Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Änderungskündigung. Änderungsangebot. Änderungskündigung statt Beendigungskündigung: Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz zu erheblich schlechteren Arbeitsbedingungen
Orientierungssatz
- Aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergibt sich die Verpflichtung des Arbeitgebers, vor dem Ausspruch einer ordentlichen Beendigungskündigung von sich aus dem Arbeitnehmer grundsätzlich eine Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz – auch zu geänderten Arbeitsbedingungen – anzubieten und dementsprechend statt einer Beendigungs- eine Änderungskündigung auszusprechen.
- Grundsätzlich soll der Arbeitnehmer selbst entscheiden, ob er eine Weiterbeschäftigung auch zu erheblich verschlechterten Arbeitsbedingungen für zumutbar hält oder nicht.
- Eine Änderungskündigung kann nur in “Extremfällen” unterbleiben, dh. wenn der Arbeitgeber bei vernünftiger Betrachtung nicht mit einer Annahme des neuen Vertragsangebots durch den Arbeitnehmer rechnen konnte und ein derartiges Angebot vielmehr beleidigenden Charakter haben würde. Eine solche Situation kann uU gegeben sein, wenn der betroffene Arbeitnehmer so weit in der Personalhierarchie zurückgestuft würde, dass viele seiner bisher Untergebenen ihm nunmehr Weisungen erteilen könnten.
- Ein Indiz für eine aus der Sicht beider Arbeitsvertragsparteien vorliegende “Extremsituation” kann sich auch aus dem Verhalten des betroffenen Arbeitnehmers nach dem Ausspruch der Beendigungskündigung und während des Kündigungsschutzprozesses, insbesondere einer späten Berufung auf eine unterqualifizierte Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, ergeben.
Normenkette
KSchG §§ 2, 1 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 30. Mai 2005 – 4 Sa 37/04 – aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung vom 18. Februar 2002.
Die Beklagte ist Hersteller moderner Wiege-, Informations-, Kommunikations- und Food-Service-Technik. Am Hauptsitz in B… werden ca. 1.400 Arbeitnehmer beschäftigt. Es besteht ein Betriebsrat.
Der am 23. Dezember 1959 geborene, geschiedene und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger war seit dem 1. Januar 1992, zuletzt auf der Basis des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 7. Mai 1999, bei der Beklagten als Leiter des Bereichs Marketing/Werbung (VW) tätig. Der Kläger erhielt zuletzt ein Bruttogehalt von 12.350,00 DM zzgl. eines Urlaubsgeldes von 8.517,30 DM und einer Weihnachtsgratifikation von 10.250,00 DM. Daneben hatte er Anspruch auf eine ertragsabhängige Vergütung, die sich im Kalenderjahr 2001 für das Geschäftsjahr 2000 auf 50.000,00 DM belief. Der geldwerte Vorteil des dem Kläger zur Privatnutzung überlassenen Dienstwagens betrug 1.664,70 DM. Somit ergab sich zuletzt ein durchschnittliches Bruttomonatseinkommen des Klägers von – umgerechnet – 10.137,91 Euro.
Das Unternehmen der Beklagten war in Geschäftsführungsressorts, Bereiche und Abteilungen aufgegliedert. Vorsitzender der Geschäftsführung ist der Geschäftsführer St…. Leiter des Geschäftsführungsressorts “Vertrieb” war S…, dem sieben Bereichsleiter, darunter der Kläger, unterstellt waren. Der vom Kläger geleitete Bereich VW (Marketing/Werbung) untergliederte sich in die vier Abteilungen “Verkaufsförderung (VW-V)”, “Produktwerbung (VW-W)”, “Ausstellungen (VW-A)” und “public relations (VW-P)”. Der Kläger war in Personalunion Leiter des Bereichs VW und Leiter der Abteilung VW-V. Für die Vertriebsfunktion (VW-V, VW-W, VW-A) war Herr S… der direkte Fachvorgesetzte des Klägers, für die Abteilung VW-W war es Herr St…. Der gesamte Bereich VW umfasste 16 Arbeitnehmer.
Mit Schreiben vom 28. Juni 2001 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis aus verhaltensbedingten Gründen zum 31. Dezember 2001, weil nach ihrer Auffassung der Kläger sich im Rahmen der Zusammenarbeit mit der Werbeagentur C… und K… nicht loyal verhalten habe. Der gegen diese Kündigung erhobenen Kündigungsschutzklage gab das Arbeitsgericht Reutlingen mit Urteil vom 26. April 2002 (– 3 Ca 251/01 –) statt und wies den Auflösungsantrag der Beklagten ab. Die Berufung der Beklagten wies das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 20. Dezember 2002 zurück. Im Rahmen seiner Ausführungen zum Auflösungsantrag der Beklagten ging das Landesarbeitsgericht auf eine zwischenzeitlich ausgesprochene außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 12. März 2002 ein und bezeichnete diese als offensichtlich unwirksam. Daraufhin erklärte die Beklagte in dem zu dieser Kündigung anhängigen Kündigungsrechtsstreit (ArbG Reutlingen – 4 Ca 170/02 –) mit Schriftsatz vom 4. April 2003, sie halte an der Kündigung nicht mehr fest. Sodann nahm der Kläger am 10. Mai 2004 diese Kündigungsschutzklage zurück.
