Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingt Änderungskündigung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Änderungskündigung, die auf einer tarifwidrigen Arbeitszeitgestaltung beruht, ist sozial ungerechtfertigt, § 2, § 1 Abs. 2 KSchG.
2. Zur Einführung von Samstagsarbeit als unternehmerische Entscheidung.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2, § 2; TVG § 3 Abs. 2; MTV für die gewerblichen Arbeitnehmer der Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie in der Bundesrepublik § 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 26. September 1996 - 10 Sa 55/96 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Tenor des Urteils wird in Ziff. 1 zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt:
Es wird festgestellt, daß die Änderungskündigung vom 27. November 1995 sozial ungerechtfertigt und die im Wege des Direktionsrechts erfolgte Versetzung des Klägers nach Falkensee unwirksam ist.
Tatbestand
Der Kläger war bei der Beklagten nach vorheriger Ausbildung ab dem 1. September 1992 kraft Arbeitsvertrages vom selben Tage als Kunststofformengeber zu einem Bruttoverdienst von zuletzt 4.200,00 DM beschäftigt. Kraft beiderseitiger Tarifbindung sowie außerdem einzelvertraglicher Vereinbarung finden die Tarifverträge der Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitenden Industrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin-West Anwendung.
§ 2 des einschlägigen Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer vom 27. Mai 1991 (im folgenden: MTV), gültig ab 1. Juli 1991, hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
"§ 2 Arbeitszeit
1. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen 37 Stunden, ab 1.2.1996 36 Stunden ... jeweils mit vollem Tariflohnausgleich.
2. Die Arbeitszeit ist für den einzelnen Arbeitnehmer auf 5 Tage zu verteilen. Sie ist auf die Wochentage Montag bis Freitag zu legen, sofern nicht zwingende technische Arbeiten (nicht Produktionsarbeiten), Instandhaltungsund Wartungsarbeiten eine andere Regelung erfordern. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit kann ungleichmäßig auf einen Zeitraum bis zu 8 Wochen verteilt werden. § 4 AZO bleibt hiervon unberührt. Soweit Betriebe drei oder mehr Schichten verfahren, ist in diesen Bereichen eine ungleichmäßige Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit auf einen Zeitraum von bis zu 18 Wochen zulässig. Dabei ist sicherzustellen, daß dem einzelnen Arbeitnehmer im Wochendurchschnitt zwei arbeitsfreie Tage - möglichst zusammenhängend - gewährt werden. Die tägliche Arbeitszeit darf 10 Stunden nicht übersteigen. Die regelmäßige Arbeitszeit an Samstagen darf nicht länger als bis 14.00 Uhr dauern.
3. In Betrieben mit Betriebsrat ist die Verteilung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit nach Maßgabe der vorstehenden Bestimmungen durch Betriebsvereinbarung zu regeln. Können sich Arbeitgeber und Betriebsrat über ein Arbeitszeitsystem mit regelmäßiger Samstagsarbeit nicht einigen, kann die fehlende Zustimmung des Betriebsrates durch die Einigungsstelle nicht ersetzt werden.
4. Die Teilnahme des einzelnen Arbeitnehmers an einem Arbeitszeitsystem mit regelmäßiger Samstagsarbeit ist freiwillig. Sie setzt seine ausdrücklich erklärte Zustimmung voraus. Der Arbeitnehmer kann diese Zustimmung widerrufen mit der Folge, daß er baldmöglichst, spätestens jedoch nach 6 Monaten, keine regelmäßige Samstagsarbeit mehr leisten muß.
5. Für regelmäßige Arbeitszeit am Samstag hat der Arbeitnehmer Anspruch auf einen Ausgleich entsprechend § 4, Ziffer 1a). Auf sein Verlangen ist der Zuschlag in Zeit zu gewähren.
6. Die durch Verkürzung der Wochenarbeitszeit ab 1.11.1986 entstehende Freizeit ist auf der Basis einer Quartals-, Halbjahres- oder Jahresplanung, die in Betrieben mit Betriebsrat jeweils rechtzeitig durch Betriebsvereinbarung zu regeln ist, wie folgt zu verteilen:
..."
Ausweislich einer innerbetrieblichen Ankündigung (" informiert") beabsichtigte die Beklagte in der Abteilung Spritzguß, der auch der Kläger angehört, die Einführung verlängerter Maschinenlaufzeiten von fünf auf sechs Wochentage unter Einschluß des Samstags als Normalarbeitstag, wobei die Lage der entsprechenden Ausgleichstage von den Mitarbeitern bestimmt werden sollte. Die Beklagte begründete diese Änderung damit, daß der Bereich Spritzguß mit Verlusten arbeite und durch externen Zukauf der hier gefertigten Ablagekörbe - allerdings bei Verlust der Arbeitsplätze im Spritzguß und in der davon abhängigen Schreibgerätefertigung - 750.000,00 DM jährlich gespart werden könnten. Diese Einsparung könne jedoch auch durch ein anderes Maßnahmenpaket, darunter unverzichtbar die Verlängerung der Maschinenlaufzeiten auf sechs Tage mit einem Sparanteil von 250.000,00 DM, erreicht werden.
