Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an Revisionsbegründung; Rücknahme einer ohne Vollmacht eingelegten Revision
Leitsatz (NV)
1. Wird die Verletzung von § 9 EStG gerügt, ohne daß außer der Behauptung, die vom FG angesetzten Werbungskosten seien zu niedrig (Kläger) oder zu hoch (FA), dargelegt wird, welche rechtlichen Fehler vorliegen sollen, sind die Revisionen mangels ausreichender Begründung zu verwerfen (§ 120 Abs. 2 Satz 2 FGO).
2. Eine ohne Vorlage einer Prozeßvollmacht eingelegte Revision kann vom vollmachtlosen Vertreter zurückgenommen werden, der dann die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen hat.
Normenkette
FGO §§ 62, 72, 120 Abs. 2 S. 2, §§ 136, 143-144
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger sowie die Beteiligte haben jeweils übereinstimmend der T-GmbH (-im folgenden Treuhänderin genannt-) Vollmachten erteilt, in umfassender Weise Rechte und Interessen sowie Pflichten und Lasten im Zusammenhang mit dem Erwerb eines zuvor beschriebenen Grundstücksanteils, der Errichtung und Verwaltung der mit dem Grundbesitz zu errichtenden Eigentumswohnungen und Stellplätze wahrzunehmen, zu begründen und zu erfüllen. Die Vollmachten umfaßten die Befugnis für die Treuhänderin
zum Abschluß eines Kaufvertrages über einen oder mehrere Miteigentumsanteile am Grundbesitz,
zum Abschluß eines Vertrages über die Begründung von Wohnungs- und Teileigentum nach § 3 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG),
zum Abschluß eines Baubetreuungsvertrages,
zur Verpfändung des Wohnungseigentums mit Grundpfandrechten aller Art und Abschluß von Darlehens- und Bausparverträgen,
zur Abgabe von Eintragungsbewilligungen und Eintragungsanträgen jedweder Art im Grundbuch,
zur Abgabe und zum Widerruf von Erklärungen im umsatzsteuerrechtlichen Verfahren,
zur Abgabe von Steuer- und Gebührenbefreiungsanträgen in bezug auf das Bauvorhaben.
Zur Finanzierung schlossen die Kläger - vertreten durch die Treuhänderin - Formularverträge mit der Stadtsparkasse A.
In ihren Erklärungen zur gesonderten Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für das Kalenderjahr 1975 machten die Kläger einen Werbungskostenüberschuß für Vermittlungsprovisionen, Vermittlung der Baufinanzierung und der Hypotheken, Gebühren für die wirtschaftliche Baubetreuung, Treuhandgebühren, Gebühren für die Bearbeitung der Fremdfinanzierung, Bürgschaftsgebühren, Notargebühren und Nebenkosten in Höhe von 341 222,04 DM geltend.
Aufgrund einer Außenprüfung vertrat das FA die Auffassung, vom Gesamtbetrag des erklärten Werbungskostenüberschusses von 341 222,04 DM seien nur 38 469 DM anzuerkennen.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Das FG stellte einen Werbungskostenüberschuß von 106 643 DM fest und verteilte ihn nach Maßgabe der Urteilsgründe auf die Kläger.
Hiergegen richten sich die Revisionen der Kläger und des FA.
Die Kläger rügen, es sei unbestritten, daß der Leistungskatalog auch Herstellungskosten bzw. Anschaffungskosten für den Grund und Boden umfaßte. Aus diesem Grunde hätten die Oberfinanzdirektionen (OFD) in ihrer Rundverfügung vom 2. Oktober 1978 für diese Gebühren den Abzug von 50 v. H. der Gesamtgebühr für die wirtschaftliche Baubetreuung, maximal 2 v. H. vom Gesamtaufwand, ohne weitere Nachprüfung zugelassen. Zum gleichen Ergebnis hätte das FG kommen müssen, wenn es die Bindungswirkung des Erlasses für das FA festgestellt hätte. Das FG hätte die Grundsätze des Bauherrenerlasses 1972 anwenden müssen, die in den Erlaß vom 2. Oktober 1978 eingegangen seien.
Die Bevollmächtigten hätten der Firma U als Baubetreuerin für die Steuererklärungen 1975 und 1976 Steuerberatungskosten in Höhe von rd. 7 000 DM berechnet. Eine Gebühr für die wirtschaftliche Betreuung in Höhe von 2 v. H. vom Gesamtaufwand sei auch aus diesem Grunde gerechtfertigt.
Der Erlaß sei auch hinsichtlich der Treuhandgebühren zu beachten. Auch hier sei gestattet, pauschal 1 v. H. vom Gesamtaufwand abzuziehen, um dem Tätigkeitsbereich des Treuhänders Rechnung zu tragen.
Die Bürgschaftsgebühr sei dem Werbungskostenbereich zuzuordnen und eine Überprüfung auf Üblichkeit, Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit habe nicht zu erfolgen. Die Beschränkung auf 2 v. H. der Bruttofremdmittel sei daher ungerechtfertigt.
Das finanzierende Kreditinstitut habe eine Bürgschaftsverpflichtung des Geschäftsführers verlangt, weil eine Verpflichtung des Baubetreuers U dem Kreditinstitut nicht genügt habe. Dieses Risiko habe sich der Geschäftsführer mit 4 v. H. der Bruttofremdmittel vergüten lassen. Hinsichtlich der Banküblichkeit sei darauf hinzuweisen, daß Großbanken auch bis 3,5 v. H. Avalprovision in Rechnung stellten.