Am 5. Februar 2002 entschloss sich die Beklagte, den Bereich VW neu zu ordnen. Der Bereich VW sollte aufgelöst und den Geschäftsführerstäben Werbung (GF-W) und Vertriebsunterstützung (V-V) mit Wirkung vom 1. März 2002 zugeteilt werden. Den Inhalt der Organisationsentscheidung gab die Beklagte mit der Organisationsverfügung vom 18. Februar 2002 im Einzelnen bekannt. Danach wurden die Abteilungen Produktwerbung (VW-W), Ausstellungen (VW-A) und public relations (VW-P) dem Geschäftsführungsstab “Werbung (GF-W)” unter Leitung des Geschäftsführers St… zugeordnet. Die bisherige Verkaufsförderung wurde dem neuen Geschäftsführerstab “Vertriebsunterstützung (V-V)” unter Leitung des damaligen Geschäftsführers S… unterstellt. Die Mitarbeiter wurden je nach Abteilungszugehörigkeit den beiden Geschäftsführerstäben zugewiesen.
Mit Schreiben vom 12. Februar 2002 unterrichtete die Beklagte den Betriebsrat nach § 105 BetrVG, hilfsweise nach § 102 BetrVG über die beabsichtigte betriebsbedingte Kündigung des Klägers. Mit Schreiben vom 18. Februar 2002 teilte der Betriebsrat mit, er sehe von einer Stellungnahme ab; der Kläger sei seiner Ansicht nach leitender Angestellter iSd. § 5 Abs. 3 BetrVG.
Mit Schreiben vom 18. Februar 2002 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31. Dezember 2002.
Mit Schreiben vom 28. Juni 2004 kündigte sie das Arbeitsverhältnis des Klägers erneut zum 31. Dezember 2004; diese Kündigung ist Gegenstand eines weiteren Rechtsstreits beim Arbeitsgericht Reutlingen (– 6 Ca 326/04 –).
Mit der vorliegenden Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung vom 18. Februar 2002 gewandt. Er hat geltend gemacht, diese sei nicht aus betriebsbedingten Gründen erfolgt, sondern sei missbräuchlich und willkürlich. Die Umorganisation sei nur wegen der unwirksamen verhaltensbedingten Kündigung vom 28. Juni 2001 erfolgt. Die Beklagte habe sich erst zur Umorganisation entschlossen, nachdem das Arbeitsgericht die Unwirksamkeit der verhaltensbedingten Kündigung vom 28. Juni 2001 angedeutet habe. Noch kurz vorher habe sie für die Stelle des Klägers einen Nachfolger gesucht. Die Beklagte habe die Bereiche Marketing und Werbung im Wesentlichen wieder so organisiert, wie sie bis 1997 bestanden hätten. Die Umorganisation habe sich bereits 2004 als unpraktikabel erwiesen, weshalb die Beklagte ab 1. Juli 2004 im Rahmen des Projekts “Fokus” erneut eine Umorganisation vorgenommen habe.
Der Kläger meint weiter, er hätte – ggf. nach einer Änderungskündigung – auch auf einem anderen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden können. Am 30. September 2001 sei der Länderreferent (Area-Manager) B… ausgeschieden. Seine Stelle sei am 1. April 2002 durch Frau Ba, die ein Gehalt von 3.200,00 Euro erhalte, wieder besetzt worden. Er hätte auch auf der Stelle des Gebietsverkaufsleiters K…, die im März 2002 durch Kündigung des Mitarbeiters frei geworden sei, eingesetzt werden können. Daneben sei eine Weiterbeschäftigung auf anderen freien Arbeitsplätzen (Bo/A/Sc) in Betracht gekommen. Schließlich habe die Beklagte bei der Kündigung keine soziale Auswahl vorgenommen. Der Betriebsrat sei fehlerhaft angehört worden. Er sei kein leitender Angestellter iSd. § 5 Abs. 3 BetrVG.
Der Kläger hat zuletzt – soweit für die Revision noch von Bedeutung – beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Parteien vom 28. Februar 2002 zum 31. Dezember 2002 nicht beendet worden ist.
