Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzschutz bei volldynamischer Versorgungszusage
Leitsatz (amtlich)
- Der Umfang des Insolvenzschutzes für Betriebsrentner und Rentenanwartschaftsberechtigte ergibt sich ausschließlich aus dem Betriebsrentengesetz.
- Trifft der Insolvenzfall einen Betriebsrentner, muß der Träger der Insolvenzsicherung nach § 7 Abs. 1 BetrAVG in dem Umfang eintreten, der sich aus der Versorgungszusage des Arbeitgebers ergibt. Enthält die Zusage eine unabhängig von § 16 BetrAVG bestehende Anpassungspflicht des Arbeitgebers, wie etwa bei Versorgungsregelungen nach den Richtlinien des Essener Verbandes, besteht diese Pflicht auch für den Pensions-Sicherungs-Verein (Bestätigung der Senatsurteile vom 3. August 1978 – BAGE 31, 45 = AP Nr. 1 zu § 7 BetrAVG; vom 15. Februar 1994 – 3 AZR 705/93 – AP Nr. 82 zu § 7 BetrAVG, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
- Der Anspruch für den Inhaber einer im Insolvenzfall unverfallbaren Versorgungsanwartschaft gegen den Träger der Insolvenzsicherung richtet sich gemäß § 7 Abs. 2 Satz 3 nach § 2 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 5 BetrAVG. Damit sind Veränderungen der Bemessungsgrundlagen für die Berechnung des Betriebsrentenanspruchs, die nach dem Insolvenzfall eintreten, für die Berechnung des Anspruchs gegen den Träger der Insolvenzsicherung unerheblich. Eine vertraglich versprochene Anpassung der Rentenanwartschaften nach variablen Bezugsgrößen, wie etwa den Gruppenbeträgen des Essener Verbandes, ist damit nicht insolvenzgesichert.
- Die Veränderungssperre des § 2 Abs. 5 BetrAVG wirkt im Rahmen des Insolvenzschutzes nach § 7 Abs. 2 BetrAVG nicht nur bis zum Eintritt des Versorgungsfalls. Auch Veränderungen der Bemessungsgrundlagen nach Eintritt des Versorgungsfalls sind für die Berechnung des Teilanspruchs gegenüber dem Träger der Insolvenzsicherung unbeachtlich (insoweit Aufgabe des Senatsurteils vom 3. August 1978 – BAGE 31, 45, 55 = AP Nr zu § 7 BetrAVG, zu II 2a der Gründe).
Normenkette
BetrAVG § 7 Abs. 1-2, § 2 Abs. 5
Verfahrensgang
LAG Köln (Urteil vom 05.08.1993; Aktenzeichen 5 (12) Sa 452/93) |
ArbG Köln (Urteil vom 12.11.1992; Aktenzeichen 8 Ca 788/90) |
Tenor
- Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 5. August 1993 – 5 (12) Sa 452/93 – wird zurückgewiesen.
- Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob die … M… mbH (im folgenden: M… ) dem Kläger eine volldynamisierte Betriebsrente zugesagt hat, und ob der beklagte Pensions-Sicherungs-Verein für eine etwa zugesagte Dynamik in einem künftigen Versorgungsfall einstehen muß .
Der im Jahre 1936 geborene Kläger war seit Oktober 1960 Angestellter der K… AG. Er hatte von diesem Unternehmen eine Versorgungszusage nach den Leistungsrichtlinien des Essener Verbandes erhalten. Bei diesem Verband handelt es sich um eine Vereinigung von Unternehmen der Stahlindustrie und ihr verwandter Bereiche, die ihre Mitglieder bei der Berechnung und Auszahlung von Renten an höher bezahlte frühere Angestellte unterstützt. Nach § 3 seiner Satzung hat der Essener Verband die von ihm aufzustellende Leistungsordnung, die dort vorgenommene Gruppenbildung und die Gruppenbeträge, von denen aus die Betriebsrenten zu errechnen sind, auch mit Wirkung für künftige Leistungen regelmäßig zu überprüfen und ggf. den veränderten Verhältnissen anzupassen. Die Mitglieder des Verbandes sind gegenüber dem Verband verpflichtet, die Satzung und die Leistungsordnung sowie die Beschlüsse der Organe des Verbandes einzuhalten. Die vom Verband festgestellten Leistungen haben sie zu erbringen, es sei denn, daß sie ihnen aufgrund nachhaltiger wesentlicher Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage nicht mehr zugemutet werden können.
