Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmtheit des Streitgegenstands. objektive Klagehäufung. Vergütung wegen Annahmeverzugs. Leistungsfähigkeit. unwirksame Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung. Restitutionsklage. zweistufige Ausschlussfrist. Verjährung
Leitsatz (amtlich)
Fordert eine tarifvertraglich geregelte Ausschlussfrist in ihrer zweiten Stufe die gerichtliche Geltendmachung, entfällt die fristwahrende Wirkung einer Bestandsschutzklage für vom Ausgang dieses Rechtsstreits abhängige Ansprüche nicht mit der formellen Rechtskraft des Urteils, wenn dieses auf eine Restitutionsklage hin aufgehoben wird.
Orientierungssatz
1. § 615 Satz 1 BGB gewährt keinen eigenständigen Vergütungsanspruch, sondern hält den ursprünglichen Erfüllungsanspruch aufrecht. Streitgegenstand der Annahmeverzugsforderung ist weiterhin der jeweils vereinbarte Vergütungsbestandteil.
2. Klagt der Arbeitnehmer im Wege einer objektiven Klagehäufung (§ 260 ZPO) mehrere in einer Gesamtklage verbundene Ansprüche wegen Annahmeverzugs ein, hat er vorzutragen, wie er die Gesamtsumme ziffernmäßig auf die verschiedenen Ansprüche verteilt wissen will. Unzulässig ist eine Klage, die verschiedene Ansprüche nicht iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO individualisiert.
3. Die Rechtshängigkeit einer Bestandsschutzklage endet erst mit der auf das erfolgreiche Restitutionsverfahren folgenden Beendigung des Verfahrens.
4. Der einer Verjährung des Annahmeverzugsanspruchs entgegenstehende Ausnahmefall einer unzumutbaren Klageerhebung ist nicht gegeben, wenn der Arbeitnehmer selbst von der Unwirksamkeit der Zustimmung des Integrationsamts zur arbeitgeberseitigen Kündigung ausging. Der ungewisse Ausgang des die Zustimmung des Integrationsamts betreffenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und -hiervon abhängig – die Ungewissheit des Entstehens eines Restitutionsgrundes führt nicht zur Unzumutbarkeit der Klageerhebung.
5. Die Kündigungsschutzklage umfasst nach ihrem Streitgegenstand nicht im Sinne von § 194 Abs. 1, § 204 Abs. 1 BGB Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers wegen Annahmeverzugs. Deren Verjährung wird durch die Erhebung einer gegen die Abweisung der Kündigungsschutzklage gerichteten Restitutionsklage nicht gehemmt. Die Wirkungen der Restitutionsklage gehen im Hinblick auf eine Hemmung der Verjährung nicht über die des Ausgangsverfahrens hinaus.
6. Die auf die Restitutionsklage des Arbeitnehmers aufgehobene – zunächst rechtskräftige – Abweisung der Kündigungsschutzklage ist für sich genommen keine höhere Gewalt iSv. § 206 BGB, wenn der Arbeitnehmer nicht auf die Richtigkeit der Entscheidung vertraute, sondern das Verfahren gegen die der Entscheidung zugrundeliegende Zustimmung des Integrationsamts fortführt.
7. Eine für den allgemeinen Arbeitsmarkt bestehende Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers schließt eine Arbeitsunfähigkeit bezogen auf die vertraglich geschuldete Tätigkeit nicht aus.
8. Der Anspruch auf Verzinsung der gesamten Bruttovergütung besteht nur bis zum Zeitpunkt des Eingangs der einen Anspruchsübergang nach § 115 Abs. 1 SGB X bewirkenden Leistungen Dritter beim Arbeitnehmer. Danach kann der Arbeitnehmer Zinsen lediglich auf den verminderten Betrag verlangen.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; BGB § 194 Abs. 1, §§ 195, 199 Abs. 1, § 204 Abs. 1 Nr. 1, §§ 206, 217, 286, 288 Abs. 1, §§ 293, 297, 615 Sätze 1-2; GewO § 106 S. 1; KSchG § 11 Nr. 1; SGB X § 115 Abs. 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, §§ 260, 308, 322, 578, 705
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revisionen der Beklagten und des Klägers wird das Schlussurteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 15. März 2012 – 9 Sa 1910/10 – aufgehoben, soweit es über den Zahlungsantrag entschieden hat.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Vergütung wegen Annahmeverzugs.
Der 1960 geborene, mit einem Grad der Behinderung von 30 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellte Kläger ist bei der Beklagten, einem Unternehmen der Automobilindustrie, 1984 eingetreten. Er wurde nach einer studienbedingten Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses mit einer anerkannten Betriebszugehörigkeit seit 25. Dezember 1988 als Maschinenbediener beschäftigt.