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages vorgetragen:
Der Arbeitsplatz des Klägers als Bereichsleiter VW sei durch Auflösung dieses Bereichs zum 1. März 2002 weggefallen. Die am 5. Februar 2002 getroffene Organisationsentscheidung sei weder offenbar unvernünftig noch willkürlich. Die frühere Organisationsstruktur sei durch die doppelte fachliche Anbindung des Klägers an die Geschäftsführer St… und S… nicht effizient gewesen. Es sei deshalb eine schlankere Organisationsstruktur eingeführt worden. Die Leitungsfunktionen des Klägers seien auf St… und S… übertragen worden, seine Sachbearbeiterfunktionen auf ehemalige Mitarbeiter des Bereichs VW. Das Konzept habe sich als tragfähig erwiesen. Die Mitarbeiter seien nicht überobligationsmäßig belastet worden. Das Projekt “Fokus” aus dem Jahr 2004 stelle das frühere unternehmerische Konzept nicht infrage. Die Funktionen des Geschäftsführungsstabs “Werbung” seien nach wie vor St… zugeordnet. Der Geschäftsführungsstab “Vertriebsunterstützung” sei aufgelöst worden.
Der Kläger könne sich nicht auf eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen Arbeitsplatz berufen. Er habe eine solche Weiterbeschäftigung erstmals in der zweiten Instanz und damit zu spät geltend gemacht. Im Übrigen habe es keinen adäquaten freien Arbeitsplatz gegeben. Ein Einsatz auf den von ihm benannten Arbeitsplätzen scheitere aus verschiedenen Gründen. Zum einen sei er für eine Tätigkeit auf diesen Arbeitsplätzen nicht geeignet. So fehle es ihm an Erfahrung für den Vertrieb oder für die Führung einer großen Außendienstorganisation oder von Handelsvertretern. Zum anderen weise er fachliche Defizite auf. Er sei nicht “kommunikationsstark” und erfülle deshalb das Profil für die Stelle des Gebietsverkaufsleiters (Stelle K…) nicht. Zudem sei diese Stelle erst nach dem Ausspruch der Kündigung frei geworden. Bei vernünftiger Betrachtung sei es ihr auch nicht zumutbar, den Kläger auf den von ihm benannten freien Stellen einzusetzen. Es widerspreche einer ausgewogenen Personalstruktur, wenn ein überqualifizierter Mitarbeiter in unteren Hierarchieebenen beschäftigt werde. Zudem sei nicht zu erwarten gewesen, dass der Kläger diese hierarchischen Unterschiede (Frau Ba sei als Berufsanfängerin mit einer reinen Sachbearbeitertätigkeit als “Junior Länderreferentin” mit einer tariflichen Vergütung beschäftigt worden) akzeptiert und auf zwei Drittel seines Gehalts verzichtet hätte.
Mangels Vergleichbarkeit mit den anderen Beschäftigten sei eine Sozialauswahl nicht in Betracht gekommen. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß beteiligt worden, da der Kläger leitender Angestellter sei.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet
A. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner klageabweisenden Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Das Arbeitsverhältnis der Parteien sei durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 18. Februar 2002 mit Ablauf des 31. Dezember 2002 aufgelöst worden. Diese Kündigung sei sozial gerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 KSchG und auch nicht aus anderen Gründen rechtsunwirksam.
Auf Grund der Reorganisation des Bereichs Marketing/Werbung (VW) bestehe ein dringendes betriebliches Erfordernis nach § 1 Abs. 2 KSchG für eine betriebsbedingte Kündigung. Die Beklagte habe ausführlich dargelegt, wie sich die getroffene Organisationsentscheidung vom 5. Februar 2002 auf den Beschäftigungsbedarf des Klägers ausgewirkt habe. Bezüglich jeder einzelnen Teilaufgabe, die in den vier Abteilungen des Bereichs VW auszuführen gewesen seien, habe sie dargetan, welche Person in welchem Umfang mit der jeweiligen Aufgabe ab dem 1. März 2002 betraut gewesen sei und ausführlich – unter Vorlage der Arbeitszeitkonten der betroffenen Mitarbeiter – erläutert, wie die anfallenden Tätigkeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden könnten. Diese Organisationsentscheidung der Beklagten, die zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs geführt habe, stehe auch nicht im offenkundigen Zusammenhang mit dem früheren Kündigungsschutzverfahren zur verhaltensbedingten Kündigung und sei deshalb auch nicht rechtsmissbräuchlich. Insbesondere sei es weder unsachlich noch willkürlich, wenn die Beklagte die im Vorfeld der verhaltensbedingten Kündigung vom 28. Juni 2001 aufgetretenen Vorfälle zum Anlass genommen habe, die bisherige Organisationsstruktur zukünftig zu ändern. Es könne nicht beanstandet werden, wenn sie den damals aufgetretenen Konflikt zum Anlass genommen habe, die fachliche Anbindung des Klägers an eine “Doppelspitze” zu beseitigen. Der Konflikt mit dem Kläger sei somit nur Anlass, nicht aber Grund für die Reorganisation gewesen. Die Auflösung der Doppelspitze stelle vielmehr eine konsequente Entscheidung dar, um zukünftig eine störungsanfällige Unternehmensorganisation und mangelnde Abstimmung zwischen den Geschäftsführern zu beseitigen. Die neu geschaffene Organisationsstruktur und damit die zugrunde liegende Organisationsentscheidung seien auch nicht wegen einer “überschießenden Wirkung” rechtsmissbräuchlich, weil man dem Kläger die Leitung der Abteilung Verkaufsförderung hätte belassen können. Hierzu sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen. Die weitere Entwicklung zeige, dass die Organisationsentscheidung vom Februar 2002 zu einem dauerhaften Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit geführt habe. Selbst die neue, seit Juli 2004 geltende Organisationsstruktur weise keine Organisationseinheit mehr auf, die in ihrer Gestaltung der früheren Abteilung Verkaufsförderung entspreche.