Zur Einführung des neuen Arbeitszeitmodells mit Wirkung ab 1. September 1995 unterzeichneten 19 von 23 Mitarbeitern der Abteilung Spritzguß - nach Darstellung des Klägers unter dem Druck einer drohenden Stillegung bzw. Auslagerung dieses Bereichs Vereinbarungen zur "Ergänzung des Arbeitsvertrages", wonach sie sich inhaltlich mit dem neuen Arbeitszeitmodell einverstanden erklärten; außerdem sollte diese Regelung zunächst bis zum 30. September 1996 festgeschrieben und mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende erstmals gekündigt werden können. Der Kläger unterzeichnete eine solche Vereinbarung nicht. Von den übrigen drei Mitarbeitern, die ebenfalls die Änderungsvereinbarung nicht unterzeichneten, wurden zwei versetzt, mit dem dritten schloß die Beklagte einen Aufhebungsvertrag.
Die Beklagte bat ihren Arbeitgeberverband mit Schreiben vom 26. Juli 1995 um Erteilung einer auf zwei Jahre befristeten Zustimmung zur versetzten 5-Tage-Woche mit dem Samstag als normalem Arbeitstag im Dreischichtbetrieb. Mit Schreiben vom 10. August 1995 sandte die Beklagte eine Durchschrift dieses Antrages "zu Ihrer Kenntnis" an die IG Medien. Der sich anschließende Schriftwechsel zwischen den Tarifvertragsparteien verlief ergebnislos. Die Beklagte führte gleichwohl das neue Arbeitszeitmodell unter Einschluß der Dreischichtarbeit am Samstag bis 22.30 Uhr mit Wirkung zum 1. September 1995 ein. Eine Betriebsvereinbarung hierüber existiert nicht. Ausweislich seines Schreibens vom 28. August 1995 an die Mitarbeiter in der Abteilung Spritzguß hat der Betriebsrat die Einbeziehung des Samstags als Regelarbeitstag billigend in Kauf genommen; nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts besteht eine dahingehende Regelungsabrede zwischen dem Betriebsrat und der Beklagten.
Nachdem die Beklagte den Kläger zunächst bezahlt freigestellt hatte, erklärte sie erstmals mit Schreiben vom 27. September 1995 eine fristgerechte Änderungskündigung, wonach der Kläger nach seiner Wahl entweder auf seinem alten Arbeitsplatz, aber zu den neuen Schichtbedingungen oder aber zu seinen bisherigen Arbeitszeiten, aber zu geänderten Tätigkeiten in der Servietten- oder Heftfertigung, tätig werden sollte. Nachdem der Kläger unter Vorbehalt die Weiterbeschäftigung auf seinem alten Arbeitsplatz, aber zu geänderten Arbeitszeiten angenommen hatte, wurde diese Änderungskündigung einvernehmlich zurückgenommen. Mit Schreiben vom 30. Oktober 1995 und ergänzender mündlicher Anweisung vom 10. November 1995 wies die Beklagte den Kläger an, ab Montag, dem 13. November 1995, seine Tätigkeit als Einrichter/Kunststofformengeber auf einem für ihn neu eingerichteten Arbeitsplatz in der Karteikästenproduktion in der 1994 neu eingerichteten Betriebsstätte Falkensee/Brandenburg aufzunehmen. Die dortigen Produktionsmaschinen stammten aus dem Betriebssitz Tegel und waren ursprünglich zum Verkauf bestimmt. Nachdem der Kläger vom 13. bis 15. November 1995 erfolglos an seiner bisherigen Arbeitsstätte in Berlin-Tegel die Arbeitskraft angeboten hatte, mahnte die Beklagte ihn mit Schreiben vom 15. November 1995 wegen Nichtaufnahme der Tätigkeit in Falkensee ab und sprach mit Schreiben vom 27. November 1995, zugegangen am 28. November 1995, die jetzt noch im Streit stehende Änderungskündigung zum 31. Dezember 1995 aus mit dem Inhalt der Weiterbeschäftigung als Kunststofformengeber in der Betriebsstätte Falkensee unter Beibehaltung der bisherigen Vertragsbedingungen. Der Kläger nahm diese Änderungskündigung unter Vorbehalt an, hat aber für die Beklagte jedenfalls in der Zeit vom 13. bis 30. November 1995 keine Arbeitsleistungen erbracht; das hierfür einbehaltene Arbeitsentgelt beläuft sich auf 2.723,70 DM brutto.
Der Kläger ist an seinem neuen Arbeitsplatz in einer Zwischenlagerhalle der einzige im Spritzguß beschäftigte Mitarbeiter; dort werden jedenfalls noch fünf weitere Mitarbeiter mit Warenannahme und Qualitätssicherung beschäftigt. Insgesamt umfaßt die dortige Betriebsstätte etwa 1.000 Arbeitnehmer, der Kläger stellt dort jetzt u.a. Karteikästen und Gitterablagekörbe her, wobei der Anteil seiner Kontroll- und Aufsichtsarbeiten deshalb geringer ist, weil dort keine Hilfskräfte für Zuarbeiten beschäftigt sind.
Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte habe sich keine Mühe gegeben, ihn auf seinem alten Arbeitsplatz weiterzubeschäftigen; dies sei zu seinen alten Arbeitszeiten möglich gewesen. Die nunmehr von ihm in Falkensee zu bedienenden drei Maschinen hätten ohne weiteres auch in Tegel betrieben werden können; sachliche Gründe für die Änderung hätten nicht bestanden. Die Zwischenlagerhalle sei mangelhaft beheizt, er sei nunmehr nicht mehr überwiegend mit Überwachungs- und Einrichtungstätigkeiten beschäftigt. Seine Anfahrtzeit habe sich bei Pkw-Benutzung um 30 Minuten, bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel um eine Stunde je Wegstrecke verlängert. Der Betriebsrat sei bei Versetzung und Änderungskündigung nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Der Kläger meint, sein Arbeitsverhältnis habe sich auf die Betriebsstätte Tegel konkretisiert, seine neue Tätigkeit sei unzumutbar, die Einführung der Samstagsarbeit angesichts der erheblichen Unternehmensgewinne nicht erforderlich gewesen, im übrigen rechtswidrig. Dies gelte auch hinsichtlich der nicht gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten in Tegel, da § 2 MTV verletzt sei und Betriebsnormen im Sinne von § 3 Abs. 2 TVG enthalte und zudem - unstreitig - eine Betriebsvereinbarung über Samstagsarbeit fehle. Im übrigen habe die Beklagte den Freiwilligkeitsvorbehalt des § 2 MTV nicht beachtet. Auch seien die Bedingungen des neuen Arbeitszeitmodells nicht günstiger, sondern schlechter.
Der Kläger hat - soweit für die Revisionsinstanz von Belang - beantragt
1. festzustellen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung der Beklagten vom 27. November 1995 unwirksam ist;
2. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 15. November 1995 unkenntlich aus der Personalakte des Klägers zu entfernen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn, den Kläger, 2.723,70 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 27. Dezember 1995 auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag zu zahlen.
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages vorgetragen, die Abteilung Spritzguß habe mit Verlust gearbeitet, so daß eine Umorganisation erforderlich geworden sei; eine Weiterbeschäftigung des Klägers in Tegel sei jedenfalls unter Beibehaltung seiner bisherigen Tätigkeit ohne Samstagsarbeit nicht möglich. Es hätten im Hinblick auf die räumlichen Verhältnisse in Tegel bereits seit längerer Zeit Überlegungen zur Erzeugung von Kunststoffteilen in Falkensee bestanden, man habe bauliche Vorkehrungen für die spätere Inbetriebnahme von Spritzgußmaschinen getroffen; sie plane, künftig Großserien im Spritzguß in Tegel, Kleinserien in Falkensee zu fertigen. Ein Weiterbetrieb der nach Falkensee verlagerten Maschinen sei wegen Installation anderer Maschinen in Tegel nicht möglich; sie werde aber in absehbarer Zeit im jetzigen Arbeitsbereich des Klägers weitere Mitarbeiter einsetzen. Die Anfahrtzeiten des Klägers hätten sich bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel um 17 Minuten je Wegstrecke, bei Pkw-Benutzung morgens um 10 Minuten, abends um 15 Minuten je Wegstrecke verlängert. Der Betriebsrat sei bei der Versetzung des Klägers ordnungsgemäß beteiligt worden und habe ihr zugestimmt. Gleiches gelte ausweislich des Anhörungsschreibens vom 23. November 1995 und ergänzender mündlicher Information für die Beteiligung zur Änderungskündigung; der Betriebsratsvorsitzende habe am 27. November 1995 um 11.40 Uhr mitgeteilt, daß der Personalausschuß beschlossen habe, der Kündigung weder zu widersprechen noch Bedenken anzumelden.