Mit Schreiben vom 30. April 2004 kündigte die Beklagte nach vorangegangener Zustimmung des Landeswohlfahrtsverbands Hessen – Integrationsamt – das Arbeitsverhältnis wegen häufiger krankheitsbedingter Fehlzeiten des Klägers personenbedingt ordentlich zum 31. August 2004. Mit der dagegen gerichteten, am 19. Mai 2004 beim Arbeitsgericht Kassel eingereichten Kündigungsschutzklage machte der Kläger zugleich Entgeltansprüche für den Fall des Annahmeverzugs geltend. Das Arbeitsgericht wies die Kündigungsschutzklage mit Urteil vom 1. April 2005 (– 6 Ca 233/04 –) ab. Die Berufung des Klägers wurde vom Hessischen Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 16. Februar 2006 (– 9 Sa 896/05 –) zurückgewiesen.
Mit Urteil vom 5. Dezember 2007 hob das Verwaltungsgericht Kassel (– 5 E 1382/06 –) den Zustimmungsbescheid und den Widerspruchsbescheid des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen auf. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof lehnte den Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts durch Beschluss vom 23. Oktober 2008 (– 10 A 120/08.Z –) ab.
Auf die vom Kläger erhobene Restitutionsklage hob das Hessische Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 30. April 2009 (– 9 Sa 1949/08 –) das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 16. Februar 2006 (– 9 Sa 896/05 –) auf und änderte die Entscheidung des Arbeitsgerichts Kassel vom 1. April 2005 (– 6 Ca 233/04 –) auf die Berufung des Klägers ab. Es stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 30. April 2004 nicht aufgelöst wurde.
Die Beklagte leistete Vergütung bis einschließlich 10. April 2004. Bis 31. August 2004 bezog der Kläger Krankengeld, anschließend Arbeitslosengeld und in der Folgezeit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der Kläger nahm seine Arbeit bei der Beklagten ab 18. Mai 2009 wieder auf. Am 3. Juni 2009 verlangte er mit einer in der Personalabteilung der Beklagten zu Protokoll genommenen Erklärung „rückwirkend Lohnzahlungen incl. Bonuszahlungen ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Jahr 2004”. Die Beklagte sagte dem Kläger Entgeltnachzahlungen für den Zeitraum von März bis Mai 2009 zu. Weitere Zahlungen lehnte sie unter Hinweis auf die im kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit anwendbaren Manteltarifvertrag geregelte Ausschlussfrist ab.
Über weitere Zahlungsansprüche, die der Kläger in Höhe des Differenzbetrags zwischen Entgeltgruppe 9 und Entgeltgruppe 11 für die Zeit vom 1. März bis 30. November 2009 unter Berufung auf die ihm 1996/1997 erteilte Wiedereinstellungszusage erhob, entschied das Arbeitsgericht Kassel durch klageabweisendes Urteil vom 22. Juni 2010 (– 6 Ca 119/10 –). Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers wurde vom Hessischen Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 13. Januar 2011 (– 9 Sa 1238/10 –) zurückgewiesen.
Mit der vorliegenden am 2. September 2009 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage begehrte der Kläger zunächst Lohnabrechnungen für den Zeitraum April 2004 bis Februar 2009 entsprechend Entgeltgruppe 11 und Zahlung des sich daraus ergebenden Bruttolohns abzüglich auf Dritte übergegangener Ansprüche, mindestens jedoch 155.876,00 Euro brutto (150.112,00 Euro brutto – aufgeschlüsselt nach Monatsbeträgen – als Grundlohn und 5.764,00 Euro brutto – aufgeschlüsselt nach Jahresbeträgen – als mindestens zu leistende Boni für die Jahre 2005 bis 2008). Im Gütetermin hat das Arbeitsgericht den Kläger auf erhebliche Bedenken an der Zulässigkeit des Zahlungsantrags hingewiesen.
Mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2009 hat die Beklagte „fiktive Verdienstabrechnungen” für den Zeitraum April 2004 bis Februar 2009 vorgelegt, in denen auf Basis der Entgeltgruppen 9 und 11 jahresbezogen – für das Jahr 2009 mit dem Zusatz „Dauerfrühschicht” – das „mögl. Arbeitsentgelt” in „brutto” und „ca. netto”, „Einmalzahlungen”, „Zeitwerte” und „Rentenbaustein lt. Tarifvertrag” ausgewiesen sind.
Mit einem am 6. Januar 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger sich die Berechnung der Beklagten zu Eigen gemacht und – unter Zugrundelegung der Entgeltgruppe 11 – Zahlung von 206.528,00 Euro brutto nebst Zinsen abzüglich auf Dritte übergegangener Ansprüche begehrt. Im Kammertermin vom 22. Juli 2010 hat der Kläger die in Abzug zu bringenden Sozialleistungen benannt und beziffert. Eine weitere Aufschlüsselung der Zahlungsforderungen hat der Kläger, obwohl ihn das Arbeitsgericht hierzu mit Beschluss vom 22. Juli 2010 aufforderte, auch später nicht vorgenommen. Die Beklagte hat dies mit Schriftsatz vom 25. August 2010 beanstandet.
