Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsteilübergang. Kindertagesstätte. zwingendes Recht. anderslautende Regelungen in Betreiber-/Personalgestellungsvertrag
Orientierungssatz
1. Bei § 613a BGB handelt es sich um zwingendes Recht, der Betriebs(teil)übergang erfolgt von Rechts wegen.
2. Ein im Zeitpunkt des Übergangs zwischen dem Veräußerer und einem im übertragenen Betrieb(steil) beschäftigten Arbeitnehmer bestehendes Arbeitsverhältnis ist als zu diesem Zeitpunkt vom Veräußerer auf den Erwerber übergegangen anzusehen. Der Übergang erfolgt unabhängig davon, welche ggf. anderslautenden Absprachen zwischen Veräußerer und Erwerber – beispielsweise in einem Betreiber- und/oder in einem Personalgestellungsvertrag – erfolgt sind.
3. Ein Erfolg im Kündigungsschutzprozess setzt nach der punktuellen Streitgegenstandstheorie voraus, dass zum Zeitpunkt der Kündigung (noch) ein Arbeitsverhältnis besteht. Dies gilt auch im Falle des Betriebsübergangs. Die Kündigung eines Betriebsveräußerers nach der Betriebsübertragung geht mangels eines mit ihm bestehenden Arbeitsverhältnisses ins Leere. Eine gleichwohl erhobene Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung ist unbegründet.
Normenkette
BGB § 613a Abs. 1 S. 1; Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst § 4 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 6. November 2012 – 19 Sa 39/12 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.
Seit dem 1. September 1987 war die Klägerin bei der beklagten Gemeinde beschäftigt, die Trägerin der Kindertagesstätten H, B und G war. Ab dem 15. Februar 2002 war die Klägerin als Leiterin der Kindertagesstätte H tätig. Laut Arbeitsvertrag vom 17. Juli 1989 richtete sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) in der jeweils geltenden Fassung und den an seine Stelle tretenden Tarifverträgen.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien sowie damit verbunden die Situation in der Kindertagesstätte H waren seit einiger Zeit mit Konflikten belastet. Vor diesem Hintergrund sprach die beklagte Gemeinde mit Schreiben vom 14. August 2009 eine außerordentliche Änderungskündigung aus und bot die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses als Erzieherin in der Kindertagesstätte G unter Beibehaltung der bisherigen Vergütung an. Die gegen diese Änderungskündigung gerichtete Klage der Klägerin war vor dem Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht erfolgreich. Die Nichtzulassungsbeschwerde der beklagten Gemeinde blieb ohne Erfolg.
Mit Wirkung zum 1. Januar 2011 übernahm der A e. V. (im Folgenden: A) den Betrieb der genannten Kindertagesstätten. Der Trägerwechsel wurde in zwei Verträgen vom 16. November 2010 geregelt, einem Betreibervertrag und einem Personalgestellungsvertrag. Im Betreibervertrag heißt es ua.:
Ӥ 1 |
… |
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(2) |
Für die Dauer des Betreibervertrags überlässt die Gemeinde die Grundstücke und Gebäude der o.g. Kitas dem A zur kostenlosen Nutzung. … |
§ 2 |
(1) |
Der A verpflichtet sich, für die Laufzeit dieses Betreibervertrages, in den vorgenannten Kindertagesstätten ein, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes pädagogisches Betreuungsangebot vorzuhalten und die Kindertagesstätten einschließlich der Außenbereiche mit Spielgeräten ordnungsgemäß zu betreiben. Er verpflichtet sich, die Einrichtungen auf der Grundlage der jeweiligen Betriebserlaubnis und den geltenden einschlägigen Gesetzen und Rechtsvorschriften zu betreiben. Es gilt der jeweils von der Gemeinde festgestellte Bedarfsplan nach § 30 HKJGB. Der A beantragt für jede Einrichtung eine auf ihn lautende Betriebserlaubnis. |
(2) |
Die Erstausstattung der Kindertagesstätten mit Spiel- und Lehrmitteln sowie der kindgerechten Möblierung ist durch die Gemeinde erfolgt. … |
… |
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§ 3 |
(1) |
