Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewinnerzielungsabsicht kein prägendes Merkmal für die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit i.S. des UStG
Leitsatz (NV)
1. Für das Vorliegen einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit i.S. der umsatzsteuerrechtlichen Definition des Unternehmerbegriffs ist keine Gewinnerzielungsabsicht erforderlich.
2. Nach Ablauf der Begründungsfrist für die Nichtzulassungsbeschwerde können keine neuen Revisionszulassungsgründe geltend gemacht ("nachgeschoben") werden.
Normenkette
UStG 1999 § 2 Abs. 1 Sätze 2-3; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (Urteil vom 06.07.2006; Aktenzeichen 14 K 51/04) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), der zum 1. Januar 1999 bei der Gemeinde den "Vertrieb Oleochemischer Produkte" als Gewerbebetrieb angemeldet hatte, erklärte in der Umsatzsteuererklärung für 2000 (Streitjahr) u.a. steuerfreie Umsätze mit Vorsteuerabzug (Ausfuhrlieferungen) in Höhe von 30 160 DM sowie Vorsteuerbeträge aus Rechnungen von anderen Unternehmern nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) in Höhe von 30 377,36 DM. Ferner machte der Kläger Vorsteuerbeträge wegen entrichteter Einfuhrumsatzsteuer nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG in Höhe von 19 095,45 DM geltend.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) ließ dagegen nur Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG in Höhe von 25 000 DM und nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG in Höhe von 9 000 DM zum Abzug zu (Bescheid vom 14. Januar 2004).
Der Einspruch des Klägers blieb erfolglos. Das FA führte in der Einspruchsentscheidung vom 19. Januar 2004 u.a. aus, die Ausfuhrlieferungen seien dem privaten Bereich des Klägers zuzuordnen; deshalb sei insoweit kein Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG gegeben.
Gegenstand der Lieferungen waren --unstreitig-- Gebrauchsgüter des täglichen Bedarfs (Kleidung, Wäsche, Schuhe, Kosmetika, Unterhaltungselektronik, CD etc.). Diese hatte der Kläger an wenige Personen in X (Asien), insbesondere an den Bruder seiner Ehefrau, eine Asiatin, versandt. Der Kläger hatte die Waren in Supermärkten und im Facheinzelhandel gegen Kassenbons gekauft und zum Einkaufspreis weiterverkauft.
Die Kürzung der nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG geltend gemachten Vorsteuerbeträge hielt das FA in der Einspruchsentscheidung deshalb für gerechtfertigt, weil der Kläger entsprechende Belege nicht vorgelegt habe.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, die Lieferungen nach X seien nicht im Rahmen des Unternehmens des Klägers erfolgt. Zutreffend habe das FA im Streitfall verneint, dass der Kläger mit den "X-Exporten" eine nachhaltige gewerbliche Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen ausgeübt habe (§ 2 Abs. 1 Sätze 2 und 3 UStG). Der Senat schließe sich insoweit den Ausführungen des FA in der Einspruchsentscheidung an (§ 105 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Ergänzend führte das FG u.a. aus, charakteristisches Merkmal der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit sei das Anbieten von Leistungen am Markt, d.h. die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Grundsätzlich müsse die Tätigkeit auch auf Dauer angelegt sein. Die Gewinn- bzw. Überschusserzielungsabsicht sei ebenfalls ein prägendes Merkmal der gewerblichen/beruflichen Tätigkeit. Dieses Merkmal werde allerdings vom Gesetz als nicht erforderlich bezeichnet. Gleichwohl müsse die Tätigkeit eine wirtschaftliche Tätigkeit sein. Sie müsse deshalb grundsätzlich derart ausgeübt werden, dass sie objektiv auf Dauer geeignet sei, einen Überschuss abzuwerfen. Bei natürlichen Personen könne es in aller Regel nicht als ausreichend angesehen werden, dass lediglich Kostendeckung angestrebt werde. Nach Maßgabe dieser Grundsätze könne im Streitfall nicht davon ausgegangen werden, dass die "X-Exporte" des Klägers eine gewerbliche, unternehmerische Tätigkeit darstellten. Dies führte das FG näher aus.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.
1. Der Kläger hat die von ihm angenommene grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.
a) Der Kläger meint, grundsätzliche Bedeutung habe "die Frage, ob entgegen dem Gesetzeswortlaut in § 2 UStG eine Gewinnerzielungsabsicht wie in der Entscheidung des FG Baden-Württemberg verlangt werden" könne.
b) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. Januar 2005 II B 171/03, BFH/NV 2005, 997; vom 3. März 2006 V B 80/05, BFH/NV 2006, 1250). Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hinreichend darzulegen, muss in der Beschwerdebegründung dargetan werden, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 26. Oktober 2006 IX B 9/06, BFH/NV 2007, 448; vom 13. Februar 2007 II B 32/06, BFH/NV 2007, 966). Dazu muss der Beschwerdeführer darlegen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die als grundsätzlich bedeutsam herausgestellte Rechtsfrage umstritten ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 2. Februar 2001 IV B 162/99, BFH/NV 2001, 890; vom 20. September 2006 I B 11/06, BFH/NV 2007, 248).
c) Derartige Darlegungen enthält die Beschwerdebegründung nicht.
Im Übrigen hat das FG für das Vorliegen einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit nicht eine Gewinnerzielungsabsicht verlangt. Es hat vielmehr unter Hinweis auf § 2 Abs. 1 Sätze 2 und 3 UStG eine "nachhaltige gewerbliche Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen" vorausgesetzt und ferner ausgeführt, dass eine Gewinn- bzw. Überschusserzielungsabsicht vom Gesetz als nicht erforderlich bezeichnet werde. Es hat sodann im Rahmen der Definition einer "wirtschaftlichen Tätigkeit" ausgeführt, die Tätigkeit müsse grundsätzlich derart ausgeübt werden, dass sie objektiv auf Dauer geeignet sei, einen Überschuss abzuwerfen. Im Kern hat das FG --im Anschluss an das FA-- die Gesamtumstände des Streitfalles dahin gehend gewürdigt, dass der Kläger mit den "X-Exporten" nicht als Unternehmer tätig geworden ist.
2. Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2006 geltend macht, das FG habe unter Verstoß gegen den Gesetzeswortlaut nicht zwischen dem "X-Handel" und der Einfuhrumsatzsteuer differenziert, kann dieses Vorbringen nicht berücksichtigt werden.
Nach Ablauf der Begründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO) --wie hier-- können keine neuen Revisionsgründe geltend gemacht ("nachgeschoben") werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 25. September 2006 VI B 69/05, BFH/NV 2007, 83; vom 9. Januar 2007 VII B 142/06, BFH/NV 2007, 873).
Fundstellen