Eine Weiterbeschäftigung des Klägers auf einem freien Arbeitsplatz iSv. § 1 Abs. 2 Nr. 1b KSchG sei nicht in Betracht gekommen. Eine Beschäftigung als Sachbearbeiter zwei Hierarchiestufen unterhalb der bisherigen Funktion des Klägers und ohne Personalverantwortung oder sonstige Leitungsbefugnisse setze eine erheblich geringere Qualifikation voraus. Da die Tätigkeit auch deutlich niedriger vergütet werde, sei sie vom Standpunkt eines objektiv urteilenden Arbeitgebers aus gesehen, nach ihrem sozialen und wirtschaftlichen Status für den Kläger unzumutbar gewesen. Deshalb habe die Beklagte dem Kläger kein entsprechendes Änderungsangebot unterbreiten müssen. Dies gelte umso mehr, als der Kläger sie auch nicht zu Beginn des Rechtsstreits auf eine solche alternative Beschäftigungsmöglichkeit hingewiesen, sondern sich erstmals mit Schriftsatz vom 11. Januar 2004 auf diese Tätigkeiten berufen habe. Der Kläger habe zum damaligen Zeitpunkt die Funktion eines Sachbearbeiters auf Grund der damit verbundenen wirtschaftlichen und sozialen Herabstufung offensichtlich abgelehnt. Ein Einsatz des Klägers auf der Stabsstelle Geschäftsbereich Vertrieb sei zum Kündigungszeitpunkt nicht in Betracht gekommen. Sie sei nicht frei bzw. ein Freiwerden nicht abzusehen gewesen. Die Stelle sei vielmehr erst im Rahmen des Projekts “Fokus”, also mehr als zwei Jahre nach dem Ausspruch der Kündigung, geschaffen worden. Die Stelle des Gebietsverkaufsleiters BVC-Mitte, die unstreitig am 1. Januar 2003 mit Herrn K… besetzt worden sei, sei zum Kündigungszeitpunkt nicht frei gewesen. Sie sei durch die Kündigung des Vorgängers (Kr) erst Mitte Mai 2002 frei geworden. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung sei sie nach eigenem Vortrag des Klägers besetzt gewesen. Es sei auch nicht absehbar gewesen, dass sie frei würde. Einen Wiedereinstellungsanspruch habe der Kläger nicht geltend gemacht. Eine Weiterbeschäftigung des Klägers auf den Arbeitsplätzen A… und Sc… scheide aus. Selbst wenn diese Stellen im Zeitpunkt der Kündigung als frei anzusehen gewesen seien, hätten sie dem Kläger nicht angeboten werden müssen. Sie seien lediglich auf der Sachbearbeiterebene angesiedelt gewesen.
Die Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG sei nicht fehlerhaft. Der Kläger habe eine entsprechende Rüge nicht erhoben und seiner Darlegungslast nicht genügt.
Die Kündigung sei auch nicht aus sonstigen Gründen rechtsunwirksam. Selbst wenn der Kläger kein leitender Angestellter gewesen sein sollte, scheitere die Kündigung nicht an § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Auf Grund der vorsorglichen Anhörung nach § 102 BetrVG habe sich der Betriebsrat ohne Weiteres ein Bild über die Kündigungsgründe der Beklagten machen können.
B. Dem folgt der Senat nicht. Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO). Mit der bisherigen Begründung konnte die Klage nicht abgewiesen werden.
Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht davon ausgegangen werden, dass die Kündigung vom 18. Februar 2002 verhältnismäßig und damit sozial gerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 KSchG ist. Da der Rechtsstreit auch aus anderen Gründen noch nicht entscheidungsreif ist, war die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
I. Bei der Beantwortung der Frage, ob eine ordentliche Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt ist, weil dringende betriebliche Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entgegenstehen, geht es um die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe. Diese kann vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob das Landesarbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil die Rechtsbegriffe selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob es in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr. des Senats, zB 12. April 2002 – 2 AZR 256/01 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 120 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 118; 21. April 2005 – 2 AZR 244/04 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 80 = EzA KSchG § 2 Nr. 52; 2. Februar 2006 – 2 AZR 154/05 – AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 46 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 143).
II. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass ein dringendes betriebliches Erfordernis zur betriebsbedingten Kündigung an sich vorliegt. Der Beschäftigungsbedarf ist gesunken.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. bspw. 5. Dezember 2002 – 2 AZR 549/01 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 59 und – 2 AZR 697/01 – BAGE 104, 138) können sich betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG insbesondere aus innerbetrieblichen Umständen (Unternehmerentscheidungen), wie beispielsweise Rationalisierungsmaßnahmen, Umstellung oder Einschränkung der Produktion oder von Arbeitsabläufen ergeben. Regelmäßig entsteht das Erfordernis zur Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG durch die wirtschaftliche oder technische Entwicklung veranlasste Entscheidungen des Arbeitgebers (vgl. nur Senat 17. Juni 1999 – 2 AZR 141/99 – BAGE 92, 71). Eine solche unternehmerische Organisationsentscheidung begründet ein dringendes betriebliches Erfordernis iSd. § 1 Abs. 2 KSchG, wenn sie sich konkret auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirkt (BAG 2. Februar 2006 – 2 AZR 154/05 – AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 46 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 143). Ist eine derartige unternehmerische Entscheidung getroffen worden, so ist sie nicht auf ihre rechtliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (Senat 17. Juni 1999 – 2 AZR 141/99 – aaO).
2. Auf Grund der tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die insoweit vom Revisionskläger nicht mit revisionsrechtlich relevanten Rügen angegriffen werden, ist davon auszugehen, dass auf Grund der beschlossenen und durchgeführten Umorganisation der Arbeitsplatz des Klägers als Leiter des Bereichs “Marketing/Werbung” (VW) und als Abteilungsleiter “Verkaufsförderung” (VW-V) entfallen ist.
a) Die Beklagte hat nicht nur die unternehmerische Entscheidung zur Reorganisation des Bereichs VW getroffen. Sie hat diese Organisationsentscheidung – ohne dass der Kläger hiergegen relevante Revisionsangriffe erhoben hat – auch im einzelnen zum 1. März 2002 umgesetzt. Sie hat detailliert beschrieben, wie die Umorganisation sich auf die Aufgaben, Tätigkeiten und den weggefallenen Beschäftigungsbedarf des Klägers ausgewirkt hat.
b) Die Rüge des Klägers, die unternehmerische Organisationsentscheidung sei rechtsmissbräuchlich und willkürlich, weil sie nur eine Reaktion auf eine nicht durchsetzbare verhaltensbedingte Kündigung sei, rechtfertigt keine andere Beurteilung.
aa) Eine Organisationsentscheidung des Arbeitgebers unterliegt nach den dargestellten Grundsätzen der Rechtsprechung des Senats nur einer Missbrauchskontrolle. Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht jedoch die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist und kein Rechtsmissbrauch vorliegt. Deshalb hat im Kündigungsschutzprozess der Arbeitnehmer grundsätzlich die Umstände darzulegen und im Streitfall zu beweisen, aus denen sich ergeben soll, dass die getroffene innerbetriebliche Strukturmaßnahme offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 17. Juni 1999 – 2 AZR 522/98 – BAGE 92, 61; 22. April 2004 – 2 AZR 385/03 – BAGE 110, 188; 23. Juni 2005 – 2 AZR 642/04 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 81 = EzA KSchG § 2 Nr. 54). Dabei zielt die Missbrauchskontrolle der unternehmerischen Entscheidung weder darauf ab, dem Arbeitgeber organisatorische Vorgaben zu machen, noch darf sie dazu dienen, die Stichhaltigkeit der Erwägungen zu prüfen, die den Arbeitgeber gerade zu dem von ihm gewählten Konzept geführt haben. Es geht in diesem Zusammenhang allein um die Verhinderung von Missbrauch (BAG 22. Mai 2003 – 2 AZR 326/02 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126). Verstöße gegen gesetzliche und tarifliche Normen (vgl. bspw. BAG 18. Dezember 1997 – 2 AZR 709/96 – BAGE 87, 327) sollen dabei genauso verhindert, wie Diskriminierung und Umgehungsfälle vermieden werden. Deshalb ist es missbräuchlich, einen Arbeitnehmer durch die Bildung separater betrieblicher Organisationsstrukturen bei unverändert fortbestehendem Beschäftigungsbedarf aus dem Betrieb zu drängen (BAG 26. September 2002 – 2 AZR 636/01 – BAGE 103, 31; 22. April 2004 – 2 AZR 385/03 – aaO) oder abstrakte Änderungen von Organisationsstrukturen ohne Änderung der realen Abläufe zu benutzen, um den Inhalt von Arbeitsverhältnissen zum Nachteil von Arbeitnehmern zu ändern.
