Entscheidungsstichwort (Thema)
Amtszulage einer stellvertretenden Schulleiterin in Sachsen. Eingruppierung von Lehrern, öffentlicher Dienst
Orientierungssatz
Gemäß Abschnitt A Nr. 3 der TdL-Richtlinien ist die Gewährung einer Amtszulage an stellvertretende Schulleiter als Ermessensentscheidung ausgestaltet. Das Absinken von Schülerzahlen führt nicht automatisch zum Wegfall der Zulage.
Normenkette
BAT-O §§ 22-23; Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum Ersten Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften (BAT-O) vom 8. Mai 1991 § 2; BBesG Anlage I; TdL-Richtlinien vom 22. Juni 1995 (Amtsblatt des SMF Nr. 5 vom 30. Mai 1996 S. 133 ff.)
Verfahrensgang
Sächsisches LAG (Urteil vom 01.04.2003; Aktenzeichen 5 Sa 406/00) |
ArbG Leipzig (Urteil vom 15.03.2000; Aktenzeichen 17 Ca 11452/99) |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 1. April 2003 – 5 Sa 406/00 – wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Amtszulage.
Die Klägerin, die über einen Fachschulabschluss als Lehrerin für die unteren Klassen der allgemeinbildenden Polytechnischen Oberschule (Klassen 1 bis 4) verfügt, ist seit dem 1. August 1987 bei dem beklagten Freistaat bzw. dessen Rechtsvorgänger als Lehrkraft im Schuldienst tätig.
Mit einem Änderungsvertrag vom 29. August 1991 trafen die Parteien unter anderem folgende Regelungen:
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Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.
§ 3
Für die Eingruppierung gilt der zutreffende Abschnitt der Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) für die von der Anlage 1a nicht erfaßten Angestellten, die unter den Geltungsbereich des BAT-O fallen, in der jeweiligen Fassung.
Danach ist der/die Angestellte in der Vergütungsgruppe IVb eingruppiert.
…”
Mit Schreiben vom 3. Dezember 1993 bestellte der beklagte Freistaat die Klägerin mit Beginn des Schuljahres 1993/94 zur stellvertretenden Schulleiterin an einer Grundschule in L….
Das Oberschulamt L… teilte der Klägerin mit Schreiben vom 30. Oktober 1995 Folgendes mit:
“…
Sehr geehrte Frau H…,
nach Artikel 2 Nr. 2 in Verbindung mit Artikel 3 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der Lehrerbesoldung vom 23. August 1994 (BGBl. Teil I S. 2186) gelten § 7 Abs. 1 und die Anlage der 2. BesÜV ab dem 01.07.1995 nicht mehr.
Gemäß § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 08.05.1991 sind angestellte Lehrkräfte und damit auch Schulleiter und deren ständige Vertreter in der Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde.
In der BBesO A sind Ämter für Schulleiter und deren Vertreter an Grundschulen, Gymnasien und Beruflichen Schulen ausgebracht. Angestellte in der Tätigkeit von Schulleitern und in der Tätigkeit von ständigen Vertretern der Schulleiter an den genannten Schularten sind damit gemäß der tariflichen Verweisung entsprechend eingruppiert.
Die für Sie zutreffende Eingruppierung entnehmen Sie bitte der Anlage. Das Oberschulamt beabsichtigt, die für Sie zutreffende Eingruppierung umgehend vorzunehmen.
…”
In einem am 15. November 1995/5. Januar 1996 unterzeichneten Änderungsvertrag vereinbarten die Parteien in § 2, dass sich die Eingruppierung ab dem 1. Juli 1995 nach den Richtlinien des Freistaates Sachsen zur Neuregelung der Eingruppierung der angestellten Lehrer vom 22. Juni 1995 richtet. Die Klägerin erhielt ab 1. Juli 1995 Vergütung nach der VergGr. III BAT-O zuzüglich einer Amtszulage nach Anlage IX BBesG.
Mit einem weiteren Schreiben vom 13. November 1997 teilte der beklagte Freistaat der Klägerin mit, dass sie auf Grund der Änderung der Schülerzahl (124 Schüler) ab dem 1. August 1997 in der VergGr. IVa BAT-O eingruppiert sei.
