Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Schleusenaufsehers. selbständige Leistungen. Vertrauensschutz
Orientierungssatz
1. Eine selbständige Leistung im Tarifsinne ist dann anzunehmen, wenn eine Gedankenarbeit erbracht wird, die im Rahmen der für die Vergütungsgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges, insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses, eine eigene Beurteilung und eine eigene Entschließung erfordert.
2. Zur Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals der selbständigen Leistungen reicht das Bestehen eines Beurteilungs- oder Entscheidungsspielraums als solchem nicht aus. Ergeben sich die erforderlichen Entscheidungen bereits aus der Umsetzung vorhandener gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse, liegt noch keine selbständige Leistung im Tarifsinne vor.
3. Teilt der Arbeitgeber nach Abschluss einer Eingruppierungsüberprüfung dem Arbeitnehmer mit, er erfülle ein Tarifmerkmal und informiert ihn über die sich hieraus ergebende Eingruppierung, handelt es sich um die Äußerung einer Rechtsauffassung. Ohne weitere Anhaltspunkte kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, der Arbeitgeber habe zugleich den wesentlichen Inhalt der Arbeitsbedingungen hinsichtlich des betreffenden Tarifmerkmals anerkennen wollen.
Normenkette
BAT § 22 Abs. 2; Anlage 1a zum BAT VergGr. Vc Fallgr. 1b; Anlage 1a zum BAT VergGr. Vb Fallgr. 1c
Verfahrensgang
LAG Bremen (Urteil vom 10.10.2007; Aktenzeichen 2 Sa 288/06) |
ArbG Bremen-Bremerhaven (Urteil vom 07.09.2006; Aktenzeichen 10 Ca 588/05) |
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 10. Oktober 2007 – 2 Sa 288/06 – aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 7. September 2006 – 10 Ca 588/05 – abgeändert und die Klage abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Rz. 1
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.
Rz. 2
Der Kläger ist seit 1991 bei der Beklagten als Angestellter im Hafenbetriebsdienst als Schleusenaufseher tätig. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung. Der Kläger ist in der VergGr. Vc (Fallgr. 1b) BAT eingruppiert. Er muss für die Ausübung seiner Tätigkeit im nautischen Betriebsdienst neben einer abgeschlossenen seemännischen Grundausbildung folgende Kenntnisse und Fähigkeiten aufweisen:
– Ortskenntnisse des Hafens, der Anlieger- und Umschlagsfirmen,
– Kenntnisse über die Schleusen- und die maximal zulässigen Schiffsabmessungen,
– Kenntnisse in der Signalführung und über den technischen Betriebsablauf der Schleuse,
– Kenntnisse über den örtlichen Tideverlauf und über wasserstandsabhängige tiefgangsgebundene Schleusenzeiten,
– Kenntnisse in der BREPOS Software für die Verkehrsdatenerfassung und Grundkenntnisse in der anwendungsbezogenen Datenverarbeitung (Textprogramm und Mailfunktionen).
Rz. 3
Mit Schreiben vom 24. Juni 2005 begehrte der Kläger seine Höhergruppierung in die VergGr. Vb BAT. Seine Tätigkeit im Hafenbetriebsdienst habe sich erheblich verändert, da ihm neue Verantwortlichkeiten übertragen worden seien. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 8. Juli 2005 ab. In diesem heißt es ua.:
“Wir verweisen dazu auf die am 3. September 2002 durch den Senator für Finanzen durchgeführte Arbeitsplatzüberprüfung eines Angestellten im Hafenbetriebsdienst (Schleusenaufseher) in B…. Diese Überprüfung hat ergeben, dass für diesen Arbeitsplatz eine Eingruppierung in Verg.-Gr. Vc Fgr. 1b BAT tarifgerecht ist. Diese Eingruppierung wurde dann rückwirkend zum 15. November 2001 vorgenommen. Ein entsprechender Arbeitsvertrag wurde mit Datum 1. Oktober 2002 von Ihnen unterschrieben.
Die Tätigkeiten der Angestellten im Hafenbetriebsdienst bzw. der Schleusenaufseher sind an den Dienstorten Br… und B… vergleichbar. Bei der Arbeitsplatzüberprüfung wurden selbständige Leistungen im tariflichen Sinne mit einem Umfang von mindestens 33 1/3 % bereits berücksichtigt. Auch die in Ihrem Antrag aufgeführten Aufgaben bzgl. des Betriebes der Küstenfunkstelle Fischereihafen L… und die Aufgaben eines Seeschleusenmaschinisten sind in die tarifliche Bewertung einbezogen worden.”