Die Beklagte meint, die Abweichung von § 2 MTV hinsichtlich der Samstagsarbeit sei vom Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG gedeckt; abzustellen sei nicht auf einen Vergleich der tariflichen und jetzt einzelvertraglich geänderten zusammenhängenden Sachgruppenregelungen über die Arbeitszeit, sondern auf eine Gesamtbetrachtung unter Einschluß der ansonsten notwendig gewesenen Abteilungsstillegung. Im Hinblick auf von den Mitarbeitern in ihrer Lage selbst zu bestimmende Freizeitblöcke und die hieraus folgende Zeitsouveränität ergebe aber auch ein Sachgruppenvergleich die Günstigkeit. Jedenfalls hinsichtlich der nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer sei sie im übrigen nicht an die Arbeitszeitvorgaben des Tarifvertrages gebunden, da diese keine Betriebsnormen darstellten. Eine Bindung der nicht organisierten Arbeitnehmer verstieße gegen Art. 12 GG sowie die Privatautonomie und falle nicht unter die Regelungskompetenz der Tarifvertragsparteien.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben; die Berufung der Beklagten hatte bis auf die Abweisung des Antrages auf Weiterbeschäftigung in der Straße (Tegel) keinen Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte auch im übrigen die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, daß die dem Kläger gegenüber ausgesprochene Änderungskündigung sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2, § 2 KSchG), daß die Beklagte die Abmahnung aus der Personalakte des Klägers zu entfernen hat und daß der Zahlungsanspruch aus Annahmeverzug gerechtfertigt ist.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, es könne dahinstehen, ob die Versetzung des Klägers unter dem Gesichtspunkt der räumlichen Entfernung vom arbeitgeberseitigen Direktionsrecht gedeckt sei; jedenfalls sei die Veränderung der Arbeitszeiten tarifwidrig, die Versetzung entspreche daher nicht billigem Ermessen, § 315 BGB. Dies ergebe sich nicht schon unabhängig von der Frage der Tarifbindung des einzelnen Arbeitnehmers aus § 3 Abs. 2 TVG, da die einschlägigen Tarifregelungen über Samstagsarbeit keine Betriebsnormen darstellten. Hinsichtlich der tarifgebundenen Arbeitnehmer sei das Arbeitszeitmodell jedoch im Hinblick auf den vorzunehmenden Sachgruppenvergleich nicht vom Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG gedeckt und entspreche daher nicht billigem Ermessen.
Aber auch wenn das neue Arbeitszeitmodell allein aufgrund einzelvertraglicher Absprachen mit Außenseitern eingeführt worden und der Kläger in dieses neue Arbeitszeitmodell nicht mehr integrierbar sei, sei die Versetzung unwirksam, denn ein tarifgebundener Arbeitnehmer dürfe seinen bisherigen Arbeitsplatz nicht deswegen verlieren, weil ein ebenfalls tarifgebundener Arbeitgeber ein tarifwidriges Arbeitszeitsystem eingeführt habe. Deshalb sei auch die hierauf gegründete Änderungskündigung unwirksam. Das gelte auch bei einer für die Beklagte unmöglichen Weiterbeschäftigung des Klägers an der bisherigen Betriebsstätte. Infolge der unwirksamen Zuweisung des neuen Arbeitsplatzes seien auch die Abmahnung unberechtigt und die geltend gemachten Annahmeverzugsansprüche begründet.
II. Dem folgt der Senat im Ergebnis, allerdings nur teilweise in der Begründung. Die Revision rügt zu Unrecht, das Berufungsgericht habe § 2, § 1 Abs. 2 KSchG verkannt, indem es nicht von einer unangreifbaren unternehmerischen Entscheidung ausgegangen sei.
Richtig ist, daß es im Bereich unternehmerischer Freiheit lag, im Rahmen des § 2 MTV auch Samstagsarbeit einzuführen; die Beklagte hat sich jedoch nicht an das nach dem Tarifvertrag vorgeschriebene Verfahren gehalten, so daß das eingeführte Arbeitszeitmodell tarifwidrig und die darauf beruhende Versetzung des Klägers, der nicht mehr in dieses Arbeitzeitmodell integrierbar war, ebenso wie die Änderungskündigung unwirksam sind.
1. Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Änderungskündigung nach § 2, § 1 Abs. 2 KSchG können auch darin liegen, daß der Arbeitgeber sich zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer in der bisherigen Art und Weise entfällt; liegt eine solche unternehmische Entscheidung vor, ist diese selbst nicht auf ihre unternehmerische sachliche Rechtfertigung und ihre Zweckmäßigkeit, sondern nur darauf zu prüfen, ob sie offenbar unsachlich, willkürlich oder unvernünftig ist (ständige Rechtsprechung, u.a. BAG Urteile vom 18. Januar 1990 - 2 AZR 183/89 - BAGE 64, 24, 28 = AP Nr. 27 zu § 2 KSchG 1969, zu B I 1 b der Gründe und vom 9. Mai 1996 - 2 AZR 438/95 - AP Nr. 79 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu B I 2 a der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Eine solche unternehmerische Entscheidung könnte etwa auch die Umstellung von einem Einschichtsystem auf ein Zweischichtsystem sein (BAGE 64, 24, 29 = AP, aaO, zu B I 1 b der Gründe). Vorliegend wurde im Betrieb der Beklagten schon zuvor dreischichtig gearbeitet, und die Entscheidung der Beklagten betraf lediglich die Einbeziehung des Samstags als Regelarbeitstag. Der Unternehmer ist auch grundsätzlich frei darin, wie er die Kapazitäten und Arbeitszeiten auf seine Produktion verteilt (vgl. für die Verteilung des Personals auf Öffnungszeiten im Einzelhandel Senatsurteil vom 24. April 1997 - 2 AZR 352/96 MDR 1997, 947, zu II 2 a der Gründe, zur Veröffentlichung auch in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Danach ist auch die Einführung von Samstagsarbeit eine unternehmerische Entscheidung, die an sich einen billigenswerten Anlaß zur Änderung von Arbeitsbedingungen darstellen kann.
