Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsschutzbedürfnis als Sachentscheidungs voraussetzung für einen beim FG gestellten AdV-Antrag

 

Leitsatz (NV)

1. Der Erlaß einer Sachentscheidung des FG auf einen bei ihm gestellten AdV-Antrag setzt ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers voraus.

2. Das Rechtsschutzbedürfnis kann im Hinblick auf die für den Antragsteller bestehende Möglichkeit fehlen, gegen die teilweise Abweisung einer auf die AdV gerichteten Klage Revision einzulegen.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 3, 6

 

Tatbestand

Der Antragsteller und Beschwerdegegner (Antragsteller) machte Vorsteuerbeträge aus der Errichtung von Wohngebäuden von über ... DM, davon im Streitjahr 1984 ... DM geltend. Er räumte seiner Schwester dingliche Nießbrauchsrechte an den Grundstücken ein und vertrat die Auffassung, dadurch habe er die bezogenen Leistungen, für die er den Vorsteuerabzug beanspruche, nicht abzugsschädlich verwendet.

Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt -- FA --) erkannte die Nießbrauchseinräumung nach einer Außenprüfung wegen Gestaltungsmißbrauchs (§ 42 der Abgabenordnung -- AO 1977 --) nicht mehr an und berücksichtigte die streitbefangenen Vorsteuerbeträge nicht. Dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids 1984 vom 9. Januar 1991 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 30. September 1991 mit einem Leistungsgebot von ... DM wegen einer Steuerschuld von ... DM und einer Rückforderung eines Vorsteuerüberschusses von ... DM entsprach das FA nur in Höhe von ... DM. Das Beschwerdeverfahren blieb insoweit erfolglos. Über die Klage gegen die bezeichnete Umsatzsteuerfestsetzung hat das Finanzgericht (FG) bisher nicht entschieden.

Das FG gab der Klage auf Aussetzung der Vollziehung des bezeichneten Umsatzsteuerbescheids 1984 durch Urteil vom 18. Dezember 1992 in Höhe von ... DM bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer Entscheidung über die Klage in dem Verfahren ... statt. Im übrigen wies es die Klage ab. Das Urteil wurde dem FA am 22. März 1993 zugestellt. Nur das FA hat gegen dieses Urteil Revision eingelegt.

Den angeblich nicht beschiedenen Betrag von ... DM setzte das FG auf Antrag des Antragstellers durch Beschluß vom 23. März 1993 -- zugestellt am 2. April 1993 -- aus.

Gegen diesen Beschluß legte das FA Beschwerde ein. Es hält den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid nicht in dem streitbefangenen Umfang für rechtlich ernstlich zweifelhaft. Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben.

Der Antragsteller ist der Beschwerde entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Die Beschwerde ist begründet, weil das FG dem Antrag nicht hätte entsprechen dürfen. Die Vorentscheidung wird aufgehoben und der Antrag abgelehnt.

Die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 oder Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) lagen nicht vor. Das FG hatte über denselben Antrag bereits durch Urteil vom 18. Dezember 1992 entschieden und den mit einer Klage verfolgten Antrag in dem Umfang abgelehnt, in dem es ihn mit der angefochtenen Entscheidung erneut beurteilt hat. Das die Klage des Antragstellers insoweit abweisende Urteil wurde dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 19. März 1993 zugestellt (§ 104 Abs. 2 FGO). Damit begann die Frist zur Einlegung der vom FG zugelassenen Revision (§ 120 Abs. 1 FGO). Der Antragsteller war als Kläger durch das seine Klage teilweise abweisende Urteil beschwert und befugt, Revision einzulegen. Der Antragsteller hatte kein Rechtsschutzbedürfnis, durch den erneut gestellten Aussetzungsantrag nach § 69 Abs. 3 FGO dem FG einen Sachverhalt zur Entscheidung vorzulegen, über den in einem anderen anhängigen Verfahren abschließend entschieden werden konnte (vgl. Hessisches FG, Beschluß vom 26. März 1975 B III 2--3/75, Entscheidungen der Finanzgerichte 1975, 430).

 

Fundstellen

Haufe-Index 420463

BFH/NV 1995, 1064

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