bb) Im vorliegenden Fall mag die Beklagte die Neuorganisation des Bereichs VW auch vor dem Hintergrund einer innerbetrieblichen Auseinandersetzung vorgenommen haben. Sie hat sie aber auch auf Grund der früheren unklaren Kommunikationswege durchgeführt. Dementsprechend ist – wie das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat – eine rechtsmissbräuchliche oder willkürliche Umorganisation dieses Bereichs nicht erkennbar. Die durchgeführte Organisationsänderung ist vielmehr gut nachvollziehbar. Dies gilt umso mehr, als auch später nicht die “alte” Organisation wieder eingeführt, sondern auf Dauer durch eine später noch einmal verbesserte Organisation abgelöst worden ist. Die Beklagte hat also nicht erkennbar geänderte Strukturen vorgeschoben, sondern vielmehr tatsächlich die Organisationsstrukturen geändert. Auf Grund dieser organisatorischen Änderungen sind die vom Kläger ausgeführten Tätigkeiten in der bisherigen Form entfallen. Dadurch besteht ein entsprechender Personalüberhang und -anpassungsbedarf. Dass der Arbeitgeber die Organisation hätte auch anders gestalten oder auch “anders hätte vorgehen können” (vgl. auch hierzu Senat 22. April 2004 – 2 AZR 385/03 – BAGE 110, 188), rechtfertigt nicht die Annahme, in der Reorganisation eines bestimmten Unternehmensbereichs liege eine missbräuchliche Unternehmerentscheidung.
III. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung sei auch nicht nach § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG sozial ungerechtfertigt, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung auf Grund der bisherigen Feststellungen hingegen nicht stand. Sie tragen die Bewertung des Landesarbeitsgerichts nicht, dem Kläger sei keine Änderungskündigung mit dem Angebot einer Weiterbeschäftigung als Sachbearbeiter bzw. Produktmanager auszusprechen gewesen.
1. Eine Beendigungskündigung ist unter Beachtung des in § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG zum Ausdruck kommenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Mittel nicht als ultima-ratio geboten und deshalb sozial ungerechtfertigt, wenn der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens auch zu veränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigt werden kann. Nach der Rechtsprechung des Senats ist anstelle der Beendigungskündigung dann eine entsprechende Änderungskündigung auszusprechen. Für eine Beendigungskündigung liegen hingegen keine dringenden betrieblichen Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG vor (29. November 1990 – 2 AZR 282/90 – RzK I 5a Nr. 4; 21. April 2005 – 2 AZR 132/04 – BAGE 114, 243). Das Merkmal der “Dringlichkeit” der betrieblichen Erfordernisse konkretisiert insoweit den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (ultima-ratio Prinzip). Aus ihm ergibt sich, dass der Arbeitgeber vor jeder ordentlichen Beendigungskündigung von sich aus dem Arbeitnehmer grundsätzlich eine Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz auch zu geänderten Arbeitsbedingungen anbieten muss. Eine Änderungskündigung darf nur in “Extremfällen” unterbleiben, wenn der Arbeitgeber bei vernünftiger Betrachtung nicht mit einer Annahme des neuen Vertragsangebots durch den Arbeitnehmer rechnen konnte und ein derartiges Angebot vielmehr beleidigenden Charakter gehabt hätte. Grundsätzlich soll der Arbeitnehmer selbst entscheiden können, ob er eine Weiterbeschäftigung unter erheblich verschlechterten Arbeitsbedingungen für zumutbar hält oder nicht. Insbesondere darf der Arbeitgeber ein erheblich verschlechterndes Angebot nicht allein mit der Begründung unterlassen, mit dem zu erzielenden Einkommen könne der Arbeitnehmer seine Familie nicht ernähren oder er verdiene weniger, als er Sozialleistungen erhalten würde, wenn dieses Angebot die einzige Alternative zu einer Beendigungskündigung ist. Es mag gute Gründe geben (lange Bindung an den Arbeitgeber, die Region oder den örtlichen Bekanntenkreis, familiäres Umfeld, Hoffung “auf Besserung” im Arbeitsverhältnis uä.), warum sich ein Arbeitnehmer mit den schlechteren Arbeitsbedingungen arrangieren will (st. Rspr. seit BAG 27. September 1984 – 2 AZR 62/83 – BAGE 47, 26; 21. April 2005 – 2 AZR 132/04 – aaO; 21. April 2005 – 2 AZR 244/04 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 80 = EzA KSchG § 2 Nr. 52).
