Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe und pauschale Abgeltung von Nachtarbeitszuschlägen. AGB-Kontrolle von Formulararbeitsverträgen. Verwirkung. Ausschlussfristen
Leitsatz (amtlich)
- Für Angehörige eines Rettungsdienstes ist regelmäßig ein Nachtzuschlag in Höhe von 10 % des Arbeitsverdienstes iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG angemessen.
- Einseitige Ausschlussfristen in Formulararbeitsverträgen, die nur für den Arbeitnehmer zum Anspruchsverlust führen, widersprechen einer ausgewogenen Vertragsgestaltung und sind deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
- Bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen, weil der Arbeitnehmer Verbraucher iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB ist.
Orientierungssatz
- Durch den Nachtarbeitszuschlag soll im Rettungsdienst nur die mit der Nachtarbeit verbundene Erschwernis abgegolten werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Rettungsdienst zu einem erheblichen Teil Arbeitsbereitschaft und damit auch Zeiten der Entspannung anfallen. Hinzu kommt, dass der ansonsten mit dem Zuschlag verbundene Zweck, Nachtarbeit einzuschränken, hier nicht erreichbar ist. Der Rettungsdienst dient der öffentlichen Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung; ein Verzicht auf Nachtarbeit ist in diesem Bereich ausgeschlossen.
- Die Zahlung eines angemessenen Zuschlags für Nachtarbeit nach § 6 Abs. 5 ArbZG kann in unterschiedlicher Art und Weise erfolgen. Neben der Zahlung gesonderter Zuschläge kommt eine entsprechende Anhebung des Grundlohns in Betracht.
- Die revisionsrechtliche Überprüfung der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen unterscheidet sich im arbeitsgerichtlichen Verfahren von der im Verfahren der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Da die in § 545 Abs. 1 ZPO enthaltene Beschränkung der Revisionsgründe im arbeitsgerichtlichen Revisionsverfahren nicht gilt (§ 73 ArbGG), unterliegt auch die Auslegung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung.
- Wegen der weitreichenden Folgen von Ausschlussfristen erfordert das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) regelmäßig einen Hinweis auf die Rechtsfolge des Verfalls der Ansprüche bei nicht fristgerechter Geltendmachung.
- Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind.
- Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die nicht von Rechtsvorschriften abgewichen wird, sind gem. § 307 Abs. 3 Satz 2 iVm. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB bei einem Verstoß gegen das Transparenzgebot unwirksam. Hierzu gehören Klauseln, die den Umfang der von den Parteien geschuldeten Vertragsleistung festlegen (Arbeitsleistung und Entgelt).
- Das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen im Rahmen des Möglichen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen.
Normenkette
BGB §§ 138, 242, 305c, 307, 310 Abs. 3 Nr. 3; ArbZG § 6 Abs. 5; ZPO § 545; ArbGG § 73
Verfahrensgang
Tenor
- Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 22. September 2004 – 3 Sa 245/04 – teilweise aufgehoben.
- Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 21. April 2004 – 3 Ca 132 d/04 – teilweise abgeändert und der Beklagte verurteilt, an den Kläger 49,77 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2003 zu zahlen.
- Im Übrigen werden die Berufung und die Revision des Klägers zurückgewiesen.
- Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Revision noch über die Zahlung von Nachtzuschlägen für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2003.
Der Kläger war beim Beklagten vom 1. November 2000 bis zum 30. Juni 2003 als Rettungsassistent beschäftigt. Bis zum 31. März 2002 arbeitete der Kläger neben seinem Medizinstudium auf der Grundlage zweier aufeinander folgender befristeter Arbeitsverträge als studentische Aushilfskraft. Er erhielt dafür eine Grundvergütung in Höhe von 15,50 DM (= 7,93 Euro) brutto je Stunde sowie einsatzabhängige Vergütungszuschläge gemäß einer Aufstellung “KBA-Rettungsdienst freiwillige Vergütungszuschläge ab 1.4.2001”.
Nachdem der Kläger sein Studium aufgegeben hatte, schloss er mit dem Beklagten am 27. März 2002 einen unbefristeten Formulararbeitsvertrag mit Arbeitsbeginn am 1. April 2002. Darin vereinbarten die Parteien:
“…
§ 4 Gehalt
1. Der Arbeitnehmer erhält monatlich ein festes Grundgehalt von EUR 1.690,00 (DM 3.305,35) brutto, zzgl. der freiwilligen betrieblichen Zuschläge. Als Grundlage werden 43 Dienststunden wöchentlich genommen. Jede Mehrarbeitsstunde wird mit 7,93 (DM 15,50) brutto vergütet und kann im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber bezahlt, bzw. nach Absprache in Freizeit abgegolten werden …
…
4. Im monatlichen Bruttoarbeitsentgelt sind Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeiten enthalten.
…
§ 18 Schlußbestimmungen
1. Die etwaige Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen dieses Vertrages läßt die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen unberührt.
2. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Mündliche Nebenabreden bestehen nicht.
3. Beruht die Unwirksamkeit auf einer Leistungs- oder Zeitbestimmung, so tritt an ihre Stelle das gesetzliche Maß.
4. Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind vom Arbeitnehmer binnen einer Frist von zwei Monaten seit Fälligkeit schriftlich geltend zu machen und im Falle der Ablehnung innerhalb einer Frist von einem Monat einzuklagen.
5. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, alle Änderungen seiner persönlichen Umstände, insbesondere Wohnsitzänderungen, unaufgefordert und unverzüglich dem Arbeitgeber schriftlich mitzuteilen …
…”
In einer von den Parteien gleichfalls am 27. März 2002 unterzeichneten Anlage “Gehaltsstruktur des KBA Rettungsdienstes” und der weiterhin gültigen Regelung “KBA-Rettungsdienst freiwillige Vergütungszuschläge ab 1.4.2001” waren betriebliche Zuschläge geregelt. Hiernach gewährte der Beklagte dem Kläger als “freiwillige Betriebszuschläge” einen Betrag von monatlich 52,00 Euro brutto für seine länger als ein Jahr bestehende Betriebszugehörigkeit sowie insgesamt monatlich 410,00 Euro brutto für den Einsatz in der Leitstelle. Weiterhin erhielt der Kläger einen “einsatzabhängigen Zuschlag” von 1,53 Euro brutto für jeden durchgeführten Einsatz. Für Einsätze in der Zeit von 19.00 Uhr bis 7.00 Uhr zahlte der Beklagte – je nach Einsatzfahrzeug – einen “einsatzabhängigen Nachtzuschlag” von 5,11 Euro brutto (KTW) bzw. 10,23 Euro brutto (RTW oder NEF). Bei einem Einsatz in der Einsatzzentrale erhielt der Kläger für jeden disponierten Einsatz einen Dispositionszuschlag iHv. 0,51 Euro brutto.
Im streitgegenständlichen Zeitraum war der Kläger regelmäßig in Wechselschicht eingesetzt. In der Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 31. März 2002 leistete er in der Rettungsleitstelle des Beklagten insgesamt 63 Arbeitsstunden in der Nachtzeit von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr.
Mit seiner am 20. Januar 2004 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger für die geleisteten Nachtarbeitsstunden einen Zuschlag iHv. 30 % auf die von ihm berechnete durchschnittliche Stundenvergütung in Höhe von 12,78 Euro brutto, dh. 3,83 Euro je Nachtarbeitsstunde, verlangt. Er hat zuletzt behauptet, vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2003 insgesamt 229 Stunden und 45 Minuten Nachtarbeit geleistet zu haben. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die in § 4 Nr. 4 des Arbeitsvertrags vom 27. März 2002 vereinbarte pauschale Abgeltung der Nachtarbeitszuschläge sei unwirksam.
Der Kläger hat, soweit in der Revision noch von Interesse, beantragt
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 879,94 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2003 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die Nachtzuschläge seien in dem vereinbarten Gehalt bereits enthalten gewesen. Im Übrigen seien die geltend gemachten Ansprüche verfallen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageforderung weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers hat nur Erfolg, soweit der Kläger vom Beklagten für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. März 2002 die Zahlung von Nachtzuschlägen verlangt. Im Übrigen ist die Revision nicht begründet.
I. Dem Kläger stehen gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG für die vom 1. Januar bis zum 31. März 2002 geleisteten 63 Nachtarbeitsstunden Nachtzuschläge iHv. 10 % der in dieser Zeit vereinbarten Arbeitsvergütung iHv. 7,93 Euro/Stunde, dh. insgesamt 49,77 Euro zu.
1. Der Kläger kann allein unter den in § 6 Abs. 5 ArbZG genannten Voraussetzungen einen Ausgleich für die erbrachte Nachtarbeit verlangen. Eine tarifliche Ausgleichsregelung fehlt. Der Beklagte ist nicht tarifgebunden. Eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf einen Tarifvertrag ist nicht erfolgt.
2. Der Kläger war nach den in der Revision nicht angegriffenen und damit gemäß § 559 Abs. 2 ZPO bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts jedenfalls im Jahre 2002 iSv. § 2 Abs. 5 Nr. 1 ArbZG “normalerweise” in Wechselschicht tätig und demzufolge Nachtarbeitnehmer im Sinne des ArbZG. Er kann deshalb nach § 6 Abs. 5 ArbZG für die in der Nachtzeit von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleisteten Arbeitsstunden einen angemessenen Ausgleich verlangen. Der Kläger hat vom 1. Januar bis zum 31. März 2002 insgesamt 63 Nachtarbeitsstunden iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG geleistet, davon 28 im Januar 2002 und 35 im Februar 2002. Im März 2002 sind keine Nachtarbeitsstunden angefallen.
3. Der Beklagte hat für die vom Kläger im ersten Kalendervierteljahr 2002 erbrachte Nachtarbeit keinen angemessenen Ausgleich geleistet. Eine bezahlte Freistellung ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht erfolgt, ebenso wenig die Zahlung eines Nachtzuschlags zum vereinbarten Arbeitsentgelt. Die zusätzliche Vergütung für jeden in der Rettungsleitstelle disponierten Einsatz war von der Tageszeit unabhängig und kein Ausgleich für Nachtarbeit.
4. Gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Wegen der zwischenzeitlich erfolgten Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann die vom Kläger geleistete Nachtarbeit nunmehr ausschließlich durch Zahlung eines Zuschlags ausgeglichen werden (BAG 24. Februar 1999 – 4 AZR 62/98 – BAGE 91, 63, 71).
a) Die Höhe des angemessenen Nachtzuschlags richtet sich nach der Gegenleistung, für die sie bestimmt ist. Ein geringerer Ausgleich ist erforderlich, wenn in die Nachtarbeit Arbeitsbereitschaft fällt (BAG 24. Februar 1999 – 4 AZR 62/98 – BAGE 91, 63). Nach der Art der Arbeitsleistung ist auch zu beurteilen, ob der vom Gesetzgeber mit dem Lohnzuschlag verfolgte Zweck, im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers Arbeit zu verteuern, zum Tragen kommt (BAG 27. Mai 2003 – 9 AZR 180/02 – AP ArbZG § 6 Nr. 5 = EzA ArbZG § 6 Nr. 5).
b) Für Angehörige eines Rettungsdienstes ist regelmäßig ein Nachtzuschlag in Höhe von 10 % des Arbeitsverdienstes angemessen iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG. Durch den Zuschlag soll für diesen Personenkreis nur die mit der Nachtarbeit verbundene Erschwernis abgegolten werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Rettungsdienst zu einem erheblichen Teil Arbeitsbereitschaft und damit auch Zeiten der Entspannung anfallen. Hinzu kommt, dass der ansonsten mit dem Zuschlag verbundene Zweck, Nachtarbeit einzuschränken, hier nicht erreichbar ist. Der Rettungsdienst dient der öffentlichen Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung; ein Verzicht auf Nachtarbeit ist in diesem Bereich ausgeschlossen. Ein Zuschlag in Höhe von 10 % liegt über den Vorstellungen der an der Gesetzgebung des Arbeitszeitgesetzes Beteiligten. Der Vorschlag der SPD-Fraktion sah für 20 Arbeitstage mit jeweils mehr als drei Nachtarbeitsstunden nur einen zusätzlichen freien Tag vor (BT-Drucks. 12/5282 S. 5). Dem entsprach die Forderung des Bundesrats (BT-Drucks. 12/5888 S. 41). Auch wenn der Gesetzgeber diese Vorstellungen nicht umgesetzt hat, weil er keine Vorgaben zu Art und Umfang des Ausgleichs machen wollte (BT-Drucks. 12/5888 S. 26), sind sie doch Ausdruck dessen, was als untere Grenze der Angemessenheit angesehen werden kann.
Anhaltspunkte für besondere Erschwernisse während der vom Kläger erbrachten Nachtarbeit sind nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich. Dem Kläger steht folglich ein Zuschlag iHv. 10 % der vereinbarten Stundenvergütung von 7,93 Euro (= 15,50 DM), dh. 0,79 Euro je Nachtarbeitsstunde zu. Für die in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. März 2002 geleisteten 63 Nachtarbeitsstunden hat der Beklagte 49,77 Euro zu zahlen.
5. Der Anspruch auf Nachtarbeitszuschläge ist nicht verfallen.
a) Der Verfall der Zuschläge für die vom Kläger geleisteten Nachtarbeitsstunden bestimmt sich nach § 18 Nr. 4 des Arbeitsvertrags vom 27. März 2002. Die dort enthaltene Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen erfasst auch die in dem früheren befristeten Arbeitsverhältnis in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. März 2002 entstandenen Ansprüche des Klägers auf Ausgleich der Nachtarbeitszeit nach § 6 Abs. 5 ArbZG. Zwischen den Parteien bestand ein durchgehendes Arbeitsverhältnis, auch wenn es auf unterschiedlichen vertraglichen Vereinbarungen beruhte. Die dem Kläger nach § 6 Abs. 5 ArbZG zustehenden Nachtarbeitszuschläge waren bei Abschluss des Arbeitsvertrags vom 27. März 2002 noch nicht fällig. Die in § 6 Abs. 5 ArbZG gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 263 BGB) hatte sich zu diesem Zeitpunkt wegen des vom Beklagten nicht ausgeübten Wahlrechts noch nicht auf eine der geschuldeten Leistungen – bezahlte Freistellung oder Zahlung eines Zuschlags – konkretisiert (vgl. BAG 5. September 2002 – 9 AZR 202/01 – BAGE 102, 309, 311). Bei Abschluss des unbefristeten Arbeitsvertrags bestand noch die Möglichkeit eines Ausgleichs der geleisteten Nachtarbeit durch Gewährung bezahlter Freizeit.
b) Die in § 18 Nr. 4 des Arbeitsvertrags vom 27. März 2002 vereinbarte Ausschlussfrist hält einer Überprüfung nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB nicht stand.
aa) Nach dem unwidersprochenen und damit nach § 138 Abs. 3 ZPO unstreitigen Vortrag des Klägers handelt es sich bei den am 27. März 2002 getroffenen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. §§ 305 ff. BGB. Dem entspricht auch das äußere Erscheinungsbild des Vertrags, der dem Kläger vom Beklagten vorgelegt wurde und zahlreiche Streichungen enthält.
bb) § 18 Nr. 4 des Arbeitsvertrags ist gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsinhalt geworden. Es handelt sich um eine überraschende Klausel.
(1) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Auch der ungewöhnliche äußere Zuschnitt der Klausel, ihre Unterbringung an unerwarteter Stelle, kann die Bestimmung zu einer ungewöhnlichen und damit überraschenden Klausel machen (Senat 29. November 1995 – 5 AZR 447/94 – BAGE 81, 317, 321, zu II 3 der Gründe; BGH 17. Mai 1982 – VII ZR 316/81 – BGHZ 84, 109, 112 f., zu II 2a der Gründe).