Die Beklagte hat auch hinreichend dargelegt, daß der Kläger nach Einführung der Samstagsarbeit nicht unter seinen alten Bedingungen ohne Samstagsarbeit weiterbeschäftigt werden könnte. Sie hat hierzu vorgetragen, in der Kunststoffspritzerei würden jeweils sieben Arbeitnehmer im Wechsel dreischichtig mit rollierendem Freizeitausgleich eingesetzt; das System könne nicht funktionieren, wenn der Kläger nur montags bis freitags im festen Dreischichtbetrieb eingesetzt werden könne; es setze voraus, daß sich alle Arbeitnehmer der gleichen Einteilungssystematik unterzögen; im Rahmen der gruppeninternen Einteilung der Schichten und freien Tage sei es auf Dauer unzumutbar, daß die anderen Gruppenmitglieder das Fehlen des Klägers durch vermehrte Arbeit an Sonnabenden auffingen, auch der Einsatz einer zusätzlichen Arbeitskraft an Samstagen sei nicht zumutbar. Der Kläger hat demgegenüber lediglich bestritten, daß es unüberwindbare Schwierigkeiten machen würde, ihn in diese Schichtabläufe einzugliedern; er hat jedoch nicht dargestellt, wie er unter Beibehaltung seiner bisherigen Arbeitszeit in dieses System konkret integrierbar wäre bzw. daß etwa seine Arbeitskollegen zur Übernahme seiner Samstagsschichten bereit gewesen wären. Im Grunde deckt sich dieses Ergebnis mit seinem Sachvortrag, vermehrte Samstagsarbeit sei für die Arbeitnehmer ungünstiger; dies wiederum stützt das Argument der Beklagten, daß eine Integration des Klägers in das neue Arbeitszeitmodell, jedoch ohne seine Samstagsarbeit, den anderen Gruppenmitgliedern nicht zumutbar sei.
2. Die Durchsetzung dieser unternehmerischen Entscheidung verstößt jedoch gegen die Arbeitszeitregelung in § 2 MTV, wobei der Senat dahingestellt bleiben läßt, ob dies schon deshalb gilt - wie der Kläger geltend macht -, weil die Arbeitszeitvorschriften des Tarifvertrages, u.a. die Begrenzung der Samstagsarbeit auf 14.00 Uhr, etwa betriebliche Normen im Sinne des § 3 Abs. 2 TVG darstellen (vgl. dazu BAG Beschluß vom 26. April 1990 - 1 ABR 84/87 - BAGE 67, 368 = AP Nr. 57 zu Art. 9 GG; BAG Urteil vom 7. November 1995 - 3 AZR 676/94 - AP Nr. 1 zu § 3 TVG Betriebsnormen, mit ablehnender Anmerkung Hans Hanau und neuerdings BAG Beschluß vom 17. Juni 1997 - 1 ABR 3/97 -, zur Veröffentlichung vorgesehen), so daß sie angesichts der Tarifgebundenheit der Beklagten im Betrieb auch im Verhältnis zu den Außenseitern galten. Denn vorliegend ist schon die Art und Weise der Einführung des neuen Arbeitszeitmodells tarifwidrig.
a) Zur Tarifwidrigkeit führt die Verletzung der mit § 2 Ziff. 2 MTV verknüpften und als betriebsverfassungsrechtlich zu qualifizierenden Norm des § 2 Ziff. 3 MTV, die hinsichtlich der Verteilung der Wochenarbeitszeit nach Maßgabe der Ziff. 2 ausdrücklich eine hier nicht vorhandene Betriebsvereinbarung verlangt. Nach § 3 Abs. 2 TVG gelten Rechtsnormen des Tarifvertrages über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen für die Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist. Betriebsverfassungsrechtliche Fragen im Sinne dieser Bestimmung sind solche, die sich mit der Rechtsstellung der Arbeitnehmerschaft im Betrieb und der Organe beschäftigen (Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 8. Aufl., § 202 VI, S. 1684; Wiedemann-Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 1 Rz 248). Die tarifliche Zulassung abweichender Betriebsvereinbarungen ist eine betriebsverfassungsrechtliche Vorschrift im Sinne des § 1 TVG (vgl. BAG Beschluß vom 12. Februar 1987 - 1 ABR 30/86 - BAGE 56, 18 = AP Nr. 23 zu § 77 BetrVG 1972; siehe auch Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 18. Aufl., § 77 Rz 108). Die Qualifizierung des § 2 Ziff. 3 MTV als betriebsverfassungsrechtliche Regelung ergibt sich daraus, daß ein nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG mitbestimmungspflichtiger Sachverhalt gegeben ist, für den der MTV in § 2 Ziff. 2, 3 einen für den Betriebsrat im Sinne des Eingangssatzes in § 87 Abs. 1 BetrVG verbindlichen Rahmen vorgibt, innerhalb dessen eine Ausfüllung des Mitbestimmungsrechtes durch den Betriebsrat möglich und notwendig ist (vgl. zu ausfüllungsbedürftigen tariflichen Regelungen Fitting/Kaiser/ Heither/Engels, aaO, § 87 Rz 36, m.w.N.). Die Beklagte hat gegen diese betriebsverfassungsrechtliche Norm des § 2 Ziff. 3 Satz 1 MTV verstoßen, indem sie das neue Arbeitszeitmodell ohne schriftliche Betriebsvereinbarung gemäß § 77 Abs. 2 BetrVG durch bloße Regelungsabsprache eingeführt hat.
