorschrift tritt mit Ablauf des 31. Dezember 1998 außer Kraft; die auf ihrer Grundlage abgeschlossenen Tarifverträge treten spätestens zu diesem Zeitpunkt außer Kraft. Die Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 des Tarifvertragsgesetzes wird ausgeschlossen.”
Im Oktober 1994 schlossen die Beklagte und die Gewerkschaft ÖTV, Kreisverwaltung Jena, einen Tarifvertrag (im folgenden: TV Jena), der auszugsweise wie folgt lautet:
„Tarifvertrag
Zu § 15 c BAT-O
…
§ 1 Geltungsbereich
Dieser Tarifvertrag gilt für die in dem nachstehend näher umschriebenen Bereich beschäftigten Arbeitnehmer der Stadt Jena (Arbeitgeber):
Das sind diejenigen Arbeitnehmer, die in Kindereinrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 2, 3 und 5 des Thüringer Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder als Landesausführungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz vom 25. Juni 1991 (GVBl. S. 113) tätig sind und auf die der 6. Tarifvertrag zur Änderung der Anlage 1 a zum BAT (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) vom 19. Juni 1970 in der Neufassung des Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1 a zum BAT vom 24.4.1991 (VKA-Vergütungsordnung) Anwendung findet.
Hiervon ausgenommen sind Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis spätestens am 31.12.1994 endet.
§ 2 Besondere regelmäßige Arbeitszeit
(1) Die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Sinne des § 15 Abs. 1 BAT-O beträgt ausschließlich der Pausen für die von § 1 erfaßten Arbeitnehmer
a) |
für die Zeit vom 1.10.1994 bis 30.06.1995 |
37 Stunden, |
b) |
für die Zeit vom 1.07.1995 bis 15.03.1996 |
32 Stunden. |
(2) Ist im Arbeitsvertrag eine von § 15 BAT-O und den Sonderregelungen bzw. Sondervereinbarungen abweichende Arbeitszeit vereinbart, verbleibt es bei dieser Arbeitszeit, soweit nicht die in Absatz 1 festgelegte Arbeitszeit überschritten wird.
(3) Die unter Absatz 1 fallenden Arbeitnehmer erhalten von der Summe der Vergütung (§ 26 BAT-O) und der in Monatsbeträgen festgelegten Zulagen den Teil, der dem Verhältnis entspricht, in dem die für sie geltende Arbeitszeit zu der Arbeitszeit steht, die für sie ohne Anwendung dieses Tarifvertrages gelten würde.
Satz 1 gilt nicht für Zulagen nach § 33 a BAT-O.
(4) Neben den nach Absatz 3 zustehenden Bezügen erhält der Arbeitnehmer einen Teillohnausgleich.
Der Teillohnausgleich beträgt für die Zeit vom 1.10.1994 bis zum 30.6.1995 einmalig 200,00 DM und wird ausgezahlt mit den Bezügen für den Monat April 1995.
Der Teillohnausgleich beträgt für die Zeit vom 1.7.1995 bis zum 15.3.1996 monatlich 200,00 DM.
Dieser Teillohnausgleich gilt als eine in Monatsbeträgen festgelegte Zulage.