Mit Verwaltungsakt vom 22. Mai 1998 entband der beklagte Freistaat die Klägerin mit Wirkung vom 1. August 1998 von ihrer Funktion als stellvertretende Schulleiterin wegen Schließung der Grundschule. Die Klägerin bewarb sich sodann auf Aufforderung des beklagten Freistaates auf die Stelle einer stellvertretenden Schulleiterin an einer Grundschule in M…. Mit Schreiben vom 13. Juli 1998 teilte das Oberschulamt L… der Klägerin Folgendes mit:
“Sehr geehrte Frau H…,
hiermit werden Sie nach erfolgter Zustimmung durch das Sächsische Staatsministerium für Kultus mit Wirkung vom 01.08.1998 beauftragt, vorübergehend die Tätigkeit als stellvertretende Schulleiterin der Grundschule M… wahrzunehmen.
Die Übertragung der Leitungstätigkeit ist längstens bis zur Aufhebung dieser Grundschule befristet.
Die Eingruppierung für ihre neue Tätigkeit geschieht durch den Arbeitgeber weiterhin direkt per einseitiger Verfügung für die Tätigkeit als stellvertretende Schulleiterin einer Grundschule mit mehr als 180 bis zu 360 Schülern; wobei die Eingruppierung gemäß der Bundesbesoldungsordnung immer nach der Schülerzahl (lt. der amtlichen Schülerzahlstatistik) erfolgt.
…”
Die Klägerin trat die Stelle an der Grundschule infolge von Mutterschaft und Erziehungsurlaub ab dem 1. Juni 1999 an. Mit Beginn des Schuljahres 1999/2000 sank die Anzahl der an der Grundschule zu unterrichtenden Schüler auf unter 180. Mit Schreiben vom 18. November 1999 forderte die Klägerin den beklagten Freistaat auf, eine Vergütung entsprechend VergGr. III BAT-O zuzüglich einer Amtszulage weiter zu zahlen. Der beklagte Freistaat teilte der Klägerin mit Schreiben vom 8. Dezember 1999 insoweit Folgendes mit:
“Sehr geehrte Frau H…,
bisher erhielten sie für die vorübergehend ausgeübte Tätigkeit als stellvertretende Schulleiterin der Grundschule M… mit mehr als 180 bis zu 360 Schülern eine Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen Ihrer Vergütung und der Vergütungsgruppe III BAT-O zzgl. einer Amtszulage nach den Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) vom 22.06.1995 i. V. m. den Anlagen I (Bundesbesoldungsordnung A) und IX des Bundesbesoldungsgesetzes.
Auf Grund der Änderung der Schülerzahlen (lt. amtlicher Schülerstatistik 176 Schüler) werden Sie ab 01.08.1999 für die vorbezeichnete Tätigkeit an einer Grundschule mit mehr als 80 bis zu 180 Schülern in die Vergütungsgruppe III BAT-O eingruppiert (vgl. Abschnitt A, Unterabschnitt I, Vergütungsgruppe III, der Richtlinie des Freistaates Sachsen zur Eingruppierung der angestellten Lehrkräfte an öffentlichen Schulen vom 22.06.1995, in der ab 1. Juli 1999 anzuwendenden Fassung). Insbesondere ist dabei darauf hinzuweisen, dass in der Bundesbesoldungsordnung kein Amt für stellvertretende Schulleiter an Grundschulen mit bis zu 180 Schülern ausgebracht ist.
…”
Rückwirkend ab dem 1. August 1999 erhielt die Klägerin sodann Vergütung nach VergGr. III BAT-O (ohne eine Amtszulage).
Die Klägerin hat gemeint, dass ihr eine Amtszulage nach wie vor zustehe, da sich ihr Arbeitsverhältnis auf die Tätigkeit einer Schulleiterin an einer Grundschule mit mehr als 180 bis zu 360 Schülern konkretisiert habe. Der Rückgang der Schülerzahlen wirke sich nicht automatisch aus.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt:
1. …
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte ab dem 1. August 1999 verpflichtet ist, der Klägerin eine Vergütung in Höhe der VergGr. III BAT-O zuzüglich der Amtszulage entsprechend Anlage IX des BBesG als stellvertretende Schulleiterin einer Grundschule mit mehr als 180 bis zu 360 Schülern zu zahlen.
Hilfsweise zu Antrag Ziff. 2:
Es wird festgestellt, dass der Beklagte ab dem 1. August 1999 verpflichtet ist, der Klägerin eine Ausgleichszulage in Höhe der Differenz zwischen der VergGr. III BAT-O und der VergGr. III BAT-O zuzüglich der Amtszulage entsprechend Anlage IX des BBesG als stellvertretende Schulleiterin einer Grundschule mit mehr als 180 bis zu 360 Schülern zu zahlen.