(2) Gemessen an diesen Anforderungen ist die in § 18 Nr. 4 des Arbeitsvertrags enthaltene Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen nicht Vertragsbestandteil geworden. Die Klausel befindet sich am Ende eines Arbeitsvertrags, der insgesamt 19 Paragraphen enthält. Darin sind neben den üblichen auch von § 2 Abs. 1 NachwG geforderten Bestimmungen ua. die Entgeltabtretung, Verschwiegenheitspflichten, Nebentätigkeiten, Dienstkleidung, Führungszeugnis und die Arbeitnehmerhaftung eigenständig unter gesonderten Überschriften geregelt. Die “Schlußbestimmungen” in § 18 des Arbeitsvertrags enthalten zunächst eine salvatorische Klausel, gefolgt von einer Schriftformklausel und einem Hinweis auf die Rechtsfolgen unwirksamer Bestimmungen. Unter Nr. 4 ist dann bestimmt, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis vom Arbeitnehmer binnen einer Frist von zwei Monaten seit Fälligkeit schriftlich geltend zu machen und im Falle der Ablehnung innerhalb einer Frist von einem Monat einzuklagen sind. Hieran schließt sich eine Regelung über die Verpflichtung zur Mitteilung aller Änderungen der persönlichen Umstände an. Nach dem gesamten Erscheinungsbild des Vertrags hat der Beklagte die Klausel über die befristete Geltendmachung von Ansprüchen damit an einer aus Sicht eines redlichen Vertragspartners unerwarteten Stelle versteckt. Unter der Überschrift “Schlußbestimmungen” muss ein verständiger Arbeitnehmer bei einem so detaillierten Vertrag nicht mit einer Klausel rechnen, durch die der Verfall von Ansprüchen bei nicht rechtzeitiger Geltendmachung herbeigeführt werden soll.
cc) Des Weiteren führt die Klausel – wäre sie Vertragsinhalt geworden – nicht zum Verfall der Ansprüche, denn diese Folge einer Fristversäumung ist ihr nicht hinreichend deutlich zu entnehmen. Wegen der weitreichenden Folgen von Ausschlussfristen erfordert das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) regelmäßig einen Hinweis auf die Rechtsfolge des Verfalls der Ansprüche bei nicht fristgerechter Geltendmachung (Reinecke BB 2005, 378, 379). In § 18 Nr. 4 des Arbeitsvertrags ist der Verfall der Ansprüche bei nicht rechtzeitiger Geltendmachung nicht ausdrücklich geregelt. Diese Rechtsfolge kann auch nicht den Umständen und insbesondere nicht dem äußeren Erscheinungsbild der Bestimmung entnommen werden. Zwar kann die optische Hervorhebung solcher Klauseln durch die Überschrift “Ausschlussfrist” einem verständigen Arbeitnehmer verdeutlichen, dass die Ansprüche bei nicht rechtzeitiger Geltendmachung erlöschen (vgl. Senat 25. Mai 2005 – 5 AZR 572/04 – NZA 2005, 1111, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen ≪zVv.≫, zu IV 4 der Gründe). Eine solche Hervorhebung ist hier jedoch nicht erfolgt.
dd) § 18 Nr. 4 enthält zudem eine nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksame einseitige Ausschlussfrist.
(1) Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (vgl. BGH 3. November 1999 – VIII ZR 269/98 – BGHZ 143, 104, 113, zu II 3a der Gründe). Das Interesse des Verwenders an der Aufrechterhaltung der Klausel ist mit dem Interesse des Vertragspartners am Wegfall der Klausel und deren Ersetzung durch die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen (§ 306 Abs. 2 BGB) abzuwägen. Dabei ist der gesamte Vertragsinhalt zu berücksichtigen (vgl. MünchKommBGB/Basedow 4. Aufl. Bd. 2a § 307 Rn. 31 f.).
(2) Mit der in § 18 Nr. 4 des Arbeitsvertrags enthaltenen Klausel hat der Beklagte missbräuchlich versucht, sein eigenes Interesse an einer raschen Klärung offener Ansprüche ohne angemessenen Ausgleich durchzusetzen. Die Klausel wäre deshalb, selbst wenn sie Vertragsinhalt geworden und hinreichend deutlich formuliert gewesen wäre, gleichwohl gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die durch die Klausel bewirkte Benachteiligung des Arbeitnehmers ist sachlich nicht zu begründen. Es ist nicht ersichtlich, dass für den Beklagten die Anspruchsdurchsetzung schwerer möglich ist als für den Arbeitnehmer. Die einseitig den Arbeitnehmer treffende Erschwerung der Durchsetzung von Ansprüchen und der bei Fristversäumnis nur für den Arbeitnehmer vorgesehene völlige Anspruchsverlust widersprechen einer ausgewogenen Vertragsgestaltung (im Grundsatz auch BAG 2. März 2004 – 1 AZR 271/03 – BAGE 109, 369, 383, zu VI 2b der Gründe; Krause RdA 2004, 36, 47; Lakies AR-Blattei Stand September 2005 SD 35 Rn. 288; Preis/Roloff RdA 2005, 144, 154; Reinecke BB 2005, 378, 381; Thüsing/Leder BB 2005, 1563, 1564).
