Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff und tarifliche Zuordnung des Säureschutzbaus
Leitsatz (redaktionell)
1. Zum aus dem Geltungsbereich der Bautarife ausgeschlossenen "Säurebau" (§ 1 Abs 2 Abschnitt VII Nr 8 Tarifvertrag über das Verfahren für den Urlaub, den Lohnausgleich und die Zusatzversorgung im Baugewerbe vom 12. November 1960) gehört auch der "Säureschutzbau".
2. Der "Säureschutzbau" umfaßt die Tätigkeiten, die dazu dienen, konstruktive Bauteile, die aus üblichen statisch tragenden Konstruktionen hergestellt sind, durch Oberflächenbekleidungen mit chemisch widerstandsfähigen Schutzschichten zu schützen.
3. Werden in einem Betrieb nebeneinander Fliesenlegerarbeiten und solche des Säureschutzbaus verrichtet, so kommt es für die tarifliche Zuordnung auf den jeweils überwiegenden Einsatz der Arbeitnehmer an.
Normenkette
TVG § 1; BauRTV § 1
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Entscheidung vom 15.03.1988; Aktenzeichen 5 Sa 328/87) |
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 25.08.1983; Aktenzeichen 5 Ca 419/83) |
Tatbestand
Die Klägerin ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Sie nimmt die Beklagte zu 1) und deren persönlich haftende Gesellschafterin, die Beklagte zu 2), auf Auskunftserteilung für die Monate September 1982 bis März 1983 in Anspruch.
Die Klägerin hat behauptet, daß im Betrieb der Beklagten zu 1) arbeitszeitlich überwiegend die Verlegung und Verfugung von Fliesen, Bodenisolierungen, Bodenbeschichtungs- und Verfugungsarbeiten mit Werkstoffen auf Kunstharzbasis durchgeführt würden. Der Betrieb werde deshalb vom fachlichen Geltungsbereich des allgemeinverbindlichen Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV-Bau) und demzufolge auch von dem der allgemeinverbindlichen Verfahrenstarifverträge erfaßt. Die Beklagte zu 1) führe Fliesen-, Platten- und Mosaik-, Ansetz- und Verlegearbeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 14 BRTV-Bau aus. Die Beklagte sei auch als Fliesenlegerbetrieb in die Handwerksrolle eingetragen. Es handele sich nicht um einen Betrieb des Säurebaus im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 8 BRTV-Bau in der Fassung vom 3. Februar 1981. Die Herstellung chemikalienbeständiger Böden durch Verlegung von säurefesten Platten und Fliesen einschließlich der Herstellung eines säurefesten Untergrundes sei eine typische Tätigkeit des Fliesenlegerhandwerks.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
1. der Klägerin auf dem vorgeschriebenen Formular
Auskunft darüber zu erteilen,
1.1 wieviel Arbeitnehmer, die eine nach den
Vorschriften der Reichsversicherungsordnung
über die Rentenversicherung der Arbeiter
(RVO) versicherungspflichtige Tätigkeit
ausübten, in den Monaten September, Oktober,
November, Dezember 1982, Januar, Februar,
März 1983,
in dem Betrieb der Beklagten beschäftigt
wurden sowie in welcher Höhe die lohnsteuerpflichtige
Bruttolohnsumme insgesamt für
diese Arbeitnehmer und die Beiträge für die
Sozialkassen der Bauwirtschaft in den genannten
Monaten angefallen sind.
1.2 wieviel technische und kaufmännische Angestellte
sowie Poliere und Schachtmeister
in den Monaten
September, Oktober, November, Dezember 1982,
Januar, Februar, März 1983,
in dem Betrieb der Beklagten beschäftigt
wurden und in welcher Höhe Beiträge für die
Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG
in den genannten Monaten angefallen sind.
2. für den Fall, daß diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung
innerhalb einer Frist von
2 Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt
wird, an die Klägerin folgende Entschädigung
zu zahlen:
zu Nr. 1.1 301.000,-- DM
zu Nr. 1.2 3.150,-- DM
Gesamtbetrag 304.150,-- DM.
Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, daß die Beklagte zu 1) als Betrieb des Säurebaus im Anspruchszeitraum nicht vom fachlichen Geltungsbereich des BRTV-Bau und dem der Verfahrenstarifverträge erfaßt worden sei. Gegenstand der überwiegenden betrieblichen Tätigkeit sei die Herstellung chemisch resistenter Oberflächen unter Einsatz für den Säurebau typischer Werkstoffe. Dazu gehöre die Herstellung eines säurefesten Untergrundes und säurefester Verfugungen. Bei dieser Tätigkeit kämen für den Säurebau typische Arbeitsgeräte zum Einsatz. Die Verlegung keramischer Fliesen habe arbeitszeitlich und wertmäßig bei der Herstellung säurefester Oberflächen, die überwiegend in Industriebetrieben erfolge, nur untergeordnete Bedeutung. Auch sei die Verlegung keramischer Platten überwiegend durch Subunternehmer vorgenommen worden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin die geforderte Entschädigungssumme mit der Maßgabe, daß die Frist zur Auskunftserteilung einen Monat beträgt, um 20 v. H. verringert. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Mit der Revision begehren die Beklagten die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Revision mit der Maßgabe, daß die Beklagten wie Gesamtschuldner (als unechte Gesamtschuldner) haften.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des berufungsgerichtlichen Urteils und zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Auskunftserteilung nach den Verfahrenstarifverträgen des Baugewerbes nicht zu, da der Betrieb der Beklagten zu 1) im Anspruchszeitraum vom fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge nicht erfaßt worden ist.
Im Anspruchszeitraum (September 1982 bis März 1983) galten hinsichtlich der Arbeitnehmer mit einer arbeiterrentenversicherungspflichtigen Tätigkeit der allgemeinverbindliche Tarifvertrag über das Verfahren für den Urlaub, den Lohnausgleich und die Zusatzversorgung im Baugewerbe vom 12. November 1960 in der Fassung vom 10. November 1981 (Verfahrens-TV) und hinsichtlich der technischen und kaufmännischen Angestellten sowie der Poliere und Schachtmeister der Tarifvertrag über das Verfahren für eine zusätzliche Alters- und Invalidenbeihilfe für technische und kaufmännische Angestellte sowie für Poliere und Schachtmeister des Baugewerbes vom 30. Oktober 1975 in der Fassung vom 28. Dezember 1979 (Verfahrens-TV Angestellte). Der fachliche Geltungsbereich des Verfahrens-TV in der Fassung vom 10. November 1981 stimmt nach § 1 Abs. 2 Verfahrens-TV mit dem fachlichen Geltungsbereich des BRTV-Bau überein. Der Verfahrens-TV Angestellte in der Fassung vom 28. Dezember 1979 nimmt Bezug auf den fachlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages über eine zusätzliche Alters- und Invalidenbeihilfe im Baugewerbe vom 28. Dezember 1979, der ebenfalls mit dem fachlichen Geltungsbereich des BRTV-Bau übereinstimmt.
Nach § 2 Abschnitt I Ziffer 6 Verfahrens-TV und § 2 Abschnitt II Nr. 2.2 Verfahrens-TV Angestellte ist die Beklagte zu 1) kraft der Allgemeinverbindlicherklärung der Verfahrens-Tarifverträge (§ 5 Abs. 4 TVG, § 4 Abs. 2 TVG) verpflichtet, auf dem tariflich vorgeschriebenen Formblatt die von der Klägerin mit ihren Klageanträgen begehrten Auskünfte über die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer, die Höhe der Bruttolohnsumme und die darauf entfallenden Beiträge zu erteilen, wenn ihr Betrieb vom fachlichen Geltungsbereich der Verfahrens-Tarifverträge erfaßt wird. Dies ist jedoch nicht der Fall, da es sich beim Betrieb der Beklagten zu 1) um einen Betrieb des "Säurebaus" im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 8 BRTV-Bau in der Fassung vom 3. Februar 1981 handelt und der Betrieb somit ausdrücklich vom fachlichen Geltungsbereich des BRTV-Bau ausgenommen ist.
