Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnung eines Antrags auf Terminverlegung; rechtliches Gehör; Sachaufklärungs- und Hinweispflicht; Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung
Leitsatz (NV)
1. Beruft sich ein Beteiligter darauf, er sei verhindert gewesen, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, zu der sein persönliches Erscheinen nicht angeordnet worden war, und ist er im Verfahren durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten, so erfordert die Darlegung eines Verfahrensmangels wegen Ablehnung eines Verlegungsantrags, dass gegenüber der Vorinstanz substantiierte Gründe vorgetragen wurden, die eine persönliche Anwesenheit des Beteiligten neben dem Prozessbevollmächtigten erfordert hätten.
2. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nicht verletzt, wenn das Finanzgericht die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen zusätzlich unter einem weiteren rechtlichen Aspekt prüft und verneint und der Beteiligte zudem ausreichend Gelegenheit hatte, sich zu den entscheidenden Tatbestandsmerkmalen zu äußern.
3. Die Verletzung der Sachaufklärungspflicht und der Hinweispflicht ist nur dann ein Revisionszulassungsgrund, wenn das Urteil auf diesem Verfahrensfehler beruhen kann.
4. Die Frage der steuerlichen Behandlung der vor Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung ist durch die Rechtsprechung geklärt.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1, § 96 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
Das zwischenzeitlich ruhende Verfahren ist fortzusetzen, weil nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 25. Februar 2008 2 BvR 325/07 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2008, 753) der Grund für das Ruhen des Verfahrens weggefallen ist. Entgegen der Ansicht der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) besteht für ein weiteres Ruhen des Verfahrens kein Grund. Die Rechtsfrage, die der Bundesfinanzhof (BFH) in den anhängigen Verfahren VI R 47/07 und VI R 39/07 zu beurteilen hat, war im Klageverfahren nicht streitig, weil die Kläger ihren Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 darauf nicht gestützt hatten. Sie wurde zudem weder mit der Nichtzulassungsbeschwerde noch mit deren Begründung angesprochen.
1. Die Rüge der Kläger, das angefochtene Urteil leide an einem Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO), weil das Finanzgericht (FG) durch Ablehnung ihres Antrags auf Verlegung des Termins der mündlichen Verhandlung ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO) verletzt habe, greift nicht durch.
Die Ablehnung eines Antrags auf Verlegung des Termins der mündlichen Verhandlung verstößt dann gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn für eine Aufhebung oder Verlegung des Termins erhebliche Gründe geltend gemacht worden sind (vgl. § 155 FGO i.V.m. § 227 der Zivilprozessordnung).
a) Zwar kann Urlaub ein erheblicher Grund für eine Terminsverlegung sein. Es muss sich aber um einen im Zeitpunkt der Zustellung der Ladung bereits verbindlich geplanten Urlaub handeln, der außerdem in seiner Planung so ausgestaltet sein muss, dass die Wahrnehmung des Termins während dieser Zeit nicht zumutbar erscheint. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muss dem Verlegungsgesuch entnommen werden können, woran es bei dem Antrag des Prozessbevollmächtigten vom 5. August 2006 fehlt (vgl. Senatsbeschluss vom 22. März 2005 X B 166/04, nicht veröffentlicht).
