Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit von Prüfungsanordnungen
Leitsatz (NV)
1. Daß grundsätzlich auch potentielle Steuerschuldner als Prüfungssubjekt i. S. der §§ 193 ff. AO 1977 in Betracht kommen, bedarf keiner höchstrichterlichen Klärung (mehr).
2. Auch die Frage, ob die Prüfungsanordnung in solchen Fällen auf § 193 Abs. 1 oder § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 zu stützen ist, kann als hinlänglich geklärt angesehen werden, das Problem der Ermessensausübung und Begründungspflicht allenfalls dann nicht, wenn dies in eingehender Auseinandersetzung mit der neueren BFH-Rechtsprechung dargetan wird.
3. Zur Darlegungspflicht bei Divergenzrüge.
Normenkette
AO 1977 §§ 5, 193ff; FGO §§ 102, 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Gründe
Das Rechtsmittel kann keinen Erfolg haben: Mit seinem Vorbringen kann der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) zum Teil in diesem Verfahren nicht gehört werden -- im übrigen sind die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht gegeben.
Von vornherein unbeachtlich sind alle Einwände, die sich ausdrücklich oder unausgesprochen ihrem Inhalt nach gegen die Richtigkeit des Urteils des Finanzgerichts (FG) richten (s. Gräber, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., 1993, § 115 Rz. 58 und 62, m. w. N.) bzw. gegen die Bestätigung der nach Meinung des Klägers rechtswidrigen (ermessensfehlerhaften) Verwaltungsmaßnahmen. Unabhängig hiervon hat das Beschwerdevorbringen im einzelnen aus folgenden Gründen keinen Erfolg:
1. Eine klärungsbedürftige und in diesem Verfahren klärungsfähige Rechtsfrage von allgemeinem, grundsätzlichem Interesse (Gräber, a. a. O., § 115 Rz. 7 ff. und 61 ff., m. w. N.) ist nicht erkennbar. Generell kann die Frage, daß auch potentielle Steuerschuldner (Steuerpflichtige i. S. des § 193 der Abgabenordnung -- AO 1977 -- i. V. m. § 33 Abs. 1 AO 1977; dazu Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 33 AO 1977 Tz. 1) als Prüfungssubjekte in Betracht kommen, ebenso als hinreichend geklärt angesehen werden wie die weitere Frage, unter welchen Voraussetzungen dies prinzipiell gerechtfertigt ist (s. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 17. November 1992 VIII R 25/89, BFHE 169, 305, BStBl II 1993, 146; Tipke/Kruse, a. a. O., § 193 AO 1977 Tz. 6; für die Zeit nach Beendigung eines Steuerschuldverhältnisses: BFH-Urteil vom 1. Oktober 1992 IV R 60/91, BFHE 169, 294, BStBl II 1993, 82, jeweils m. w. N.). Das bedarf solange keiner höchstrichterlichen Bestätigung für spezielle Fallgruppen (wie etwa den gewerblichen Grundstückshandel), solange hieraus -- wie im Streitfall -- keine für die Allgemeinheit bedeutsamen Erkenntnisse zu erwarten sind (vgl. auch Gräber, a. a. O., § 115 Tz. 7 a. E., m. w. N.).
Die Frage, ob eine Prüfungsanordnung in solchen Fällen auf § 193 Abs. 1 AO 1977 oder auf Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 zu stützen ist, ist schon wegen der grundsätzlich geklärten Unbeachtlichkeit einer unzutreffenden Begründung für die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts (vgl. dazu Gräber, a. a. O., Rz. 45 vor § 40; § 40 Rz. 70 ff. und § 100 Rz. 8 f., m. w. N.) nicht klärungs bedürftig und das Problem der Ermessensausübung beim Erlaß von Prüfungsanordnungen allenfalls dann, wenn dies in ein gehender Auseinandersetzung mit der neueren BFH-Rechtsprechung hierzu i. S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dargetan wird (Senatsbeschluß vom 29. Januar 1996 X B 73/95, BFH/NV 1996, 593). In der Beschwerdeschrift ist diese Rechtsprechung nicht einmal erwähnt.
2. Ein Widerspruch zwischen der erstinstanzlichen Entscheidung und den BFH-Urteilen des IV. Senats vom 5. November 1981 IV R 179/79 (BFHE 134, 395, BStBl II 1982, 208) sowie des VIII. Senats vom 23. Oktober 1990 VIII R 45/88 (BFHE 163, 98, BStBl II 1991, 278) besteht nicht: Die Ansicht, die Anordnung einer Außenprüfung setze feststehende Verhältnisse voraus, erweist sich bei genauerer Betrachtung der erstgenannten Entscheidung dort nicht als tragende Erwägung. Aus dem letztgenannten Urteil ergibt sich im übrigen (s. unter 2. a, aa) Übereinstimmung beider Senate in der auch für die angefochtene Entscheidung maßgeblichen Erkenntnis, "daß Gegenstand einer auf § 193 Abs. 1 AO 1977 gestützten Außenprüfung auch die Frage sein kann, ob tatsächlich ein Gewerbebetrieb gegeben ist".
Die Rüge, das angefochtene Urteil entspreche nicht den Anforderungen, die nach verschiedenen BFH-Entscheidungen an die Überprüfung von Prüfungsanordnungen zu stellen seien, ist nicht hinreichend substantiiert auf tragende Rechtssätze ausgerichtet (dazu Gräber, a. a. O., § 115 Rz. 63 f.; vgl. i. ü. auch Senatsurteil vom 2. Oktober 1991 X R 89/89, BFHE 166, 105, BStBl II 1992, 220, unter 3. f.).
3. Die Rüge fehlender Urteilsgründe ist eine der Tatbestandsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 FGO; sie ist nicht geeignet, eine Nichtzulassungsbeschwerde zu begründen (s. Gräber, a. a. O., § 115 Rz. 49 und § 116 Rz. 5, m. w. N.; i. ü. Senats beschluß X R 123/96 vom 4. März 1997, BFH/NV 1997, 597).
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Fundstellen
Haufe-Index 422143 |
BFH/NV 1997, 545 |