Der beklagte Freistaat hat Klageabweisung beantragt. Er hat gemeint, die Amtszulage entfalle im Wege der Tarifautomatik wegen des Absinkens der Schülerzahlen. Bei der Gewährung und der Entscheidung über den Wegfall der Zulage handele es sich nicht um eine Ermessensentscheidung, zumindest habe der beklagte Freistaat sein Ermessen bei der Einstellung der Zahlung korrekt ausgeübt.
Das Arbeitsgericht hat dem Feststellungshauptantrag zu 2 stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Freistaates zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt er den Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des beklagten Freistaates ist nicht begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Fortzahlung der Amtszulage.
- Das Landesarbeitsgericht hat den Klageantrag dahingehend ausgelegt, dass die Klägerin bezogen auf eine Vergütungsgruppe die Fortzahlung der Amtszulage begehre. Im Weiteren hat es einen Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach VergGr. III BAT-O zuzüglich der Amtszulage entsprechend Anlage IX BBesG bejaht. Die Klägerin könne als Lehrerin mit einer Lehrbefähigung nach dem Recht der ehemaligen DDR zwar nicht nach dem Bundesbesoldungsgesetz vergütet werden. Der Anspruch auf die Zulage ergebe sich jedoch aus Abschnitt A Ziffer 3 der anwendbaren Lehrerrichtlinien- Ost der TdL. Die statusbezogen ausgestaltete und einmal gewährte Amtszulage könne nur nach Ausübung billigen Ermessens widerrufen werden, wobei die Einstellung einer vermeintlich nicht geschuldeten Leistung keine Ermessensausübung darstelle.
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
1. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht den Klageantrag in dem Sinne ausgelegt, dass die Klägerin die Fortzahlung der Amtszulage bezogen auf die VergGr. III BAT-O begehrt. In diesem Sinne ist der von der Klägerin gewählte Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Für eine Feststellungsklage ist trotz der Möglichkeit einer Leistungsklage für die Vergangenheit bzw. trotz der gleichzeitig erhobenen Leistungsklage das erforderliche Feststellungsinteresse vorhanden, wenn durch sie der Streit insgesamt beseitigt und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann (st. Rspr., vgl. BAG 16. April 2003 – 4 AZR 373/02 – mwN; 5. September 2002 – 8 AZR 620/01 – AP BAT §§ 22, 23 Lehrer Nr. 93).
2. Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Fortzahlung einer Amtszulage gemäß Anlage IX zum BBesG.
a) Die Klägerin kann die begehrte Feststellung über die Amtszulage verlangen. Der Beklagte war nicht berechtigt, die Zahlung der Zulage mit der angegebenen Begründung einzustellen.
b) Der Anspruch auf Zulagenzahlung folgt zwar nicht aus dem Schreiben des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus vom 3. Dezember 1993. Hieraus ergab sich keine vertragliche Vergütungsvereinbarung hinsichtlich einer bestimmten Eingruppierung einschließlich Amtszulage. Das Schreiben enthält keine Angaben dazu, ob mit der Bestellung zur stellvertretenden Schulleiterin überhaupt und ggf. welche Auswirkungen auf die Höhe der Vergütung verbunden sein sollen. Im Übrigen geht es auch nicht um die Bestellung zu einer stellvertretenden Schulleiterin an einer Schule mit einer bestimmten Schülerzahl (BAG 14. Februar 2002 – 8 AZR 313/01 – EzBAT §§ 22, 23 M Nr. 99, zu II 1a cc der Gründe; 5. September 2002 – 8 AZR 620/01 – AP BAT §§ 22, 23 Lehrer Nr. 93). Statusrechtlich wurde damit lediglich die Tätigkeit einer stellvertretenden Schulleiterin festgelegt. Aus dem Schreiben vom 13. Juli 1998, das einen Hinweis auf eine Schülerzahl von 180 bis zu 360 Schülern enthält, ergibt sich ebenfalls keine Konkretisierung des Arbeitsverhältnisses im Hinblick auf eine Tätigkeit einer stellvertretenden Schulleiterin an einer Schule mit einer bestimmten Schülerzahl, da in diesem Schreiben gerade auch auf wechselnde Schülerzahlen und die sich daraus ergebende mögliche wechselnde Vergütung hingewiesen wurde.
c) Der automatische Wegfall der Zulage ergibt sich entgegen der Auffassung des beklagten Freistaates nicht bereits aus seinem Schreiben vom 13. Juli 1998, das den Hinweis enthält, dass sich die Eingruppierung nach der Schülerzahl richte. Mit diesem Hinweis haben die Parteien keine rechtsgeschäftliche, eigenständige, über den vertraglichen Verweis auf die Eingruppierungsrichtlinien hinausgehende Kürzungsgrundlage getroffen.
d) Der Anspruch auf Fortzahlung der Amtszulage bis zu einer entsprechenden Ermessensausübung ergibt sich aus den für das Arbeitsverhältnis geltenden, weil vereinbarten Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die “Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) vom 22. Juni 1995 (Lehrer-Richtlinien-O der TdL)” (Amtsblatt des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen Nr. 5 vom 30. Mai 1996 S. 133 ff.). Von einer Geltung der TdL-Richtlinien geht auch der beklagte Freistaat aus.