Rz. 4
Hiergegen wandte sich der Kläger mit weiterem Schreiben vom 5. August 2005. Eine Höhergruppierung lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 12. September 2005 ua. mit folgender Begründung erneut ab:
“Wir weisen nochmals darauf hin, dass am 3. September 2002 vom Senator für Finanzen eine Arbeitsplatzüberprüfung durchgeführt wurde und die Eingruppierung aller Schleusenaufseher des H… B… Hafenamtes überprüft wurde. Das entsprechende Gutachten bzw. Schreiben des Senators für Finanzen vom 17. September 2002 ist als Anlage beigefügt.”
Rz. 5
In dem Schreiben des Senators für Finanzen vom 17. September 2002, das dem Schreiben der Beklagten vom 12. September 2005 als Anlage beigefügt war, heißt es ua:
“Das Merkmal der gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse ist unzweifelhaft erfüllt. Neben den Dienst- und Betriebsanweisungen für den nautischen/technischen Betriebsdienst einschließlich der Anlagen sind Ortskenntnisse des Hafens, der Anleger- und Umschlagsfirmen, Kenntnisse über die Schleusen- und die max. zulässigen Schiffsabmessungen, Kenntnisse in der Signalführung, die technischen Betriebsanläufe der Schleuse, den örtlichen Tideverlauf, die wasserstandsabhängigen tiefgangsgebundene Schleusenzeiten sowie Kenntnisse in der BREPOS Software für die Verkehrsdatenerfassung erforderlich.
…
Die übertragenen Aufgaben werden eigenverantwortlich erledigt, wobei die zu treffenden Entscheidungen im Rahmen der anzuwendenden Fachkenntnisse und der auf diesem Tätigkeitsfeld in größerem Umfang erforderlichen seemännischen Praxis und Erfahrungen getroffen werden müssen.
Selbständige Leistungen im tariflichen Sinne sind in einem Umfang von mindestens 33 1/3 % anzuerkennen, so dass keine Bedenken gegen eine Eingruppierung in die Verg.Gr. Vc Fgr. 1b bestehen.”
Rz. 6
Im Zusammenhang mit dem Höhergruppierungsantrag des Klägers ließ die Beklagte eine “Stellungnahme und Tätigkeitsbeschreibung für die Schleusenaufseher im nautischen Betriebsdienst auf den Schleusen in Br” erstellen. Nach ihrer Auffassung gliedert sich die Tätigkeit in nachstehende Arbeitsvorgänge:
“Wasserstandsregulierung |
5 % |
Selbständig + auf Anweisung |
… |
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Signalführung |
5 % |
selbständig |
… |
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Betrieb der Küstenfunkstelle Schleuse |
25 % |
Selbständig + tlw. auf Anordnung |
… |
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Kontrolle der Pegel |
1 % |
selbständig |
… |
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Verkehrsabwicklung und -erfassung |
20 % |
Selbständig + tlw. auf Anordnung |
… |
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Fahrbetrieb, Bedienung der Anlagen |
15 % |
selbständig |
… |
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Leinenhilfe, Festmacherbestellung |
5 % |
selbständig |
… |
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Verkehrserfassung auf der Schleuse |
10 % |
selbständig |
… |
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Aufgaben nach der Sturmflutordnung |
10 % |
selbständig |
… |
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Schadens- und Störfallmeldung |
3 % |
selbständig |
… |
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Aushang |
1 % |
selbständig |
… |
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100 % |
75 % selbständige Tätigkeiten |
Rz. 7
Mit der am 20. September 2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger seine Höhergruppierung weiterverfolgt. Bei seiner Tätigkeit handele es sich um einen einheitlichen Arbeitsvorgang. Dieser umfasse Tätigkeiten, die alle auf die Bedienung der Schleuse ausgerichtet seien. Die wichtigste Aufgabe sei die Regelung des ein- und auslaufenden Schiffsverkehrs. Die weiteren Aufgaben seien untrennbar mit seiner Tätigkeit als Schleusenaufseher verbunden. Alle Einzeltätigkeiten dienten der Funktionsfähigkeit der Schleuse. Das Merkmal der selbständigen Tätigkeit sei erfüllt. Die Beklagte habe durch die Eingruppierung in die VergGr. Vc (Fallgr. 1b) BAT selbst anerkannt, dass seine Tätigkeit zu mindestens einem Drittel und damit in rechtserheblichem Umfang selbständige Leistungen erfordere. Gleiches ergebe sich aus der Arbeitsplatzüberprüfung vom 17. September 2002 und dem Schreiben der Beklagten vom 12. September 2005.
