Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung von Arbeit während der Rufbereitschaft nach dem TVöD-K. Nachtzuschläge
Orientierungssatz
1. Hat ein im Geltungsbereich des TVöD-K beschäftigter Arbeitnehmer während einer Rufbereitschaft mehrere Arbeitseinsätze, ist gem. § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD-K die Dauer der einzelnen Arbeitseinsätze zunächst jeweils auf volle Stunden aufzurunden und anschließend zu addieren.
2. § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD-K enthält eine Rechtsgrundverweisung auf Absatz 1 dieser Bestimmung. Ein Anspruch auf die dort geregelten Zeitzuschläge – mit Ausnahme des Überstundenzuschlags – besteht bei Arbeitsleistungen während der Rufbereitschaft daher nur dann, wenn die in § 8 Abs. 1 TVöD-K geregelten tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind, dh. der Arbeitnehmer tatsächlich während der dort genannten Zeiten arbeitet.
Normenkette
TVöD-K § 8 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 21. Februar 2008 – 4 Sa 942/07 – teilweise aufgehoben.
2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Rosenheim vom 4. September 2007 – 1 Ca 1064/06 – teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 17,93 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. November 2005 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Im Übrigen werden die Revision und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger zu 84 % und die Beklagte zu 16 % zu tragen. Die Kosten der Berufung und der Revision haben der Kläger zu 11 % und die Beklagte zu 89 % zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Vergütung von Arbeitseinsätzen während der Rufbereitschaft.
Der Kläger ist im Krankenhaus der Beklagten als Krankenpfleger beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden seit dem 1. Oktober 2005 die Regelungen der durchgeschriebenen Fassung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-K) Anwendung.
Der Kläger erbrachte während angeordneter Rufbereitschaft Arbeitsleistungen. Kam es während einer Rufbereitschaft zu mehreren Arbeitseinsätzen, addierte die Beklagte seit dem 1. Oktober 2005 zunächst die Dauer der einzelnen Arbeitseinsätze und nahm danach eine Aufrundung auf volle Stunden vor. Einen Nachtarbeitszuschlag zahlte die Beklagte nur für die jeweils erbrachte tatsächliche Arbeitszeit während der Nachtstunden von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr, ohne insoweit eine Aufrundung auf volle Stunden vorzunehmen.
Der Kläger hat geltend gemacht, die von der Beklagten vorgenommene Vergütung der Arbeit während der Rufbereitschaft sei tarifwidrig. Nach § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD-K sei jede angefangene Stunde einer Arbeitsleistung innerhalb der Rufbereitschaft auf eine volle Stunde zu runden und nicht – wie es die Beklagte getan habe – erst die Summe aller Arbeitseinsätze während einer Rufbereitschaft. Der Zuschlag für Nachtarbeit sei für den gesamten durch Aufrundung ermittelten Zeitraum zu bezahlen.
Der Kläger hat, soweit für die Revision noch von Bedeutung, beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 20,23 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 19,21 Euro seit dem 1. November 2005 sowie aus weiteren 1,02 Euro seit dem 1. Januar 2006 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und ihre Berechnung als tarifgerecht verteidigt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage hinsichtlich einer vom Kläger im ersten Rechtszug noch geltend gemachten Schichtzulage abgewiesen und die Berufung insoweit nicht zugelassen. In Bezug auf die vom Kläger verlangte Vergütung der Arbeitseinsätze während der Rufbereitschaft hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und die Berufung zugelassen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist überwiegend nicht begründet. Die Beklagte schuldet dem Kläger die geltend gemachte Überstundenvergütung iHv. 17,93 Euro brutto, nicht jedoch die vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Nachtzuschläge iHv. 2,30 Euro brutto.
I. Der Kläger hat gegen die Beklagte nach § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD-K in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung (TVöD-K aF) Anspruch auf Entgelt für Überstunden in unstreitiger Höhe von 17,93 Euro brutto für Arbeitseinsätze während der Rufbereitschaft vom 13. Oktober 2005.