Der Kläger wechselte zum 1. April 1977 von der K…–… AG zur M…. Er war dort bis zur Insolvenz des Unternehmens am 16. April 1987 als Werksdirektor beschäftigt. Die M… war dem Essener Verband nicht angeschlossen. Sie regelte die Altersversorgung ihrer Mitarbeiter durch eine Pensionsordnung und durch eine Ruhegehaltsordnung. Zusagen nach Maßgabe der Ruhegehaltsordnung (im folgenden: RGO) erhielten die außertariflichen Angestellten, die nicht in der Knappschaft versichert waren. Die RGO enthält eine Gruppenbildung mit einer der Leistungsordnung des Essener Verbandes ähnlichen Aufteilung. Den Gruppen sind jährlich festzulegende Rentenhöchstbeträge zugeordnet. Die Entscheidungen über die Festlegung der Gruppenhöchstbeträge wurden in der Vergangenheit denjenigen, die eine Zusage nach der RGO erhalten hatten, unter ausdrücklicher Bezugnahme auf entsprechende Vorstandsentscheidungen jeweils schriftlich mitgeteilt.
Im Dienstvertrag des Klägers mit der M… vom 31. März/ 14. April 1977 findet sich zur Altersversorgung die folgende Regelung:
“Herr Dr. P… wird ab Diensteintritt Mitglied der Ruhegehaltsordnung und in die Versorgungsgruppe “M” eingestuft. Die bisher im Essener Verband verbrachten Versorgungsjahre werden angerechnet.”
Am 3. August 1981 wurde diese Regelung zum 1. Mai 1981 geändert. Ab diesem Zeitpunkt erfolgte die Einstufung des Klägers in die RGO “entsprechend der Versorgungsgruppe “O” des Essener Verbandes mit der Maßgabe, daß aber im übrigen, wie bisher, die Satzungsbestimmungen unserer RGO Gültigkeit haben.”. Bei Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der M… betrug der Gruppenhöchstbetrag für die Gruppe “O” des Essener Verbandes 5.475,00 DM. Hiervon ausgehend ermittelte der Beklagte für den Kläger eine unverfallbare Anwartschaft auf Versorgungsleistungen in Höhe von 3.123,80 DM und erteilte dem Kläger einen entsprechenden Anwartschaftsausweis.
Die Gruppenbeträge der Gruppe “O” wurden vom Essener Verband zwischenzeitlich mehrfach angehoben. Die M… nahm seit der Eröffnung des Konkursverfahrens keine weiteren Anhebungen mehr vor.
Der Kläger hat den Standpunkt vertreten, ohne den Insolvenzfall hätte die M… die Gruppenbetragsanhebungen der Gruppe “O” durch den Essener Verband bei der Feststellung der Höhe seiner Anwartschaft wie auch bei der Rentenberechnung nach Eintritt des Versorgungsfalles berücksichtigen müssen. Diese Pflicht sei aufgrund der ihm gegebenen vertraglichen Zusagen entstanden, bestehe aber jedenfalls wegen einer entsprechenden betrieblichen Übung bei der M…. Für diese vertraglich geschuldete Dynamisierung der Versorgungsrechte müsse der beklagte Pensions-Sicherungs-Verein eintreten. Dies gelte zumindest für die Zeit ab Eintritt des Versorgungsfalls.
