Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubsanspruch und Kündigungsschutzprozeß
Leitsatz (redaktionell)
Wird ein Arbeitsverhältnis aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs im Kündigungsschutzprozeß rückwirkend beendet, hindert dies nicht das Erlöschen des Urlaubsanspruchs am Ende des Urlaubsjahres bzw des Übertragungszeitraums.
Normenkette
BUrlG § 7 Abs. 3-4
Verfahrensgang
LAG München (Entscheidung vom 26.10.1983; Aktenzeichen 8 (10) Sa 42/83) |
ArbG München (Entscheidung vom 09.11.1982; Aktenzeichen 22 Ca 5761/82) |
Tatbestand
Die Klägerin war bei dem Beklagten seit 6. April 1981 als Fremdsprachensachbearbeiterin mit einem vertraglich vereinbarten Urlaubsanspruch von 25 Arbeitstagen beschäftigt. Seit 5. Oktober 1981 war die Klägerin arbeitsunfähig krank. Der vom Beklagten zum 31. Dezember 1981 erklärten Kündigung begegnete sie mit einer am 30. November 1981 dem Beklagten zugestellten Kündigungsschutzklage. Dieser Rechtsstreit endete durch einen gerichtlichen Vergleich am 5. Mai 1982, nach dem das Arbeitsverhältnis durch ordentliche betriebsbedingte Kündigung des Beklagten zum 31. Dezember 1981 beendet ist.
Nach § 8 Abs. 2 des Arbeitsvertrags erlöschen die aus dem Arbeitsverhältnis erwachsenden Ansprüche zwei Monate nach Fälligkeit, spätestens jedoch zwei Monate nach Ausscheiden des Angestellten aus dem Betrieb, falls sie nicht vorher schriftlich geltend gemacht werden.
Mit ihrer am 17. Mai 1982 dem Beklagten zugestellten Klage hat die Klägerin die Abgeltung von 19 Urlaubstagen in Höhe von 3.238,55 DM begehrt.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 3.238,55 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit 1. Januar 1982 zu zahlen. Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr in Höhe von 2.897,73 DM als Abgeltung für 17 Urlaubstage stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klagabweisung weiter. Die Klägerin bittet, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist begründet. Der Klägerin steht der von ihr geltend gemachte Urlaubsabgeltungsanspruch insgesamt nicht zu.
Die Klägerin hat den Urlaubsanspruch für die Zeit ihrer Beschäftigung vom 6. April bis 31. Dezember 1981 als Abgeltungsanspruch erstmals gerichtlich mit ihrer am 17. Mai 1982 zugestellten Klage geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war der Urlaubsanspruch bereits erloschen.
1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, daß der Urlaubsabgeltungsanspruch der Klägerin wegen des Vergleichsschlusses am 5. Mai 1982 nicht ausgeschlossen sei. Zwar beginne die Ausschlußfrist nach dem Arbeitsvertrag grundsätzlich mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Schwebe aber über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Rechtsstreit, so beginne die Ausschlußfrist aufgrund ergänzender Vertragsauslegung gemäß § 157 BGB zwangsläufig erst in dem Augenblick, in dem die Beendigung des Arbeitsverhältnisses feststehe, weil vorher nicht sicher sei, ob der Urlaubsabgeltungsanspruch überhaupt entstanden sei.
2. Dieser Auffassung kann nicht beigetreten werden.
Das Landesarbeitsgericht übersieht, daß es für die Entscheidung über den Urlaubsabgeltungsanspruch der Klägerin auf die vertragliche Ausschlußfrist schon deshalb nicht ankommen kann, weil die Parteien zwar einen höheren Urlaubsanspruch vereinbart, im übrigen aber ausdrücklich im Arbeitsvertrag auf die Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes hingewiesen haben. Damit unterliegt der Urlaubsanspruch insgesamt der Befristung nach § 7 Abs. 3 BUrlG. Nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. zuletzt Urteil des erkennenden Senats vom 14. Mai 1986 - 8 AZR 498/84 -, zur Veröffentlichung bestimmt) erlischt der Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz mit dem Ende des Jahres, für das er entstanden ist bzw. bei Vorliegen der in § 7 Abs. 3 BUrlG genannten Merkmale mit dem 31. März des folgenden Jahres.