Rz. 8
Auch unabhängig davon sei das Merkmal der selbständigen Leistungen gegeben. Ihm, dem Kläger, verblieben im Rahmen des Verkehrsablaufplans Spielräume für selbständige Entscheidungen. Der Plan gebe nur ungefähr an, zu welchem Zeitpunkt welche Schiffe geschleust werden, könne aber nicht immer eingehalten werden. Er weiche von diesem ab, wenn er einzelnen Schiffen unnötige Wartezeiten ersparen könne. Die Verkehrsabwicklung und -erfassung verlange die Entscheidung, in welcher Reihenfolge Schiffe geschleust werden oder ob eine Sammelschleusung vorgenommen werden solle. Hierzu müsse er die Schleusenabmessungen und die maximal zulässigen Schiffsabmessungen kennen. Der Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum werde durch die Dienstanweisungen bestätigt. Diese verwendeten Formulierungen wie “nach Möglichkeit”. Selbständige Leistungen erbringe er auch bei seinen Tätigkeiten der Wasserstandsregulierung, der Signalführung und beim Betrieb der Küstenfunkstelle Schleuse. Gleiches gelte für die Kontrolle der Pegel. Denn nach der Dienstanweisung habe er diejenigen Pegelstände mitzuteilen, die dreißig Minuten später zu erwarten seien. Das erfordere eine Prognoseentscheidung.
Rz. 9
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine Vergütung nach VergGr. Vb BAT ab dem 28. Juni 2005 zu zahlen und die jeweils am Monatsende fälligen Bruttodifferenzbeträge zur derzeitigen VergGr. Vc BAT mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Rz. 10
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger übe keine selbständigen Leistungen im tariflichen geforderten Umfang aus. Zwar habe sie im Zusammenhang mit der Eingruppierung des Klägers in der VergGr. Vc (Fallgr. 1b) BAT das Tarifmerkmal der gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse als erfüllt angesehen und auch selbständige Leistungen im Umfang von einem Drittel anerkannt. Dabei habe sie die Aufgaben “Verkehrsabwicklung und -erfassung” mit einem Anteil von 20 vH und “Fahrbetrieb, Bedienung der Anlagen” mit einem weiteren Anteil von 15 vH der auszuübenden Tätigkeit zugrunde gelegt. Allerdings sei im Jahre 2002 keine korrekte tarifrechtliche Bewertung vorgenommen worden.
Rz. 11
Dem Kläger stehe nur hinsichtlich des eigentlichen Schleusungsvorgangs ein Entscheidungsspielraum zu. Dieser beschränke sich zudem auf die Kleinschifffahrt. Dort entscheide er lediglich über die Reihenfolge der Schleusung. Hinsichtlich der nationalen oder internationalen Schifffahrt erfolge die Festlegung durch das Hafenbetriebsbüro. Aufgrund der bestehenden Rechtsvorschriften und Dienstanweisungen sowie der technischen Begrenzungen in der Schleusensteuerung verfüge der Kläger über keinen rechtlich erheblichen Entscheidungsspielraum, der für selbständige Leistungen im Tarifsinne erforderlich sei. Der Schiffsverkehr sei möglichst zügig und störungslos zu schleusen, wobei der Vorrang der Berufsschifffahrt vor der Sportschifffahrt zu beachten sei. Nach der Dienstanweisung solle die Schleusung von Sportbooten möglichst jeweils zur vollen Stunde seewärts und zur halben Stunde hafenwärts in der Reihenfolge des Ankommens an der Schleuse erfolgen. Im Rahmen seiner Tätigkeit müsse der Kläger lediglich die bereits vorgegebenen Faktoren wie die Schiffsgröße und den Schiffstiefgang, die Tide, die Dauer der Schleusung sowie die zu erwartende Ankunftszeit an der Schleuse berücksichtigen. Die im Verkehrsablaufplan angegebenen Zeiten seien nicht die der Schleusung, sondern die der Abfahrt vom Kai oder der Ankunft an der Lotsenstation. Auf dieser Grundlage würden erfahrungsgemäß zu erwartende Mindestzeiten angenommen, um die Ankunftszeit an der Schleuse zu bestimmen. Der Kläger könne ohne Weiteres erkennen, ob zuvor noch ein weiterer Schleusungsvorgang möglich sei.