Mit Schreiben vom 17. Juli 2012 hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis nach vorheriger Zustimmung des Integrationsamts zum 30. November 2012 gekündigt. Das Arbeitsgericht Kassel hat die Kündigungsschutzklage des Klägers mit Urteil vom 31. Januar 2013 (– 3 Ca 281/12 –) abgewiesen. Das Hessische Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers mit inzwischen rechtskräftigem Urteil vom 12. November 2013 (– 8 Sa 312/13 –) zurückgewiesen. Gegen den Bescheid, mit dem sein Widerspruch gegen die Zustimmung des Integrationsamts zurückgewiesen wurde, hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Kassel Klage erhoben.
Der Kläger hat geltend gemacht, ihm stehe für den Zeitraum September 2004 bis Februar 2009 wegen Annahmeverzugs der Beklagten Vergütung nach Entgeltgruppe 11, mindestens nach Entgeltgruppe 9 in Höhe der sich aus der fiktiven Verdienstabrechnung der Beklagten ergebenden Beträge zu. Aufgrund der ihm erteilten Wiedereinstellungszusage könne er Vergütung nach Entgeltgruppe 11 beanspruchen. Der Kläger hat behauptet, er sei am 31. August 2004 aus dem Krankengeldbezug ausgesteuert worden. Für den allgemeinen Arbeitsmarkt sei er seit 1. September 2004 arbeitsfähig gewesen, bei der Beklagten nur unter der Voraussetzung der Zuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes. Hinsichtlich der zuletzt ausgeübten Tätigkeit sei er lediglich für drei Stunden pro Tag arbeitsfähig gewesen. Mit Erhebung der Kündigungsschutzklage habe er die erste und zweite Stufe der tariflichen Ausschlussfrist gewahrt. Auf diese müssten die Verjährungsvorschriften, insbesondere § 206 BGB entsprechende Anwendung finden. Die zu Unrecht erteilte Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung vom 30. April 2004 sowie die hierauf basierenden Entscheidungen des Arbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts seien als höhere Gewalt zu werten. Er sei hierdurch an der Rechtsverfolgung gehindert gewesen.
Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 206.528,00 Euro brutto abzüglich auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangener 12.016,55 Euro sowie abzüglich weiterer gemäß SGB II übergegangener 30.894,22 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 28.725,12 Euro brutto abzüglich 6.995,80 Euro ALG I seit dem 1. Januar 2005, aus 40.229,56 Euro brutto abzüglich 5.020,75 Euro ALG I und 7.104,45 Euro ALG II seit dem 1. Januar 2006, aus 46.253,80 Euro brutto abzüglich 7.973,68 Euro ALG II seit dem 1. Januar 2007, aus 43.818,52 Euro brutto abzüglich 7.366,42 Euro ALG II seit dem 1. Januar 2008 und aus 6.278,32 Euro brutto abzüglich 1.578,00 Euro ALG II ab dem 1. Juni 2009 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, Vergütungsansprüche des Klägers bestünden nicht, weil der Kläger im Streitzeitraum durchgehend arbeitsunfähig und nicht in der Lage gewesen sei, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Etwaige Ansprüche seien insgesamt nach den tarifvertraglichen Ausschlussfristen verfallen. Ansprüche aus den Jahren 2004 und 2005 seien verjährt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte zunächst durch – inzwischen rechtskräftiges – Teilurteil vom 15. Dezember 2011 (– 9 Sa 1910/10 –) verurteilt, an den Kläger als Grundlohn für die Monate Oktober 2008 bis Februar 2009 je 2.888,50 Euro brutto entsprechend Entgeltgruppe 9 und 1.240,00 Euro als Bonus für 2009, insgesamt 15.682,50 Euro brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes (ALG II) in Höhe von 2.630,00 Euro netto zu zahlen. Mit Schlussurteil vom 15. März 2012 hat das Landesarbeitsgericht die Beklagte zu weiteren Zahlungen für den Zeitraum Juli 2006 bis September 2008 verurteilt und die Berufung im Übrigen wegen Unbegründetheit der Klage zurückgewiesen. Mit den vom Landesarbeitsgericht für beide Parteien im Schlussurteil zugelassenen Revisionen begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung, während der Kläger nach teilweiser Rücknahme der Revision seinen ursprünglichen Zahlungsantrag weiterverfolgt, soweit nicht über diesen durch Teilurteil vom 15. Dezember 2011 entschieden ist.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen des Klägers und der Beklagten sind begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht für zulässig erachtet. Die vom Kläger erhobene Zahlungsklage ist nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, so dass die eigentliche Streitfrage zwischen den Parteien nicht mit Rechtskraftwirkung entschieden werden kann. Deshalb ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, um dem Kläger Gelegenheit zu geben, seinen Vortrag zu ergänzen und sein Zahlungsbegehren den Anforderungen von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügend zu präzisieren, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO.