…”
Die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin wurde dementsprechend im Oktober und November 1994 auf 37 Stunden wöchentlich verkürzt. Die Beklagte gewährte der Klägerin im Oktober 1994 aufgrund ihrer 25jährigen Beschäftigungszeit eine Jubiläumszuwendung in Höhe von 555,00 DM. Für Oktober und November 1994 zahlte die Beklagte der Klägerin vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 12,03 DM monatlich. In beiden Fällen hatte die Beklagte wegen der Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit von 40 auf 37 Stunden eine Kürzung des tariflich vorgesehenen Betrages um 3/40 vorgenommen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stünden sowohl die Jubiläumszuwendung als auch die vermögenswirksamen Leistungen ungekürzt in Höhe von 600,00 DM (Jubiläumszuwendung) und 13,00 DM monatlich (vermögenswirksame Leistungen) zu, da sie tariflich als vollbeschäftigte Arbeitnehmerin anzusehen sei.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 46,94 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 12. Dezember 1994 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Klägerin sei nicht vollbeschäftigte Arbeitnehmerin im Tarifsinne, weshalb sie die Leistungen um 3/40 habe kürzen dürfen. Dies folge aus § 2 Abs. 1 BeschFG. Danach seien Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, deren regelmäßige Arbeitszeit kürzer sei als die Arbeitszeit vollbeschäftigter Arbeitnehmer. Die vollbeschäftigten Arbeitnehmer der Beklagten arbeiteten wöchentlich durchschnittlich 40 Stunden. Auch der vereinbarte Teillohnausgleich spreche dafür, daß die betreffenden Arbeitnehmer Teilzeitkräfte seien, denn daraus ergebe sich, daß der TV Jena grundsätzlich eine Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich vorsehe. Deshalb seien die von seinem Geltungsbereich erfaßten Arbeitnehmer hinsichtlich ihrer Vergütung jedenfalls wie Teilzeitbeschäftigte zu behandeln. Dies entspreche dem Sinn und Zweck des § 15 c BAT-O, der die Möglichkeit eröffne, in personell überbesetzten Bereichen der öffentlichen Verwaltung im Beitrittsgebiet durch eine Arbeitszeitverkürzung ohne zusätzlichen finanziellen Aufwand Arbeitsplätze zu erhalten und betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag nur noch in Bezug auf die vermögenswirksamen Leistungen für Oktober und November 1994 in Höhe von 1,94 DM brutto nebst Zinsen weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet und führt zur Abweisung der Klage in Höhe von 1,94 DM brutto nebst Zinsen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der ungekürzten vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 13,00 DM monatlich für die Monate Oktober und November 1994, vielmehr war die Beklagte berechtigt, diese im Umfang der Arbeitszeitreduzierung zu kürzen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden für Oktober und November 1994 die ungekürzten vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 13,00 DM monatlich zu, weil sie als vollbeschäftigte Angestellte im Sinne des Tarifvertrags über vermögenswirksame Leistungen an Angestellte (im folgenden: TV VL Ang-O) anzusehen sei, der Tarifvertrag eine Kürzung der vermögenswirksamen Leistungen entsprechend dem Maß der vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit aber nur für Nichtvollbeschäftigte vorsehe.
II. Dem folgt der Senat nicht. Zwar ist die Klägerin vollbeschäftigte Angestellte im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 TV VL Ang-O. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch verkannt, daß die Klägerin wegen der durch § 15 c BAT-O ermöglichten und durch den TV Jena vollzogenen Arbeitszeitverkürzung ohne vollen Lohnausgleich in Bezug auf die Vergütung – mit Ausnahme des Teillohnausgleichs – wie eine teilzeitbeschäftigte Angestellte zu behandeln ist.
1. Nach § 1 Abs. 1 TV VL Ang-O erhält der Angestellte monatlich eine vermögenswirksame Leistung im Sinne des Vermögensbildungsgesetzes. Für den vollbeschäftigten Angestellten beträgt die vermögenswirksame Leistung monatlich 13,00 DM (§ 1 Abs. 3 Satz 1 TV VL Ang-O). Der nicht vollbeschäftigte Angestellte erhält von diesem Betrag den Teil, der dem Maß der mit ihm vereinbarten durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit entspricht (§ 1 Abs. 3 Satz 2 TV VL Ang-O).
