Stufenzuordnung bei Neubewertung einer Stelle im TV-L

Höher- oder Herabgruppierungen i.S.v. § 17 Abs. 4 TV-L sind allein aufgrund einer Änderung der Eingruppierung möglich. Dazu muss sich nicht zwingend zugleich die Tätigkeit, die der Eingruppierung zugrunde liegt, ändern, auch die Veränderung der Wertigkeit einer Stelle genügt. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG).

Die Tarifvertragsparteien verletzen Art. 3 Abs. 1 GG nicht dadurch, dass sie bei Höhergruppierungen, die Folge einer Stellenhöherbewertung zu einem bestimmten Stichtag sind, kein eigenständiges Stufenfindungssystem für diese Situation schaffen, so das höchste deutsche Arbeitsgericht.

Nichtverbeamtete Lehrerin klagt auf Feststellung einer höheren Stufenzuordnung

Die Klägerin ist seit dem 1. August 2009 ist beim beklagten Schulträger als Lehrerin auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags beschäftigt. Dieser nimmt den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L), den Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) und die diese ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung sowie - für die Eingruppierung - die Richtlinien des Freistaates Sachsen zur Eingruppierung der angestellten Lehrkräfte an öffentlichen Schulen (Sächsische Lehrer-Richtlinien) in der jeweiligen Fassung i.V.m. der Anlage 2 Teil B / Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder in Bezug.

Die Klägerin war zu Beginn ihres Arbeitsverhältnisses in der Entgeltgruppe 11 TV-L eingruppiert und darin zunächst der Stufe 1 zugeordnet. Am 31. Dezember 2018 war die Klägerin der Stufe 4 zugeordnet. Bei einem Verbleib in der Entgeltgruppe 11 TV-L wäre sie zum 1. Februar 2019 der Stufe 5 zugeordnet worden. Aufgrund des Gesetzes zur Änderung beamten-, besoldungs- und versorgungsrechtlicher Vorschriften zur Umsetzung der Verbeamtung von Lehrkräften im Freistaat Sachsen vom 11. Dezember 2018 ist das Amt des Studienrats mit der Befähigung für das Lehramt an Grundschulen mit Wirkung zum 1. Januar 2019 der Besoldungsgruppe A 13 zugeordnet (Anlage 1 zu § 24 Abs. 1 SächsBesG). Mit Schreiben vom 3. Mai 2019 teilte der Beklagte der Klägerin unter Verweis auf die Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes und die damit verbundene Hebung des Eingangsamtes für Grundschullehrer von der Besoldungsgruppe A 12 nach A 13 mit, sie sei ab dem 1. Januar 2019 in die Entgeltgruppe 13 TV-L eingruppiert und darin der Stufe 3 zugeordnet.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Feststellung einer höheren Stufenzuordnung, hilfsweise Zahlung eines „Nachteilsausgleichs“ sowie die Feststellung der Pflicht zur Zahlung eines solchen in Höhe der Bruttovergütungsdifferenz geltend gemacht.

Eingruppierung aufgrund der Stellenhebung (-neubewertung) rechtmäßig

Das BAG stellte nun jedoch fest, dass die Klägerin zutreffend gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 TV-L tarifgerecht beginnend ab dem 1. Januar 2019 in die Entgeltgruppe 13 TV-L eingruppiert und darin der Stufe 3 zugeordnet worden ist. Auch im Fall von Stellenhebungen stehe die Anwendung dieser Norm mit höherrangigem Recht in Einklang. Die Klägerin unterlag aufgrund des von ihr 2016 gestellten Antrags auf Angleichungszahlung im Zeitpunkt der Stellenhebung 2019 bereits der uneingeschränkten Tarifautomatik. Folglich führte die Stellenhebung auch ohne Antrag zur Höhergruppierung der Klägerin. Deshalb stand ihr kein weiteres Antragsrecht nach § 29a Abs. 6 Satz 1 TVÜ-Länder mehr zu. Ein nochmaliges Antragsrecht für den Fall späterer Verbesserungen der Besoldungsstruktur sei schließlich nicht mit der bereits geltenden Tarifautomatik zu vereinbaren und daher systemwidrig.