Das Landesarbeitsgericht nimmt an, daß der Betrieb der Beklagten zu 1) Fliesen-, Platten- und Mosaik-Ansetz- und Verlegearbeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 14 BRTV-Bau ausführe und deshalb unter den fachlichen Geltungsbereich des BRTV- Bau falle. Der Betrieb sei nicht als Betrieb des Säurebaus im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 8 BRTV-Bau vom fachlichen Geltungsbereich ausgenommen. Dazu stellt das Landesarbeitsgericht fest, daß arbeitszeitlich überwiegend säurefeste Untergründe hergestellt würden, auf die sodann mit säurefesten Materialien keramische Platten verlegt und anschließend verfugt würden. Zwar nähmen die Arbeiten, die vor und nach der Fliesenverlegung ausgeführt werden, die überwiegende Arbeitszeit in Anspruch und habe die Fliesen- und Plattenverlegung auch wertmäßig nur eine untergeordnete Bedeutung; obwohl es sich insoweit um Arbeiten handele, die dem Säurebau zuzurechnen seien, seien diese jedoch als Zusammenhangstätigkeiten den Fliesenverlegearbeiten zuzurechnen, so daß insgesamt eine spezielle Fliesenlegertätigkeit anzunehmen sei.
Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts kann nicht gefolgt werden. Der Senat hat sich mit der Abgrenzung von Betrieben, die Fliesenverlegearbeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 14 BRTV-Bau ausführen, von Betrieben des Säurebaus im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 8 BRTV-Bau bereits mehrfach befaßt, wobei die Urteile vom 27. August 1986 (- 4 AZR 591/85 - AP Nr. 71 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; - 4 AZR 592/85 - und - 4 AZR 593/85 - nicht zur Veröffentlichung bestimmt) den Betrieb der Beklagten zu 1), wenn auch hinsichtlich anderer Anspruchszeiträume, betreffen. Insoweit hat der Senat ausgeführt, daß unter Säurebau jedenfalls die Erstellung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von baulichen Anlagen zu verstehen ist, die der Produktion, Aufbewahrung oder Beseitigung chemischer Stoffe dienen, unter Verwendung von Werkstoffen, die gegen chemische Einflüsse resistent sind. Dem Säurebau seien allerdings auch diejenigen Tätigkeiten zuzuordnen, die dazu dienen, konstruktive Bauteile, die aus üblichen statisch tragenden Konstruktionen hergestellt sind, durch Oberflächenbekleidungen mit chemisch widerstandsfähigen Schutzschichten zu schützen. Insoweit handele es sich um "Säureschutzbau", der vom tariflichen Begriff des "Säurebaus" mitumfaßt werde. Da auch von Betrieben des Säurebaus und des Säureschutzbaus zum Oberflächenschutz Fliesenverlegearbeiten durchgeführt würden, überschnitten sich der Tätigkeitsbereich des Säurebaus bzw. Säureschutzbaus mit dem des Fliesenlegerhandwerks, in dessen Tätigkeitsbereich auch die Herstellung chemisch beständiger Beläge falle. Entfalle die überwiegende betriebliche Tätigkeit auf das Verlegen von Fliesen und Platten, so sei der Betrieb diesem speziellen Fliesenlegerhandwerk zuzuordnen, auch wenn er teilweise Arbeiten ausführe, die dem Säureschutzbau zuzurechnen seien.
