Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Zwangsbetriebsaufgabe bei Einstellung der Eigenbewirtschaftung eines Gartenbaubetriebes und Verpachtung nur eines Teils der wesentlichen Grundlagen
Leitsatz (NV)
- Solange der Steuerpflichtige bei Einstellung der Eigenbewirtschaftung die Aufgabe seines Gartenbaubetriebes nicht unmissverständlich erklärt, gilt der Betrieb als fortbestehend, es sei denn, die Wiederaufnahme der betrieblichen Tätigkeit ist unmöglich.
- Dies gilt auch, wenn der Steuerpflichtige zwar seinen Gartenbaubetrieb einstellt, aber dennoch die verbleibenden wesentlichen Grundlagen verpachtet, so dass er oder sein Rechtsnachfolger die alte betriebliche Tätigkeit wieder aufnehmen können.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, 3, §§ 13-14, 16; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2
Tatbestand
Der Vater (V) der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betrieb auf dem Grundstück …, den Gartenbau (Flurstück 584). Im Kalenderjahr 1991 hatte er auf die Nutzungswertbesteuerung für das dort befindliche selbstgenutzte Wohnhaus verzichtet. Zum Betriebsvermögen gehörte danach nur noch eine Restfläche von 7 002 qm.
Aus gesundheitlichen Gründen stellte V die Eigenbewirtschaftung im Januar 1993 ein und verpachtete an den Kläger zu 2 vom 1. Februar 1993 bis zum 31. Dezember 2005 60 ar Ackerland, 230 qm Hochglasfläche und 240 qm Niederglasfläche für einen monatlichen Pachtzins von 100 DM.
Mit notariellem Vertrag vom 23. Dezember 1993 übertrug V das insgesamt noch 11 140 qm große Grundstück den beiden Klägern zu je 1/2. V erfasste die Einnahmen aus der Verpachtung des Gartenbaubetriebes für das Jahr 1993 bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, die er nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte. Nachdem mitgeteilt worden war, der Betrieb des V ruhe ab dem 13. Januar 1993, befreite der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) die Eltern der beiden Kläger antragsgemäß von der Verpflichtung zur Abgabe der Einkommensteuererklärung 1994.
Im Streitjahr (1996) sowie im Kalenderjahr 1997 wurden parzellierte Teilflächen des Flurstücks 584 verkauft. Der Gewinn aus der Veräußerung von vier Parzellen betrug im Streitjahr unstreitig 1 125 276 DM. Das FA sah das als Gewinn des Wirtschaftsjahres 1996/97 an und stellte für das Streitjahr (1996) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft fest, die es den beiden Klägern zu je 1/2 zurechnete.
Nach erfolglos gebliebenem Einspruchsverfahren machten die Kläger mit der Klage geltend, ihr Vater habe den Gartenbaubetrieb spätestens im Lauf des Jahres 1993 aufgegeben. Ausdrücklich sei die Aufgabe gegenüber der Krankenkasse erklärt worden. Dem FA sei die schwere Erkrankung von V seit dem 17. März 1993 bekannt gewesen. Damit sei der Betrieb zerschlagen worden. Gärtnerische Tätigkeiten seien nicht mehr ausgeübt worden, auch sei das Gewächshaus wirtschaftlich nicht genutzt worden. Eine Betriebsfortführungserklärung sei nicht abgegeben worden.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte u.a. aus, V habe den Gartenbaubetrieb nicht im Jahr 1993 aufgegeben. Es fehle an der dazu notwendigen unmissverständlichen Erklärung, der Betrieb werde aufgegeben. Vielmehr habe V die Pachteinnahmen in seiner Gewinnermittlung für den Gartenbaubetrieb erfasst.
Eine Zwangsbetriebsaufgabe liege ebenfalls nicht vor. Zwar müsse bei dem Übergang von der Eigenbewirtschaftung zur Betriebsverpachtung die Wiederaufnahme der Eigenbewirtschaftung objektiv möglich und beabsichtigt sein; es genügte aber, wenn diese Absicht von einem Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolger verwirklicht werden solle (Hinweis auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 20. Januar 1999 IV B 99/98, BFH/NV 1999, 1073). Mangels eindeutiger Erklärung sei hier nur eine Betriebsunterbrechung anzunehmen. Der Kläger zu 2 habe wesentliche Teile des Betriebs gepachtet. Ob er den Betrieb fortgeführt habe, sei nicht entscheidend.
Die stillen Reserven seien auf die beiden Kläger übergegangen, so dass die Veräußerungen aus dem Betriebsvermögen erfolgt seien.
Die Revision ließ das FG nicht zu.
Dagegen richtet sich die Beschwerde mit der hauptsächlichen Begründung, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung; es liege ein Fehlurteil vor (Hinweis auf List, Der Betrieb 2003, 572 ff.).
Entscheidungsgründe
Im Streitfall kann dahinstehen, ob die Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie eine eventuelle Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt haben.
Denn jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet.
