Entscheidungsstichwort (Thema)
Revisionsfrist nicht gewahrt bei Einlegung der Revision beim BFH
Leitsatz (NV)
Die Einlegung der Revision beim BFH -- anstelle des hierfür in § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO vorgeschriebenen FG -- ist nicht geeignet, die Revisionsfrist zu wahren. Das gilt auch für die im Rahmen des Antrags auf Wiedereinsetzung innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist nachzuholende Revisionseinlegung.
Normenkette
FGO § 56 Abs. 1, 2 S. 3, § 120 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Auf die Beschwerde des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Revision gegen das klage abweisende Urteil des Finanzgerichts (FG) zugelassen. Der Beschluß wurde dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers am ... Juli 1995 zugestellt. Mit Schriftsatz vom ... Oktober 1995 an den BFH, dort eingegangen per Telefax am ... Oktober 1995, legte der Prozeßbevollmächtigte namens des Klägers Revision gegen das Urteil des FG ein und beantragte zugleich, ihm wegen der Versäumung der Revisionsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Er trug vor, die Fristversäumung, die am 10. Oktober 1995 bemerkt worden sei, beruhe auf einem Büroversehen.
Die Geschäftsstelle des VII. Senats des BFH leitete die Revisionsschrift an das FG weiter und teilte dies dem Prozeßbevollmächtigten unter Hinweis auf § 120 der Finanzgerichtsordnung (FGO) mit. Mit Schreiben der Geschäftsstelle vom ... Dezember 1995 wurde der Prozeßbevollmächtigte des Klägers (nochmals) darauf hingewiesen, daß die Revisionsschrift mit dem Wiedereinsetzungsantrag nach Weiterleitung an das FG erst am 26. Oktober 1995 -- und damit nach Ablauf der Frist von zwei Wochen gemäß § 56 Abs. 2 FGO -- bei diesem eingegangen sei. Auf § 56 FGO wurde hingewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig und deshalb gemäß § 124 Abs. 1, § 126 Abs. 1 FGO durch Beschluß zu verwerfen.
1. Die Revision des Klägers ist nicht innerhalb der Revisionsfrist eingelegt worden.
Nach § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO ist die Revision bei dem FG innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 5 FGO) schriftlich einzulegen. Der Beschluß über die Zulassung der Revision ist dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers am ... Juli 1995 zugestellt worden. Die einmonatige Revisionsfrist endete danach am ... August 1995 (§ 54 Abs. 2 FGO i. V. m. § 222 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung -- ZPO --, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches -- BGB --). Innerhalb dieser Frist ist beim FG keine Revision eingelegt worden.
2. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) hinsichtlich der mit Schriftsatz vom ... Oktober 1995 eingelegten Revision liegen nicht vor.
Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 56 Abs. 1 FGO). Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Innerhalb dieser Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 FGO). Weggefallen ist das Hindernis, sobald der Kläger bzw. sein Prozeßbevollmächtigter von der Versäumung der Frist Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen (BFH-Beschluß vom 2. Dezember 1988 X R 92/88, BFHE 155, 36, 38, BStBl II 1989, 147 m. w. N.).
Im Streitfall hat der Prozeßbevollmächtigte nach eigenem Vorbringen am 10. Oktober 1995 von der Versäumung der Revisionsfrist Kenntnis erlangt. Die Zwei-Wochen-Frist für den Wiedereinsetzungsantrag endete danach am Dienstag, dem ... Oktober 1995 (§ 54 Abs. 2 FGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB). Der an diesem Tage beim BFH eingegangene Antrag auf Wiedereinsetzung war danach rechtzeitig gestellt.
Dahingestellt bleiben kann, ob die Versäumung der Revisionsfrist wegen des vom Prozeßbevollmächtigten vorgetragenen Büroversehens unverschuldet war; denn eine Wiedereinsetzung ist nur zulässig, wenn innerhalb der Antragsfrist auch die versäumte Rechtshandlung -- hier die Einlegung der Revision -- nachgeholt wird (§ 56 Abs. 2 Satz 3 FGO). Die zusammen mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachgeholte, beim BFH eingereichte Revision vom ... Oktober 1995 ist aber beim FG erst am 26. Oktober 1995, mithin nach Ablauf der Frist für den Wiedereinsetzungsantrag, eingegangen. Der Eingang des Schriftsatzes innerhalb der Frist beim BFH, von wo er unverzüglich zuständigkeitshalber an das FG weitergeleitet worden ist, konnte die Wiedereinsetzungsfrist nicht wahren. Denn die Einlegung der Revision beim BFH -- anstelle des hierfür in § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO vorgeschriebenen FG -- ist nach ständiger Rechtsprechung nicht geeignet, die Revisionsfrist zu wahren. Für die im Rahmen des Antrags auf Wiedereinsetzung nachzuholende Einlegung der Revision gilt nichts anderes (BFH in BFHE 155, 36, 39, BStBl II 1989, 147 m. w. N.).
Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist gemäß § 56 Abs. 2 Satz 3 FGO kommt nicht in Betracht, weil der Prozeßbevollmächtigte des Klägers trotz des Hinweises der Senatsgeschäftsstelle auf den nicht fristgerechten Eingang der Revision beim FG und auf die Vorschrift des § 56 FGO insoweit keine Wiedereinsetzungsgründe vorgetragen hat.
Fundstellen
Haufe-Index 421295 |
BFH/NV 1996, 569 |