Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung und eines Verfahrensmangels
Leitsatz (NV)
- Nach ständiger Rechtsprechung des BFH hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn eine für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die grundsätzliche Bedeutung muss dargelegt werden. Dies erfordert ein substantiiertes Eingehen auf die Rechtsfrage, d.h. es muss konkret ausgeführt werden, inwieweit die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse an der Entwicklung und Handhabung des Rechts klärungsbedürftig ist und ggf. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist.
- Eine schlüssige Sachaufklärungsrüge erfordert u.a., dass der Beschwerdeführer darlegt, welche konkreten Beweise (genaue Bezeichnung der Beweismittel) das FG hätte erheben müssen und warum der Beschwerdeführer, obwohl er durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten war, nicht von sich aus entsprechende (konkrete) Beweisanträge gestellt hat.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, Abs. 3 S. 3
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht.
1. Zur grundsätzlichen Bedeutung
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn eine für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625). Die grundsätzliche Bedeutung muss dargelegt werden. Dies erfordert ein substantiiertes Eingehen auf die Rechtsfrage, d.h. es muss konkret ausgeführt werden, inwieweit die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse an der Entwicklung und Handhabung des Rechts klärungsbedürftig ist und ggf. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist (vgl. BFH-Beschluss vom 21. August 1986 V B 46/86, BFH/NV 1987, 171).
b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Zu der von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) aufgeworfenen Rechtsfrage, "ob § 173 Abs. 2 Satz 2 AO am Erlassen eines Erstbescheids hindert, wenn eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO zum konkreten Sachverhalt … ergangen ist", existiert eine umfangreiche höchstrichterliche Rechtsprechung. Dies gilt namentlich auch für das hier auftretende Problem, ob eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 der Abgabenordnung (AO 1977) über den Wortlaut des § 173 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Satz 1 AO 1977 hinaus nicht nur einer Änderung oder Aufhebung eines Steuerbescheids auf der Grundlage des § 173 Abs. 1 AO 1977 entgegensteht, sondern auch die aufgrund anderweitiger Vorschriften (z.B. §§ 164 Abs. 2, 174 Abs. 3 oder 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977) vorzunehmenden Änderungen und Aufhebungen von Steuerbescheiden sowie sogar ―wie im vorliegenden Streitfall entscheidungserheblich ist― den Erlass erstmaliger Steuerbescheide hindert (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 29. April 1987 I R 118/83, BFHE 149, 508, BStBl II 1988, 168; vom 28. November 1989 VIII R 83/86, BFHE 159, 418, BStBl II 1990, 458, unter c der Gründe; vom 31. August 1990 VI R 78/86, BFHE 161, 539, BStBl II 1991, 537, 538 f.; vom 22. August 1990 I R 76/88, BFH/NV 1991, 341; vom 15. Dezember 1994 V R 135/93, BFH/NV 1995, 938, unter 1. der Gründe; vom 13. Dezember 1995 XI R 43-45/89, BFHE 179, 353, BStBl II 1996, 232, unter II. 2. der Gründe). Mit dieser Rechtsprechung hätte sich die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung ausführlich auseinander setzen und substantiiert darlegen müssen, wieso diese Rechtsprechung eine Klärung der im Streitfall entscheidungserheblichen Rechtsfrage nicht herbeigeführt habe. Hierzu reichte der (knappe) Hinweis darauf, dass das vom Finanzgericht (FG) zur Stützung seiner klageabweisenden Entscheidung herangezogene BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 341 einen dem Streitfall nicht vergleichbaren Sachverhalt betroffen habe, nicht aus.
2. Verfahrensmangel (Sachaufklärungsrüge)
Auch die Sachaufklärungsrüge der Klägerin entspricht nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO. Diese Rüge ist jedenfalls schon deshalb nicht schlüssig erhoben, weil die Klägerin es unterlassen hat, darzulegen, welche konkreten Beweise (genaue Bezeichnung der Beweismittel) das FG hätte erheben müssen und warum die Klägerin, obwohl sie durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten war, nicht von sich aus entsprechende (konkrete) Beweisanträge gestellt hat (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 120 Rz. 40 i.V.m. § 115 Rz. 65; Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozess, Rz. 228, m.w.N.).
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.
Fundstellen