6. Der Anspruch des Klägers auf Nachtarbeitszuschläge für die in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. März 2002 geleistete Nachtarbeit ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht verwirkt.
a) Die Verwirkung ist ein Untertatbestand der unzulässigen Rechtsausübung. Diese hat ihre Rechtsgrundlage in dem Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Ein Anspruch ist verwirkt, wenn der Gläubiger mit der Geltendmachung des Anspruchs längere Zeit abwartet, sich infolge dieses Zeitablaufs für den Schuldner ein Vertrauenstatbestand gebildet hat, mit der Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr rechnen zu müssen, und dem Schuldner deshalb eine Einlassung auf die Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr zugemutet werden kann (Senat 25. April 2001 – 5 AZR 497/99 – BAGE 97, 326, 329; BAG 25. März 2004 – 2 AZR 295/03 – AP MuSchG 1968 § 9 Nr. 36 = EzA MuSchG § 9 nF Nr. 40).
b) Es hält sich nicht im Beurteilungsspielraum der Tatsacheninstanz, wenn das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen ist, die Voraussetzungen der Verwirkung seien vorliegend gegeben. Das Landesarbeitsgericht hat zum schutzwürdigen Vertrauen des Beklagten, mit der Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr rechnen zu müssen, keine Feststellungen getroffen. Es hat lediglich angenommen, mit dem vorbehaltlosen Abschluss des unbefristeten Vertrags vom 27. März 2002 habe der Kläger beim Beklagten den Eindruck erweckt, aus dem alten Vertrag seien keine Forderungen mehr offen. Das genügt ebenso wenig wie der Hinweis darauf, dass ein Anstieg der Arbeitskosten gegenüber der Krankenkasse nur für die Zukunft geltend gemacht werden könne. Damit ist nicht aufgezeigt, dass der Beklagte darauf vertrauen durfte, der Kläger werde keine Nachtarbeitszuschläge mehr verlangen.
II. Dem Kläger stehen für die Zeit ab 1. April 2002 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine weiteren Nachtzuschläge zu. Der Beklagte hat mit dem im Vertrag vom 27. März 2002 vereinbarten Bruttomonatsentgelt die Ansprüche auf gesetzliche Nachtzuschläge nach § 6 Abs. 5 ArbZG erfüllt. Ob der Kläger auch im Jahre 2003 “normalerweise” in Wechselschicht tätig war (§ 2 Abs. 5 Nr. 1 ArbZG) bedarf daher keiner weiteren Aufklärung.
1. Die Zahlung eines angemessenen Zuschlags für Nachtarbeit nach § 6 Abs. 5 ArbZG kann in unterschiedlicher Art und Weise erfolgen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es dem Arbeitgeber überlassen, in welcher Weise er die Ausgleichsleistung erbringt. Die Arbeitsvertragsparteien können auf eine gesonderte Zuschlagsregelung in Form eines Prozentsatzes des Stundenlohnes verzichten und stattdessen den Grundlohn wegen der vereinbarten Nachtarbeit entsprechend erhöhen (BAG 27. Mai 2003 – 9 AZR 180/02 – AP ArbZG § 6 Nr. 5 = EzA ArbZG § 6 Nr. 5; 24. Februar 1999 – 4 AZR 62/98 – BAGE 91, 63, 71). Von einer pauschalen Abgeltung kann nur ausgegangen werden, wenn der Arbeitsvertrag hierfür konkrete Anhaltspunkte enthält. Dazu ist es regelmäßig erforderlich, dass in dem Arbeitsvertrag zwischen der Grundvergütung und dem – zusätzlichen – Nachtarbeitszuschlag unterschieden wird; jedenfalls muss ein Bezug zwischen der zu leistenden Nachtarbeit und der Lohnhöhe hergestellt werden. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 ArbZG. Der für geleistete Nachtarbeit geschuldete Zuschlag ist “auf” das dem Arbeitnehmer hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren (BAG 5. September 2002 – 9 AZR 202/01 – BAGE 102, 309, 314 f.).
2. Die im Arbeitsvertrag vom 27. März 2002 vereinbarte pauschale Abgeltung der Nachtarbeitszuschläge genügt diesen Anforderungen. Dies ergibt die Auslegung der Klausel.
a) Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung des Arbeitsvertrags vom 27. März 2002 kann vom Revisionsgericht uneingeschränkt überprüft werden. Der Vertrag enthält typische Klauseln. Diese sind wie Rechtsnormen zu behandeln (BAG 30. August 2000 – 4 AZR 581/99 – BAGE 95, 296, 298 f.; 17. September 2003 – 4 AZR 533/02 – BAGE 107, 295, 300).