b) Beruft sich ein Beteiligter darauf, er sei verhindert gewesen, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, zu der sein persönliches Erscheinen nicht angeordnet worden war, und ist er --wie die Kläger-- im Verfahren durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten, so erfordert die Darlegung eines Verfahrensmangels wegen Ablehnung eines Verlegungsantrags, dass gegenüber der Vorinstanz substantiierte Gründe vorgetragen wurden, die eine persönliche Anwesenheit des Beteiligten neben dem Prozessbevollmächtigten erfordert hätten (BFH-Beschlüsse vom 4. August 2005 I B 219/04, BFH/NV 2006, 73, und vom 25. Januar 2006 X B 125/05, BFH/NV 2006, 806, jeweils m.w.N.). Der Hinweis in dem Antrag auf Verlegung des Termins, die mündlichen Aussagen der Kläger zur Häufigkeit der Fahrten zwischen dem (behaupteten) weiteren Wohnsitz des Klägers in Kroatien und seiner Arbeitsstätte in … seien unverzichtbar, erfüllt diese Voraussetzung vor dem Hintergrund nicht, dass die Kläger in ihren Einkommensteuererklärungen für die beiden Streitjahre insgesamt lediglich eine solche Fahrt angesetzt hatten. Zu weiteren Fahrten, die nach den Grundsätzen der BFH-Urteile vom 8. November 1996 VI R 43/94 (BFH/NV 1997, 341) und vom 26. November 2003 VI R 152/99 (BFHE 204, 189, BStBl II 2004, 233) für eine Berücksichtigung der Wegeaufwendungen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der im Streitjahr 2002 geltenden Fassung (a.F.) erforderlich gewesen wären, hatten sich die Kläger weder im Verwaltungs- noch im Klageverfahren (auch nicht im Erörterungstermin) geäußert.
Aus welchen Gründen die Kläger ihren Parteivortrag in diesem Punkt in der mündlichen Verhandlung unabdingbar gerade höchstpersönlich und nicht durch Vermittlung ihres Prozessbevollmächtigten hätten ergänzen müssen, kann dem Antrag auf Terminsverlegung ebenso wenig entnommen werden wie der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde.
2. Keine die Zulassung der Revision rechtfertigende Verletzung des Anspruchs der Kläger auf rechtliches Gehör kann darin gesehen werden, dass das FG die durch die Fahrt von Kroatien an den Arbeitsort des Klägers entstandenen Aufwendungen zusätzlich unter dem Aspekt einer doppelten Haushaltsführung i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG a.F. erörtert hat. Das angefochtene Urteil würde auf dem behaupteten Verfahrensfehler nicht beruhen. Das FG hat die einzige geltend gemachte Fahrt unter dem Blickwinkel der Aufwendungen für eine Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 7 EStG a.F.) eingehend gewürdigt und ausreichend begründet verneint.
3. Keinen Erfolg haben die Kläger mit der Rüge, das FG habe im Hinblick auf den strittigen Werbungskostenabzug für Arbeitsmittel (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG) seine Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) und ggf. Hinweise zur Ergänzung des Vorbringens (§ 76 Abs. 1 Satz 2 FGO) zu geben. Im Anschluss an den Erörterungstermin am 29. März 2006 hatte das FG den Klägern eine Ausschlussfrist gemäß § 79b Abs. 2 FGO zur Vorlage der Beweismittel für die als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen für Arbeitsmittel und Versicherungsprämien gesetzt und die Kläger über die sich gemäß § 79b Abs. 3 Satz 1 FGO ergebenden Rechtsfolgen belehrt. Mit den in der Folgezeit bis zum Ablauf der Ausschlussfrist vorgelegten Nachweisen belegten die Kläger unzweifelhaft nur Zahlungen von 12,95 € für "Bewerbungsfotos" und von 61 € für eine "Pilothose". Bei dieser Sachlage kann es dahinstehen, ob das FG ohne Rücksprache mit dem Kläger die Eigenschaft der "Pilothose" als typische Berufskleidung eines Eisenflechters verneinen durfte. Denn die nachgewiesenen Aufwendungen blieben hinter dem Pauschalbetrag von 102 € zurück, den der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) für Arbeitsmittel ohnehin im Einkommensteuerbescheid für 2003 ohne Einzelnachweis anerkannt hatte. Damit kann das angefochtene Urteil auf dem behaupteten Verfahrensmangel nicht beruhen.
4. Die Frage der steuerlichen Behandlung der Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung in den vor dem 31. Dezember 2004 endenden Veranlagungszeiträumen ist durch die Rechtsprechung geklärt (vgl. BVerfG-Beschluss in HFR 2008, 753), so dass auch insoweit die Zulassung der Revision nicht in Betracht kommt.
Fundstellen