I. Die Klage ist unzulässig. Sie ist streitgegenständlich nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
1. Nach dieser Bestimmung muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Die Klagepartei muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung sie begehrt. Dazu hat sie den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (§ 322 ZPO). Sowohl bei einer der Klage stattgebenden als auch bei einer sie abweisenden Sachentscheidung muss zuverlässig feststellbar sein, worüber das Gericht entschieden hat. Bei mehreren im Wege einer objektiven Klagehäufung gemäß § 260 ZPO in einer Klage verbundenen Ansprüchen muss erkennbar sein, aus welchen Einzelforderungen sich die „Gesamtklage” zusammensetzt. Werden im Wege einer „Teil-Gesamt-Klage” mehrere Ansprüche nicht in voller Höhe, sondern teilweise verfolgt, muss die Klagepartei genau angeben, in welcher Höhe sie aus den einzelnen Ansprüchen Teilbeträge einklagt. Dies bedeutet, dass sie vortragen muss, wie sie die geltend gemachte Gesamtsumme ziffernmäßig auf die verschiedenen Ansprüche verteilt wissen will. Unzulässig ist eine Klage, die verschiedene Streitgegenstände nicht iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO individualisiert (vgl. BAG 11. November 2009 – 7 AZR 387/08 – Rn. 11; 24. März 2011 – 6 AZR 691/09 – Rn. 21 ff.; Zöller/Greger ZPO 30. Aufl. Vor § 253 Rn. 24; zu den Voraussetzungen einer ausnahmsweise zulässigen abschließenden Gesamtklage, vgl. BAG 19. März 2014 – 7 AZR 480/12 – Rn. 11, 12).
2. Diesen Anforderungen wird die Klage nicht gerecht.
a) Der Kläger macht im Wege einer objektiven Klagehäufung (§ 260 ZPO) mehrere in einer Gesamtklage verbundene Ansprüche geltend, indem er in Jahresbeträgen zusammengefasst neben der monatlich zu leistenden Vergütung jährlich von der Beklagten zu zahlende Boni begehrt. Welche Teilbeträge dabei auf die einzelnen Monate und Vergütungsbestandteile entfallen, kann seinem Vortrag nicht entnommen werden. Die Klageforderungen sind nicht hinreichend individualisiert.
aa) Der Kläger hat nicht etwa – was zulässig wäre – feststehende, von der Beklagten im Monatsturnus zu leistende Vergütungszahlungen hochgerechnet und in Jahresbeträgen zusammengefasst. Vielmehr hat er die auf die einzelnen Kalendermonate entfallenden Beträge nicht genannt. Die ursprünglich vom Kläger in der Klageschrift für einzelne Monate angegebenen Forderungen stimmen – rechnete man sie auf die Kalenderjahre des Streitzeitraums hoch – mit den von ihm zuletzt begehrten Jahresbeträgen nicht überein. Auch ist nicht ersichtlich, in welcher Höhe Bonusforderungen in den geltend gemachten Gesamtbetrag eingeflossen sind. Dies lässt sich auch nicht im Wege der Auslegung des Klagebegehrens durch einen Rückgriff auf die ursprünglich in der Klageschrift angegebenen Beträge ermitteln. Der Kläger hat dort als Teilklage lediglich nach seinem Behaupten von der Beklagten zu leistende „Mindestbeträge” angegeben. Für die Monate Oktober 2008 bis Februar 2009, auf die sich das Teilurteil vom 15. Dezember 2011 (– 9 Sa 1910/10 –) bezieht, hat der Kläger – obwohl er am bisherigen, auf Entgeltgruppe 11 basierenden Klageantrag festhält und diesen noch im Revisionsverfahren unter Berücksichtigung der bereits zugesprochenen Beträge stellte – nicht angegeben, welche Einzelforderungen sich in welcher Höhe über die durch Teilurteil zugesprochenen Beträge hinaus ergeben sollen. Wie und auf welche Einzelforderungen die zugesprochenen Beträge angerechnet werden sollen, ist seinem Vortrag nicht zu entnehmen (vgl. zur Anrechnung von Teilzahlungen: BAG 24. März 2011 – 6 AZR 691/09 – Rn. 21).
bb) Die jeweilige Höhe der streitgegenständlichen Einzelpositionen kann nicht anhand der in den „fiktiven Verdienstabrechnungen” angegebenen Beträge ermittelt werden. Es ist nicht ersichtlich welche Einzelpositionen in die angegebenen Jahresbeträge eingeflossen sind, insbesondere, in welcher Höhe Boni für die einzelnen Jahre in Ansatz gebracht und ob und ggf. in welcher Weise wegen Schichtarbeit zu leistende Zahlungen berücksichtigt werden. Eine Umrechnung in Monatsbeträge scheidet zudem deshalb aus, weil die Beklagte darin lediglich ein „mögliches” Arbeitsentgelt angegeben hat.