1. Die Vergütung der Arbeitsleistung während der Rufbereitschaft richtete sich nach § 8 Abs. 3 TVöD-K aF. Dort ist bestimmt:
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…
(3) Für die Rufbereitschaft wird eine tägliche Pauschale je Entgeltgruppe bezahlt. Sie beträgt für die Tage Montag bis Freitag das Zweifache, für Samstag, Sonntag sowie für Feiertage das Vierfache des tariflichen Stundenentgelts nach Maßgabe der Entgelttabelle. Maßgebend für die Bemessung der Pauschale nach Satz 2 ist der Tag, an dem die Rufbereitschaft beginnt. Für die Arbeitsleistung innerhalb der Rufbereitschaft einschließlich der hierfür erforderlichen Wegezeiten wird jede angefangene Stunde auf eine volle Stunde gerundet und mit dem Entgelt für Überstunden sowie etwaiger Zeitzuschläge nach Absatz 1 bezahlt. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend soweit die Buchung auf das Arbeitszeitkonto nach § 10 Abs. 3 Satz 2 zulässig ist. Satz 1 gilt nicht im Falle einer stundenweisen Rufbereitschaft. Eine Rufbereitschaft im Sinne von Satz 6 liegt bei einer ununterbrochenen Rufbereitschaft von weniger als zwölf Stunden vor. In diesem Fall wird abweichend von den Sätzen 2 und 3 für jede Stunde der Rufbereitschaft 12,5 v.H. des tariflichen Stundenentgelts nach Maßgabe der Entgelttabelle gezahlt.
Protokollerklärung zu Absatz 3:
Zur Ermittlung der Tage einer Rufbereitschaft, für die eine Pauschale gezahlt wird, ist auf den Tag des Beginns der Rufbereitschaft abzustellen.
Niederschriftserklärung zu § 8 Abs. 3:
Zur Erläuterung von § 8 Abs. 3 und der dazugehörigen Protokollerklärung sind sich die Tarifvertragsparteien über folgendes Beispiel einig: “Beginnt eine Wochenendrufbereitschaft am Freitag um 15 Uhr und endet am Montag um 7 Uhr, so erhalten Beschäftigte folgende Pauschalen: zwei Stunden für Freitag, je vier Stunden für Samstag und Sonntag, keine Pauschale für Montag. Sie erhalten somit zehn Stundenentgelte.”
Mit Wirkung vom 1. Juli 2008 sind die Sätze 4 bis 7 in § 8 Abs. 3 TVöD-K durch die folgenden Sätze 4 bis 8 ersetzt worden:
“Für die Arbeitsleistung innerhalb der Rufbereitschaft außerhalb des Aufenthaltsortes im Sinne des § 7 Abs. 4 wird die Zeit jeder einzelnen Inanspruchnahme einschließlich der hierfür erforderlichen Wegezeiten jeweils auf eine volle Stunde gerundet und mit dem Entgelt für Überstunden sowie mit etwaigen Zeitzuschlägen nach Absatz 1 bezahlt. Wird die Arbeitsleistung innerhalb der Rufbereitschaft am Aufenthaltsort im Sinne des § 7 Abs. 4 telefonisch (z.B. in Form einer Auskunft) oder mittels technischer Einrichtungen erbracht, wird abweichend von Satz 4 die Summe dieser Arbeitsleistungen auf die nächste volle Stunde gerundet und mit dem Entgelt für Überstunden sowie mit etwaigen Zeitzuschlägen nach Absatz 1 bezahlt. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend, soweit die Buchung auf das Arbeitszeitkonto nach § 10 Abs. 3 Satz 2 zulässig ist. Satz 1 gilt nicht im Falle einer stundenweisen Rufbereitschaft. Eine Rufbereitschaft im Sinne von Satz 7 liegt bei einer ununterbrochenen Rufbereitschaft von weniger als zwölf Stunden vor.”