Mit Datum der Nutzungsüberlassung gehen alle das Grundstück und das Gebäude betreffende privat-rechtlichen und öffentlichen Lasten, Abgaben und Pflichten, die die Grundstückseigentümerin als solche treffen und die sie zu tragen und zu erfüllen hat, auf den A über. … |
… |
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§ 5 |
… |
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(3) |
… Im Falle, dass die Gemeinde die Kindertagesstätten wieder selbst betreibt, verpflichtet sie sich, das zu diesem Zeitpunkt in den Einrichtungen beschäftigte Personal zu übernehmen oder im Falle der Beauftragung eines anderen Betreibers, diesen zur Übernahme des Personals zu verpflichten. … |
§ 6 |
(1) |
In die dem A zum Betrieb übertragenen Kindertagesstätten werden Kinder ohne Unterschied der Herkunft, der Rasse oder der Religion aufgenommen. … |
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Es werden Kinder aus der Gemeinde S aufgenommen und betreut. … |
… |
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(4) |
Das zum Stichtag 31.12.2010 in den Kindertagesstätten beschäftigte Personal (Auflistung zum Stichtag als Anlage 4 zum Vertrag) verbleibt weiterhin als Mitarbeiter/innen in der Anstellung bei der Gemeinde und wird lediglich dauerhaft an die A-Einrichtungen zur Arbeitsleistung gestellt. Der A übernimmt das fachliche Weisungsrecht; die arbeitsrechtliche Dienstaufsicht verbleibt für dieses Personal bei der Gemeinde. Mitarbeiter/innen, die freiwillig in ein Arbeitsverhältnis zum A wechseln möchten, erhalten das Einverständnis und die Unterstützung beider Vertragsparteien. |
(5) |
Der A ist für die Einstellung, Eingruppierung und Bezahlung des weiteren Personals zuständig. Er hat für diese Mitarbeiter die Dienstaufsicht und das fachliche Weisungsrecht. …” |
Nach der Präambel des Personalgestellungsvertrags vom 16. November 2010 blieben die zum Übernahmezeitpunkt beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der beklagten Gemeinde beschäftigt, wurden jedoch mit der Übernahme der „Aufgabe Betrieb der Kindertagesstätten durch den A im Rahmen einer Personalgestellung gemäß § 4 Abs. 3 TVöD” beschäftigt. In § 1 des Personalgestellungsvertrags hieß es:
- „Mit der Übernahme vorbezeichneter Aufgaben stellt die Gemeinde dem A das zum Zeitpunkt des Übergangs in der Anlage aufgeführte Personal zur Verfügung (Anlage).
- Die Arbeitsverhältnisse der bei der Gemeinde Beschäftigten gehen dabei nicht auf den A über, sondern die Mitarbeiter/-innen bleiben Beschäftigte der Gemeinde.”
Die mit der Personalgestellung verbundenen Veränderungen in den Beschäftigungsverhältnissen wurden – wie ua. auch die Kosten der Personalgestellung – in den weiteren Bestimmungen des Personalgestellungsvertrags im Einzelnen geregelt. Die Klägerin wurde in den Anlagen zum Betreiber- und zum Personalgestellungsvertrag als Erzieherin der Kindertagesstätte G genannt. Mit Wirkung zum 1. Januar 2011 schlossen drei der vier Erzieherinnen der Kindertagesstätte H einen Arbeitsvertrag mit dem A.
Die beklagte Gemeinde teilte der Klägerin, die im Zeitraum vom Ausspruch der Änderungskündigung im August 2009 bis Ende Juli 2011 krankheitsbedingt nicht gearbeitet hatte, mit Schreiben vom 7. Februar 2011 den Abschluss des Personalgestellungsvertrags mit.
Zum 1. August 2011 wurde die Arbeitsfähigkeit der Klägerin bescheinigt, die ihrerseits der beklagten Gemeinde ihre Tätigkeit entsprechend anbot. Mit Schreiben vom 1. August 2011, der Klägerin am selben Tag zugegangen, sprach die Beklagte eine außerordentliche Kündigung mit sofortiger Wirkung, hilfsweise mit sozialer Auslauffrist, aus. Zuvor hatten Erzieherinnen der Kindertagesstätte H sowohl mündlich als auch schriftlich gegenüber dem Bürgermeister der beklagten Gemeinde eine weitere Zusammenarbeit mit der Klägerin abgelehnt und für den Fall der Rückkehr der Klägerin als Leiterin angekündigt, eine Versetzung anzustreben bzw. das Arbeitsverhältnis zu lösen. Der Personalrat hat der beabsichtigten Kündigung nicht zugestimmt.