Rz. 12
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte die Abweisung der Klage weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 13
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die als Eingruppierungsfeststellungsklage auch hinsichtlich des Zinsanspruchs (Senat 6. Juni 2007 – 4 AZR 505/06 – Rn. 14 mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 308) zulässige Klage ist nicht begründet. Die Tätigkeit des Klägers erfüllt auf der Grundlage seines Vortrags nicht die Anforderungen der VergGr. Vc (Fallgr. 1a) des Teils I der Anlage 1a zum BAT, sodass auch eine Eingruppierung in VergGr. Vb (Fallgr. 1c) BAT infolge eines Bewährungsaufstiegs ausscheidet.
Rz. 14
I. Die Eingruppierung des Klägers richtet sich nach dem BAT. Dieser findet nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Davon gehen auch die Parteien übereinstimmend aus.
Rz. 15
II. Nach § 22 Abs. 2 BAT ist der Kläger in der VerGr. Vb (Fallgr. 1c) BAT eingruppiert, wenn die die Gesamtarbeitszeit des Klägers ausfüllenden Arbeitsvorgänge im tariflich geforderten zeitlichen Umfang von mindestens der Hälfte der Gesamtarbeitszeit die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals oder der Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe erfüllen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT).
Rz. 16
1. Dabei ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen. Diesen hat der Senat verstanden als eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (st. Rspr., etwa 9. April 2008 – 4 AZR 117/07 – Rn. 24, AP TVG § 1 Nr. 44). Nach der Rechtsprechung des Senats können bei der Ermittlung der Arbeitsvorgänge tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher tariflicher Wertigkeit nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden (18. Mai 1994 – 4 AZR 461/93 – zu B II 2a der Gründe mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 178).
Rz. 17
a) Das Landesarbeitsgericht hat die von dem Kläger als Schleusenaufseher ausgeübten Tätigkeiten als einen Arbeitsvorgang angesehen. Denkbar sei es allenfalls, die Erfassung der Pegelstände einschließlich der damit zusammenhängenden Tätigkeiten wie den Wechsel der Pegelbögen, die Überwachung des Hafenwasserstandes und der Pegelbeobachtung bei vorhergesagten erhöhten Wasserständen nicht als unmittelbare Zusammenhangstätigkeit mit dem Schleusungsvorgang anzusehen, sondern als eigenständigen Arbeitsvorgang zu erfassen. Dies könne aber dahingestellt bleiben, da die restlichen Tätigkeiten des Schleusungsvorgangs einschließlich der damit unmittelbar zusammenhängenden Tätigkeiten einen Arbeitsvorgang mit einem Anteil von mindestens 65 vH der Gesamtarbeitszeit ergäben.
Rz. 18
b) Ob die Zusammenfassung sämtlicher Tätigkeiten des Kläger zu einem Arbeitsvorgang zutreffend ist oder ob, wie es das Landesarbeitsgericht erwogen hat, einzelne Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Pegelbeobachtung einen eigenständigen Arbeitsvorgang bilden, kann dahinstehen. Denn dem Kläger steht unabhängig davon, ob seine Tätigkeit einen Arbeitsvorgang bildet oder in zwei Arbeitsvorgänge aufzuteilen ist, die geltend gemachte Eingruppierung nicht zu.
Rz. 19
2. Die Eingruppierungsmerkmale des mangels einschlägiger spezieller Vorschriften maßgebenden Allgemeinen Teils der Anlage 1a zum BAT lauten, soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung:
“Vergütungsgruppe VII
1a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert.
(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung [des Betriebes], bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann.)
…
Vergütungsgruppe VIb
1a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Fünftel selbständige Leistungen erfordert.
(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung [des Betriebes], bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen.)
…
Vergütungsgruppe Vc
1a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.
(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung [des Betriebes], bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen.)
…
1b. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Drittel selbständige Leistungen erfordert.
(Die Klammerzusätze zu Fallgruppe 1a gelten.)
…
Vergütungsgruppe Vb
1a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.
(Gründliche, umfassende Fachkenntnisse bedeuten gegenüber den in den Fallgruppen 1a der Vergütungsgruppen VII, VIb und Vc geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Tiefe und der Breite nach.)
…
1b. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Fallgruppe 1a heraushebt, dass sie mindestens zu einem Drittel besonders verantwortungsvoll ist.