Abschnitt A Nr. 3 dieser Richtlinie lautet:
“Lehrkräften, die durch ausdrückliche Anordnung zum Schulleiter oder zum ständigen Vertreter des Schulleiters bestellt sind, kann eine Zulage in der Höhe gezahlt werden, wie sie vergleichbaren beamteten Lehrkräften als Schulleiter bzw. ständigen Vertretern von Schulleitern als Amtszulage nach der Besoldungsordnung A des Bundesbesoldungsgesetzes zusteht.”
aa) Nach der Richtlinie ist nur der auf einer ausdrücklichen Anordnung beruhende Bestellungsakt zur stellvertretenden Schulleiterin für die Begründung des Anspruchs dem Grunde nach erforderlich. Soweit in der Richtlinie auf die Amtszulage nach der Bundesbesoldungsordnung A des Bundesbesoldungsgesetzes verwiesen wird, bezieht sich dies nur auf die Höhe des Anspruchs. Im Streitfall ist die ausdrückliche Anordnung der Bestellung mit Schreiben vom 3. Dezember 1993 erfolgt. Diese Bestellung war endgültig, weder befristet noch auflösend bedingt. Der arbeitsvertragliche Status der Klägerin war damit der einer stellvertretenden Schulleiterin (vgl. auch BAG 21. Juni 2000 – 5 AZR 805/98 – ZTR 2001, 25). Als solcher ist der Status auch nicht verändert worden. Der Verwaltungsakt vom 22. Mai 1998, mit dem der beklagte Freistaat der Klägerin die Funktion der stellvertretenden Schulleitung entzogen hat, hatte keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in dem Urteil vom 16. September 1998 (– 5 AZR 181/97 – BAGE 89, 376 = AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 56) zum Entzug einer Funktion als stellvertretende Schulleiterin im Wege des Verwaltungsakts ausgeführt, dass im Arbeitsverhältnis ein Handeln des öffentlichen Arbeitgebers durch Verwaltungsakt belastende Rechtsfolgen nicht auszulösen vermag. Dafür bedürfe es der Mittel des Arbeitsrechts. Zwar sei mit einem entsprechenden Verwaltungsakt der Verlust entsprechender Hoheitsbefugnisse verbunden. Arbeitsvertraglich bestehe die Rechtsposition eines stellvertretenden Schulleiters mit allen daraus folgenden Ansprüchen nach wie vor fort. Dem folgt auch der erkennende Senat. Deshalb hatten im Streitfall auch die nachfolgende vorübergehende Neubestellung der Klägerin zur stellvertretenden Schulleiterin an der Grundschule in M… mit Schreiben vom 13. Juli 1998 und der ggf. vom beklagten Freistaat gewollte konkludente einseitige Entzug dieser Position mit Schreiben vom 8. Dezember 1999 keine statusverändernde Bedeutung.
bb) Damit stand es nach Abschnitt A Nr. 3 der TdL-Richtlinien im Ermessen des beklagten Landes (“kann”), der Klägerin eine Zulage zu gewähren. Bei der Gewährung der Zulage handelte es sich aus Sicht der Klägerin um eine Ermessensentscheidung, denn der beklagte Freistaat hat in allen Anschreiben, die die Vergütung betrafen auf die TdL-Richtlinien verwiesen. Diese enthalten aber eine eigenständige Spezialregelung zur Frage einer Zulagengewährung an stellvertretende Schulleiter, selbst wenn man mit dem beklagten Freistaat davon ausgeht, dass im Übrigen die Regelungen der Bundesbesoldungsordnung Anwendung finden. Danach folgt die Gewährung einer Zulage aus einer Kann-Bestimmung. Darauf, ob der beklagte Freistaat meinte, eine gebundene Entscheidung zu treffen, kommt es nicht an.
