Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertermittlung
Leitsatz (NV)
Wird Anfechtungsklage erhoben mit dem Antrag, eine Steuerfestsetzung um einen nicht bezifferten Betrag herabzusetzen, so kann der Wert des Streitgegenstandes auf die Hälfte der festgesetzten Steuer geschätzt werden.
Normenkette
GKG § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 13 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Die Kostenschuldner und Erinnerungsführer (Erinnerungsführer) hatten für die Streitjahre 1983 und 1984 keine Steuererklärungen abgegeben. Das Finanzamt (FA) hat deshalb mit Bescheiden vom 29. Oktober 1986 die Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 1983 und 1984 geschätzt. Die festgesetzte Einkommensteuer belief sich für das Jahr 1983 auf . . . DM und für das Jahr 1984 auf . . . DM.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen, weil die Erinnerungsführer trotz Aufforderung durch das Gericht keine Klagebegründung (Einkommensteuererklärungen 1983 und 1984) abgegeben haben.
Mit Beschluß vom 31. August 1990 hat der erkennende Senat die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision als unzulässig verworfen und die Kosten des Beschwerdeverfahrens den Erinnerungsführern auferlegt.
Die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) setzte daraufhin die Gerichtskosten gemäß § 4 des Gerichtskostengesetzes (GKG) auf 223 DM fest. Dabei wurde ein Streitwert von 10 000 DM zugrunde gelegt.
Gegen die Kostenrechnung vom 17. Oktober 1990 legten die Erinnerungsführer am 9. November 1990 Erinnerung ein. Sie tragen vor, der Streitwert entspreche nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Die Erinnerungsführer seien während des ganzen Verfahrens davon ausgegangen, daß für jedes Streitjahr eine Herabsetzung der Einkommensteuer von höchstens 200 DM zu erreichen sein werde. Einschließlich der Kirchensteuer ergebe sich daher ein Streitwert von 418 DM.
Die Kostenstelle des BFH hatte die Erinnerungsführer mit Schreiben vom 14. November 1990 darauf hingewiesen, daß die pauschale Behauptung, der Streitwert betrage 418 DM, für eine Berichtigung der Kostenrechnung nicht ausreiche. Sie sei aber bereit, den Streitwert entsprechend den ,,tatsächlichen Verhältnissen" anzusetzen, wenn die Erinnerungsführer die entsprechenden Tatsachen (Steuererklärungen 1983 und 1984) bis 20. Dezember 1990 vorlegen. Die Erinnerungsführer hatten in diesem Zusammenhang zugesagt, die Steuererklärungen für die Streitjahre bis spätestens 15. April 1991 vorzulegen. Sie sind bisher beim BFH nicht eingegangen.
Entscheidungsgründe
Die Erinnerung ist zulässig. Für die Erinnerung gegen den Kostenansatz besteht kein Vertretungszwang (§ 5 Abs. 3 GKG; vgl. auch Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 62 Rz. 9; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13. Aufl., § 62 FGO Rz. 2).
Die Erinnerung ist unbegründet.
Die vollständige Nachprüfung der Kostenrechnung des BFH vom 17. Oktober 1990 im Erinnerungsverfahren (vgl. dazu BFH-Beschluß vom 27. Juni 1990 V E 2/90, BFH/NV 1991, 108 m. w. N.) ergibt, daß die Gerichtskosten für das Rechtsmittelverfahren (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 GKG) zutreffend angesetzt worden sind. Der Streitwert von 10 000 DM, den die Kostenstelle des BFH ihrer Kostenrechnung vom 17. Oktober 1990 zugrunde gelegt hat, ist nicht überhöht.
Zum Zwecke der Berechnung von Gerichtskosten ist der Streitwert im Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG). Der Streitwert des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde entspricht dem voraussichtlichen Streitwert des angestrebten Revisionsverfahrens (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., Vor § 135 FGO Rz. 30, Stichwort: ,,Nichtzulassungsbeschwerde"; BFH-Beschluß vom 23. April 1980 I B 45/78, BFHE 130, 445, BStBl II 1980, 751).
Wird, wie im Streitfall, Anfechtungsklage erhoben mit dem Antrag, eine Steuerfestsetzung um einen nicht bezifferten und aus dem Klagevorbringen nicht errechenbaren Betrag herabzusetzen, so kann der Wert des Streitgegenstandes auf die Hälfte der festgesetzten Steuer geschätzt werden (BFH-Beschluß vom 13. August 1986 VIII R 181/85, BFH/NV 1987, 114).
Die festgesetzte Steuer beträgt im Streitfall (1983 17 708 DM, 1984 19 222 DM =) 36 930 DM. Die Hälfte der festgesetzten Steuer würde danach 18 465 DM betragen. Der von der Kostenstelle des BFH angesetzte Streitwert von 10 000 DM unterschreitet diesen Betrag um 8 465 DM. Er hält sich im zulässigen Schätzungsrahmen und ist folglich nicht zu beanstanden.
Im Streitfall sind keine Umstände gegeben, die bei der Beurteilung der Bedeutung der Sache nach Ermessen zu einer geringeren Bestimmung des Streitwerts führen. Die Erinnerungsführer sind von der Kostenstelle wiederholt, aber erfolglos, auf die Vorlage der Steuererklärungen für die Streitjahre hingewiesen worden, damit auf ,,dieser Grundlage" gegebenenfalls eine Berichtigung der Kostenrechnung erfolgen kann. Die im Erinnerungsverfahren unsubstantiiert vorgetragene Behauptung, der Streitwert betrage nur 418 DM, rechtfertigt nicht die von den Erinnerungsführern begehrte Kostenberechnung auf dieser Basis.
Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei (§ 5 Abs. 4 Satz 1 GKG).
Fundstellen
Haufe-Index 417904 |
BFH/NV 1992, 190 |