Die Klägerin ist der Auffassung, die ihr gegenüber ausgesprochene Kündigung sei unwirksam. Als Druckkündigung sei sie nicht gerechtfertigt, die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht eingehalten und der Personalrat nicht vollständig unterrichtet worden. Die beklagte Gemeinde sei über den 1. Januar 2011 hinaus ihre Arbeitgeberin und die Beschäftigungsmöglichkeit sei auch nicht entfallen. Falls die Weiterführung der Kindertagesstätte durch den A als Betriebsübergang anzusehen sei, sei nicht die beklagte Gemeinde, sondern nur der A kündigungsberechtigt.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 1. August 2011, zugegangen am 1. August 2011, mit sofortiger Wirkung sowie hilfsweise mit einer sozialen Auslauffrist von sieben Monaten zum Monatsende, beendet worden ist.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Nach Übertragung des Kindertagesstättenbetriebs auf den A habe sie keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr für die Klägerin. Die Leitungsposition in der Kindertagesstätte H sei mittlerweile durch eine Mitarbeiterin des A besetzt worden. Die Frage eines Betriebs(teil)übergangs iSd. § 613a BGB sei von der Gemeinde zu keinem Zeitpunkt geprüft worden. Falls ein solcher vorliege, gehe die streitgegenständliche Kündigung ins Leere.
Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage der Klägerin stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der beklagten Gemeinde das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Kündigungsschutzantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.
A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung wie folgt begründet: Zum Zeitpunkt der Kündigung habe kein Arbeitsverhältnis mehr zwischen den Parteien bestanden. Bereits am 1. Januar 2011 sei das Arbeitsverhältnis der Klägerin aufgrund Betriebsteilübergangs iSv. § 613a BGB auf den A übergegangen. Dem stünden weder anderslautende Regelungen im Betreiber- und Personalgestellungsvertrag, noch die Bezugnahme darin auf § 4 Abs. 3 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) entgegen. Ein eventuelles Widerspruchsrecht sei nicht ausgeübt worden, daher auch nicht entscheidungsrelevant.
B. Dies hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Die Feststellungsklage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist bereits vor der von der beklagten Gemeinde ausgesprochenen Kündigung vom 1. August 2011 im Wege eines Betriebsteilübergangs (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB) auf den A übergegangen. Die Kündigung ging mangels bestehenden Arbeitsverhältnisses ins Leere.
I. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht von den Grundsätzen der ständigen Rechtsprechung zum Betriebsteilübergang ausgegangen und hat sie entsprechend auf den Streitfall angewendet.
1. Ein Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang iSv. § 613a Abs. 1 BGB iVm. der Richtlinie 2001/23/EG liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger eine bestehende wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt (vgl. nur EuGH 6. März 2014 – C-458/12 [Amatori ua.] – Rn. 30 mwN; BAG 22. August 2013 – 8 AZR 521/12 – Rn. 40 mwN; 15. Dezember 2011 – 8 AZR 197/11 – Rn. 39 mwN). Dabei muss es um eine auf Dauer angelegte Einheit gehen, deren Tätigkeit nicht auf die Ausführung eines bestimmten Vorhabens beschränkt ist. Um eine solche Einheit handelt es sich bei jeder hinreichend strukturierten und selbständigen Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck (EuGH 6. März 2014 – C-458/12 [Amatori ua.] – Rn. 31 f. mwN). Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgebenden Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (näher EuGH 15. Dezember 2005 – C-232/04 und C-233/04 [Güney-Görres und Demir] – Rn. 35 mwN, Slg. 2005, I-11237; BAG 22. August 2013 – 8 AZR 521/12 – Rn. 40 ff. mwN). Im öffentlichen Dienst kommt § 613a Abs. 1 BGB grundsätzlich bei einer Übertragung wirtschaftlicher Tätigkeiten – jedoch nicht bei einer Übertragung von Tätigkeiten in Ausübung hoheitlicher Befugnisse – zur Anwendung (vgl. EuGH 6. September 2011 – C-108/10 [Scattolon] –Rn. 54, Slg. 2011, I-7491; BAG 10. Mai 2012 – 8 AZR 434/11 – Rn. 33 ff.). Ohne Bedeutung ist, ob das Eigentum an den eingesetzten Betriebsmitteln übertragen worden ist (vgl. EuGH 20. November 2003 – C-340/01 [Abler] – Rn. 41 mwN, Slg. 2003, I-14023; BAG 11. Dezember 1997 – 8 AZR 426/94 – BAGE 87, 296).