Der Senat hat mit Urteil vom 14. Februar 2002 (– 8 AZR 313/01 – EzBAT §§ 22, 23 M Nr. 99) entschieden, dass durch die Zahlung der Zulage gleichzeitig eine Entscheidung zu Gunsten des Arbeitnehmers getroffen worden und der Anspruch auf die Zulage entstanden ist. Durch die bloße Zahlungseinstellung könne dieser Anspruch nicht beseitigt werden. Die Zulage sei statusbezogen ausgestaltet. In der Einstellung der Zahlung liege auch kein – konkludent möglicher – Widerruf einer zu Recht bezogenen Leistung. Zwar sei der Arbeitgeber auf Grund einer Leistungsbestimmungsklausel zum Widerruf von Leistungen berechtigt, soweit er bei dem erneuten Gebrauch des Bestimmungsrechts die Grundsätze billigen Ermessens (§ 315 BGB, jetzt § 106 GewO) beachte. In der bloßen Zahlungseinstellung liege jedoch dann keine Ausübung des Bestimmungsrechts, wenn diese lediglich auf einer vermeintlich nicht geschuldeten Leistung beruhe.
So liegt der Fall hier. Das folgt aus der Begründung des beklagten Freistaates im Schreiben vom 8. Dezember 1999. In ihm wird darauf hingewiesen, dass die Klägerin nicht mehr in VergGr. III BAT-O zzgl. Amtszulage, sondern wegen des Absinkens der Schülerzahlen unter 180 in VergGr. III BAT-O eingruppiert sei. Durch dieses Verhalten hat das beklagte Land lediglich seine Auffassung zum Ausdruck gebracht, es sei zur Zahlung nicht verpflichtet, weil die Funktionszulage eine Schüleranzahl über 180 voraussetze. Der Zahlungseinstellung war nicht zu entnehmen, dass das beklagte Land sein Ermessen erneut ausüben und damit den Anspruch umgestalten wollte.
Doch selbst wenn man mit der Entscheidung des Neunten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 3. Dezember 2002 (– 9 AZR 559/01 –) annähme, dass die Gerichte für Arbeitssachen entgegen der verwaltungsgerichtlichen Ermessenskontrolle selbst eine Überprüfung der Gründe nach § 315 Abs. 3 BGB vornehmen müssten, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Der beklagte Freistaat hat nämlich zu den Gründen der Ermessensausübung nichts vorgetragen.
cc) Das Landesarbeitsgericht hat die Grundsätze des Senats entgegen der Auffassung des beklagten Freistaates zutreffend angewandt. Soweit der beklagte Freistaat auf die Entscheidung des Senats vom 5. September 2002(– 8 AZR 620/01 – AP BAT §§ 22, 23 Lehrer Nr. 93) verweist und meint, die dort zu der Grundvergütung aufgestellten Grundsätze des automatischen Absinkens der Grundvergütung müssten auch die Amtszulage erfassen, verfängt dieser Einwand nicht. (Über die Grundvergütung der Klägerin nach VergGr. III BAT-O streiten die Parteien nicht.) Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Senat in der angezogenen Entscheidung ausdrücklich offen gelassen hat, ob gemäß § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O für Lehrer mit Funktionsämtern (Schulleiter und stellvertretende Schulleiter) angesichts einer Lehrbefähigung nach dem Recht der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik die Besoldungsregelungen des BBesG im Hinblick auf die Vorbemerkung Nr. 16b überhaupt gelten. Nur dann, wenn man annähme, dass § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O insoweit eine Rechtsfolgenverweisung anordne, käme eine automatische Absenkung der Grundvergütung entsprechend den Besoldungsgruppen der BBesO in Betracht, wenn die Schülerzahlen sinken.
Hinsichtlich der Amtszulage haben die Arbeitsvertragsparteien aber mit der Verweisung auf die TdL-Richtlinien und dort Abschnitt A Nr. 3 eine eigenständige Rechtsgrundlage geschaffen, die die Zahlung der Zulage als Ermessensentscheidung ausgestaltet hat. Die Grundsätze, die der Senat zur Grundvergütung aufgestellt hat, sind deshalb auf die Amtszulage nicht anzuwenden. Hinsichtlich dieser verbleibt es bei den Grundsätzen der Entscheidung vom 14. Februar 2002 (– 8 AZR 313/01 – EzBAT §§ 22, 23 M Nr. 99).
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Unterschriften
Hauck, Dr. Wittek, Laux, Morsch, Wankel
Fundstellen
Haufe-Index 1210351 |
NZA 2005, 320 |
ZTR 2004, 580 |
PersR 2005, 337 |
NJOZ 2005, 1021 |
Tarif aktuell 2004, 10 |