Der Kläger hat behauptet, er sei anläßlich seines Einstellungsgespräches darauf hingewiesen worden, er könne seine bisherige Zugehörigkeit zum Essener Verband fortsetzen. Man habe ihm aber empfohlen, eine Zusage nach der RGO zu akzeptieren. Diese sei hinsichtlich der Dynamik der Gruppenbeträge nicht ungünstiger als eine Zusage nach den Richtlinien des Essener Verbandes. Im Hinblick auf diese Empfehlung habe er die getroffene Regelung akzeptiert. Die Gruppenbetragsanhebungen des Essener Verbandes seien bei der M… von 1980 bis 1986 nach Zeitpunkt und Höhe ohne weiteres routinemäßig umgesetzt worden. Zu den Anhebungsbeschlüssen habe sich der Vorstand der M… unabhängig von der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens in Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes für verpflichtet gehalten. Es habe bei der M… nämlich Angestellte gegeben, die von den K… übernommen und deren Versorgungszusage nach den Richtlinien des Essener Verbandes weitergeführt worden seien. Die Beschlüsse des Vorstandes hätten für alle nach der RGO Berechtigten Gültigkeit gehabt, unabhängig davon, ob es sich um aktive Arbeitnehmer, Anwärter oder um Leistungsfälle aufgrund einer unverfallbaren Anwartschaft oder eines Eintritts in den Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze gehandelt habe. Aufgrund dieser Verfahrensweise sei bei der M… eine entsprechende anspruchsbegründende betriebliche Übung entstanden.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, Gruppenbetragsanhebungen des Essener Verbandes in der Gruppe O in der Zeit ab 16. 4. 1987 fortlaufend im Rahmen der ihm erteilten Zusage gemäß der Ruhegehaltsordnung der M… zu berücksichtigen,
hilfsweise festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, Gruppenbetragsanhebungen des Essener Verbandes in der Gruppe O zugunsten des Klägers im Rahmen der ihm erteilten Zusage gemäß Ruhegehaltsordnung der M… ab Eintritt des vom Beklagten zu erfüllenden Leistungsfalles zu berücksichtigen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat den Sachvortrag des Klägers zum Verhalten des früheren Arbeitgebers mit Nichtwissen bestritten und behauptet, der Vorstand der M… habe eigene Anpassungsentscheidungen für die Arbeitnehmer getroffen, die eine Zusage nach der RGO erhalten hätten. Er habe sich dabei nach den Kriterien Entwicklung der Tarifgehälter, Steigerung der Sozialversicherungsrenten und wirtschaftliche Lage des Unternehmens gerichtet. Der Vorstand der M… habe nicht den Willen gehabt, die Beschlüsse des Essener Verbandes ohne weiteres zu übernehmen. Er habe vielmehr jeweils nur Anpassungsentscheidungen nach § 16 BetrAVG getroffen. Hierfür müsse der Beklagte nicht einstehen.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, daß der beklagte Pensions-Sicherungs-Verein die bei der Insolvenz der M… entstandene Betriebsrentenanwartschaft an die jeweiligen Gruppenbeträge anpaßt, die der Essener Verband festsetzt. Dies gilt sowohl für die Zeit bis zum Eintritt des Versorgungsfalles als auch für die Zeit danach. Die Vorinstanzen haben deshalb die Klage zu Recht mit dem Haupt- und dem Hilfsantrag abgewiesen.
I. Der Umfang des gesetzlichen Insolvenzschutzes ist in § 7 BetrAVG abschließend festgelegt. Dabei unterscheidet das Gesetz danach, ob der Insolvenzfall einen Betriebsrentner oder einen Anwartschaftsberechtigten getroffen hat.
1. Geht es um Versorgungsempfänger, deren Ansprüche vom Arbeitgeber nicht erfüllt werden, weil über sein Vermögen der Konkurs eröffnet worden ist, dann hat der Pensions-Sicherungs-Verein in der Folgezeit die Leistungen in der Höhe zu erbringen, die der Arbeitgeber aufgrund der Versorgungszusage ohne die Konkurseröffnung zu erbringen gehabt hätte (§ 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG). Der gesetzliche Insolvenzschutz knüpft hier ohne Einschränkung an das an, was der Arbeitgeber zugesagt hatte. Gesichert ist der Anspruch des Versorgungsempfängers, wie er sich aus der Versorgungsordnung ergibt. Hat der Arbeitgeber eine dynamische Rente zugesagt, hat er sich also verpflichtet, den Versorgungsanspruch nach bestimmten Kriterien unabhängig von § 16 BetrAVG anzupassen, dann muß auch der Pensions-Sicherungs-Verein hierfür einstehen und seine Leistungen entsprechend dieser Zusage erhöhen (BAGE 54, 168 = AP Nr. 20 zu § 16 BetrAVG; BAG Urteil vom 5. Oktober 1993 – 3 AZR 698/92 – AP Nr. 28 zu § 16 BetrAVG; BAG Urteil vom 15. Februar 1994 – 3 AZR 705/93 – AP Nr. 82 zu § 7 BetrAVG, beide auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; Höfer/Reiners/Wüst, BetrAVG, Stand Juni 1993, § 7 Rz 2860; Ahrend/Förster/Rößler, Steuerrecht der betrieblichen Altersversorgung, Bd. I, 3. Aufl., Stand Oktober 1994, 1. Teil Rz 659). Zu den Zusagen, bei denen der Beklagte gegenüber Betriebsrentnern für eine versprochene Anpassung einstehen muß , gehören auch Versorgungszusagen nach den Richtlinien des Essener Verbandes (BAGE 31, 45, 55 = AP Nr. 1 zu § 7 BetrAVG, zu II 2a der Gründe; BAG Urteil vom 15. Februar 1994 – 3 AZR 705/93 – AP Nr. 82 zu § 7 BetrAVG, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II der Gründe).