2. Hat der Arbeitnehmer während einer Rufbereitschaft mehrere Arbeitseinsätze, ist gem. § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD-K aF die Dauer der einzelnen Arbeitseinsätze zunächst jeweils auf volle Stunden aufzurunden und anschließend zu addieren (ebenso Welkoborsky in Bepler/Böhle/Martin/Stöhr TVöD Stand März 2008 TVöD-AT § 8 Rn. 12; Hock/Kramer/Schwerdle ZTR 2006, 622, 630; Bremecker/Hock TVöD-Lexikon Stichwort 118 Zuschläge 4.1.2; aA: Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand April 2008 § 8 Rn. 57; Sponer/Steinherr TVöD Stand Juni 2008 § 8 Rn. 95; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Juni 2008 § 8 Rn. 39 f.; Dassau/Wiesend-Rothbrust TVöD 5. Aufl. § 8 Rn. 47; Görg/Guth/Hamer/Pieper TVöD § 8 Rn. 26). Dies folgt aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD-K aF, wonach für die Arbeitsleistung innerhalb der Rufbereitschaft “jede” angefangene Stunde auf eine volle Stunde zu runden ist. Dieser Formulierung liegt zugrunde, dass es innerhalb einer Rufbereitschaft mehrere angefangene Stunden geben kann, die jeweils aufzurunden sind. Wäre bei mehreren Arbeitseinsätzen innerhalb einer Rufbereitschaft die Dauer der Arbeitseinsätze zunächst zu addieren und anschließend aufzurunden, gäbe es dagegen nur eine angefangene Stunde, die aufzurunden wäre.
3. Die Annahme der Revision, durch die Wortwahl in § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD-K aF habe klargestellt werden sollen, ab wann und wohin zu runden sei, steht dem nicht entgegen. § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD-K aF stellt zwar in der Tat klar, dass nicht erst zu runden ist, wenn in der Rufbereitschaft 30 oder mehr Minuten Arbeitsleistung angefallen sind, sondern bereits, wenn nur eine Minute einer Stunde gearbeitet wurde bzw. Wegezeiten angefallen sind. Des Weiteren ist klargestellt, dass die Rundung auf eine volle Stunde zu erfolgen hat. Darin erschöpft sich jedoch nicht der Regelungsgehalt dieser Bestimmung. Der weitere Inhalt des § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD-K aF erschließt sich aus dem Satzzusammenhang des Satzes 4. Die “Arbeitsleistung innerhalb der Rufbereitschaft” kann sowohl während eines einzelnen Arbeitseinsatzes als auch in mehreren Arbeitseinsätzen innerhalb der Rufbereitschaft erbracht werden. Der sprachliche Zusammenhang von “Für die Arbeitsleistung innerhalb der Rufbereitschaft” und “jede angefangene Stunde” verdeutlicht, dass mit der Dauer der “Arbeitsleistung”, die auf volle Stunden aufzurunden ist, der einzelne Arbeitseinsatz innerhalb einer Rufbereitschaft gemeint ist, denn nur dann macht es Sinn, “jede angefangene Stunde” auf eine volle Stunde aufzurunden. Folgte man der Auslegung der Beklagten, müssten konsequenterweise die Zeiten aller Arbeitseinsätze zuzüglich der Wegezeiten auch während einer mehrtägigen Rufbereitschaft zunächst addiert und dann am Ende gerundet werden. Das vertritt aber offenbar auch die Beklagte nicht.
4. Dieses Verständnis des § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD-K aF wird bekräftigt durch die seit dem 1. Juli 2008 geltende Fassung des § 8 Abs. 3 Satz 4 bis 8 TVöD-K, die am Ende einer längeren Tarifentwicklung steht. Nach § 15 Abs. 6b Unterabs. 3 Satz 2 und 3 BAT wurden für eine Heranziehung zur Arbeit außerhalb des Aufenthaltsorts mindestens drei Stunden angesetzt. Sofern der Angestellte während der Rufbereitschaft mehrmals zur Arbeit herangezogen wurde, war die Stundengarantie nur einmal, und zwar für die kürzeste Inanspruchnahme zu gewähren. Die durch den BAT garantierte dreistündige Arbeitszeit im Falle der Heranziehung zur Arbeit außerhalb des Aufenthaltsorts während der Rufbereitschaft ist durch die Rundungsregelung in § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD-K abgelöst worden. Dabei wird nach der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung dieser Bestimmung nicht danach differenziert, ob der Arbeitnehmer zur Arbeit außerhalb des Aufenthaltsorts herangezogen wird oder vom Aufenthaltsort aus telefonisch oder mittels technischer Einrichtung Arbeitsleistungen erbringt. In der seit dem 1. Juli 2008 geltenden Fassung des § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD-K wird allerdings wieder unterschieden. Die Tarifvertragsparteien haben nunmehr für den Hauptanwendungsfall, in dem die Arbeitsleistung während der Rufbereitschaft nicht am Aufenthaltsort des Arbeitnehmers zu erbringen ist, in Satz 4 bestimmt, dass die Zeit jeder einzelnen Inanspruchnahme einschließlich der erforderlichen Wegezeiten während einer Rufbereitschaft auf volle Stunden aufzurunden ist. Nur für den Fall, dass die Arbeitsleistung innerhalb der Rufbereitschaft am Aufenthaltsort telefonisch oder mittels technischer Einrichtung erbracht wird, ist nach Satz 5 die Summe der einzelnen Arbeitsleistungen auf die volle Stunde zu runden. Da diese Fallkonstellation in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung nicht gesondert geregelt war und erst zum 1. Juli 2008 eine eigenständige Regelung erfahren hat, liegt es nahe, dass mit der Neufassung des § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD-K nur eine sprachliche Präzisierung der bis dahin bereits bestehenden Fassung des § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD-K erfolgt ist.