b) Eine Aufschlüsselung in Einzelpositionen war auch nicht im Hinblick auf die bei der Anrechnung anderweitigen Verdienstes gemäß § 615 Satz 2 BGB, § 11 Nr. 1 KSchG vorzunehmende Gesamtberechnung (st. Rspr., vgl. BAG 12. Dezember 2006 – 1 AZR 96/06 – Rn. 33, BAGE 120, 308; 16. Mai 2012 – 5 AZR 251/11 – Rn. 29, BAGE 141, 340) entbehrlich. § 615 Satz 1 BGB gewährt keinen eigenständigen Anspruch, sondern hält den ursprünglichen Erfüllungsanspruch aufrecht. Streitgegenstand der Annahmeverzugsforderung ist weiterhin der jeweils vereinbarte Vergütungsbestandteil (BAG 15. September 2011 – 8 AZR 846/09 – Rn. 37). Macht der Arbeitnehmer mehrere Vergütungsansprüche mit einer Gesamtforderung geltend, sind diese, um den Anforderungen von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu genügen, individualisiert nach Einzelpositionen aufgeschlüsselt in bezifferter Höhe zu benennen.
II. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist nach § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben und die Sache nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann nicht nach § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden und die Revision des Klägers zurückweisen sowie der Revision der Beklagten stattgeben, mit der Maßgabe, dass die Klage insgesamt als unzulässig abgewiesen wird. Eine solche Entscheidung hätte der Senat nur treffen können, wenn der Kläger nach dem Verfahrensverlauf ausreichend Gelegenheit und Veranlassung gehabt hätte, seine Klagebegründung den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Satz 2 ZPO anzupassen. Die Vorinstanzen haben jedoch, trotz der vom Arbeitsgericht zunächst mit Beschluss vom 22. Juli 2010 erteilten sachdienlichen Hinweise, die Klage nicht als unzulässig abgewiesen, sondern Sachentscheidungen getroffen.
III. Sollte der Kläger das Klagebegehren entsprechend § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO präzisieren, wäre im weiteren Verfahren Folgendes zu beachten:
1. Mögliche, vom Ausgang des Kündigungsschutzverfahrens abhängige Annahmeverzugsansprüche des Klägers sind nicht verfallen. Die – für den Streitzeitraum Anwendung findenden – tariflichen Ausschlussfristen, die in ihrer zweiten Stufe eine gerichtliche Geltendmachung verlangen, sind verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass mit Erhebung einer Bestandsschutzklage (Kündigungsschutz- oder Befristungskontrollklage) die erste und die zweite Stufe der tariflichen Ausschlussfrist gewahrt werden.
a) Der Arbeitnehmer wahrt mit einer Bestandsschutzklage, ohne dass es einer bezifferten Geltendmachung bedarf, die erste Stufe einer tariflichen Ausschlussfrist für alle vom Ausgang dieses Rechtsstreits abhängigen Ansprüche. Mit einer solchen Klage erstrebt der Arbeitnehmer nicht nur die Erhaltung seines Arbeitsplatzes, sondern bezweckt darüber hinaus, sich die Vergütungsansprüche wegen Annahmeverzugs zu erhalten. Die Ansprüche müssen weder ausdrücklich bezeichnet noch beziffert werden (st. Rspr., vgl. BAG 19. September 2012 – 5 AZR 627/11 – Rn. 14 mwN, BAGE 143, 119).
Zugleich macht der Arbeitnehmer mit einer Bestandsschutzklage die vom Ausgang dieses Rechtsstreits abhängigen Ansprüche im Sinne der zweiten Stufe einer tarifvertraglich geregelten Ausschlussfrist „gerichtlich geltend”. Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip gewährleistet den Parteien im Zivilprozess effektiven Rechtsschutz. Danach darf den Prozessparteien der Zugang zu den Gerichten nicht in unzumutbarer, durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfG 1. Dezember 2010 – 1 BvR 1682/07 – Rn. 21 ff.). Tarifvertragliche Ausschlussfristen, die eine rechtzeitige gerichtliche Geltendmachung vorsehen, sind verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die vom Erfolg einer Bestandsschutzstreitigkeit abhängigen Ansprüche bereits mit der Klage in der Bestandsstreitigkeit gerichtlich geltend gemacht sind. Dass die Ansprüche nicht in einer den Anforderungen des § 253 Abs. 2 ZPO entsprechenden Bestimmtheit geltend gemacht werden, ist – wie bei der Wahrung der ersten Stufe der Ausschlussfrist für Ansprüche, die vom Ausgang der Bestandsschutzstreitigkeit abhängen – aus verfassungsrechtlichen Gründen hinzunehmen (vgl. BAG 19. September 2012 – 5 AZR 627/11 – Rn. 15, 18 ff., BAGE 143, 119).