Die Kläger beantragen, den Feststellungsbescheid 1975 dahingehend zu ändern, daß
eine Gebühr für wirtschaftliche Baubetreuung in Höhe
von 2 v. H. des Gesamtaufwandes zuzüglich
Mehrwertsteuer (= 2 v. H. von 1 271 620 DM = ) 28 230 DM,
eine Treuhandgebühr in Höhe von 1 v. H. des
Gesamtaufwandes zuzüglich 11 v. H. Mehrwertsteuer 14 115 DM,
eine Bürgschaftsgebühr in Höhe von 4 v. H. der
Bruttofremdmittel (= 4 v. H. von 981 096 DM =) 39 244 DM
als Werbungskosten anerkannt werden und die Zurückweisung der Revision des FA.
Das FA beantragt die Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage als unbegründet und die Zurückweisung der Revison der Kläger.
Das FA führt in seiner Revisionsbegründung aus, die Revision richte sich gegen die Anerkennung der Aufwendungen für die Vermittlungsprovision, Vermittlung der Baufinanzierung, Vermittlung der Hypotheken und die Bürgschaftsgebühr.
Die Vermittlungsprovision sei nicht für die Vermittlung des Treuhandvertrages geleistet worden, sondern für die Erlangung des Bauobjekts. Sie sei daher auch nicht teilweise abziehbar, da sie in voller Höhe auf den Herstellungskostenbereich entfalle. Eine Aufteilung auf nicht abziehbare Aufwendungen für den Grund und Boden sei vom FA wegen Geringfügigkeit nicht vorgenommen worden. Das FG habe den sofort abziehbaren Anteil auf 23 000 DM ermittelt, obwohl nach dem Schreiben des BMF vom 13. August 1981 die Abziehbarkeit der Treuhandgebühren auf 0,5 v. H. der Gesamtaufwendungen (= 7 070 DM) begrenzt sei.
Die Baufinanzierung sei nicht vermittelt worden.
Es seien nur bei der Stadtsparkasse A Fremdmittel aufgenommen worden. Deshalb habe das FA 3 v. H. (= 32 057 DM) der Bruttofremdmittel anerkannt und diesen Betrag auf die Jahre 1975 und 1976 verteilt, da die vergüteten Leistungen in diesen beiden Jahren erbracht worden seien.
Die Bürgschaftsgebühren seien den Herstellungskosten zuzurechnen, weil die Bürgschaft auf die Zeit bis zur Fertigstellung begrenzt gewesen sei und nicht die Finanzierung betroffen habe. Das FG habe im übrigen auch nicht geprüft, ob der Bürge überhaupt in der Lage gewesen sei, die Verpflichtung zu erfüllen.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen der Kläger und des FA sind unzulässig (§ 120 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Die Kläger und das FA rügen zwar jeweils die Verletzung von § 9 EStG, ohne daß jedoch außer der Behauptung, die vom FG angesetzten Zahlen seien zu niedrig (Kläger) oder zu hoch (FA), dargelegt wird, welche rechtlichen Fehler vorliegen sollen (vgl. dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., München 1987, § 120 Anm. 32 f.).
Die Berufung der Kläger auf die Verwaltungserlasse (Verfügung der OFD vom 2. Oktober 1978 S 2253-14-St 11, Betriebs- Berater - BB - 1978, 1649, und zuvor vom BMF vom 31. August 1972 F/IV B 4-S 2253-133/72, BStBl I 1972, 486) geht fehl. Einmal handelt es sich bei den Verwaltungserlassen nicht um Rechtsnormen. Zum anderen geben die Erlasse den FÄ nur Anregungen in Form von Beanstandungsgrenzen, also Anweisungen, von welchen Sachverhaltsbesonderheiten an die FÄ verpflichtet sind, Gebühren nicht ohne weitere Aufklärung anzuerkennen. Die Berufung der Kläger auf die Verwaltungserlasse vermag die erforderliche Auseinandersetzung mit den Gründen des FG-Urteils nicht zu ersetzen.
Das Vorbringen der Kläger und des FA, die Gebühren seien entweder zu niedrig oder zu hoch angesetzt, ist eine bloße formale Beanstandung. Es fehlt an einer Darlegung, inwieweit oder aufgrund welcher Überlegungen sich ergibt, daß das FG hiermit das Recht verletzt haben soll.
Soweit das Ergebnis des FG von Klägern und FA als auf mangelhafter Sachaufklärung beruhend angesehen wird - also auf einem Verfahrensverstoß beruhend -, sind von den Beteiligten keine Tatsachen bezeichnet worden, die den Mangel ergeben (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. Februar 1988 I R 143/84, BFHE 152, 500, BStBl II 1988, 819).
Unter diesen Umständen waren die Revisionen gemäß § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO mangels ausreichender Begründung zu verwerfen.
Die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin zu 12. haben die Revision ohne Vorlage einer Vollmacht der Klägerin eingelegt. Sie konnten nach Aufforderung der Geschäftsstelle des Senats auch keine Vollmacht der Klägerin nachreichen. Die Prozeßbevollmächtigten haben deshalb die Revision zurückgenommen.
Das Verfahren war in entsprechender Anwendung des § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO einzustellen. Die Prozeßbevollmächtigten waren zur Rücknahme der Revision auch als vollmachtlose Vertreter befugt (BFH- Beschluß vom 22. Mai 1979 VII B 10/79, BFHE 128, 24, BStBl II 1979, 564).
Eine Kostenentscheidung war zu treffen, um die sich aus der Rechtsprechung des BFH ergebende Kostenfolge auszusprechen, daß die Kosten des Revisionsverfahrens von den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin zu 12. zu tragen sind (vgl. Beschluß in BFHE 128, 24, BStBl II 1979, 564).
Fundstellen
Haufe-Index 416096 |
BFH/NV 1989, 514 |