…
1c. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert, nach dreijähriger Bewährung in Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 1a.
…”
Rz. 20
3. Die vom Kläger angestrebte Eingruppierung in die VergGr. Vb (Fallgr. 1c) BAT setzt voraus, dass der Kläger sich drei Jahre in der VergGr. Vc (Fallgr. 1a) BAT bewährt hat. Nach dem Tätigkeitsmerkmal der VergGr. Vc (Fallgr. 1a) BAT muss die Tätigkeit des Klägers gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordern.
Rz. 21
a) Die Tätigkeit des Klägers erfordert gründliche und vielseitige Fachkenntnisse. Davon gehen beide Parteien übereinstimmend aus. Das entspricht auch dem Inhalt der Mitteilung der Beklagten vom 12. September 2005, in der sie sich auf die Tätigkeitsbewertung vom 17. September 2002 bezieht. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats angenommen, dass eine pauschale Überprüfung ausreicht, soweit die Parteien die Tätigkeit des Klägers als unstreitig ansehen und das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. VII BAT, auf der die VergGr. Vc (Fallgr. 1a) BAT aufbaut, als erfüllt erachten (vgl. 25. Januar 2006 – 4 AZR 613/04 – AP BAT-O § 27 Nr. 4; 12. Mai 2004 – 4 AZR 371/03 – mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 301).
Rz. 22
b) Das LAG hat angenommen, der Kläger erbringe selbständige Leistungen im Sinne der VergGr. Vc (Fallgr. 1a) BAT. Der Verkehrsablaufplan erweise sich als Rahmenplan, der an den Kläger die Anforderung stelle, bei absehbaren oder unerwarteten zeitlichen Verschiebungen der angemeldeten Schiffe zu reagieren. Er habe unter Berücksichtigung seiner nautischen und technischen Kenntnisse von Schleuse, Schiffen und Wasserverhältnissen sowie unter Beachtung und Gewichtung der Bedürfnisse der Hafennutzer zu entscheiden, welches Schiff zu welchem Zeitpunkt in welche Schleuse einfahren könne. Maßgebend sei, dass der Kläger bei den selbständig zu treffenden Entscheidungen auf gründliche und vielseitige Fachkenntnisse zurückzugreifen habe. Dass er sich dabei in täglicher Routine bewege, stehe der Annahme einer Selbständigkeit nicht entgegen. Der Kläger müsse die Situation erfassen und den Schluss ziehen, ob er so vorgehe, wie vom Hafenbetriebsbüro geplant oder ob er im Interesse einer zügigen Abwicklung hiervon abweiche. Der Umstand, dass der Kläger sich nicht laufend vor die Frage gestellt sehe, ob Handlungsspielräume vorhanden seien, die er durch selbständige Handlungen nutzen könne, sei unerheblich. Maßgebend sei vielmehr, dass bei dem Arbeitsvorgang Schleusenaufsicht Situationen in rechtlich nicht unerheblichem Maß aufträten, die selbständiges Handeln erforderten.
Rz. 23
c) Dem folgt der Senat nicht.
Rz. 24
aa) Das Urteil des Landesarbeitsgerichts unterliegt, soweit es sich um die Anwendung des Begriffs der selbständigen Leistungen und damit um die eines unbestimmten Rechtsbegriffs handelt, nur der beschränkten Überprüfung. Sie kann in der Revisionsinstanz nur dahingehend überprüft werden, ob das Landesarbeitsgericht den Rechtsbegriff als solchen verkannt hat, ob es bei der Subsumtion Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob es in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr., zB Senat 27. August 2008 – 4 AZR 484/07 – Rn. 22, AP TVG § 1 Auslegung Nr. 210; 8. November 2006 – 4 AZR 620/05 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 304).
Rz. 25
bb) Auch nach diesem eingeschränkten Maßstab sind die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zum Merkmal der “selbständigen Leistungen” entsprechend der VergGr. Vc (Fallgr. 1a) BAT nicht rechtsfehlerfrei.
Rz. 26
(1) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Landesarbeitsgericht bei seiner Prüfung vom Begriff der “selbständigen Leistungen” iSd. Satzes 3 des Klammerzusatzes zu VergGr. Vc (Fallgr. 1a) BAT ausgegangen.