Der Senat hat demgemäß entsprechend seiner ständigen Rechtsprechung hinsichtlich der Zuordnung von Betrieben zum fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge des Baugewerbes auf die arbeitszeitlich überwiegende Tätigkeit abgestellt (ständige Rechtsprechung BAG Urteil vom 25. Februar 1987 - 4 AZR 240/86 - AP Nr. 81 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau - auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen). Dies führte in bezug auf die Abgrenzung von Fliesenlegerbetrieben zu Betrieben des Säurebaus dazu, daß Betriebe, die sich allein mit der Herstellung säurefester Untergründe und der säurefesten Verfugung von Fliesen befaßten, ohne selbst Fliesen zu verlegen, nicht als Betriebe des Fliesenlegerhandwerks im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 14 BRTV-Bau angesehen werden konnten, sondern als Betriebe des Säurebaus nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 8 BRTV-Bau vom fachlichen Geltungsbereich des BRTV-Bau ausgenommen waren (BAG Urteil vom 22. April 1987 - 4 AZR 344/86 - nicht zur Veröffentlichung bestimmt; Urteil vom 26. August 1987 - 4 AZR 153/87 - nicht zur Veröffentlichung bestimmt).
Diese Grundsätze der Senatsrechtsprechung hat das Landesarbeitsgericht im angefochtenen Urteil nicht beachtet, so daß es aufzuheben ist. Das Landesarbeitsgericht stellt nämlich fest, daß die überwiegende betriebliche Tätigkeit der Beklagten zu 1) im Anspruchszeitraum (September 1982 bis März 1983) auf Arbeiten entfiel, die der eigentlichen Fliesenverlegetätigkeit vor- und nachgehen, d. h. daß arbeitszeitlich die Herstellung der säurefesten Untergründe und der säurefesten Verfugungen überwog. Die Fliesenverlegearbeiten hatten arbeitszeitlich und wertmäßig nur eine untergeordnete Bedeutung.
Entfiel aber die überwiegende betriebliche Tätigkeit nicht auf Fliesenverlegearbeiten, sondern auf Arbeiten, die dem Säurebau zuzurechnen sind, so ist der Betrieb nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 8 BRTV-Bau vom fachlichen Geltungsbereich des BRTV-Bau ausgenommen. Insoweit ist dem Senat aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts eine abschließende Entscheidung möglich (§ 565 Abs. 3 ZPO), so daß es keiner Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung bedarf. Auszugehen ist davon, daß der Betrieb der Beklagten zu 1) nach § 1 Abs. 2 Abschnitt II BRTV-Bau vom fachlichen Geltungsbereich des BRTV-Bau und dem der Verfahrens-Tarifverträge erfaßt wird, da der Betrieb nach seiner Zweckbestimmung und Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringt, die der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung oder Änderung von Bauwerken dienen (vgl. BAG Urteil vom 25. Februar 1987 - 4 AZR 240/86 - AP Nr. 81 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt). Bei der nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts überwiegenden betrieblichen Tätigkeit handelt es sich jedoch um "Säurebau" im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 8 BRTV-Bau, so daß der Betrieb vom fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge ausgenommen ist. Mit der Aufzählung der nicht vom Geltungsbereich des BRTV-Bau erfaßten Betriebe in § 1 Abs. 2 Abschnitt VII BRTV-Bau bringen die Tarifvertragsparteien nämlich zum Ausdruck, daß diese Betriebe, auch wenn sie unter die Merkmale der vorangehenden Abschnitte des § 1 Abs. 2 BRTV-Bau fallen, trotzdem nicht von dessen fachlichem Geltungsbereich erfaßt werden sollen (BAG Urteil vom 5. Juni 1985 - 4 AZR 533/83 - AP Nr 67 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).