aa) Die revisionsrechtliche Überprüfung der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen unterscheidet sich im arbeitsgerichtlichen Verfahren von der im Verfahren der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Dort kann der Bundesgerichtshof als Revisionsgericht Allgemeine Geschäftsbedingungen nur dann selbst auslegen, wenn eine unterschiedliche Auslegung durch verschiedene Berufungsgerichte, dh. verschiedene Landgerichte, verschiedene Oberlandesgerichte oder durch ein Landgericht und ein Oberlandesgericht denkbar ist (BGH 5. Juli 2005 – X ZR 60/04 – WuM 2005, 589, zu II 2b aa der Gründe). Diese Einschränkung beruht darauf, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wie revisible Rechtsnormen zu behandeln sind. Sie müssen deshalb in der ordentlichen Gerichtsbarkeit nach § 545 ZPO bestimmten Anforderungen in Bezug auf ihren räumlichen Geltungsbereich genügen. Danach kann die Revision nur auf die Verletzung von Bundesrecht oder einer Vorschrift, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt, gestützt werden. Seit Geltung des zum 1. Januar 2002 in Kraft getretenen neuen Revisionsrechts, nach dem gegen die Urteile aller Berufungsgerichte, seien es Landgerichte oder Oberlandesgerichte, die Revision statthaft ist (§ 542 Abs. 1 ZPO), hält es der Bundesgerichtshof für geboten, den in § 545 Abs. 1 ZPO enthaltenen Begriff “Oberlandesgericht” durch “Berufungsgericht” zu ersetzen. Damit wird die AGB-Kontrolle auch auf Klauseln erstreckt, bei denen eine unterschiedliche Auslegung durch die Landgerichte eines Oberlandesgerichtsbezirks oder – wenn es in einem Oberlandesgerichtsbezirk nur ein Landgericht gibt – durch das Landgericht und das Oberlandesgericht möglich ist (vgl. BGH 5. Juli 2005 – X ZR 60/04 aaO).
bb) Die in § 545 Abs. 1 ZPO enthaltene Beschränkung der Revisionsgründe gilt im arbeitsgerichtlichen Revisionsverfahren nicht. § 73 ArbGG bestimmt ohne Einschränkung, dass die Revision auf die Verletzung einer Rechtsnorm durch das Landesarbeitsgericht gestützt werden kann. Demzufolge unterliegt auch die Auslegung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung durch das Bundesarbeitsgericht.
b) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., vgl. BGH 14. Juli 2004 – VIII ZR 339/03 – NJW 2004, 2961, zu II 1a der Gründe). Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut (BGH 17. Februar 1993 – VIII ZR 37/92 – NJW 1993, 1381, 1382, zu I 2b der Gründe). Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (BGH 19. Januar 2005 – XII ZR 107/01 – NJW 2005, 1183, zu II 1 der Gründe). Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten. Bleiben nach Erwägung dieser Umstände Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders (BGH 19. Januar 2005 – XII ZR 107/01 – aaO).
c) Das von den Parteien vereinbarte Bruttomonatsentgelt ist die Gegenleistung für die vom Kläger zu leistende Arbeitszeit von 43 Dienststunden/Woche. Mehrarbeitsstunden sind mit dem Gehalt nicht vergütet. Diese werden nach § 4 Nr. 1 Satz 3 des Arbeitsvertrags mit 7,93 Euro bezahlt bzw. nach Absprache in Freizeit abgegolten. Die Höhe des Arbeitsentgelts ist nach dem Arbeitsvertrag unabhängig von der Lage der Arbeitszeit. Der Kläger sollte die vereinbarte Vergütung nicht nur erhalten, wenn er an Werktagen am Tage arbeitet, sondern auch bei einer Tätigkeit zur Nachtzeit und an Sonn- und Feiertagen. Das Bruttomonatsentgelt beinhaltet das monatliche Grundgehalt nach § 4 Nr. 1 des Arbeitsvertrags iHv. 1.690,00 Euro und die freiwilligen betrieblichen Zuschläge. Deren Zusammensetzung ergibt sich aus einer dem Kläger bei Vertragsschluss übergebenen Anlage zum Arbeitsvertrag, die von beiden Vertragsparteien unterzeichnet wurde.
Die Höhe der vereinbarten pauschalen Abgeltung der Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit kann durch Auslegung der Klausel errechnet werden. Sie ergibt sich aus der Differenz zwischen dem sich aus dem Grundgehalt iHv. 1.690,00 Euro ergebenden Stundensatz iHv. 9,07 Euro (1.690,00 Euro × 12 Monate = 20.280,00 Euro : 52 Wochen = 390,00 Euro/Woche : 43 Stunden = 9,07 Euro = 17,74 DM/Stunde) und der vereinbarten Mehrarbeitsvergütung iHv. 7,93 Euro zzgl. der in der Anlage vereinbarten anteiligen betrieblichen Zuschläge und beträgt – wegen der variablen betrieblichen Zuschläge mindestens – 1,14 Euro/Stunde bzw. 212,26 Euro/Monat (1,14 Euro/Stunde × 43 Stunden/Woche × 4,33 Wochen/Monat).
Diese Auslegung beruht entgegen der Auffassung der Revision nicht auf einer Durchschnittsberechnung, die der Beklagte nicht offengelegt habe. Vielmehr sind die für die Berechnung des vertraglich vereinbarten Stundenverdienstes maßgeblichen Daten im Arbeitsvertrag enthalten und damit der objektiven Auslegung zugänglich. Wenn in dem Bruttomonatsverdienst nach dem Wortlaut des Arbeitsvertrags eine Pauschale für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit enthalten ist und die aus dem Bruttomonatsentgelt errechnete Vergütung der Arbeitsstunde höher ist als der für Mehrarbeitsstunden vereinbarte Stundensatz, kann das nur bedeuten, dass in Höhe des Differenzbetrags die Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit pauschal abgegolten werden sollte.