Rz. 27
Danach erfordern selbständige Leistungen ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen. Das Merkmal “selbständige Leistungen” darf nicht mit dem Begriff “selbständig arbeiten” verwechselt werden, worunter man eine Tätigkeit ohne direkte Aufsicht oder Leitung versteht. Eine selbständige Leistung im Tarifsinne ist dann anzunehmen, wenn eine Gedankenarbeit erbracht wird, die im Rahmen der für die Vergütungsgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges, insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses, eine eigene Beurteilung und eine eigene Entschließung erfordert (Senat 18. Mai 1994 – 4 AZR 461/93 – zu B II 4c der Gründe mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 178). Kennzeichnend für selbständige Leistungen im tariflichen Sinne ist – ohne Bindung an verwaltungsrechtliche Fachbegriffe – ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses (Senat 14. August 1985 – 4 AZR 21/84 – BAGE 49, 250, 265). Vom Angestellten werden Abwägungsprozesse verlangt, in deren Rahmen Anforderungen an dessen Überlegungsvermögen gestellt werden. Der Angestellte muss dabei unterschiedliche Informationen verknüpfen, untereinander abwägen und zu einer Entscheidung kommen (Senat 14. Dezember 2005 – 4 AZR 560/04 – zu I 5c bb der Gründe). Dass diese Abwägungsprozesse bei entsprechender Routine durchaus schnell ablaufen können, steht nicht entgegen (Senat 10. Dezember 1997 – 4 AZR 221/96 – zu II 1b bb [3] der Gründe, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 237). Dieser Begriff der “selbständigen Leistungen” wird in den VergGr. Vb (Fallgr. 1a), VergGr. VIb (Fallgr. 1a) sowie VergGr. Vc (Fallgr. 1a und 1b) BAT im gleichen Sinne verwendet (s. nur Krasemann Das Eingruppierungsrecht des BAT/BAT-O 8. Aufl. Nr. 9.6 Rn. 83). Zur Erfüllung der tariflichen Anforderungen ist es ausreichend, wenn selbständige Leistungen innerhalb des Arbeitsvorgangs in rechtlich erheblichem Ausmaß vorliegen. Nicht erforderlich ist es, dass innerhalb eines Arbeitsvorgangs selbständige Leistungen ihrerseits in dem von § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 und 4 BAT bestimmten Maß anfallen (st. Rspr., zB Senat 18. Mai 1994 – 4 AZR 461/93 – zu B II 4c der Gründe, aaO).
Rz. 28
(2) Das Landesarbeitsgericht hat bei seiner Subsumtion den zutreffend zugrunde gelegten Begriff der “selbständigen Leistungen” wieder verlassen. Es geht maßgebend von dem Begriff der “Selbständigkeit” aus. Es hat verkannt, dass der Begriff “selbständige Leistungen” nicht mit “selbständiger Arbeit” gleichgesetzt werden darf. Eine selbständige Leistung im Tarifsinne liegt nicht bereits dann vor, wenn bei der Tätigkeit des Klägers Situationen auftreten, “die selbständiges Handeln erfordern”. Die Entscheidung, welches Schiff zu welchem Zeitpunkt (noch) in die Schleuse einfahren kann, mag der Kläger auf Grundlage seiner gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse treffen. Sie ist jedoch nicht zugleich eine selbständige Leistung im Tarifsinne. Welche Beurteilungen, Abwägungen und Entscheidungen auf Basis der tariflich vorausgesetzten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse der Kläger im Rahmen dieser Entscheidung vorzunehmen hat, ist den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts nicht zu entnehmen. Für die Erfüllung des Merkmals der selbständigen Leistungen genügt es nicht, dass ein Beurteilungsspielraum als solcher besteht. Vielmehr ist gerade bei der Ausfüllung dieses Spielraums das Abwägen unterschiedlicher Informationen erforderlich (vgl. Senat 6. Juni 2007 – 4 AZR 505/06 – Rn. 37, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 308). Diese gesonderte Prüfung hat das Landesarbeitsgericht nicht vorgenommen. Das Landesarbeitsgericht lässt nach seiner Subsumtion das “selbständige Handeln” des Klägers ausreichen.
Rz. 29
cc) Der Senat kann gleichwohl in der Sache selbst entscheiden. Denn nach dem Vortrag des für das Vorliegen einer selbständigen Leistung darlegungs- und beweispflichtigen Klägers erbringt dieser keine selbständigen Leistungen in einem rechtlich relevanten Umfang.