Eine andere Regelung trifft § 7 Abs. 2 BetrAVG für den Fall, daß die Konkurseröffnung einen noch nicht aus dem Arbeitsleben ausgeschiedenen Arbeitnehmer getroffen hat. Der gesetzliche Insolvenzschutz knüpft hier nicht an die Zusage des früheren Arbeitgebers, sondern an gesetzliche Vorschriften an. Anwartschaftsberechtigte haben nur dann einen Anspruch gegen den Pensions-Sicherungs-Verein, wenn ihre Anwartschaft nach § 1 BetrAVG unverfallbar geworden ist. Die Anerkennung von Vordienstzeiten durch den Arbeitgeber ist nur bedeutsam, soweit die Vordienstzeiten von einer Versorgungszusage begleitet waren (BAGE 31, 45 = AP Nr. 1 zu § 7 BetrAVG; BAGE 44, 1 = AP Nr. 17 zu § 7 BetrAVG, mit Anmerkung von Weitnauer). Die Höhe des Anspruchs richtet sich nach § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 BetrAVG. § 7 Abs. 2 Satz 3 zweiter Halbsatz BetrAVG ordnet darüber hinaus an, daß § 2 Abs. 5 BetrAVG entsprechend anzuwenden ist. Für den Umfang der insolvenzgeschützten Versorgungsanwartschaft, also des erdienten Teilanspruchs, der im Versorgungsfall auszuzahlen ist, kommt es damit auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Sicherungsfalles an. Bei der ratierlichen Berechnung der Anwartschaft ist von einem unveränderten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und der Bemessungsgrundlagen auszugehen. Veränderungen nach Eintritt des Insolvenzfalls sind für den Insolvenzschutz unerheblich (BAG Urteil vom 12. März 1991 – 3 AZR 63/90 – AP Nr. 68 zu § 7 BetrAVG; Ahrend/Förster/Rößler, Steuerrecht der betrieblichen Altersversorgung, Bd. I, 3. Aufl., Stand Oktober 1993, Teil 1 Rz 414 f.).
II. Die Einstandspflicht des beklagten Pensions-Sicherungs-Vereins gegenüber dem Kläger richtet sich nach § 7 Abs. 2 Satz 1 bis Satz 3 BetrAVG. Bei Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der M… stand der Kläger noch in deren Diensten. Er schied anschließend aus diesem Arbeitsverhältnis aus, ohne in den Ruhestand zu wechseln. Der Kläger hatte bei Konkurseröffnung eine nach § 1 BetrAVG unverfallbare Versorgungsanwartschaft erworben, die auf einer unmittelbaren Versorgungszusage der M… beruhte (§ 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BetrAVG). Der Beklagte schuldet dem Kläger deshalb bei Eintritt des Versorgungsfalls die auf der Grundlage des bei Konkurseröffnung geltenden Gruppenbetrages für die Versorgungsgruppe “O” nach dem Verhältnis der bis dahin erreichten zur erreichbaren Betriebszugehörigkeit errechnete Teilrente (§ 2 Abs. 1 BetrAVG) in der rechnerisch unstreitigen Höhe von 3.123,80 DM. Dies ist zwischen den Parteien nicht umstritten. Die mit der Klage darüber hinaus angestrebte Erhöhung dieses Anspruchs entsprechend den seitherigen und künftigen Anhebungen des Gruppenbetrags für die Versorgungsgruppe “O” schuldet der Beklagte nicht. Dem steht § 7 Abs. 2 Satz 3 zweiter Halbsatz in Verb. mit § 2 Abs. 5 BetrAVG entgegen.