Dem Übergang eines gesamten Betriebs steht, soweit die Vorrausetzungen des § 613a BGB erfüllt sind, der Übergang eines Betriebsteils gleich. Dies ist unabhängig davon, ob die übergegangene wirtschaftliche Einheit ihre Selbständigkeit innerhalb der Struktur des Erwerbers bewahrt oder nicht (vgl. EuGH 6. März 2014 – C-458/12 [Amatori ua.] – Rn. 30 f. mwN; 12. Februar 2009 – C-466/07 [Klarenberg] – Rn. 50, Slg. 2009, I-803); es genügt, wenn die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehalten und es dem Erwerber derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen (EuGH 12. Februar 2009 – C-466/07 [Klarenberg] – Rn. 53, aaO; BAG 7. April 2011 – 8 AZR 730/09 – Rn. 16).
2. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht zutreffend einen Betriebsteilübergang iSv. § 613a BGB auf den A bejaht.
a) Die bestehende, auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit der Kindertagesstätten in der beklagten Gemeinde wird ab dem 1. Januar 2011 vom A unter Wahrung ihrer Identität fortgeführt. Das ergibt sich bereits aus und wegen der Regelungen des Betreiber- und des Personalgestellungsvertrags vom 16. November 2010, sowie nach den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen.
aa) Ab dem 1. Januar 2011 hat die beklagte Gemeinde dem A die Grundstücke und Gebäude der drei Kindertagesstätten einschließlich der Außenbereiche mit vorhandenen Spielgeräten, Spiel- und Lehrmitteln sowie einer kindgerechten Möblierung zur Nutzung überlassen (§ 1 Abs. 2, § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Betreibervertrag). Der A hält darin ein den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes pädagogisches Betreuungsangebot vor (§ 2 Abs. 1 Betreibervertrag), das nach wie vor auf die Aufnahme und Betreuung der Kinder aus der Gemeinde S ausgerichtet ist (§ 6 Abs. 1 Betreibervertrag). Sowohl nach dem Betreiber- als auch nach dem Personalgestellungsvertrag bleibt das zum Stichtag 31. Dezember 2010 in den drei Kindertagesstätten beschäftigte Personal dort tatsächlich tätig (ua. § 6 Abs. 4 Betreibervertrag, Präambel des Personalgestellungsvertrags) und setzt die Betreuung der Kinder aus der Gemeinde S fort.
bb) Es handelt sich bei der Kindertagesstätte H, die über eine eigene Leitungsstruktur (Leitungsstelle in der Kindertagesstätte) verfügt, um eine hinreichend strukturierte und selbständige Gesamtheit von Personen (jedenfalls eine Leitung, vier Erzieherinnen) und Sachen (Gebäude, Gruppenräume mit kindgerechter Möblierung, Außenbereiche mit Spielgeräten, Spiel- und Lehrmittel) zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit dem eigenen Zweck „Kinderbetreuung”. Der A hat ohne Unterbrechung und Änderungen den Betrieb bei Beibehaltung des Betreuungsgebiets (einschließlich der „Kundschaft”, vgl. zu diesen und weiteren Teilaspekten der vorzunehmenden Gesamtbewertung ua. EuGH 20. Januar 2011 – C-463/09 [CLECE] – Rn. 34 mwN, Slg. 2011, I-95) mit Hilfe der Gesamtheit des Personals sowie den gesamten materiellen Betriebsmitteln fortgeführt. Die vor und nach dem Übergang verrichtete Tätigkeit ist nicht nur ähnlich, sondern ersichtlich identisch.
Dahinstehen kann, ob es sich bei den Kindertagesstätten H, B und G um drei je einzelne, abgrenzbare Betriebsteile mit je eigener Identität oder insgesamt um einen Betriebsteil „Kindertagesstätten” unter einer den einzelnen Kindertagesstätten übergeordneten einheitlichen Gesamtleitung handelt, der innerhalb der Kommunalverwaltung einen Teilzweck verfolgt (für eine solche Situation: BAG 19. März 2009 – 8 AZR 722/07 – Rn. 20, BAGE 130, 90). In beiden Fällen gilt das oben unter B I 2 a aa Gesagte.