5. Dieses Auslegungsergebnis führt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht zu sachwidrigen Ergebnissen. Die Beklagte verkennt, dass die Ursache dafür, dass je nach Dauer der einzelnen Arbeitseinsätze die Rundung für den einzelnen Beschäftigten mehr oder weniger günstig ausfällt, die nicht rechnerischen Regeln folgende großzügige Rundungsregelung in § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD-K aF ist. Diese führt dazu, dass sowohl dann, wenn in der Rufbereitschaft 59 Minuten einer angefangenen Stunde gearbeitet worden sind, als auch dann, wenn in einer angefangenen Stunde nur eine Minute gearbeitet wurde, eine Rundung auf die volle Stunde vorzunehmen ist. Diese Regelung mag von einzelnen Personen als ungerecht empfunden werden, sie ist jedoch frei von Willkür. Die Zweckmäßigkeit einer Tarifregelung unterliegt nicht der gerichtlichen Kontrolle.
6. Die Beantwortung der für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Frage, ob die einzelnen Arbeitseinsätze zunächst zu addieren und dann die so errechnete Gesamtdauer zu runden sind, oder ob jeder einzelne Arbeitseinsatz zunächst auf volle Stunden zu runden und dann die Summe zu bilden ist, hat – wie die Beklagte zutreffend dargelegt hat – Auswirkungen auf die Vergütungshöhe. Der insoweit erhobene Einwand der Beklagten, die Rechtsauffassung des Klägers führe zu einer Verteuerung der Rufbereitschaft, ist jedoch rechtlich unerheblich. Das von der Beklagten herangezogene “Gebot der Kostenneutralität” der tariflichen Neuregelung ist ein Ziel der Arbeitgeberseite in den Tarifverhandlungen gewesen, dem sich die Gewerkschaftsseite nicht ausdrücklich widersetzt haben mag. Es hat sich allerdings auf das gesamte Tarifwerk bezogen. Für die Auslegung einzelner Tarifvorschriften lassen sich hieraus keine Schlüsse ziehen. Es gibt keinen allgemeinen Auslegungsgrundsatz, wonach stets die für den öffentlichen Arbeitgeber wirtschaftlich weniger belastende Tarifauslegung maßgebend ist.
7. Die Regelungen der Rufbereitschaft im TV-L sowie im TV-Ärzte/VKA sind für die Auslegung des § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD-K aF nicht ergiebig, denn diese Tarifverträge sind von anderen Tarifvertragsparteien abgeschlossen worden. Soweit die Beklagte auf die Auslegung des Tarifvertrags der Versorgungsbetriebe vom 5. Oktober 2000 idF vom 1. Juni 2005 (TV-V) abstellt, ist dies ohne Erkenntnisgewinn, denn zu dieser Vorschrift liegt keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor. Die Beklagte verlagert mit ihrer Argumentation lediglich das Auslegungsproblem aus dem TVöD-K aF in den TV-V.
II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg, soweit sie geltend macht, Zeitzuschläge für Nachtarbeit nach § 8 Abs. 1 Buchst. b TVöD-K seien nur für Zeiten tatsächlicher Arbeitsleistung zu bezahlen (so auch Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Juni 2008 § 8 Rn. 44; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand April 2008 § 8 Rn. 58; Dassau/Wiesend-Rothbrust TVöD 5. Aufl. § 8 Rn. 48). Die Klage ist insoweit nicht begründet.
1. § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD-K verweist nicht bezüglich aller Zuschläge auf Absatz 1 dieser Bestimmung, sondern unterscheidet zwischen dem Entgelt für Überstunden und etwaigen (anderen) Zeitzuschlägen nach Absatz 1. Für die Arbeitsleistung innerhalb der Rufbereitschaft einschließlich der hierfür erforderlichen Wegezeiten wird jede angefangene Stunde auf eine volle Stunde gerundet und mit dem Entgelt für Überstunden bezahlt. Diese Bezahlung erfolgt unabhängig davon, ob es sich hierbei um Überstunden iSv. § 7 Abs. 7 TVöD-K handelt. Es kommt daher insbesondere nicht darauf an, dass durch die während der Rufbereitschaft geleistete Arbeit die regelmäßige Arbeitszeit Vollzeitbeschäftigter überschritten wird. Für die weiteren in § 8 Abs. 1 TVöD-K geregelten Zeitzuschläge müssen jedoch die dort aufgeführten tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegen. Dies folgt aus dem Verweis in § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD-K auf “etwaige Zeitzuschläge nach Absatz 1”. Die anderen in § 8 Abs. 1 TVöD-K aufgeführten Zeitzuschläge sind nur “etwaig”, dh. wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind, zu bezahlen. § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD-K enthält insoweit eine Rechtsgrundverweisung auf Absatz 1 dieser Bestimmung. Nach § 8 Abs. 1 TVöD-K fallen die dort aufgeführten Zuschläge jedoch nur für tatsächliche Arbeitsleistungen während der genannten Zeiten an.
2. Der weitere Wortlaut des § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD-K aF bestätigt diese Auslegung. Danach wird für die während der Rufbereitschaft geleistete Arbeit einschließlich der hierfür erforderlichen Wegezeiten jede angefangene Stunde “auf eine volle Stunde gerundet”. Damit wird ein rechnerischer Vorgang bezeichnet. Die Dauer der geleisteten Arbeit ist auf volle Stunden zu runden, der Tarifvertrag sieht jedoch nicht vor, dass die Lage der Arbeitszeit fiktiv fortgeschrieben wird.
3. Diese Auslegung entspricht dem Zweck der in § 8 Abs. 1 TVöD-K geregelten Zeitzuschläge. Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge sollen besondere Erschwernisse ausgleichen, die durch ungünstige Arbeitszeiten entstehen. Daran knüpft § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD-K an, indem für Arbeit während der Rufbereitschaft “etwaige Zeitzuschläge nach Absatz 1” zu bezahlen sind. Die Auslegung des Klägers vernachlässigt dagegen den Zweck dieser Zuschläge. Sie führt dazu, dass Nachtzuschläge zu leisten sind, obwohl tatsächlich keine Nachtarbeit angefallen ist. Dies verdeutlicht folgendes Beispiel: Der Arbeitnehmer wird während seiner Rufbereitschaft von 20.15 Uhr bis 20.45 Uhr zur Arbeitsleistung herangezogen. Nach § 8 Abs. 3 Satz 4 TVöD-K aF erhält er für eine volle Stunde das Arbeitsentgelt für Überstunden. Nach Auffassung des Klägers wäre eine Arbeitszeit bis 21.15 Uhr zu fingieren, so dass für eine “virtuelle” Arbeitszeit von 15 Minuten ab 21.00 Uhr ein Nachtzuschlag zu zahlen wäre. Konsequent zu Ende geführt hätte die Auffassung des Klägers sogar zur Folge, dass diese Viertelstunde auf eine volle Stunde zu runden und für diese ein Nachtzuschlag zu bezahlen wäre. Im Ergebnis erhielte der Arbeitnehmer für 15 Minuten oder sogar für eine Stunde einen Nachtarbeitszuschlag, obwohl er zur Nachtzeit tatsächlich überhaupt nicht gearbeitet hat. Das ist mit dem Zweck der Regelung nicht vereinbar.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Fischermeier, Linck, Spelge, Kapitza, Spiekermann
Fundstellen
Haufe-Index 2076335 |
DB 2008, 2657 |