1. Nach § 2 Abs. 5 BetrAVG bleiben bei der Berechnung des Teilanspruchs Veränderungen der Bemessungsgrundlagen, soweit sie nach dem Ausscheiden oder im Fall des § 7 Abs. 2 BetrAVG nach dem Insolvenzfall eintreten, außer Betracht.
Bei den Gruppenbeträgen des Essener Verbandes handelt es sich um Bemessungsgrundlagen für die Leistung der betrieblichen Altersversorgung, deren künftige Veränderungen beim Insolvenzfall nicht feststehen. Dies ergibt sich schon daraus, daß der Essener Verband nach § 3 seiner Satzung die Gruppenbeträge den veränderten Verhältnissen, also Umständen, die nicht im vorhinein berechenbar sind, anzupassen hat.
Dies gilt unabhängig davon, daß die M… als frühere Arbeitgeberin nicht gehindert war, dem Kläger eine günstigere Berechnung seiner Versorgungsanwartschaft im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens zu versprechen. Sie konnte ihn auch in einem solchen Fall an einer zugesagten Dynamik teilnehmen lassen. Eine solche einzelvertraglich entstandene Rechtsposition würde den Pensions-Sicherungs-Verein aber nicht binden. Der Umfang seiner Einstandspflicht ergibt sich ausschließlich aus dem Gesetz. Eine über § 2 Abs. 5 BetrAVG hinausgehend garantierte Dynamik ist nicht insolvenzgeschützt (BAGE 44, 1, 4 = AP Nr. 17 zu § 7 BetrAVG; BAGE 54, 261, 271 = AP Nr. 9 zu § 1 BetrAVG Ablösung, zu II 3a der Gründe; BAGE 56, 138, 142 = AP Nr. 5 zu § 1 BetrAVG Besitzstand, zu B I der Gründe; BAGE 61, 273, 279 f. = AP Nr. 23 zu § 1 BetrAVG Unterstützungskassen, zu B 1b 3 der Gründe; BAG Urteil vom 10. März 1992 – 3 AZR 140/91 – AP Nr. 73 zu § 7 BetrAVG, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; Höfer/Reiners/Wüst, BetrAVG, Stand Juni 1993, § 7 Rz 2876; Ahrend/Förster/Rößler, Steuerrecht der betrieblichen Altersversorgung, Bd. I, 3. Aufl., Stand Oktober 1994, 1. Teil Rz 652a). Mit der im Insolvenzschutz zwingend wirkenden Veränderungssperre des § 2 Abs. 5 BetrAVG, die künftige ungewisse Ereignisse aus der Berechnung des insolvenzgeschützten Teilanspruchs ausschließt, hat der Gesetzgeber den Insolvenzschutz überschaubar gestaltet. Der beklagte Pensions-Sicherungs-Verein erhält dadurch eine klare Grundlage für die Berechnung seiner Verpflichtungen (BAG Urteil vom 12. März 1991 – 3 AZR 63/90 – AP Nr. 68 zu § 7 BetrAVG).
2. Die Veränderungssperre des § 2 Abs. 5 BetrAVG ist nicht auf die Zeit zwischen der Konkurseröffnung und dem Eintritt des Versorgungsfalls beschränkt. Auch Änderungen der Bemessungsgrundlage nach Eintritt des Versorgungsfalles bleiben bei der Berechnung des Anspruchs gegen den Träger der Insolvenzsicherung aus § 7 Abs. 2 BetrAVG, soweit es also um Versorgungsanwärter geht, außer Betracht. Etwas anderes läßt sich dem Wortlaut des Gesetzes nicht entnehmen. Die Veränderungssperre wird dort ohne zeitliche Begrenzung angeordnet. Auch Sinn und Zweck der Vorschriften sprechen dafür, daß alle nach dem Insolvenzfall eintretenden Veränderungen in den Ruhegeldordnungen und in den Bemessungsgrundlagen nicht mehr auf das Versorgungsverhältnis einwirken sollen. Nach dem Willen des Gesetzes soll bereits beim Insolvenzfall die Teilrente, der sich für die Rentenanwärter ergebende künftige Anspruch, berechnet und ein entsprechender Anwartschaftsausweis erstellt werden können. Dessen Berechnung darf nicht vom Eintrittkünftiger ungewisser Ereignisse abhängig gemacht werden (BAGE 61, 273, 279 f. = AP Nr. 23 zu § 1 BetrAVG Unterstützungskassen, zu B 1b 3 der Gründe).
