Leitsatz

1. An der auch bei sogenannten Kurbetrieben zur Annahme eines BgA erforderlichen Einnahmeerzielungsabsicht im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG kann es bei Einrichtungen, die – wie beispielsweise einem Park – der Öffentlichkeit zugänglich sind, ohne dass der Zugang mit dem Zweck der Erhebung eines Nutzungsentgelts kontrolliert wird, fehlen.

2. Die Übergangsregelung des § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2009 setzt das Vorliegen eines BgA im Sinne von § 4 KStG voraus.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1 und 5, § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG, § 34 Abs. 6 Satz 5, KStG i. d. F. des JStG 2009, § 56 Satz 1 BNatSchG 2002, § 59 Abs. 1 BNatSchG 2010

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine als Luftkurort anerkannte Stadt, unterhielt im Jahr 2010 unter der Bezeichnung X-Touristik einen Eigenbetrieb, der auf die Förderung des Tourismus im Gebiet der Klägerin gerichtet war. Sie erhob von allen Übernachtungsgästen im Stadtgebiet einen Kurbeitrag, der der Erneuerung und Pflege der Fremdenverkehrseinrichtungen dienen sollte. Hierzu gehörten u. a. im Eigentum der Klägerin stehende Flächen wie z. B. Parkflächen, die "allgemein zugänglich" waren und für deren Betreten kein gesondertes Entgelt erhoben wurde.

Im Rahmen ihrer Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr ging die Klägerin davon aus, dass sämtliche Tätigkeiten und Wirtschaftsgüter in einem einzigen BgA "Kurbetrieb" gemäß § 4 KStG zu erfassen seien, und erklärte demgemäß einen negativen Gesamtbetrag der Einkünfte. Auf dieser Grundlage setzte das FA erklärungsgemäß die KSt auf 0 EUR fest und erließ einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur KSt auf den 31.12.2010.

Das FA ging im Anschluss an eine Außenprüfung davon aus, dass kein BgA "Kurbetrieb", sondern lediglich ein BgA "Touristik" bestanden habe. Die Aktivitäten, die die Klägerin ihrem BgA "Kurbetrieb" zugeordnet habe, seien in wirtschaftliche Tätigkeiten des BgA "Touristik", in hoheitliche und in wirtschaftlich unbedeutende Tätigkeiten aufzuteilen. Für die Annahme eines BgA "Kurbetrieb" reiche es nicht aus, dass Anlagen und Einrichtungen lediglich dem Tourismus dienten, da dem Allgemeingebrauch gewidmete Flächen nicht dem unternehmerischen Bereich zugeordnet werden könnten. Der im BgA "Touristik" zu erfassende Verlust sei als vGA anzusehen.

Demgegenüber gab das FG der Klage teilweise statt. Das FA sei zwar zu Recht davon ausgegangen, dass lediglich ein BgA "Touristik" – bestehend aus dem Betrieb der Tourismus-Information und der Beteiligung an dem Energieversorgungsunternehmen – vorgelegen habe. Allerdings schließe die Anwendung der Übergangsregelung des § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG i. d. F. des Art. 3 Nr. 11 Buchst. d Doppelbuchst. bb des JStG 2009 aus, den vom FA insoweit der Höhe nach zutreffend ermittelten Verlust als vGA zu behandeln (Niedersächsisches FG, Gerichtsbescheid vom 20.3.2020, 6 K 18/17, Haufe-Index 14196385).

 

Entscheidung

Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil des FG auf und verwies die Sache an das FG zurück. Das FG habe § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG rechtsfehlerhaft ausgelegt. Die Sache sei nicht spruchreif, da der Senat aufgrund fehlender Feststellungen des FG nicht beurteilen könne, ob und in welchem Umfang die Klägerin einen BgA unterhalten habe. Insbesondere seien Feststellungen zu der die Kurabgabenpflicht begründenden Satzung und dabei zu den Leistungen zu treffen, die die kurabgabenpflichtigen Personen aufgrund der Abgabenpflicht erlangen konnten. In Bezug auf § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG wies der BFH darauf hin, dass diese Vorschrift einen tatsächlich bestehenden BgA i. S. v. § 4 Abs. 1 KStG in dem sich aus dieser Vorschrift ergebenden Umfang voraussetze. In Bezug auf das in einem zweiten Rechtsgang zu beachtende Verböserungsverbot verwies der BFH darauf, dass dieses "nur" eine Verböserung gegenüber dem angefochtenen Verwaltungsakt, nicht aber gegenüber dem aufgehobenen Urteil im ersten Rechtsgang verbietet.

 

Hinweis

1. Ob eine Kurgemeinde mit einem sog. Kurbetrieb und mit den diesem zuzuordnenden Kuranlagen einen BgA i. S. v. § 4 Abs. 1 KStG unterhält, ist nach dieser Vorschrift eigenständig zu prüfen. Erforderlich ist eine Betätigung zur Erzielung von Einnahmen, die sich von der sonstigen Tätigkeit der jPdöR funktionell abgrenzen lässt.

2. Nach der früheren BFH-Rechtsprechung bestand in Bezug auf die Bejahung eines BgA Kurbetriebs im Körperschaftsteuerrecht und einer umsatzsteuerrechtlichen Unternehmerstellung ein Gleichklang.

a) Körperschaftsteuerrechtlich ist die Rechtsprechung davon ausgegangen, dass sich ein im Hinblick auf die Erhebung von Kurbeiträgen gerichteter BgA Kurbetrieb auch auf die Allgemeinheit offenstehende Parkanlagen erstrecken kann (BFH-Urteil vom 18.8.1988 – V R 18/83, BStBl II 1988, 971, unter II.1. zur Körperschaftsteuer).

b) Umsatzsteuerrechtlich führt dies zur Bejahung eines steuerpflichtigen Leistungsaustausches und eines damit verbundenen Vorsteuerabzugs aus der Errichtung und dem Unterhalt derartiger Parkanlagen, wobei die Mitbe...

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