Die Klägerin ist vollbeschäftigte Angestellte im Sinne des § 1 Abs. 3 TV VL Ang-O. Zwar definieren weder dieser Tarifvertrag noch der BAT-O ausdrücklich den Begriff des vollbeschäftigten bzw. nicht vollbeschäftigten Angestellten. Was unter einem vollbeschäftigten Angestellten zu verstehen ist, läßt sich aber aus § 15 b BAT-O entnehmen. Nach dieser Vorschrift soll mit vollbeschäftigten Angestellten unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag eine geringere als die regelmäßige Arbeitszeit (§ 15 und die Sonderregelungen hierzu) vereinbart werden. Daraus ergibt sich, daß Vollbeschäftigte solche Angestellte sind, die die regelmäßige Arbeitszeit nach § 15 BAT-O bzw. den Sonderregelungen hierzu zu erbringen haben (vgl. Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann/Pühler, BAT, Stand Oktober 1998, § 34 Erl. 1; Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, Stand Dezember 1998, § 34 Rz 2). Bei der Ermittlung der maßgeblichen wöchentlichen Arbeitszeit im konkreten Fall ist nicht auf die betriebsübliche Arbeitszeit abzustellen, sondern auf die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Angestelltengruppe, der der betreffende Arbeitnehmer angehört (vgl. BAG Urteil vom 31. Juli 1984 – 3 AZR 139/82 – AP Nr. 10 zu § 62 BAT; Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann/Pühler, aaO). Dies folgt aus § 34 BAT-O. Danach erhalten nicht vollbeschäftigte Angestellte von der Vergütung, die für entsprechende vollbeschäftigte Angestellte festgelegt ist, den Teil, der dem Maß der mit ihnen vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit entspricht.
§ 15 c BAT-O sieht, wie sich aus der Überschrift der Bestimmung ergibt, eine „besondere regelmäßige Arbeitszeit”, somit eine Sonderform der Arbeitszeit nach § 15 BAT-O, vor. Nach § 15 c Abs. 2 BAT-O kann „durch bezirkliche oder örtliche Tarifverträge die regelmäßige Arbeitszeit (§ 15 Abs. 1) für längstens drei Jahre auf bis zu 32 Stunden wöchentlich” herabgesetzt werden, in den Fällen des § 15 Abs. 2 – 4 und den Sonderregelungen zu § 15 um bis zu 20 %. Die Regelung ermöglicht somit die tarifliche Verkürzung der regelmäßigen Arbeitszeit. Die ermäßigte Arbeitszeit ist deshalb für die davon betroffenen Angestellten die tarifliche Arbeitszeit nach § 15 bzw. den Sonderregelungen hierzu. Sie sind deshalb trotz der Arbeitszeitverkürzung vollbeschäftigte Angestellte im Sinne des BAT-O (so auch Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT-O/ATB-Ang, Stand September 1998, § 15 c BAT-O Erl. 3; Rundschreiben der VKA vom 23. März 1994 – R 99/94 – zu I 2, zitiert nach Steinherr/Sponer/Schwimmbeck, BAT-O, Stand November 1996, Hinweis zu § 15 c).
Die Klägerin hatte im Oktober und November 1994 eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 37 Stunden. Dies entsprach der regelmäßigen Arbeitszeit der Gruppe von Angestellten, der die Klägerin angehört. Dies sind die vom Geltungsbereich des TV Jena erfaßten Angestellten. Für sie galt im streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund des TV Jena eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 37 Stunden. Die Klägerin war somit damals vollbeschäftigt im Sinne des BAT-O und damit auch im Sinne des TV VL Ang-O.
2. Gleichwohl war die Beklagte berechtigt, die vermögenswirksamen Leistungen der Klägerin entsprechend dem Umfang der Arbeitszeitreduzierung zu kürzen.
Zwar sieht § 1 Abs. 3 Satz 2 TV VL Ang-O eine anteilige Kürzung der vermögenswirksamen Leistung nur für nicht vollbeschäftigte Angestellte vor. Die Klägerin ist jedoch aufgrund des TV Jena und der Bestimmung in § 15 c BAT-O in Bezug auf die Vergütung wie eine teilzeitbeschäftigte Angestellte zu behandeln.