Rz. 30
(1) Entgegen der Auffassung des Klägers obliegt ihm die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Tatsachen, aus denen sich die seiner Meinung nach zutreffende Eingruppierung ergibt. Weder liegen die Voraussetzungen für eine Beweislastumkehr nach den Grundsätzen der korrigierenden Rückgruppierung vor noch kann der Kläger geltend machen, im Hinblick auf die Schreiben der Beklagten vom 8. Juli 2005 und vom 12. September 2005 habe diese selbständige Leistungen des Klägers iHv. einem Drittel seiner Gesamtarbeitszeit “anerkannt” und ihr sei es deshalb im vorliegenden Verfahren verwehrt, “selbständige Leistungen” im geforderten tariflichen Umfang in Abrede zu stellen.
Rz. 31
(a) Eine Darlegungslast der Beklagten ergibt sich nicht aus der dem Kläger mitgeteilten Eingruppierung in die VergGr. Vc (Fallgr. 1b) BAT in Verbindung mit den Grundsätzen zur Darlegungslast bei der Korrektur einer fehlerhaften Eingruppierung.
Rz. 32
Die Grundsätze zur Darlegungslast bei der korrigierenden Rückgruppierung finden zwar auch auf den Fall der Verweigerung eines Zeit- oder Bewährungsaufstiegs Anwendung. Voraussetzung hierzu ist aber die Mitteilung über die Eingruppierung in die für den Bewährungs- bzw. Zeitaufstieg maßgebende Vergütungs- und Fallgruppe (Senat 26. April 2000 – 4 AZR 157/99 – zu I 3a bb [2] der Gründe, BAGE 94, 287; 16. Oktober 2002 – 4 AZR 447/01 – zu II 3 der Gründe, AP AVR Caritasverband § 12 Nr. 12; 9. Mai 2007 – 4 AZR 351/06 – Rn. 18).
Rz. 33
Diese Voraussetzung ist vorliegend aber nicht gegeben. Die Beklagte hat dem Kläger nicht seine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe VergGr. Vc (Fallgr. 1a) BAT mitgeteilt, aus der allein ein Bewährungsaufstieg in die VergGr. Vb (Fallgr. 1c) BAT möglich ist, sondern diejenige in die VergGr. Vc (Fallgr. 1b) BAT. Diese Fallgruppe der VergGr. Vc BAT sieht einen Bewährungsaufstieg in die vom Kläger begehrte Vergütungsgruppe nicht vor.
Rz. 34
(b) Ebenso führt die Mitteilung der Beklagten, die Tätigkeit des Klägers erfordere zu mindestens einem Drittel selbständige Leistungen, nicht dazu, dass zu Gunsten des Klägers von selbständigen Leistungen bei Arbeitsvorgängen auszugehen ist, die mindestens die Hälfte der Gesamtarbeitszeit ausmachen.
Rz. 35
(aa) Die Beklagte hat nach ihrem unwidersprochenen Vortrag selbständige Leistungen des Klägers für die nach ihrer Ansicht vorliegenden Arbeitsvorgänge “Verkehrsabwicklung und -erfassung” mit einem Anteil von 20 vH und “Fahrbetrieb, Bedienung der Anlagen” mit einem weiteren Anteil von 15 vH der auszuübenden Tätigkeit zugrunde gelegt. Das mag aus der Überlegung erfolgt sein, dass jedenfalls bezogen auf diese Arbeitsvorgänge in rechtserheblichem Ausmaß selbständige Leistungen im Tarifsinne vorliegen, was für eine Eingruppierung in die VergGr. Vc (Fallgr. 1b) BAT ausreicht. Damit steht aber noch nicht fest, dass zugleich für den hier zu beurteilenden Arbeitsvorgang von selbständigen Leistungen in rechtserheblichem Maße auszugehen ist (vgl. BAG 6. August 1997 – 4 AZR 866/95 – zu II 3d aa der Gründe).
