Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdeckte Gewinnausschüttung; Mindesttantieme
Leitsatz (NV)
Wird dem Gesellschafter-Geschäftsführer neben einem monatlichen Gehalt eine jährlich zu zahlende Mindesttantieme zugesagt, so ist die Mindesttantieme nicht schon ihrer Art nach eine verdeckte Gewinnausschüttung.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Gründe
Die Beschwerde ist insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.
a) Die Frage, ob die Vereinbarung einer Mindesttantieme für den Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft bei unstreitig insgesamt angemessener Gehaltsausstattung steuerlich anerkannt werden kann, hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, deren Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Die Rechtsfrage muß klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig sein (so ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. Februar 1991 II B 27/90, BFHE 163, 495, BStBl II 1991, 465). Die vom Beklagten und Beschwerdeführer (Finanzamt - FA -) als grundsätzlich angesprochene Rechtsfrage, ob die Vereinbarung einer Mindesttantieme als solche steuerlich anerkannt werden kann, ist nicht klärungsbedürftig. Ihre Beantwortung ergibt sich ohne weiteres aus dem Gesetz und aus den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung erarbeiteten Kriterien, nach denen verdeckte Gewinnausschüttungen zu beurteilen sind.
Einer Mindesttantieme kann nur dann die steuerliche Anerkennung gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) versagt werden, wenn sie eine verdeckte Gewinnausschüttung ist. Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt sind, sich auf die Höhe des Einkommens auswirken und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung stehen. Im Regelfall ist eine Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Ist der begünstigte Gesellschafter-Geschäftsführer - wie im Streitfall - ein sog. beherrschender, kann die Vermögensminderung nach ständiger Rechtsprechung des BFH auch dann ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben, wenn der Leistung an den Gesellschafter oder an eine diesem nahestehenden Person keine klare und von vornherein abgeschlossene Vereinbarung zugrunde liegt (so ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Urteil vom 2. Dezember 1992 I R 54/91, BFHE 170, 119, BStBl II 1993, 311 m.w.N.). In Ausfüllung dieser Kriterien entspricht es nunmehr der ständigen Rechtsprechung des Senats, daß auch sog. beherrschende Gesellschafter mit ihrer Kapitalgesellschaft steuerlich anzuerkennende Anstellungsverträge abschließen können, wenn diese klar und eindeutig vereinbart sind, durchgeführt werden und inhaltlich dem entsprechen, was ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter auch mit einem Fremdgeschäftsführer vereinbart hätte (vgl. hierzu auch z.B. Urteile des Senats vom 21. Juli 1982 I R 56/78, BFHE 136, 386, BStBl II 1982, 761; vom 28. Juni 1989 I R 89/85, BFHE 157, 408, BStBl II 1989, 854; vgl. auch Streck, Körperschaftsteuergesetz, 3. Aufl., § 8 Anm. 150 Dienstverhältnis Anm. 1; Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz, Anhang zu § 8 Rdnr. 197). Unter diesen Voraussetzungen sind Festgehälter uneingeschränkt als gewinnmindernde Betriebsausgaben anzuerkennen. Die der Höhe oder dem Grunde nach vom Gewinn unabhängige Mindesttantieme (vgl. hierzu Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 6. Aufl., § 77 Anm. 1; Landesarbeitsgericht Berlin, Urteil vom 7. Oktober 1975 4 Sa 62/75, Der Betrieb - DB - 1976, 636) ist materiell ein Festgehalt, das nicht monatlich, sondern erst mit der Feststellung des Jahresabschlusses fällig wird. Aus der im Vergleich zum monatlichen Festgehalt abweichenden Zahlungsmodalität allein läßt sich eine gesellschaftliche Veranlassung der - in jedem Fall zu zahlenden - Mindesttantieme jedenfalls dann nicht ableiten, wenn daneben ein monatliches Gehalt bezahlt wird.
Eine Unzulässigkeit der Mindesttantieme ergibt sich auch nicht aus der vom FA zitierten Rechtsprechung des Senats zur Umsatztantieme (vgl. Urteile des Senats vom 5. Okober 1977 I R 230/75, BFHE 124, 164, BStBl II 1978, 234; in BFHE 157, 408, BStBl II 1989, 854). Zwar sollen danach vom Erfolg des Unternehmens abhängige Vergütungen des Geschäftsführers bei Meidung einer verdeckten Gewinnausschüttung in der Regel in einem Anteil am Jahresgewinn bestehen. Die Mindesttantieme unterliegt diesen Einschränkungen jedoch nicht, da sie gerade erfolgsunabhängig ist. Sie ist auch keine vom Senat nur in Ausnahmefällen anerkannte Umsatztantieme, da sie nicht in ihrer Bemessung an den Umsatz anknüpft, sondern letztlich nur für eine angemessene Mindestausstattung des Geschäftsführers für den Fall eines Verlusts oder eines geringeren Gewinns Sorge tragen soll. Auch in seiner Entscheidung in BFHE 170, 119, BStBl II 1993, 311 hat der Senat die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht auf die Vereinbarung einer Mindesttantieme gestützt, sondern aufgrund der besonderen Vertragsgestaltung den (Mindest-)Tantiemeanspruch inhaltlich mit dem nach § 29 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung bestehenden Gewinnausschüttungsanspruch identifiziert.
Soweit ersichtlich, werden in der Literatur keine Bedenken gegen die steuerliche Anerkennung einer Mindesttantieme erhoben. Auch das FA hat in seiner Beschwerdebegründung auf entsprechende Zweifel im Schrifttum nicht hingewiesen.
b) Die Verfahrensrüge hat das FA nicht in der von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Form dargelegt.
Das FA hat in der Beschwerdebegründung - sinngemäß - gerügt, daß das FG nicht Beweis darüber erhoben habe, daß Mindesttantiemen üblich seien. Es rügt damit Verletzung der Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Rüge einer verletzten Sachaufklärungspflicht erfordert kumulativ die Darlegung,
aa) welche Tatfrage aufklärungsbedürftig ist,
bb) welche Beweise zu welchen Beweisthemen das FG nicht erhoben hat,
cc) warum das FA nicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozeßordnung),
dd) warum die Beweiserhebung sich dem FG auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung als erforderlich hätte aufdrängen müssen,
ee) inwieweit die als Unterlassung gerügte Beweisaufnahme zu einer anderen Entscheidung durch das FG hätte führen können (vgl. BFH-Beschluß vom 17. Mai 1989 II B 45/89, BFH/NV 1990, 576).
Den Anforderungen unter bb) bis ee) entspricht die Beschwerdebegründung nicht. Insbesondere zu dd) hätte es besonderer Ausführungen bedurft, da die Vereinbarung einer Mindesttantieme nicht unüblich zu sein scheint, wie ihre Behandlung in der arbeitsrechtlichen Literatur verdeutlicht (vgl. Schaub, a.a.O., § 77 Anm. 1 m.w.N.; vgl. auch Sachverhalt des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 25. März 1991 II ZR 169/90, Neue Juristische Wochenschrift 1991, 1680).
Fundstellen
Haufe-Index 419503 |
BFH/NV 1994, 660 |