Beim Betrieb der Beklagten zu 1) handelt es sich - bezogen auf den Anspruchszeitraum von September 1982 bis März 1983 - um einen Betrieb des Säurebaus im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 8 BRTV-Bau. Der Senat hat in den angeführten Urteilen den tariflichen Begriff des Säurebaus dahingehend interpretiert, daß zum Säurebau auch der Säureschutzbau gehöre und dieser diejenigen Tätigkeiten umfasse, die dazu dienen, konstruktive Bauteile, die aus üblichen statisch tragenden Konstruktionen hergestellt sind, durch Oberflächenbekleidungen mit chemisch widerstandsfähigen Schutzschichten zu schützen. Diese Begriffsbestimmung wird durch die von den Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit nachgewiesene einschlägige baufachliche Literatur und die beigebrachten Sachverständigengutachten bestätigt. Während in früherer Zeit massive selbsttragende Konstruktionen mit keramischen Steinen, z. B. in der Schwefelsäureindustrie, die der Beanspruchung durch Säuren ausgesetzt waren, tatsächlich "gebaut" wurden, hat sich der Tätigkeitsbereich des Säurebaus in zunehmendem Maße darauf erstreckt, den Säureschutz von tragenden Bauteilen durch entsprechende Oberflächenausstattung herbeizuführen. Diese Tätigkeit wird als Säureschutzbau bezeichnet. Die Schutzschicht bewirkt dabei nicht nur einen Schutz vor Säuren, sondern generell einen Schutz vor allen chemisch aggressiven Stoffen. Säureschutzarbeiten in diesem Sinne umfassen die Vorbereitung des Untergrundes, die Ausbildung der Dichtschicht und die Herstellung eines resistenten Nutzbelages, wobei dieser häufig als keramischer Plattenbelag ausgebildet wird.
Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts entfällt die zeitlich überwiegende Tätigkeit im Betrieb der Beklagten zu 1) auf die Ausführung von Säureschutzarbeiten in diesem Sinne. Arbeitszeitlich überwiegt nämlich die Herstellung der säurefesten Untergründe, zu der die entsprechende Vorbereitung des Untergrundes und die Ausbildung der Dichtschicht mit säurefestem Material gehört, und die Herstellung des säurefesten Nutzbelages durch entsprechende Verfugung aufgebrachter keramischer Fliesen und Platten. Die Aufbringung der keramischen Fliesen und Platten nimmt dabei nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts arbeitszeitlich nur einen geringen Teil der Gesamttätigkeit ein. Insofern kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits auch nicht auf die vom Landesarbeitsgericht als verspätet zurückgewiesene Behauptung der Beklagten an, daß sie die Aufbringung von Fliesen und Platten wiederum überwiegend durch Subunternehmer hätten ausführen lassen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts überwiegen arbeitszeitlich im Betrieb der Beklagten zu 1) mithin die Arbeiten, die dem Säurebau im tariflichen Sinne zuzurechnen sind. Da Betriebe, die derartige Arbeiten überwiegend ausführen, nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 8 BRTV-Bau vom fachlichen Geltungsbereich des BRTV-Bau ausgenommen sind, kann diese Tätigkeit auch nicht, wie es das Landesarbeitsgericht tut, als Zusammenhangstätigkeit dem Fliesenlegerhandwerk mit der Folge zugerechnet werden, daß der Betrieb dennoch nach § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 14 BRTV-Bau unter den fachlichen Geltungsbereich fällt.
Daß das Landesarbeitsgericht in den mit den Urteilen des Senats vom 27. August 1986 entschiedenen Rechtsstreitigkeiten für andere Anspruchszeiträume die Feststellung getroffen hat, daß im Betrieb der Beklagten zu 1) überwiegend Fliesenverlegearbeiten ausgeführt werden, die die Zurechnung zum Baugewerbe rechtfertigen, hat weder unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Rechtskraft noch demjenigen der Präklusion - wie die Klägerin meint - Einfluß auf den vorliegenden Rechtsstreit. Insoweit sind ausschließlich die vom Landesarbeitsgericht vorliegend getroffenen Feststellungen, an die der Senat gebunden ist (§ 561 Abs. 2 ZPO), maßgeblich.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.
Dr. Feller Dr. Etzel Dr. Freitag
Peter Jansen Wiese
Fundstellen
Haufe-Index 439242 |
RdA 1989, 72 |
AP § 1 TVG Tarifverträge - Bau (LT1-3), Nr 96 |
EzA § 4 TVG Bauindustrie, Nr 38 |