Verwenden die Tarifvertragsparteien den gesetzlichen Begriff "durch Betriebsvereinbarung", ist hiermit im Zweifel die gesetzlich geregelte Institution gemeint (Kreutz, GK-BetrVG, 5. Aufl., § 77 Rz 136, m.w.N.). Vorliegend ergibt sich bereits aus dem Wortlautvergleich zu § 2 Ziff. 7 MTV, der lediglich verlangt, daß Beginn und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit mit dem Betriebsrat vereinbart werden, daß die Tarifvertragsparteien bei § 2 Ziff. 3 MTV bewußt eine Betriebsvereinbarung verlangt haben, wie z.B. auch bei der Umsetzung der Wochenarbeitszeitverkürzung, § 2 Ziff. 6 MTV. Dies gilt angesichts der Warn-, Beweissicherungs- sowie Publikationsfunktion des § 77 Abs. 2 BetrVG insbesondere deshalb, weil § 2 Ziff. 2 MTV die Samstagsarbeit nur ausnahmsweise ("zwingende Arbeiten") und auch dann nicht als Produktionsarbeiten, sondern letztere nur im Mehrschichtsystem und dann begrenzt bis 14.00 Uhr - wie auch unter den Parteien unstreitig (vgl. dazu noch unten zu II 2 d) -, zuläßt. Die besondere Bedeutung der Verfahrensregeln in § 2 Ziff. 3 MTV einschließlich des Erfordernisses einer Betriebsvereinbarung wird auch dadurch deutlich, daß in § 2 Ziff. 3 Satz 2 MTV die Zustimmungsersetzung durch Einigungsstellenspruch ausgeschlossen wird.
Es bedarf nach Auffassung des Senats keiner näheren Begründung, daß die Tarifvertragspartner die Abänderung ihrer Arbeitszeitvorgaben in § 2 Ziff. 2 MTV mittels Öffnungsklausel zugunsten der Betriebspartner an das mit den Vorschriften des BetrVG (§§ 77, 87) übereinstimmende Erfordernis einer formellen Betriebsvereinbarung knüpfen durften (zum Verhältnis Tarifautonomie - Betriebsautonomie vgl. neuerdings Richardi in Festschrift für Karl Kehrmann, S. 263, 268; Hanau, RdA 1993, 1 ff., 9, 10). Dies wird auch durch § 77 Abs. 3 BetrVG mit dem abgestuften Ineinandergreifen von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen belegt. Denn diese Vorschrift dient der Sicherung der ausgeübten und aktualisierten Tarifautonomie sowie der Erhaltung und Stärkung der Koalitionen (ständige Rechtsprechung des BAG, u.a. Großer Senat Beschluß vom 3. Dezember 1991 - Gs 2/90 - BAGE 69, 134 = AP Nr. 51 zu § 87 BetrVG Lohngestaltung).
Die Tarifvorschrift des § 2 Ziff. 3 Satz 1 MTV macht im übrigen auch materiell - selbst wenn die Ersetzungsmöglichkeit durch zwingenden Spruch der Einigungsstelle wirksam ausgeschlossen sein sollte (vgl. dazu etwa Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 87 Rz 14) - noch Sinn, denn die nach § 87 Abs. 2, § 76 BetrVG vorgesehene Einigungsstelle könnte immerhin, wie z.B. § 111, § 112 Abs. 3 BetrVG dies für den Interessenausgleich bestimmen, eine Einigung der Parteien versuchen, selbst wenn sie keine Letztentscheidungskompetenz hat. Es ist nicht nur theoretisch möglich, sondern fast naheliegend, daß eine mit einem unparteiischen Vorsitzenden (§ 76 Abs. 2 BetrVG) besetzte Einigungsstelle auf einen Kompromiß der Betriebsparteien unter Einhaltung der tariflichen Arbeitszeitregelungen, insbesondere zur Begrenzung der tariflich auf 14.00 Uhr eingeschränkten Samstagsarbeit, hingewirkt hätte.
b) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 3 Abs. 2 TVG i.V.m. der betriebsverfassungsrechtlichen Vorschrift des § 2 Ziff. 3 MTV, die sich aus einer Erstreckung der Regelungen auf nicht tarifgebundene Außenseiter ohne Vorliegen einer Allgemeinverbindlichkeitserklärung ergeben könnten (vgl. hierzu etwa BAG Urteil vom 7. November 1995 - 3 AZR 676/94 - AP Nr. 1 zu § 3 TVG Betriebsnormen; Hans Hanau, RdA 1996, 158 ff.), bestehen nicht. Für die negative Koalitionsfreiheit der Außenseiter gemäß Art. 9 Abs. 3 GG ergeben sich deshalb keine Bedenken, weil die tariflich mögliche, durch Betriebsvereinbarung zu regelnde Samstagsarbeit gerade Organisierte und Nichtorganisierte gleichermaßen betrifft, also durch Gewerkschaftsbeitritt keine Änderung eintreten würde. Auch ist grundsätzlich zu berücksichtigen, daß betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen, soweit sie bei ihrer Umsetzung der Beteiligung des Betriebsrates nach § 87 BetrVG bedürfen, zu demokratisch legitimierten Entscheidungen führen, an denen auch die nicht gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer durch Wahl des Betriebsrats beteiligt und repräsentiert sind.
c) Gegen § 2 Ziff. 3 MTV, der für die Verteilung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit, also für die Regelung im Detail eine betriebsverfassungsrechtliche Norm (§ 2 Ziff. 3) aufstellt, bestehen auch im Hinblick auf eine Betroffenheit der Arbeitgeber keine durchgreifenden Bedenken.
aa) Mit der Arbeitszeitregelung in § 2 Ziff. 2 MTV wird Samstagsarbeit nicht generell unterbunden. Vielmehr ist § 2 Ziff. 2 Satz 2 MTV dahin zu verstehen, daß nur im Grundsatz, d.h. bei normaler Arbeitszeit von montags bis freitags in der Produktion und samstags nur in der Instandhaltung und Wartung gearbeitet, dagegen bei Mehr-Schicht-Betrieb gemäß § 2 Ziff. 2 Sätze 5 bis 7 MTV auch samstags produziert werden darf, allerdings nur bis 14.00 Uhr und im Falle der Existenz eines Betriebsrats nur aufgrund einer Betriebsvereinbarung. Es macht nämlich sonst keinen Sinn, daß im Wochendurchschnitt zwei arbeitsfreie Tage bei mehrschichtiger Arbeit zu gewähren sind, wenn ohnehin feststünde, daß dies nur samstags/sonntags möglich ist. Auch geht § 2 Ziff. 5 MTV eindeutig davon aus, daß regelmäßige Arbeitszeit am Samstag möglich ist, was in dieser generellen Form nicht dahin verstanden werden kann, es gehe dabei nur um Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten. Bestätigt wird dieses Verständnis auch noch durch die Protokollnotiz Nr. 2 zu § 2, wonach bestehende Arbeitszeitsysteme mit regelmäßiger Samstagsarbeit bis zum 1. November 1991 an die neuen Tarifbestimmungen anzupassen sind. Das kann nach § 2 Ziff. 3 Satz 2 MTV bei Zustimmung des Betriebsrats ausdrücklich auch für "regelmäßige Samstagsarbeit" geschehen. Hierüber herrscht unter den Parteien ersichtlich auch kein Streit. Offenbar sehen das auch die Tarifvertragspartner nicht anders, wie dem vorgelegten Schriftwechsel zu entnehmen ist.
bb) Es kann dahingestellt bleiben, ob diese tarifvertraglich für den Arbeitgeber eingeschränkte Möglichkeit zu produzieren, verfassungsrechtlich zu beanstanden ist. Selbst wenn das der Fall wäre, bliebe davon unberührt, daß die Beklagte gehalten war, ihre Arbeitszeitvorstellungen mit Hilfe der in § 2 Ziff. 3 MTV vorgesehenen Betriebsvereinbarung umzusetzen, denn für die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage war ohnehin die Mitbestimmung des Betriebsrats erforderlich, § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG. Auch bei Ausklammerung der Einigungsstelle (so § 2 Ziff. 3 Satz 2 MTV) bestanden noch Gestaltungsmöglichkeiten, wie oben (unter II 2 a am Ende) dargestellt wurde. Die Beklagte hat im übrigen nichts dazu vorgetragen, ob und ggf. warum eine einvernehmliche Regelung durch Betriebsvereinbarung nicht möglich war.
d) Die Rechtswidrigkeit der unternehmerischen Entscheidung und ihre Umsetzung entfällt auch nicht etwa deshalb, weil das neue Arbeitszeitmodell für die betroffenen Arbeitnehmer günstiger wäre, § 4 Abs. 3 TVG.