3. Die im Arbeitsvertrag vereinbarte Pauschalabgeltung der Zuschläge für Nachtarbeit sowie Sonn- und Feiertagsarbeit unterliegt der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB iVm. § 307 Abs. 1 Satz 2, § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB.
a) Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB unterliegen Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der uneingeschränkten Inhaltskontrolle, wenn durch sie von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Zum dispositiven Recht gehören auch allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze sowie die Gesamtheit der wesentlichen Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben (BGH 12. Mai 2004 – VIII ZR 159/03 – NJW-RR 2004, 1206, zu II 1a der Gründe). Andere Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die nicht von Rechtsvorschriften abgewichen wird, sind gem. § 307 Abs. 3 Satz 2 iVm. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB bei einem Verstoß gegen das Transparenzgebot unwirksam. Dieser eingeschränkten Kontrolle unterliegen Klauseln, die den Umfang der von den Parteien geschuldeten Vertragsleistung festlegen (MünchKommBGB/Basedow 4. Aufl. Bd. 2a § 307 Rn. 14). Im Arbeitsverhältnis sind das vor allem die Arbeitsleistung und das Arbeitsentgelt. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, über die §§ 305 ff. BGB den “gerechten Preis” zu ermitteln (ErfK/Preis 5. Aufl. §§ 305-310 BGB Rn. 38). § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB steht jedoch einer Kontrolle der Hauptleistungspflichten nicht entgegen, wenn diese durch Rechtsvorschriften bestimmt werden (BGH 30. Oktober 1991 – VIII ZR 51/91 – BGHZ 115, 391, 395; 9. Juli 1981 – VII ZR 139/80 – BGHZ 81, 229, 232). § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB beruht auf der Erwägung, dass ein Mindestmaß an Transparenz der Preisgestaltung einen funktionierenden Wettbewerb erst ermöglicht (MünchKommBGB/Basedow aaO § 307 Rn. 20).
b) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine zur Unwirksamkeit der Klausel führende unangemessene Benachteiligung (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB) auch daraus ergeben, dass die Klausel nicht klar und verständlich ist. Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Eine Klausel genügt dem Bestimmtheitsgebot, wenn sie im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreibt (BGH 3. März 2004 – VIII ZR 153/03 –, zu II 1a bb der Gründe). Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält (BGH 5. November 2003 – VIII ZR 10/03 – NJW 2004, 1598, zu II 2b aa der Gründe). Doch darf das Transparenzgebot den Verwender nicht überfordern. Die Verpflichtung, den Klauselinhalt klar und verständlich zu formulieren, besteht nur im Rahmen des Möglichen (BGH 6. Oktober 2004 – VIII ZR 215/03 – WuM 2004, 663, zu II 1 der Gründe).
c) Bei Verbraucherverträgen sind im Individualprozess gem. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen. Dies gilt auch für Arbeitsverträge, denn der Arbeitnehmer ist Verbraucher iSv. § 310 Abs. 3 BGB (Senat 25. Mai 2005 – 5 AZR 572/04 – NZA 2005, 1111, auch zVv.). Zu den konkret-individuellen Begleitumständen gehören bei richtlinienkonformer Auslegung des Gesetzes unter Berücksichtigung des 16. Erwägungsgrundes zur Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. EG Nr. L 95 vom 21. April 1993 S. 29) insbesondere (1) persönliche Eigenschaften des individuellen Vertragspartners, die sich auf die Verhandlungsstärke auswirken, (2) Besonderheiten der konkreten Vertragsabschlusssituation, wie zB Überrumpelung, Belehrung sowie (3) untypische Sonderinteressen des Vertragspartners (vgl. Stoffels AGB-Recht Rn. 478; Palandt/Heinrichs BGB 64. Aufl. § 310 Rn. 21; Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Gesetz 9. Aufl. § 9 Rn. 179). Die Berücksichtigung dieser Umstände kann sowohl zur Unwirksamkeit einer nach generell-abstrakter Betrachtung wirksamen Klausel als auch zur Wirksamkeit einer nach typisierter Inhaltskontrolle unwirksamen Klausel führen (Stoffels aaO Rn. 481; MünchKommBGB/Basedow aaO § 310 Rn. 75; Palandt/Heinrichs aaO § 310 Rn. 21; Brandner aaO § 9 Rn. 180).
4. Gemessen an diesen Grundsätzen hält § 4 Nr. 4 des Arbeitsvertrags der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 2 iVm. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB stand. Die pauschale Abgeltung der Nachtarbeitszuschläge ist angemessen. Der vereinbarte Pauschalzuschlag für Nachtarbeit liegt deutlich über dem Zuschlag von 10 %, der für Mitarbeiter im Rettungsdienst nach § 6 Abs. 5 ArbZG in der Regel geschuldet ist (vgl. oben I 4b).
a) Die vereinbarte pauschale Abgeltung der Nachtarbeitszuschläge unterliegt an sich nur einer eingeschränkten Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil hierdurch die Gegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung geregelt wird. Da jedoch mit § 6 Abs. 5 ArbZG eine gesetzliche Regelung des Nachtarbeitszuschlags besteht, ist durch die Gerichte auch zu prüfen, ob die Höhe des vertraglich vereinbarten Zuschlags den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Das ist hier der Fall.