a) § 15 c BAT-O erlaubt eine tarifliche Arbeitszeitverkürzung ohne vollen Lohnausgleich. Zwar erwähnt die Bestimmung nicht ausdrücklich, daß die Vergütung entsprechend dem Umfang der Arbeitszeitreduzierung zu kürzen ist. Dies folgt jedoch zwingend daraus, daß nach § 15 c Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 BAT-O ein Teillohnausgleich zu vereinbaren ist. Die Verpflichtung zur Gewährung eines Teillohnausgleich ergibt aber nur einen Sinn, wenn mit der Arbeitszeitverkürzung eine Einkommenseinbuße verbunden ist, d. h. wenn sich die Vergütung entsprechend der reduzierten Arbeitszeit ermäßigt. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 15 c BAT-O. Diese Regelung bezweckt, durch tariflich zu vereinbarende Arbeitszeitverkürzungen betriebsbedingte Kündigungen in Bereichen der öffentlichen Verwaltung in den neuen Bundesländern, in denen Personalüberhänge bestehen, zu vermeiden und Arbeitsplätze zu erhalten. Dies ergibt sich ausdrücklich aus § 15 c Abs. 1 BAT-O. Durch die Arbeitszeitverkürzung soll daher das vorhandene Arbeitsvolumen auf möglichst viele Beschäftigte verteilt werden, um auf diese Weise Arbeitsplätze zu erhalten. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn dadurch die Kosten der Verwaltung nicht wesentlich ansteigen, d. h. wenn sich – abgesehen vom tariflich vorgeschriebenen Teillohnausgleich – die Vergütung der betroffenen Arbeitnehmer entsprechend dem Umfang der Arbeitszeitverkürzung und damit wie bei einem Teilzeitbeschäftigten ermäßigt.
Von der Kürzung sind auch die vermögenswirksamen Leistungen betroffen, denn sie sind nach § 2 Abs. 7 des 5. Vermögensbildungsgesetzes arbeitsrechtlich Bestandteil des Gehaltes. Sie sind eine besondere Form der Vergütung und als Entgelt für geleistete Arbeit anzusehen (BAG Urteil vom 30. April 1975 – 5 AZR 187/74 – AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge: Vermögenswirksame Leistungen, zu 3 b der Gründe).
b) Dem steht § 2 Abs. 3 TV Jena nicht entgegen. Nach dieser Bestimmung erhalten die unter den Geltungsbereich des TV Jena fallenden Arbeitnehmer von der Summe der Vergütung (§ 26 BAT-O) und den in Monatsbeträgen festgelegten Zulagen den Teil, der dem Verhältnis entspricht, in dem die für sie geltende Arbeitszeit zu der Arbeitszeit steht, die für sie ohne Anwendung dieses Tarifvertrages gelten würde. Zwar gehören vermögenswirksame Leistungen weder zur Vergütung nach § 26 BAT-O, noch handelt es sich bei ihnen um in Monatsbeträgen festgelegte Zulagen. Aus der Nichterwähnung der vermögenswirksamen Leistungen in § 2 Abs. 3 TV Jena kann aber nicht geschlossen werden, daß sie von der Kürzung – anders als in § 15 c BAT-O vorgesehen – nicht erfaßt werden sollen. Die Tarifvertragsparteien haben durch den TV Jena keinen Tarifvertrag mit einem von § 15 c BAT-O abweichenden Inhalt geschlossen, sondern von der durch diese Bestimmung eröffneten Möglichkeit zur Arbeitszeitverkürzung ohne vollen Lohnausgleich Gebrauch gemacht. Dies ergibt sich aus der Bezeichnung des TV Jena als „Tarifvertrag zu § 15 c BAT-O”. Die Tarifvertragsparteien haben daher durch den Abschluß des TV Jena § 15 c BAT-O vollzogen. Deshalb ist die Bestimmung in § 2 Abs. 3 TV Jena nur als deklaratorische Wiedergabe der sich ohnehin aus § 15 c BAT-O ergebenden Folgen für die Vergütung zu verstehen, nicht aber als eigenständige, davon unabhängige Vergütungsregelung. Hinsichtlich der in § 2 Abs. 3 TV Jena nicht erwähnten vermögenswirksamen Leistungen verbleibt es daher bei der sich aus § 15 c BAT-O ergebenden, dem Umfang der Arbeitszeitreduzierung entsprechenden Kürzung.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 ZPO.
Unterschriften
Dr. Peifer, Dr. Armbrüster, Gräfl, Gebert, Schneider
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 17.12.1998 durch Backes, Reg.-Hauptsekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 436124 |
BB 1999, 1332 |
DB 1999, 1505 |
FA 1999, 239 |
NZA 1999, 1111 |
RdA 1999, 424 |
ZTR 1999, 312 |
AP, 0 |
PersR 1999, 281 |
ZfPR 2000, 80 |