Die Angleichungszulage nach Anhang 1 zur EntgO-L ist der Sache nach ein vorweggenommener Höhergruppierungsgewinn für bestimmte Entgeltgruppen der neuen Entgeltordnung. Mit deren Beantragung wurde das Verfahren auf die künftige individuelle Höhergruppierung entsprechend der sog. „Parallel-Tabelle“ ausgelöst.

Antragstellung führt dazu, dass die Antragstellerin selbst Risiko für nachträgliche Schlechterstellung trägt

Nach dem BAG komme es auch nicht darauf an, ob zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Angleichungszulage für die Klägerin absehbar war, dass der Besoldungsgesetzgeber eine Stellenhebung für Grundschullehrer beschließt. Insoweit trage die Klägerin das Risiko späterer Besoldungsänderungen und deren individueller Folgen. Schließlich führte sie selbst zur Geltung der Tarifautomatik mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen.

Tarifgerechte Stufenzuordnung vom BAG bestätigt

Wie das BAG nun bestätigte, hat das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler erkannt, dass der Beklagte die Klägerin mit Wirkung vom 1. Januar 2019 tarifgerecht der Stufe 3 in der Entgeltgruppe 13 TV-L zugeordnet hat. Die Stufenzuordnung richtete sich nach § 17 Abs. 4 Satz 1 TV-L. Demnach werden die Beschäftigten bei einer Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe derjenigen Stufe zugeordnet, in der sie mindestens ihr bisheriges Tabellenentgelt erhalten, mindestens jedoch der Stufe 2.

Höher- oder Herabgruppierung setzt keine Änderung der der Eingruppierung zugrundeliegenden Tätigkeit voraus

Das BAG stellte aus Anlass des vorliegenden Falles nun klar, dass § 17 Abs. 4 TV-L für eine Höher- bzw. Herabgruppierung allein auf eine Änderung der Eingruppierung abstellt. Dies setze nicht zwingend voraus, dass sich zugleich die der Eingruppierung zugrundeliegende Tätigkeit ändert, auch wenn das der Regelfall einer Höher- oder Herabgruppierung sein dürfte. Soll dieses Prinzip des § 17 Abs. 4 TV-L nicht gelten, bedürfe diese Abweichung einer klarstellenden Anordnung durch die Tarifvertragsparteien.

Das Gericht begründet diese Klarstellung vor allem mit dem Wortlaut der Norm, worin keine Beschränkung auf eine dauerhafte Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit liegt.

Zuordnung stellt keinen Verstoß gegen Gleichheitssatz dar

Der betragsbezogenen Stufenzuordnung der Klägerin nach ihrer Höhergruppierung steht nicht entgegen, dass die Tarifvertragsparteien mit der Zuordnungstabelle des Abschnitts 1 Abs. 1 Satz 3 EntgO-L lediglich die Entgeltgruppen der Beamtenbesoldung nachzeichnen, nicht dagegen die Stufenregelung der beamteten Lehrkräfte, so dass insoweit § 17 Abs. 4 TV-L Anwendung findet. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG liegt darin nicht. Die Tarifvertragsparteien bleiben trotz der Orientierung an den Besoldungsgruppen als Maßstab für die Entgeltgruppen angestellter Lehrkräfte als eigenständige Normgeber berechtigt, die auf Arbeitsverhältnisse zugeschnittenen Stufenregelungen des § 17 Abs. 4 TV-L auf angestellte Lehrkräfte zur Anwendung zu bringen.

Insbesondere sei es nicht etwa gleichheitswidrig, dass die Höher- und Herabgruppierungsregelungen des § 17 Abs. 4 TV-L nicht auf Erfahrung abstellen, sondern sich auf Besitzstandsschutz beschränken, weil nach der Konzeption des TV-L stufenförderliche Berufserfahrung nur in „derselben“ Entgeltgruppe erworben werden kann. Es sei auch nicht systemwidrig, an diesem Konzept für Höhergruppierung, die allein aufgrund von Stellenhöherbewertungen erfolgen - sei es durch die Tarifvertragsparteien, sei es durch den Besoldungsgesetzgeber, dessen Entscheidungen tariflich nachgezeichnet werden -, festzuhalten.

(BAG, Urteil v. 25.1.2024, 6 AZR 363/22)


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