Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfolglosigkeit einer auf Divergenz gestützten NZB
Leitsatz (NV)
1. Zu den Anforderungen an die Bezeichnung der BFH-Entscheidung, von der die Vorentscheidung abweiche.
2. Diese Anforderungen sind nicht erfüllt, wenn mit der NZB zwar geltend gemacht wird, daß näher benannten BFH-Urteilen der Rechtssatz zu entnehmen sei, unter einem bestimmten Sachverhalt i. S. von § 174 Abs. 4 Satz 1 AO 1977 sei der einzelne Lebensvorgang zu verstehen, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft, wenn aber nicht erkennbar gemacht wird, daß das FG seinem Urteil einen Rechtssatz anderen Inhalts zugrunde gelegt habe.
Normenkette
AO 1977 § 174 Abs. 4 S. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 S. 3
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Architekt. Er hatte für in den Jahren 1986 und 1987 ausgeführte Baubetreuungsleistungen bereits im Jahre 1985 Teilentgelte von ... DM erhalten.
Aufgrund einer Außenprüfung erfaßte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) die Umsätze, die der Kläger ursprünglich als steuerfrei behandelt hatte, in geänderten Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 1986 und 1987. Der Kläger focht die Bescheide durch Einspruch und Klage an. Entsprechend dem Klagebegehren änderte das FA die Umsatzsteuerbescheide für 1986 und 1987 erneut, indem es die im Jahre 1985 vereinnahmten Entgelte aus der Bemessungsgrundlage für in diesen Jahren besteuerte Umsätze ausschied (Änderungsbescheide vom 13. September 1993); Kläger und FA erklärten darauf den Rechtsstreit wegen Umsatzsteuer 1986 und 1987 in der Hauptsache für erledigt. Das FA erfaßte nunmehr die im Jahre 1985 vereinnahmten Teilentgelte durch Änderung des Umsatzsteuerbescheids für 1985 (Bescheid vom 30. September 1993); es stützte die Änderung auf § 174 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO 1977). Einspruch und Klage gegen den Änderungsbescheid vom 30. September 1993 hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) bejahte die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO 1977 für die Änderung des Steuerbescheids.
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde eingelegt, die er auf Abweichung von Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -- BFH -- (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) stützt.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO nur zuzulassen, wenn das angefochtene Urteil von einer Entscheidung des BFH abweicht und auf dieser Abweichung beruht. In der Beschwerdeschrift muß die Entscheidung des BFH, von der das Urteil abweicht, bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Eine Abweichung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO liegt vor, wenn das Urteil des FG in einer konkreten Rechtsfrage von einer Entscheidung des BFH abweicht. Das FG muß seiner Entscheidung einen Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den ebenfalls tragenden rechtlichen Erwägungen einer Entscheidung des BFH nicht übereinstimmt. Legt das FG seiner Entscheidung einen von der Rechtsprechung entwickelten Rechtssatz zugrunde, zieht es hieraus aber nicht die vom Kläger für richtig gehaltenen Schlußfolgerungen, so liegt darin keine Abweichung von einer Entscheidung des BFH, sondern allenfalls eine fehlerhafte Rechtsanwendung (BFH-Beschlüsse vom 20. Februar 1980 II B 26/79, BFHE 129, 313, BStBl II 1980, 211, und vom 6. April 1995 VIII B 61/94, BFH/NV 1996, 137). In der Beschwerdebegründung müssen die abstrakten Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils und der Divergenzentscheidung des BFH so genau bezeichnet werden, daß eine Abweichung erkennbar wird (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Ann. 63).
Eine derartige Abweichung liegt nicht vor.
Der vom Kläger den BFH-Urteilen vom 22. August 1990 I R 42/88 (BFHE 162, 470, BStBl II 1991, 387) und vom 15. März 1994 XI R 45/93 (BFHE 174, 290, BStBl II 1994, 600) entnommene Rechtssatz, daß unter einem bestimmten Sachverhalt i. S. des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO 1977 der einzelne Lebensvorgang zu verstehen ist, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft, liegt auch der Vorentscheidung zugrunde; jedenfalls kann der Senat nicht erkennen, daß das FG seiner Entscheidung einen anderen Rechtssatz zugrunde gelegt haben könnte.
Zu der weiteren in der Beschwerdeschrift aufgeworfenen Frage, ob die Ausführung der Umsätze in den Jahren 1986 und 1987 (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes -- UStG 1980 --) und die Vereinnahmung der Teilentgelte im Jahre 1985 (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Sätze 4 und 5 UStG 1980) zwei Sachverhalte oder ein bestimmter Sachverhalt sind, enthalten die angeführten BFH-Entscheidungen keine Aussage.
Von einer weiteren Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.
Fundstellen