b) Die fristwahrende Wirkung der Bestandsschutzklage ist nicht mit der formellen Rechtskraft des Urteils des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 16. Februar 2006 (– 9 Sa 896/05 –) entfallen.
aa) Die Rechtshängigkeit endet mit der in § 705 ZPO geregelten formellen Rechtskraft der Entscheidung (Zöller/Greger ZPO 30. Aufl. § 261 Rn. 7). Mit der Wiederaufnahme des Verfahrens hat der Gesetzgeber ein Mittel geschaffen, um die Durchbrechung der Rechtskraft zu ermöglichen (Musielak/ Musielak ZPO 11. Aufl. § 578 Rn. 1). Ziel der Wiederaufnahmeklagen nach § 578 ZPO ist die rückwirkende Beseitigung des früheren Urteils (Musielak/ Musielak ZPO 11. Aufl. § 578 Rn. 4). Wird das alte Urteil aufgrund einer zulässigen und begründeten Wiederaufnahmeklage aufgehoben, muss der Rechtsstreit wieder aufgenommen und fortgesetzt werden, um ihn durch eine Entscheidung abzuschließen. Durch die Aufhebung des Urteils tritt eine Rechtslage ein, wie sie auch bestünde, wenn das angefochtene Urteil nie erlassen worden wäre (Musielak/Musielak ZPO 11. Aufl. § 590 Rn. 4, 9). Das frühere Verfahren wird in die Lage vor Schluss der mündlichen Verhandlung zurückversetzt. Die Rechtslage des früheren Prozesses bleibt unverändert bestehen, sofern sie nicht von dem Anfechtungsgrund betroffen ist. Aufgrund dieser rückwirkenden Aufhebung des (alten) Urteils bleibt der (alte) Rechtsstreit unerledigt, so dass er erneut verhandelt und durch Urteil abgeschlossen werden muss. Der Streitgegenstand des (alten) Prozesses wird rückwirkend wieder rechtshängig (Musielak/Musielak ZPO 11. Aufl. § 578 Rn. 1, 4 bis 6).
bb) Danach ist die die Ausschlussfristen wahrende Wirkung der Klageerhebung nicht durch das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 16. Februar 2006 (– 9 Sa 896/05 –), mit dem die Berufung des Klägers gegen die die Kündigungsschutzklage abweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts Kassel vom 1. April 2005 (– 6 Ca 233/04 –) zurückgewiesen wurde, entfallen. Die Entscheidung hat das Hessische Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 30. April 2009 (– 9 Sa 1949/08 –) auf die vom Kläger erhobene Restitutionsklage aufgehoben und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 30. April 2004 nicht aufgelöst worden ist. Dies hat zur Folge, dass die Rechtshängigkeit der Kündigungsschutzklage erst mit Rechtskraft der letztgenannten Entscheidung endete.
2. Etwaige in den Jahren 2004 und 2005 fällig gewordene Ansprüche des Klägers auf Vergütung wegen Annahmeverzugs sind verjährt, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB.
a) Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Annahmeverzug entsteht während des Annahmeverzugs sukzessive entsprechend den dem Vergütungsanspruch zugrundeliegenden Regelungen. Die Fälligkeit der Annahmeverzugsvergütung bestimmt sich nach dem Zeitpunkt, in dem die Vergütung bei tatsächlicher Beschäftigung in den einzelnen Abrechnungsperioden fällig geworden wäre (BAG 12. Dezember 2006 – 1 AZR 96/06 – Rn. 33, BAGE 120, 308; 7. November 2007 – 5 AZR 910/06 –; 16. Mai 2012 – 5 AZR 251/11 – Rn. 31, BAGE 141, 340).
b) Für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist kommt es – neben dem Entstehen des Anspruchs – nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB darauf an, dass der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
aa) Die von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB geforderte Kenntnis des Gläubigers ist vorhanden, wenn er aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Klage, sei es auch nur eine Feststellungsklage, erheben kann, die bei verständiger Würdigung so viel Erfolgsaussicht hat, dass sie dem Gläubiger zumutbar ist. Die erforderliche Kenntnis setzt keine zutreffende rechtliche Würdigung voraus. Aus Gründen der Rechtssicherheit und der Billigkeit genügt Kenntnis der den Anspruch begründenden tatsächlichen Umstände (BGH 26. September 2012 – VIII ZR 240/11 – zu B II 3 b bb (2) (b) der Gründe; BAG 13. März 2013 – 5 AZR 424/12 – Rn. 24 mwN, BAGE 144, 322).
bb) Der Arbeitnehmer hat vom Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs ausreichende Kenntnis iSv. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, wenn er Kenntnis von den Tatsachen hat, die den Anspruch begründen. Dagegen kommt es nicht auf eine zutreffende rechtliche Würdigung an. Etwas anderes gilt nur dann, wenn und solange dem Arbeitnehmer die Erhebung einer die Verjährung hemmenden Klage (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) unzumutbar ist (BAG 13. März 2013 – 5 AZR 424/12 – Rn. 25 mwN, BAGE 144, 322).