2. Auf Grund des bisher festgestellten Sachverhalts kann nicht abschließend festgestellt werden, ob die Beklagte dieser Initiativlast hinreichend nachgekommen ist. Jedenfalls konnte die gesetzlich vorgesehene Weiterbeschäftigungspflicht der Beklagten nicht mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung verneint werden.
a) Das Landesarbeitsgericht hat – wenn auch von seinem Standpunkt aus konsequent – festgestellt, die Beklagte habe dem Kläger keine freien Stellen anbieten müssen. Es seien keine vorhanden gewesen, die nach seinem sozialen und wirtschaftlichen Status für ihn zumutbar gewesen wären.
b) Diese Begründung widerspricht den dargestellten Grundsätzen der Rechtsprechung des Senats. Das Landesarbeitsgericht durfte einen Einsatz auf einem freien Arbeitsplatz nicht allein mit der Begründung verneinen, sie entspreche nicht ausreichend dem bisherigen sozialen und wirtschaftlichen Status des Klägers. Ob ggf. ein “Extremfall” im Sinne der genannten Rechtsprechung vorliegt, hat das Berufungsgericht nicht näher geprüft und auch keine entsprechenden Feststellungen getroffen.
aa) Nach der dargestellten Rechtsprechung des Senats hat der Arbeitnehmer grundsätzlich selbst zu entscheiden, ob er eine Weiterbeschäftigung unter möglicherweise erheblich verschlechterten Arbeitsbedingungen für zumutbar hält oder nicht. Soweit der Senat darauf abgestellt hat, die neuen Arbeitsbedingungen müssten so beschaffen sein, dass der Arbeitnehmer sie billigerweise hinnehmen müsse, betont dies lediglich den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, nach dem der Arbeitgeber verpflichtet ist, unter mehreren Änderungsmöglichkeiten dem Arbeitnehmer diejenige anzubieten hat, die den bisherigen Arbeitsbedingungen am Nächsten kommen.
bb) Danach hätte die Beklagte dem Kläger grundsätzlich auch eine freie Stelle mit deutlich schlechteren Arbeitsbedingungen im Wege einer Änderungskündigung anbieten müssen. Voraussetzung ist allein, dass ein Arbeitsplatz zum Kündigungszeitpunkt frei war oder alsbald frei geworden wäre und diese freie Stelle unter Berücksichtigung der Qualifikation des Klägers einerseits und des Stellenprofils des zu besetzenden Arbeitsplatzes andererseits aus ihrer Sicht die einzige Alternative zu einer sonst auszusprechenden Beendigungskündigung war.
(1) Ein möglicher Einsatz des Klägers als Gebietsverkaufsleiter BVC-Mitte scheidet allerdings schon deshalb aus der Betrachtung aus, weil die Stelle zum Kündigungszeitpunkt am 18. Februar 2002 nicht frei war. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers hatte der Stelleninhaber sie erst im März 2002 gekündigt und wurde sie erst zum 1. Januar 2003 besetzt.
(2) Als freie Stellen kamen aber die Tätigkeiten “Sachbearbeiter” (Stelle Ba…) bzw. “Produktmanager” (Stellen A… und Sc…) in Betracht. Diese waren dem Kläger grundsätzlich anzubieten, vorausgesetzt, der Kläger erfüllt die Qualifikationsvoraussetzungen der entsprechenden Stellenprofile. Dies kann auf Grund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen jedoch noch nicht beurteilt werden.
(2.1) Die Beklagte musste dem Kläger unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eine der genannten Stellen anbieten, wenn seine Weiterbeschäftigung zu entsprechend geänderten Arbeitsbedingungen objektiv möglich war. Ob der Kläger über die fachlichen Qualifikationsanforderungen der genannten Stellen verfügt, lässt sich auf Grund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht beurteilen. Das Landesarbeitsgericht hat von seinem Ansatz her konsequent hierzu keine Feststellungen getroffen. Dies wird es nachzuholen haben.
(2.2) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts konnte ein Änderungsangebot der Beklagten nicht allein deshalb unterbleiben, weil die Beklagte bei vernünftiger Betrachtung nicht mit der Annahme eines solchen Vertragsangebots durch den Kläger habe rechnen können.
Der Arbeitnehmer muss nach den dargestellten Grundsätzen grundsätzlich selbst entscheiden können, ob er eine Weiterbeschäftigung zu erheblich verschlechterten Arbeitsbedingungen für zumutbar hält oder nicht. Wenn der Kläger für die Tätigkeit als “Sachbearbeiter oder Produktmanager” geeignet und dies die einzigen Möglichkeiten waren, eine Beendigungskündigung zu vermeiden, musste dem Kläger grundsätzlich eine der Stellen angeboten werden.