1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Durch die Rechtsprechung des erkennenden Senats ist bereits geklärt, dass die Einstellung der bisherigen betrieblichen Tätigkeit zu einer Betriebsunterbrechung führen kann (Urteil vom 28. September 1995 IV R 39/94, BFHE 179, 75, BStBl II 1996, 276). Auch bei einer schweren Erkrankung des Steuerpflichtigen steht nicht fest, dass der Betrieb nicht fortgeführt werden soll, solange die für die Betriebsfortführung notwendigen Wirtschaftsgüter vorhanden sind (BFH-Urteil vom 27. Februar 1985 I R 235/80, BFHE 143, 436, BStBl II 1985, 456). Die Annahme einer Betriebsaufgabe hängt daher letztlich von den Absichten des Steuerpflichtigen ab, weil die unterbrochene betriebliche Tätigkeit auch von einem Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolger aufgenommen werden kann (BFH-Urteil in BFHE 143, 436, BStBl II 1985, 456). Solange der Steuerpflichtige daher die Aufgabe des Betriebs nicht unmissverständlich erklärt oder eine Erklärung ablehnt, gilt der bisherige Betrieb als fortbestehend (vgl. das grundlegende Urteil des Großen Senats des BFH vom 13. November 1963 GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124, zur Betriebsverpachtung). Demgemäß bleiben die Wirtschaftsgüter mangels einer eindeutigen Aufgabeerklärung Betriebsvermögen, es sei denn, der Steuerpflichtige veräußert für die Betriebsfortführung wesentliche Grundlagen des Betriebs oder gestaltet sie so um, dass die Wiederaufnahme der betrieblichen Tätigkeit unmöglich wird (Senatsurteil in BFHE 179, 75, BStBl II 1996, 276).
Diese für gewerbliche Betriebe entwickelten Grundsätze (vgl. das Urteil des Großen Senats des BFH in BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124) gelten auch dann, wenn der Steuerpflichtige seinen bisher selbst bewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb verpachtet, die im Betriebsvermögen ruhenden stillen Reserven aber ―wie der Senat ausdrücklich festgehalten hat― nicht versteuern will (Senatsurteil vom 18. März 1964 IV 114/61 S, BFHE 79, 195, BStBl III 1964, 303, a.E.). Demgemäß hat der erkennende Senat selbst die parzellenweise Verpachtung der landwirtschaftlichen Nutzflächen, den Verkauf des lebenden und toten Inventars und sogar die Umnutzung der Hofgebäude für außerlandwirtschaftliche Zwecke nicht als Betriebszerschlagung angesehen (Senatsurteile vom 15. Oktober 1987 IV R 66/86, BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260, und vom 28. November 1991 IV R 58/91, BFHE 167, 19, BStBl II 1992, 521). Das gilt auch für eine Verkleinerung der selbst bewirtschafteten Fläche durch Verpachtung von bisher selbst genutzten Betriebsgrundlagen (Senatsurteil in BFHE 167, 19, BStBl II 1992, 521, unter 3.). Aus Beweisgründen kann die Absicht, der Betrieb werde bei einer Verpachtung der wesentlichen Betriebsgrundlagen endgültig aufgegeben, nur bei einer unmissverständlichen und eindeutigen Aufgabeerklärung des Steuerpflichtigen angenommen werden (Senatsurteil vom 2. März 1995 IV R 52/94, BFH/NV 1996, 110). Auch hat der erkennende Senat entschieden, dass der Fortführung des Betriebs nicht entgegensteht, dass ein auf Rechtsnachfolger ―im Streitfall im Wege der vorweggenommenen Erbfolge― übergegangener Betrieb nicht von allen Rechtsnachfolgern, sondern nur von einem bewirtschaftet wird (Senatsurteil in BFHE 167, 19, BStBl II 1992, 521). Dementsprechend musste V keinen Aufgabegewinn erklären und hatte auch keinen solchen erklärt.
Das angefochtene Urteil ist zudem ―entgegen der Ansicht der Kläger― kein Fehlurteil. Vielmehr war nach den dargelegten Grundsätzen ―sollte der Betrieb enden― eine ausdrückliche Aufgabeerklärung von V oder den Klägern unentbehrlich (s. auch Senatsbeschlüsse in BFH/NV 1999, 1073, und vom 15. Dezember 2000 IV B 87/00, BFH/NV 2001, 768). Da es sich trotz der Erkrankung von V bis zuletzt um einen selbst bewirtschafteten Betrieb handelte, unterscheidet sich der Streitfall auch von dem Sachverhalt, der dem Senatsurteil vom 16. Dezember 1999 IV R 53/99 (BFH/NV 2000, 1078) zugrunde lag; denn gerade diese Eigenbewirtschaftung war damals nicht geklärt, so dass auch unklar blieb, ob das sog. Verpächterwahlrecht gegeben war.
2. Schließlich liegt auch keine Divergenz zu den BFH-Urteilen vom 17. April 1997 VIII R 2/95 (BFHE 183, 385, BStBl II 1998, 388) und vom 3. Juni 1997 IX R 2/95 (BFHE 183, 413, BStBl II 1998, 373) vor. Im Fall des Urteils in BFHE 183, 413, BStBl II 1998, 373 kam eine Betriebsverpachtung im Ganzen nicht in Betracht, weil zwar das Betriebsgrundstück verpachtet war, der Pächter aber das Recht hatte, das Gebäude abzureißen. Vergleichbar waren im Fall des BFH-Urteils in BFHE 183, 385, BStBl II 1998, 388 wesentliche Betriebsgrundlagen nicht mitverpachtet, so dass der Steuerpflichtige in beiden Fällen die alte betriebliche Tätigkeit nicht wieder aufnehmen konnte. Der VIII. und der IX. Senat des BFH hatten daher nicht prüfen müssen, aber auch nicht unterstellen können, dass der Steuerpflichtige die Absicht hatte, die unterbrochene betriebliche Tätigkeit wieder aufzunehmen.
Fundstellen
Haufe-Index 1053829 |
BFH/NV 2004, 31 |