Dem Kläger waren die anspruchsbegründenden Tatsachen bekannt. Eine Klageerhebung war auch nicht unzumutbar. Nur ausnahmsweise kann die Rechtsunkenntnis den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage besteht, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag; denn in diesem Fall fehlt es an der Zumutbarkeit einer Klageerhebung (BGH 26. September 2012 – VIII ZR 240/11 – Rn. 45). Der Ausnahmefall einer unzumutbaren Klageerhebung ist vorliegend nicht gegeben. Der Kläger selbst ging von der Unwirksamkeit der Zustimmung des Integrationsamts und der von der Beklagten ausgesprochenen Kündigung aus. Der ungewisse Ausgang des die Zustimmung des Integrationsamts betreffenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und hiervon abhängig, die Ungewissheit des Entstehens eines Restitutionsgrundes führt nicht zur Unzumutbarkeit der Klageerhebung.
c) Die Verjährung wurde nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch Erhebung der Kündigungsschutzklage gehemmt.
aa) Nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB wird die Verjährung eines Anspruchs zwar auch durch die Erhebung einer Klage auf Feststellung des Anspruchs gehemmt. Erforderlich hierfür ist eine positive Feststellungsklage, deren Gegenstand das Bestehen des Anspruchs ist. Die Feststellung eines diesem zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses reicht nicht aus (BGH 26. September 2012 – VIII ZR 240/11 – Rn. 54). Die Kündigungsschutzklage umfasst nach ihrem Streitgegenstand nicht die Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers. Damit wurde nicht – wie in § 204 Abs. 1 BGB vorausgesetzt – über den „Anspruch” im Sinne des § 194 Abs. 1 BGB, sondern nur über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses als eine für das Bestehen von Annahmeverzugsansprüchen bedeutsame Vorfrage gestritten. Für die analoge Anwendung der §§ 203 ff. BGB ist mangels einer Regelungslücke kein Raum (vgl. BAG 7. November 2007 – 5 AZR 910/06 – Rn. 14; 7. November 1991 – 2 AZR 159/91 – zu B der Gründe).
bb) Die Verjährung wurde auch nicht durch die vom Kläger erhobene Restitutionsklage gehemmt. Diese ist – wie bereits ausgeführt – darauf gerichtet, das frühere Verfahren in die Lage vor Schluss der mündlichen Verhandlung zurückzuversetzen. Durch die Aufhebung des Urteils tritt die Rechtslage ein, wie sie auch bestünde, wenn das angefochtene Urteil nie erlassen worden wäre (Musielak/Musielak ZPO 11. Aufl. § 590 Rn. 4, 9). Die Wirkungen der Restitutionsklage gehen damit im Hinblick auf eine Hemmung der Verjährung nicht über die des Ausgangsverfahrens hinaus.
d) Die Voraussetzungen einer Hemmung nach § 206 BGB liegen ebenfalls nicht vor. Der Kläger war nicht durch höhere Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist an der Rechtsverfolgung gehindert (§ 206 BGB).
Fehler amtlicher Stellen können sich als höhere Gewalt gegenüber einer rechtzeitigen Rechtsverfolgung darstellen (BAG 7. November 2002 – 2 AZR 297/01 – zu B I 4 b dd der Gründe, BAGE 103, 290). Voraussetzung ist jedoch, dass der Berechtigte ohne jedes Eigenverschulden an der Klage gehindert war, etwa weil er auf die Richtigkeit der gerichtlichen Sachbehandlung vertraute (BAG 7. November 2002 – 2 AZR 297/01 – zu B I 4 b ee der Gründe, aaO). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Kläger hat die Abweisung der Kündigungsschutzklage durch das Arbeitsgericht und die Zurückweisung der Berufung nicht als unabwendbares Ereignis hingenommen und auf dessen Richtigkeit vertraut, sondern das verwaltungsgerichtliche Verfahren fortgeführt. Ihm war damit auch die Erhebung einer Zahlungsklage möglich. Der Kläger hat auch ansonsten keine Umstände dargelegt, aus denen sich eine unverschuldete Versäumung der Verjährungsfrist ergäbe. Er hat keine Anstrengungen zur Wahrung der Verjährungsfrist unternommen (vgl. hierzu BAG 7. November 2002 – 2 AZR 297/01 – zu B I 4 b gg der Gründe, aaO), obwohl er dazu in der Lage gewesen wäre.
e) Die Verjährungsfrist für Ansprüche auf Vergütung wegen Annahmeverzugs begann, soweit diese im Jahr 2004 fällig wurden, am 31. Dezember 2004 und soweit sie im Jahr 2005 fällig wurden, am 31. Dezember 2005 zu laufen, § 199 Abs. 1 BGB. Bei Erhebung der Klage im Jahr 2009 war die Verjährungsfrist abgelaufen. Mit den Hauptansprüchen sind gemäß § 217 BGB auch die Ansprüche auf die von ihnen abhängenden Nebenforderungen verjährt.