b) Der in § 4 Nr. 4 des Arbeitsvertrags getroffenen Vereinbarung kann im Wege der objektiven Vertragsauslegung die Höhe der Pauschale entnommen werden. Die Höhe des Abgeltungsbetrags erschließt sich allerdings nicht ohne weiteres aus der Vereinbarung. Dem Beklagten wäre es möglich und zumutbar gewesen, die Klausel klarer zu fassen. Er hätte den Anteil des Monatsverdienstes, mit dem er Nacht-, Sonnund Feiertagsarbeit pauschal abgelten wollte, beziffern können. Damit wäre die Klausel bei abstrakt-genereller Betrachtung verständlicher gewesen. Dies führt im vorliegenden Fall jedoch nicht zur Unwirksamkeit der Vereinbarung. Die gem. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 BGB zu berücksichtigenden Umstände, die den Vertragsschluss begleitet haben, lassen die Vereinbarung in § 4 Nr. 4 des Arbeitsvertrags noch hinreichend klar und verständlich erscheinen.
c) Bei der individuellen Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ist von Bedeutung, dass dem unbefristeten Vertrag vom 27. März 2002 zwei befristete Arbeitsverträge vorangingen. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht den Vertrag vom 27. März 2002 mit den zuvor geschlossenen befristeten Verträgen verglichen. Danach war der Kläger als Stundenkraft zu einem Arbeitsverdienst von 15,50 DM (= 7,93 Euro) brutto beschäftigt. Dem entspricht die im Vertrag vom 27. März 2002 vereinbarte Höhe der Mehrarbeitsvergütung. Nachdem in dem Vertrag vom 27. März 2002 für die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit kein Stundensatz, sondern ein Monatsgehalt vereinbart wurde, konnte der Beklagte davon ausgehen, dass der Kläger eine Umrechnung des Monatsgehalts in die sich daraus ergebende Stundenvergütung vornimmt, um beide Verdienste zu vergleichen und festzustellen, ob er mit dem neuen Vertrag finanziell besser oder schlechter als zuvor steht. Der Kläger konnte erkennen, dass die Differenz 1,14 Euro/Stunde bzw. 212,26 Euro/Monat beträgt und damit zugleich Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit abgegolten sind.
d) Für den Kläger war die Angemessenheit der Pauschalabgeltung iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG erkennbar. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass sich alle festangestellten vollzeitbeschäftigten Rettungsassistenten nach Dienstplan wechselseitig zwischen Spät-, Nacht- und Frühschicht ablösen und durchschnittlich etwa die gleiche Anzahl von Nachtarbeitsstunden – ca. zwei bis sechs, höchstens acht Nachtarbeitsdienste – erbringen. Damit war für den Kläger auch vorhersehbar, in welchem ungefähren Umfang Nachtarbeit anfällt. Die gegen diese Feststellungen des Landesarbeitsgerichts vom Kläger erhobene Rüge der Verletzung der Hinweispflicht nach § 139 ZPO ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht war nicht verpflichtet, den Kläger in der mündlichen Verhandlung darauf hinzuweisen, dass die von dem Vorstandsmitglied des Beklagten in der Berufungsverhandlung vor dem Landesarbeitsgericht gemachten Ausführungen zur Berechnung des Gehalts entscheidungserheblich sein könnten, denn dies war offensichtlich. Es handelt sich nicht um einen Gesichtspunkt, den ein gewissenhafter Prozessvertreter nicht in Erwägung ziehen musste. Die vom Landesarbeitsgericht erteilten Hinweise stehen dem nicht entgegen. Damit hat das Landesarbeitsgericht zu dem schriftsätzlich vorgetragenen Sach- und Streitstand seine vorläufige Auffassung mitgeteilt. Zu den in der mündlichen Verhandlung erörterten Fragen konnte die Kammer vor der Beratung keine Hinweise geben.
5. Die zwischen den Parteien getroffene Vergütungsvereinbarung ist entgegen der Auffassung der Revision nicht wegen Lohnwuchers oder eines wucherähnlichen Rechtsgeschäfts nichtig (§ 138 BGB). Der Kläger hat ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nicht dargelegt. Er hat zwar behauptet, im Rettungsdienst des Landes Schleswig-Holstein werde üblicherweise von sämtlichen Arbeitgebern, die öffentliche Zuschüsse erhalten, der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) angewandt und im Verhältnis dazu sei seine Vergütung sittenwidrig niedrig. Der Beklagte erhält jedoch keine öffentlichen Zuschüsse und ist damit auch nicht gehalten, eine Vergütung nach dem BAT zu gewähren. Die vom Kläger herangezogene Arbeitsvergütung nach dem BAT ist nicht die verkehrsübliche Vergütung für Rettungsassistenten bei Unternehmen, die keine öffentlichen Zuschüsse erhalten.
III. Der Kläger kann gem. § 288 Abs. 1 BGB ab 1. Juli 2003 Zinsen verlangen. Mit der zum 30. Juni 2003 erfolgten Beendigung des Arbeitsverhältnisses wurde der Nachtzuschlag fällig.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.
Unterschriften
Müller-Glöge, Mikosch, Linck, Heel, Zorn
Fundstellen
Haufe-Index 1459756 |
BAGE 2007, 372 |
BB 2006, 443 |
DB 2006, 1273 |