Damit war der anstelle des Urlaubsanspruchs am 31. Dezember 1981 getretene Urlaubsabgeltungsanspruch jedenfalls am 31. März 1982 erloschen. Wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 1981 und ihrer Arbeitsunfähigkeit konnte die Klägerin den Urlaub nicht vor Ablauf des Jahres nehmen, so daß zu diesem Zeitpunkt ein Urlaubsabgeltungsanspruch entstanden ist. Dieser Anspruch ist mit Ablauf des 31. März 1982 erloschen, weil die Klägerin ihn nicht zuvor vom Beklagten verlangt hat. Damit bedarf es für die Entscheidung keiner Erwägung, ob die Ausschlußklausel nach § 8 Abs. 2 des Arbeitsvertrags maßgeblich für die Beendigung des Anspruchs sein kann und ob gegen sie rechtliche Bedenken bestehen (vgl. dazu BAG 45, 314 = AP Nr. 16 zu § 13 BUrlG). Ebenfalls kann dahingestellt bleiben, ob der Urlaubsabgeltungsanspruch mit Rücksicht auf die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin nach dem 31. Dezember 1981 bis zum 31. März 1982 hätte erfüllt werden können oder erfüllt werden müssen. Feststellungen hierzu hat das Landesarbeitsgericht nicht getroffen.
An diesem rechtlichen Zusammenhang hat sich durch den Kündigungsrechtsstreit zwischen den Parteien entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nichts geändert. Soweit das Landesarbeitsgericht sich dafür auf eine ergänzende Vertragsauslegung stützen will, hat es hierfür keine Tatsachen festgestellt. Anhaltspunkte hierfür im Vortrag der Parteien sind ebenfalls nicht ersichtlich.
Es trifft auch nicht zu, daß vor dem Ende des Kündigungsrechtsstreits nicht feststehe, ob der Urlaubsabgeltungsanspruch überhaupt entstanden sei. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind Urlaubsansprüche, die im Jahre 1981 entstanden sind. Streitig konnte nach dem 31. Dezember 1981 nur sein, ob der Urlaubsanspruch bis zum 31. März 1982 sich in einen Urlaubsabgeltungsanspruch verwandelt und ggf. ob er wegen der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin erfüllbar gewesen wäre.
Das Bundesarbeitsgericht hat bereits mit Urteil vom 1. Dezember 1983 (BAG 44, 278 = AP Nr. 15 zu § 7 BUrlG Abgeltung) dargelegt, daß die Auffassung, ein Arbeitnehmer brauche sich bis zum Abschluß des Kündigungsschutzverfahrens nicht darum zu bemühen, Urlaubsfreizeit zu erhalten, nicht zutreffend ist. Da der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Urlaubserteilung nur im Urlaubsjahr und ggf. im Übertragungszeitraum besteht, einerlei ob es sich um ein ungekündigtes oder ein gekündigtes Arbeitsverhältnis handelt, bedarf es jedenfalls einer Handlung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber, um das Erlöschen des Urlaubs am Ende des Urlaubszeitraums abzuwenden. Nur durch die Aufforderung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber, den Urlaub zu erteilen, kann dieser in Verzug gesetzt werden, so daß auch nach Ablauf des Urlaubsjahres bzw. des Übertragungszeitraums, also dem Eintritt der Unmöglichkeit, den Urlaubsanspruch zu verwirklichen, dem Arbeitnehmer dieser Anspruch jedenfalls als Schadenersatzanspruch erhalten bleibt. Dies entspricht der vom erkennenden Senat vertretenen Auffassung (vgl. zuletzt Urteil vom 30. Juli 1986 - 8 AZR 475/84 - zur Veröffentlichung bestimmt).
An einer solchen Handlung der Klägerin fehlt es. Sie kann auch nicht etwa in der Erhebung der Kündigungsschutzklage gesehen werden, weil Gegenstand dieser Klage allein die vom Arbeitgeber erklärte Kündigung ist, nicht jedoch Ansprüche aus dem mit der Kündigung zu beendenden Arbeitsverhältnis (BAG Urteil vom 1. Dezember 1983, aaO; BAG 46, 359 = AP Nr. 86 zu § 4 TVG Ausschlußfristen).
Michels-Holl Dr. Leinemann Dr. Peifer
Dr. Scholz Günther Metzinger
Fundstellen
Haufe-Index 441681 |
BAGE 52, 405-408 (LT) |
BAGE, 405 |
BB 1987, 405 |
BB 1987, 405-405 (LT1) |
DB 1987, 443-443 (LT1) |
NJW 1987, 798 |
NJW 1987, 798-798 (LT) |
ARST 1987, 153-154 (LT1) |
JR 1987, 176 |
NZA 1987, 313-314 (LT1) |
RdA 1987, 61 |
AP § 7 BUrlG Abgeltung (LT1), Nr 29 |
AR-Blattei, ES 1640 Nr 283 (LT) |
AR-Blattei, Urlaub Entsch 283 (LT) |
Arbeitgeber 1987, 902-902 (LT1) |
EzA § 7 BurlG, Nr 46 (LT) |