Es bestehen zunächst einmal erhebliche Bedenken gegen die von der Beklagten vertretene Auffassung, Vergleichsgegenstand könne lediglich der jeweils sachlich zusammenhängende Regelungskomplex sein. Zu vergleichen sein dürften vielmehr die einschlägige tarifliche und die abweichende vertragliche Regelung (vgl. u.a. BAG Urteil vom 23. Mai 1984 - 4 AZR 129/82 - BAGE 46, 50, 58 = AP Nr. 9 zu § 339 BGB), wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 und Abs. 3 TVG ergibt, wonach die tarifliche Regelung mit der abweichenden Abmachung, nicht mit den Lebensumständen zu vergleichen ist, die ohne die Abmachung bestünden. Danach erscheint die Annahme der Beklagten zweifelhaft, das von ihr eingeführte Arbeitszeitmodell unter Einschluß der (tarifwidrigen) Samstagsarbeit bis 22.30 Uhr sei günstiger im Vergleich zur bisherigen Arbeitszeitregelung ohne Samstagsarbeit. Das kann indessen offen bleiben. Angesichts der betriebsverfassungsrechtlichen Tarifnorm des § 2 Ziff. 3 MTV kommt ein Günstigkeitsvergleich ohnehin nicht in Betracht. Es handelt sich, wie oben unter II 2 a näher begründet worden ist, um ein abgestuftes Ineinandergreifen von Tarif- und betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften, so daß die getroffenen und zu treffenden Regelungen von einander abhängen, mithin die Parteien des Einzelarbeitsverhältnisses, wie sich auch aus § 77 Abs. 4 BetrVG zwingend ergibt, sie nicht verändern können (ebenso Däubler, TVG Rz 191 f; Wiedemann/Stumpf, aaO, § 4 Rz 224; Kempen/Zachert, TVG, 3. Aufl., § 4 Rz 167; Wlotzke, Das Günstigkeitsprinzip, S. 29 f.; Schlüter, Festschrift für Walter Stree und Johannes Wessels zum 70. Geburtstag, S. 1061, 1071; Schaub, aaO, § 204 VI, S. 1703; a.M. für Betriebsnormen MünchArbR/Löwisch, § 265 Rz 21 ff, Löwisch/Rieble, TVG, § 4 Rz 177; Kasseler Handbuch/Dörner 6.1 Rz 208; offengelassen für Betriebsnormen von BAG Beschluß vom 16. September 1986 - GS 1/82 - BAGE 53, 42, 58 = AP Nr. 17 zu § 77 BetrVG 1972, zu C II 2 b der Gründe; Däubler, aaO, Rz 191 hält günstigere betriebsverfassungsrechtliche Regelungen wie etwa die einheitliche Einführung weiterer Zustimmungserfordernisse des Betriebsrates für zulässig; ihm zustimmend für "eher theoretische Fallgestaltungen" Kempen/Zachert, aaO, § 4 Rz 167). Die mit dem Betriebsrat getroffene Regelungsabrede bleibt schon hinsichtlich der Warnund Publikationsfunktion sowie Nachwirkung hinter einer Betriebsvereinbarung deutlich zurück; insbesondere steht bei einer Regelungsabrede abweichenden Vereinbarungen der Vertragspartner nicht der Unabdingbarkeitsgrundsatz des § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG entgegen (vgl. BAG Urteil vom 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 BAGE 63, 267, 270 = AP Nr. 6 zu § 88 BetrVG, zu I 2 b der Gründe, mit Anm. von Frey); Regelungsabreden haben keine die Arbeitsverhältnisse unmittelbar gestaltende Wirkung (BAG Urteil vom 14. Februar 1991 - 2 AZR 415/90 - AP Nr. 4 zu § 615 BGB Kurzarbeit).
3. Die Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers ist auch im übrigen, nämlich soweit sie schon vor der Änderungskündigung durch Ausübung des Direktionsrechts in Form der Versetzung nach Falkensee erfolgt ist, unwirksam.
Der Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Versetzung entspreche nicht billigem Ermessen im Sinne des § 315 BGB und sei deshalb unwirksam, ist schon deshalb im Ergebnis zu folgen, weil nach den Ausführungen zu II 2 das gesamte neue Arbeitszeitmodell der Beklagten tarifwidrig ist mit der Folge, daß auch alle Direktionsmaßnahmen, die auf Einrichtung des neuen Arbeitszeitmodells abzielten oder durch sie verursacht waren, ebenfalls unwirksam sind, ohne daß es dann noch einer Prüfung des billigen Ermessens bedurfte. Das Landesarbeitsgericht hat auch ausdrücklich festgestellt, daß die Versetzung des Klägers darauf beruhte, daß er in das neue Arbeitszeitmodell nicht integrierbar sei (siehe auch oben zu II 1).
4. Daraus wiederum folgt, daß die bereits mit Schreiben vom 15. November 1995 erfolgte Abmahnung unwirksam ist, da der Kläger infolge der Rechtswidrigkeit der Versetzungsanordnung bis zur Vorbehaltsannahme im Zusammenhang mit der Änderungskündigung die Arbeitsaufnahme in Falkensee verweigern durfte. Daraus ergibt sich auch der Anspruch des Klägers aus Annahmeverzug, §§ 611, 615 BGB.
Unterschriften
Bitter Bröhl Fischermeier Hayser Mauer
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 18.12.1997 durch Anderl, Amtsinspektorin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 436363 |
BAGE, 327 |
BB 1998, 488 |
DB 1998, 477 |
DB 1998, 83 |
DStR 1998, 987 |
NJW 1998, 2075 |
JR 2000, 131 |
NZA 1998, 304 |
RdA 1998, 192 |
AP, 0 |
ArbuR 1998, 212 |
AuA 1999, 92 |
www.judicialis.de 1997 |