Darauf, ob der Beklagte in der Vergangenheit entsprechend dieser Rechtslage gehandelt hat, kommt es nicht an. Die gesetzliche Insolvenzsicherung besteht nur in dem vom Gesetz vorgeschriebenen Umfang. Hiernach sind die Bemessungsgrundlagen endgültig in der Höhe festgeschrieben, wie sie beim Insolvenzfall bestanden. Veränderungen der Bemessungsgrundlagen in der Zeit danach wirken weder zum Vorteil noch zum Nachteil des insolvenzgeschützten Betriebsrentenanwärters. Seine im Urteil vom 3. August 1978 (BAGE 31, 45, 55 = AP Nr. 1 zu § 7 BetrAVG, zu II 2a der Gründe) zum Ausdruck gekommene gegenteilige Rechtsauffassung gibt der Senat auf.
3. Eine rechtliche Möglichkeit, den Insolvenzschutz eines Anwartschaftsberechtigten, der eine volldynamische Betriebsrentenzusage erhalten hatte, über das in § 7 Abs. 2, § 2 Abs. 5 BetrAVG Festgelegte hinaus zu erweitern, besteht nicht. Die Rechtslage ist hier grundsätzlich anders als in den vom Senat entschiedenen Fällen, in denen Zusagen über die Anrechnung von Vordienstzeiten oder die Zurechnung fiktiver Beschäftigungszeiten ausnahmsweise den Umfang des Insolvenzschutzes beeinflußten.
In seinen Urteilen zur vertraglichen Anrechnung von Vordienstzeiten, die sich im Ausnahmefall auch dahin auswirken kann, daß eine Anwartschaft vorzeitig insolvenzgeschützt wird (BAGE 31, 45 = AP Nr. 1 zu § 7 BetrAVG; BAGE 44, 1 = AP Nr. 17 zu § 7 BetrAVG, mit Anmerkungen von Weitnauer), hat der Senat stets betont, daß es darum geht, die Altersversorgung aus einer durchgängig von Versorgungszusagen begleiteten Beschäftigungszeit abzusichern. Von dem Erfordernis, daß die Teilrente bereits im Insolvenzfall sicher berechenbar sein muß, ist der Senat dort ebensowenig abgerückt wie in seinem Urteil vom 10. März 1992 (– 3 AZR 140/91 – AP Nr. 73 zu § 7 BetrAVG, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Dort ging es um einen Arbeitnehmer, der nach Maßgabe der Richtlinien des Essener Verbandes eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft erlangt hatte. Er schied danach auf Veranlassung des Arbeitgebers aus, der ihm zusagte, er werde bei Inanspruchnahme der vorzeitigen gesetzlichen Rente so gestellt werden, als hätte er bis zu diesem Zeitpunkt im Arbeitsverhältnis gestanden. Nach Ausscheiden des Arbeitnehmers, aber vor Eintritt des Versorgungsfalles, wurde der Arbeitgeber insolvent. Im vom Senat entschiedenen Rechtsstreit ging es nur darum, ob bei der Berechnung der insolvenzgeschützten Teilrente eine Dienstzeit bis zum vorzeitigen Versorgungsfall oder nur die tatsächliche Dienstzeit zugrunde zu legen war. Der Senat hat die getroffene Vereinbarung zu Lasten des Pensions-Sicherungs-Vereins wirken lassen, weil es sich in der Sache um eine Verbesserung der Versorgungszusage gehandelt hatte, die der Pensions-Sicherungs-Verein gegen sich gelten lassen muß; falls er sich nicht auf Versicherungsmißbrauch (§ 7 Abs. 5 BetrAVG) berufen kann. Der Senat hat in seinem Urteil vom 10. März 1992 (aaO) aber auch ausdrücklich darauf abgestellt, daß sich durch die vom Arbeitgeber vorgenommene Verbesserung der Versorgungszusage nichts daran geändert hatte, daß die Teilrente des Anwartschaftsberechtigten im Insolvenzzeitpunkt berechenbar war. An diesem Erfordernis ist weiterhin festzuhalten.
Unterschriften
Dr. Heither, Kremhelmer, Bepler, Dr. Reinfeld, Oberhofer
Fundstellen
Haufe-Index 857032 |
BB 1995, 679 |
NZA 1995, 887 |
ZIP 1995, 584 |