3. Ob die Voraussetzungen des Annahmeverzugs iSd. §§ 615, 293 ff. BGB vorlagen und in welchem Umfang dem Kläger ggf. – soweit nicht verjährt – Ansprüche aufgrund Annahmeverzugs der Beklagten zustehen, ist von der Leistungsfähigkeit des Klägers im Streitzeitraum abhängig, § 297 BGB. Aus den Erklärungen des Klägers vor dem Arbeitsgericht ergibt sich, dass dieser hinsichtlich der vor Ausspruch der Kündigung zuletzt ausgeübten Tätigkeit nicht arbeitsfähig war. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts kann aus der Bescheinigung der Barmer GEK vom 9. März 2011, für den Streitzeitraum lägen keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, nicht auf eine im Hinblick auf die vertraglich geschuldete Tätigkeit bestehende Arbeitsfähigkeit des Klägers geschlossen werden. Nach Ablauf der Kündigungsfrist war der Kläger nicht mehr verpflichtet, der Beklagten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorzulegen. Ein Rückschluss aus den gegenüber der Bundesagentur bestehenden Nachweispflichten auf eine Arbeitsfähigkeit des Klägers ist nicht möglich. Eine Arbeitsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, schlösse eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers bezogen auf die vertraglich geschuldete Tätigkeit nicht aus.
Das Landesarbeitsgericht hat zur vom Kläger zuletzt ausgeübten Tätigkeit und zu der Frage, ob der Kläger – wie die Beklagte behauptet – trotz leidensgerechter Beschäftigung und unabhängig von der Art seiner Beschäftigung arbeitsunfähig war, bisher keine Feststellungen getroffen. Ob die Beklagte den Inhalt der vom Kläger zu erbringenden Arbeitsleistung gemäß § 106 Satz 1 GewO durch Zuweisung einer Tätigkeit an bestimmten Maschinen näher bestimmt hat, lässt sich anhand der bisher vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen ebenfalls nicht beurteilen (zu den Rechtsfolgen einer unterlassenen leidensgerechten Beschäftigung, vgl. BAG 19. Mai 2010 – 5 AZR 162/09 – Rn. 16 ff., BAGE 134, 296; zur Frage einer Arbeitsunfähigkeit bei Leistungseinschränkungen des Arbeitnehmers, vgl. BAG 9. April 2014 – 10 AZR 637/13 – Rn. 22 ff.). Diese Feststellungen wären, eine streitgegenständliche Bestimmtheit der Klageforderungen vorausgesetzt, im neuen Berufungsverfahren nachzuholen.
4. Soweit der Kläger unter Berufung auf eine ihm erteilte Wiedereinstellungszusage Vergütung nach Entgeltgruppe 11 begehrt, hat das rechtskräftige Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 13. Januar 2011 (– 9 Sa 1238/10 –) präjudizielle Wirkung. Der Anspruch war bereits Streitgegenstand des genannten Verfahrens und nicht bloße Vorfrage (vgl. BAG 20. Dezember 2012 – 2 AZR 867/11 – Rn. 23). Er wurde vom Landesarbeitsgericht verneint, so dass die Rechtskraft dieses Urteils einem auf der Wiedereinstellungszusage beruhenden Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe 11 entgegensteht.
5. Von den monatlichen dem Kläger im Fall eines Annahmeverzugs der Beklagten zustehenden Bruttovergütungen wären die vom Kläger zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II bezogenen Leistungen abzuziehen, weil insoweit die Ansprüche des Klägers gemäß § 115 Abs. 1 SGB X auf den Leistungsträger übergegangen sind. Die Vergütungen sind gemäß § 288 Abs. 1, § 286 BGB zu verzinsen. Der Kläger hat Anspruch auf Verzinsung der gesamten Bruttovergütung nur bis zum Zeitpunkt des Eingangs der Leistungen bei ihm, danach kann er Zinsen lediglich auf den um die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts verminderten Betrag verlangen (BAG 19. Mai 2010 – 5 AZR 253/09 – Rn. 15, 16). Den Zeitpunkt des Zuflusses der Leistungen beim Kläger als Voraussetzung für die Bestimmung des Zinsanspruchs hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Dies wäre bei Zulässigkeit der Klage nachzuholen.
Unterschriften
Müller-Glöge, Biebl, Weber, Dittrich, Dombrowsky
Fundstellen
Haufe-Index 7465020 |
BAGE 2015, 169 |
BB 2015, 52 |
DB 2014, 7 |
DB 2015, 75 |