b) Dem steht nicht entgegen, dass ausweislich der Regelungen des Betreiber- und des Personalgestellungsvertrags vom 16. November 2010 die beklagte Gemeinde und der A nicht von einem Betriebs(teil)übergang ausgegangen sind, sondern im Gegenteil in § 6 Abs. 4 Betreibervertrag vereinbart haben, das am Stichtag in den Kindertagesstätten beschäftigte Personal verbleibe in der Anstellung bei der Gemeinde und werde aus dieser Position heraus im Rahmen einer Personalgestellung gemäß § 4 Abs. 3 TVöD für den A tätig. Bei § 613a BGB handelt es sich um zwingendes Recht, der Übergang erfolgt von Rechts wegen (vgl. ua. EuGH 26. Mai 2005 – C-478/03 [Celtec] – Rn. 38, Slg. 2005, I-4389; 25. Juli 1991 – C-362/89 [d'Urso ua.] – Rn. 20, Slg. 1991, I-4105;10. Februar 1988 – C-324/86 [Foreningen af Arbejdsledere i Danmark, „Daddy's Dance Hall”] – Rn. 14, Slg. 1988, 739; BAG 21. Juni 2012 – 8 AZR 181/11 – Rn. 81) und ungeachtet anderslautender Abmachungen. Es ist ohne Bedeutung, in welchem (vermeintlichen) Rechtsverhältnis der Übernehmer die bisherigen Arbeitnehmer nach der Übernahme (weiter-)beschäftigt (vgl. BAG 18. Februar 1999 – 8 AZR 485/97 – BAGE 91, 41). Die Verträge und Arbeitsverhältnisse, die im Zeitpunkt des Übergangs – bei Ablauf des 31. Dezember 2010 auf den 1. Januar 2011 – zwischen dem Veräußerer und den im übertragenen Betrieb(steil) beschäftigten Arbeitnehmern bestehen, sind als zu diesem Zeitpunkt vom Veräußerer auf den Erwerber übergegangen anzusehen, unabhängig davon, welche Einzelheiten dazu zwischen beiden vereinbart worden sind. § 4 Abs. 3 Satz 1 TVöD findet in der Folge – entgegen der Regelungen in § 6 Abs. 4 Betreibervertrag und im Personalgestellungsvertrag, denen § 613a BGB vorgeht – auf diese Situation keine Anwendung. Ob § 4 Abs. 3 Satz 1 TVöD iVm. § 6 Abs. 4 des Betreibervertrags sowie der Regelungen des Personalgestellungsvertrags von Bedeutung sein kann, falls Mitarbeiterinnen von ihrem Widerspruchsrecht (§ 613a Abs. 6 BGB) Gebrauch gemacht haben, ist hier nicht zu entscheiden.
c) Ohne Bedeutung ist auch, dass eine Rückübertragung des Betriebsteils auf die beklagte Gemeinde nicht ausgeschlossen ist (dazu beispielsweise § 5 Betreibervertrag). Es handelt sich um eine auf die Laufzeit des Betreibervertrags (dazu dessen §§ 1 und 2) und damit auf Dauer angelegte Weiterführung der Kindertagesstätten H, B und G durch den A.
II. Da in Folge des Betriebsübergangs am 1. Januar 2011 bei Zugang der Kündigung vom 1. August 2011 zwischen der beklagten Gemeinde und der Klägerin kein Arbeitsverhältnis mehr bestand und diese Kündigung deshalb ins Leere ging, kommt es auf die Frage ihrer Wirksamkeit als solche nicht mehr an.
Ein Erfolg im Kündigungsschutzprozess setzt nach der punktuellen Streitgegenstandstheorie voraus, dass zum Zeitpunkt der Kündigung (noch) ein Arbeitsverhältnis besteht. Dies gilt auch im Falle des Betriebsübergangs. Die Kündigung eines Betriebsveräußerers nach der Betriebsübertragung geht mangels eines mit ihm bestehenden Arbeitsverhältnisses ins Leere. Eine gleichwohl erhobene Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung ist unbegründet (ua. BAG 26. Juli 2007 – 8 AZR 769/06 – Rn. 21; 15. Dezember 2005 – 8 AZR 202/05 – Rn. 37 mwN).
C. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
Unterschriften
Hauck, Breinlinger, Winter, N. Reiners, Andreas Henniger
Fundstellen
Haufe-Index 6987776 |
BB 2014, 1652 |
BB 2014, 2430 |
DStR 2014, 12 |
NJW 2014, 2604 |
FA 2014, 250 |
JR 2015, 160 |
NZA 2014, 1095 |
NZG 2014, 1398 |
ZIP 2014, 1992 |
ZTR 2014, 472 |
AP 2014 |
EzA-SD 2014, 11 |
EzA 2014 |
NZA-RR 2014, 5 |
RiA 2015, 112 |
öAT 2014, 166 |
ArbR 2014, 359 |
AP-Newsletter 2014, 154 |
FSt 2015, 240 |