Rz. 36
(bb) Darüber hinaus ist es der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit namentlich aus Vertrauensschutzgründen nicht verwehrt, geltend zu machen, der Kläger erbringe im Rahmen seiner Tätigkeit keine selbständigen Leistungen im Tarifsinne. Die Schreiben der Beklagten vom 8. Juli 2005 und vom 12. September 2005 stehen dem nicht entgegen. Soweit der Kläger anführt, die Beklagte habe damit selbständige Leistungen des Klägers im Umfang von mindestens einem Drittel der Gesamtarbeitszeit “anerkannt”, übersieht er, dass ihm in diesen Schreiben lediglich das Ergebnis einer Arbeitsplatzüberprüfung mitgeteilt wurde und sie ihn über die zutreffende Eingruppierung informiert hat. Damit hat die Beklagte lediglich eine Rechtsauffassung geäußert (vgl. Senat 22. März 2000 – 4 AZR 116/99 – zu I 4b bb der Gründe, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 275). Anhaltspunkte für einen anderen, weitergehenden Erklärungsinhalt, namentlich dahingehend, die Beklagte habe zugleich den Inhalt der wesentlichen Arbeitsbedingungen des Klägers hinsichtlich des Merkmals der “selbständigen Leistungen” anerkennen wollen, können diesen Schreiben nicht entnommen werden. Die Beklagte hat damit auch nicht bei dem Kläger ein schützenswertes Vertrauen geschaffen, seine Tätigkeit umfasse selbständige Leistungen in rechtserheblichem Umfang im Hinblick auf die nun vom ihm begehrte VergGr. Vb (Fallgr. 1c) BAT.
Rz. 37
(2) Nach dem Vorbringen des Klägers liegen selbständige Leistungen im Sinne einer Gedankenarbeit verbunden mit Abwägungsprozessen, die hinsichtlich des einzuschlagenden Weges, insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses eine eigene Beurteilung und eine eigene Entschließung im Sinne des Tarifmerkmals erfordern, nicht vor.
Rz. 38
Zur Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals der selbständigen Leistungen reicht das Bestehen eines Beurteilungs- oder Entscheidungsspielraums als solchem nicht aus. Vielmehr ist bei der Ausfüllung des Spielraums das Abwägen unterschiedlicher Interessen erforderlich. Allein eine tatsächliche Umsetzung der gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse bei der Ermittlung der erforderlichen und noch zur Verfügung stehenden Zeit für eine weitere Schleusung stellt noch keine selbständige Leistung dar (vgl. BAG 2. Dezember 1992 – 4 AZR 140/92 – zu III c cc der Gründe, ZTR 1993, 204). Bei Durchführung der Schleusungen hat der Kläger die Zeit bis zur Ankunft eines nach dem Verkehrsablaufplan eingeplanten Schiffes zu ermitteln und unter Berücksichtigung der Schiffs- und Schleusenabmessungen zu entscheiden, ob noch ein genügend großer Zeitraum besteht, um zuvor eine weitere Schleusung durchzuführen. Dabei sind nach dem eigenen Vortrag des Klägers Schleusungszeiten von ca. 15 Minuten bei der kleinen und ca. 30 Minuten bei der großen Schleusenkammer zugrunde zu legen. In der Sache führt der Kläger auf der Grundlage seiner Fachkenntnisse eine Berechnung durch, die dann ohne Weiteres zu einem Ergebnis führt, nämlich ob die erforderliche Zeit für eine weitere Schleusung bis zur Ankunft eines angekündigten oder sich nähernden Schiffes ausreicht oder nicht. Diese Tätigkeit erfordert aber entgegen der Auffassung des Klägers kein selbständiges Erarbeiten eines Arbeitsergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative im Sinne des Tarifmerkmals. Vielmehr handelt es sich lediglich um eine “selbständig zu treffende Entscheidung”. Gleiches gilt für die vom Kläger anführte Signalführung, die “in sich stimmig” zu sein habe und keine “widersprüchlichen Angaben” enthalten dürfe. Auch insoweit ergeben sich die erforderlichen Entscheidungen bereits in der Umsetzung vorhandener Fachkenntnisse. Eine über diese Anforderungen hinausgehende eigene Beurteilung und eine eigene Entschließung im Sinne des Tarifmerkmals liegen auch hier nicht vor.
Rz. 39
Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch dann nicht, wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, bei seiner Tätigkeit handele es sich insgesamt um einen Arbeitsvorgang, der auch die Erfassung und Kontrolle der Pegel sowie eine Prognose hinsichtlich zu erwartender Pegelstände mit umfasst. Beide Tätigkeiten erfordern ersichtlich nur die Umsetzung gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse. Die vorstehend genannten Voraussetzungen für eine selbständige Leistung liegen auch hier nicht vor.
Rz. 40
III. Der Kläger hat nach § 91 ZPO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Unterschriften
Bepler, Creutzfeldt, Treber, v. Dassel, Redeker
Fundstellen
Haufe-Index 2198747 |
ZTR 2009, 581 |
AP 2010 |
PersV 2010, 274 |
RiA 2010, 63 |
ArbR 2009, 44 |