Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Grundsätzliche Bedeutung bei Gestaltungsmissbrauch, Vorsteuerabzug durch sog. „Vorschaltgesellschaft“
Leitsatz (NV)
Die Frage, ob die Errichtung eines landwirtschaftlichen Wirtschaftsgebäudes und dessen Vermietung durch eine Personengesellschaft an eine nach § 24 UStG besteuerte Personengesellschaft mit denselben Beteiligten im Einzelfall als Gestaltungsmissbrauch beurteilt werden darf, hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Normenkette
UStG 1999 § 15 Abs. 1, § 24; AO 1977 § 42
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GbR, die zum 1. Mai 1999 mit dem Zweck, ein bestimmtes Grundstück zu erwerben und auf diesem ein Stallgebäude zu errichten und an die X-GbR zu vermieten, gegründet wurde. Die X-GbR ist ebenfalls zum 1. Mai 1999 von denselben Personen und mit denselben Beteiligungsverhältnissen wie die Klägerin gegründet worden. Deren Zweck ist die gemeinsame Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebes auf dem von der Klägerin zu erwerbenden Grundstück, auf dem "die Gesellschafter" ein neues Stallgebäude errichten wollen (§ 2 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages). Die Klägerin begann bereits im Mai 1999 mit dem Bau des Stallgebäudes und erwarb anschließend im Juli 1999 das Grundstück.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) ließ die für die Errichtung des Stallgebäudes angefallenen Vorsteuerbeträge mit der Begründung nicht zum Abzug zu, es handle sich um nichtsteuerbare Innenumsätze.
Das Finanzgericht (FG) bestätigte im Ergebnis die Auffassung des FA. Zwar seien die Klägerin und die X-GbR kein einheitliches Unternehmen, weil nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) nur juristische Personen unter den dort genannten Voraussetzungen unselbständig tätig sein könnten und beide Gesellschaften als solche im Geschäftsverkehr nach außen aufträten. Dem Abzug der Vorsteuerbeträge stehe jedoch § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) entgegen. Einziger Zweck der Klägerin sei die Errichtung des Stallgebäudes zur Vermietung an die X-GbR, die ihrerseits im Gesellschaftsvertrag festgehalten habe, dass die Gesellschafter auf dem Grundstück ein Stallgebäude errichten wollten. Die Aufgliederung diene allein dazu, die Vorteile des § 24 UStG ―die Nullbesteuerung des land- und forstwirtschaftlichen Unternehmens― zu erhalten, für die Errichtung des Stallgebäudes aber den vollen Vorsteuerabzug zu beanspruchen.
Die Klägerin begehrt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und Abweichung.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg.
1. Es gelten die Zulassungsvoraussetzungen nach der Rechtslage vor In-Kraft-Treten des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757, BStBl I 2000, 1567), da die Vorentscheidung vor dem 1. Januar 2001 verkündet worden ist.
2. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) a.F., auf die sich die Klägerin beruft, ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) abweicht und auf dieser Abweichung beruht. In der Beschwerdeschrift muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des BFH, von der das Urteil abweicht, bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.).
a) Die Klägerin meint, grundsätzliche Bedeutung habe die Rechtssache, weil der BFH über die Rechtsfrage "ob die Errichtung eines landwirtschaftlichen Wirtschaftsgebäudes und dessen umsatzsteuerpflichtige Vermietung durch die Klägerin an einen gemäß § 24 UStG pauschalierenden Unternehmer (wenn an beiden Unternehmen die gleichen Personen beteiligt sind), ein Missbrauch der rechtlichen Gestaltung i.S. des § 42 AO," darstelle und "ob eine gewählt und zivilrechtlich übliche Gestaltung (Vermietung von Wirtschaftsgebäuden) in Abhängigkeit von der Ausübung eines dem Leistungsempfänger zustehenden umsatzsteuerrechtlichen Wahlrechts, rechtsmissbräuchlich ist oder nicht". Der Sachverhalt der entschiedenen Zwischenvermietungsfälle unterscheide sich wesentlich von dem im Streitfall zu entscheidenden Sachverhalt: in den Zwischenvermietungsfällen werde typischerweise der Gegenstand nicht für unternehmerische Zwecke benutzt und der Leistungsempfänger habe nicht zur Umsatzsteuer optieren können, während im Streitfall der Leistungsempfänger Unternehmer sei und jederzeit vom Pauschalierungsverfahren zur Regelversteuerung wechseln dürfe. Das vom FG zur Begründung herangezogene Urteil des BFH vom 9. Juli 1998 V R 68/96 (BFH/NV 1998, 1549) betreffe die Abschöpfung der Einnahmensubvention des früheren § 24a UStG einerseits und andererseits einen absolut unüblichen Leistungsaustausch.
b) Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erfordert über die Herausstellung einer Rechtsfrage hinaus vor allem die Begründung der Klärungsbedürftigkeit der Frage. Hierzu hätte die Klägerin erläutern sollen, welche über den Streitfall hinausgehende Bedeutung eine Entscheidung über eine ―nicht nur an den Besonderheiten des konkreten Streitfalls orientierte― Rechtsfrage hat (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 4. August 1999 VIII B 77/99, BFH/NV 2000, 71, m.w.N.). Daran fehlt es, denn die Klägerin hat stattdessen lediglich dargelegt, weshalb ihrer Auffassung nach das FG die höchstrichterliche Rechtsprechung auf die Besonderheiten ihres Sachverhaltes nicht zutreffend angewandt hat. Inwiefern die Unterschiede im Sachverhalt dazu veranlassen sollten, die Rechtsprechung zur "Vorschaltung von Ehegatten" bzw. "Vorschaltung von Gesellschaften" (vgl. BFH-Urteile vom 18. Dezember 1996 XI R 12/96, BFHE 182, 395, BStBl II 1997, 374, und vom 30. März 2000 V R 105/98, BFH/NV 2000, 1368) zu überdenken, hat die Klägerin nicht vorgetragen.
3. Die Klägerin hat eine Abweichung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO nicht, wie erforderlich (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 7. Januar 1999 VII B 258/98, BFH/NV 1999, 819, und vom 14. März 2000 III B 6/00, BFH/NV 2000, 1121, ständige Rechtsprechung), dargelegt. Sie hätte in der Beschwerdeschrift die abstrakten Rechtssätze des erstinstanzlichen Urteils und der Divergenzentscheidung des BFH so genau bezeichnen müssen, dass eine Abweichung erkennbar wird. Die Klägerin hat zwar die ihrer Auffassung nach maßgeblichen "Kernaussagen" verschiedener BFH-Urteile zitiert. Entgegenstehende Rechtssätze aus der Vorentscheidung hat sie nicht gegenübergestellt, sondern lediglich erläutert, das FG habe seine Entscheidung "ergebnisorientiert" begründet und teile wohl die Rechtsauffassung des BFH nicht, ohne dies "expressis verbis" darzulegen. Damit wendet sie sich erkennbar nur gegen die ihrer Auffassung nach fehlerhafte Rechtsanwendung des FG im Streitfall. Sie hat aber nicht dargelegt, dass die Vorentscheidung von entscheidungserheblichen abstrakten Rechtsgrundsätzen des BFH in Fällen, in denen der BFH über vergleichbare Sachverhalte zu entscheiden hatte, abgewichen ist.
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
Fundstellen