Allein die hierarchische Rückstufung und die zu erwartenden erheblichen Vergütungseinbußen machen den Sachverhalt noch nicht zu einem “Extremfall” im Sinne der dargestellten Rechtsprechungsgrundsätze, bei dem die Beklagte eine Weiterbeschäftigung des Klägers hätte nicht mehr in Betracht ziehen müssen. Dazu müsste das Weiterbeschäftigungsverhältnis “beleidigenden Charakter” haben. Eine solche Situation kann allerdings gegeben sein, wenn der betroffene Arbeitnehmer so weit in der Personalhierarchie zurückgestuft würde, dass viele seiner bisher Untergebenen ihm nunmehr Weisungen erteilen könnten und deshalb erhebliche Konflikte zu erwarten sind.
Ein wesentliches Indiz für das Vorliegen einer solchen aus Sicht beider Arbeitsvertragsparteien gegebenen “Extremsituation” ist auch das Verhalten des betroffenen Arbeitnehmers nach Ausspruch der Beendigungskündigung und während des Kündigungsschutzprozesses. Beruft er sich trotz Kenntnis von einer freien in der betrieblichen Hierarchie weit entfernten Stelle nicht zeitnah auf eine solche, sondern erst lange nach Beginn der Auseinandersetzung, spricht vieles dafür, dass er selbst von einer unzumutbaren Situation im Betrieb und bei seiner Tätigkeit ausgeht, in der er keine Weiterbeschäftigungsperspektiven mehr sieht, und deshalb ein entsprechendes Änderungsangebot ausnahmsweise auch nicht unterbreitet werden musste. Ein solches Verhalten des Arbeitnehmers indiziert auch, dass er sich selbst bei Angebot einer derartigen Stelle vor Ausspruch der Kündigung in keinem Fall mit einer Annahme – auch nicht unter Vorbehalt – einverstanden erklärt hätte. Die – verspätete – Berufung auf eine solche Weiterbeschäftigungsmöglichkeit erscheint dann nicht mehr widerspruchsfrei (vgl. Senat 21. April 2005 – 2 AZR 132/04 – BAGE 114, 243). Auch diesem Einwand der Beklagten wird das Landesarbeitsgericht nachzugehen haben und insbesondere prüfen müssen, wann der Kläger von den freien Stellen Kenntnis erlangt hatte und wann und wie eine entsprechende Reaktion des Klägers konkret erfolgte. Ferner wird ggf. die Beklagte näher darlegen müssen, inwieweit auf Grund der Personalstruktur ggf. beträchtliche Konflikte im Betrieb zu erwarten waren.
(3) Schließlich verfängt der Einwand der Beklagten nicht, das Vorbringen sei nach § 6 KSchG ausgeschlossen.
§ 4 Satz 1 KSchG in der hier noch maßgeblichen bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung verlangte nur eine – hier gegebene – rechtzeitige Klageerhebung mit einem Kündigungsschutzantrag. War die Klage rechtzeitig erhoben worden, konnten grundsätzlich alle – weiteren – Einwendungen in den Grenzen des Novenrechts (§§ 61a, 67 ArbGG) vorgebracht werden (zur Neuregelung siehe: HWK-Pods/Quecke § 6 KSchG Rn. 2; Quecke RdA 2004, 86 (101); Eylert/Schinz AE 2005, 5, 11; Hanau ZIP 2004, 1169, 1174). Die Geltendmachung einzelner Aspekte eines Unwirksamkeitsgrundes wurden weder durch § 4 Satz 1 KSchG noch durch die Regelung des § 6 KSchG ausgeschlossen.
IV. Der Senat kann auch nicht in der Sache selbst abschließend entscheiden, weil die Kündigung aus anderen Gründen rechtsunwirksam wäre (§ 563 Abs. 3 ZPO). Entgegen der Auffassung des Revisionsklägers ist kein Anhörungsfehler bei der Beteiligung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG erkennbar, so dass die Kündigung nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam ist.
Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Betriebsrat der Beklagten – selbst wenn der Kläger kein leitender Angestellter war – hinreichend über den Kündigungssachverhalt informiert war. Es hat bereits zutreffend ausgeführt, die Beklagte habe den Betriebsrat nicht über freie Stellen informieren müssen. Aus ihrer – subjektiven – Sicht waren keine Stellen “frei” bzw. kamen für eine Besetzung mit dem Kläger nicht in Betracht. Andere Anhörungsfehler werden von der Revision nicht mehr geltend gemacht.
Unterschriften
Rost, Bröhl, Eylert, Bartel, K. Schierle
Fundstellen
Haufe-Index 1783772 |
DB 2007, 1032 |
NJW 2007, 1551 |
NWB 2007, 1525 |
NWB 2007, 4300 |
FA 2007, 222 |
NZA 2007, 431 |
SAE 2008, 256 |
AP, 0 |
EzA-SD 2007, 7 |
EzA |
NJW-Spezial 2007, 274 |
PuR 2007, 20 |