Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf Vorlage von Akten und Anhörungsrüge
Leitsatz (NV)
Das Verfahren nach § 86 Abs. 3 FGO vor dem BFH dient nicht dazu, allgemein zu klären, ob die vom FA vorgelegten Akten vollständig sind. Der Beteiligte ist daher dadurch, dass der BFH keine Entscheidung zur Verpflichtung des FG, bestimmte Akten beim FA anzufordern, getroffen hat, nicht in seinem Recht auf Gehör beeinträchtigt.
Normenkette
FGO § 86 Abs. 3, § 133a
Tatbestand
I. Der Kläger, Antragsteller und Rügeführer (Kläger) führt ein Klageverfahren vor dem Finanzgericht (FG) wegen Investitionszulage 2000.
Auf die Bitte des FG um Vorlage der den Streitfall betreffenden Akten übersandte der Beklagte, Antragsgegner und Rügegegner (das Finanzamt --FA--) dem FG einen Band Investitionszulagenakten. Nach Einsicht in diese Akten beantragte der Kläger unter dem 29. November 2007 und nochmals unter dem 13. Dezember 2007 beim FG, die Akten dem Bundesfinanzhof (BFH) zur Prüfung vorzulegen, da er, der Kläger, nicht feststellen könne, ob die Akten vollständig seien. Der vom Kläger damit sinngemäß gestellte Antrag festzustellen, ob die Verweigerung der Vorlage von Aktenteilen durch das FA rechtmäßig sei, wurde vom Senat mit Beschluss vom 15. Mai 2008 III S 18/08 als unzulässig verworfen.
Mit der dagegen erhobenen Anhörungsrüge trägt der Kläger vor: Er habe am 13. Dezember 2007 beim FG ausdrücklich beantragt, die Vorlage der vollständigen Akten anzuordnen. Das sei vom FG mit Beschluss abgelehnt worden. Durch diese vom FG verweigerte Akteneinsicht sei er in seinem Recht auf Gehör verletzt worden, da er sein Rechtsschutzbegehren nicht effektiv begründen könne. Deshalb müsse ihm ausnahmsweise eine isolierte Beschwerdemöglichkeit eingeräumt werden. Die Gehörsverletzung sei für die Entscheidung des BFH kausal. Denn der BFH hätte erkennen können, dass er, der Kläger, wegen der verweigerten Akteneinsicht sein Rechtsschutzbegehren nicht effektiv formulieren könne, sofern nicht das FG die Akten ebenfalls nur unvollständig dem BFH vorgelegt habe. Auf die erhobene Gehörsrüge sei über den Antrag gemäß § 86 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu entscheiden.
Entscheidungsgründe
II. Die Anhörungsrüge ist unbegründet und deshalb nach § 133a Abs. 4 Satz 2 FGO zurückzuweisen.
1. Das gerichtliche Verfahren ist gemäß § 133a Abs. 1 Satz 1 FGO fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch des Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verlangt von dem erkennenden Gericht vornehmlich, dass es die Beteiligten über den Verfahrensstoff informiert, ihnen Gelegenheit zur Äußerung gibt, ihre Ausführungen sowie Anträge zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (z.B. Senatsbeschluss vom 6. September 2007 III S 27/07, BFH/NV 2007, 2327, m.w.N.).
2. Die Einwendungen des Klägers, der Senat habe das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs missachtet, sind unbegründet. Der Senat hat das gesamte entscheidungserhebliche Vorbringen des Klägers in dem Verfahren III S 18/08 zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Der in jenem Verfahren gestellte Antrag festzustellen, ob die Verweigerung der Vorlage von Akten durch das FA rechtmäßig sei, wurde als unzulässig verworfen, weil das FG über die vorgelegte Investitionszulagenakte hinaus eine weitere Aktenvorlage und damit auch eine Ergänzung des vorgelegten Aktenbandes nicht angeordnet hatte. Der Senat hatte nicht auch darüber zu befinden, ob das FG gehalten gewesen wäre, weitere Akten vom FA anzufordern. Entgegen der Auffassung des Klägers dient das Verfahren nach § 86 Abs. 3 FGO nicht dazu, allgemein zu klären, ob die vom FA vorgelegten Akten vollständig sind. Wie der Senat in dem Beschluss III S 18/08 ausgeführt hat, kommt eine Entscheidung nach § 86 Abs. 3 FGO nur dann in Betracht, wenn das FG bestimmte Akten oder Teile von Akten trotz einer konkreten Anordnung des FG nicht vorgelegt hat. Der Kläger ist daher dadurch, dass der Senat in dem Verfahren III S 18/08 keine Entscheidung zur Verpflichtung des FG, bestimmte Akten beim FA anzufordern, getroffen hat, nicht in seinem Recht auf Gehör beeinträchtigt worden.
Soweit der Kläger meint, er könne wegen Ablehnung seines beim FG gestellten Antrags, die vollständige Aktenvorlage anzuordnen, und die ihm dadurch unmöglich gemachte Akteneinsicht sein Rechtsschutzbegehren nicht effektiv begründen, verweist der Senat auf den BFH-Beschluss vom 17. September 2007 I B 93/07 (BFH/NV 2008, 387). Danach ist der Beschluss über die Ablehnung eines Antrags, die Vorlage bestimmter Akten anzuordnen, grundsätzlich nicht selbständig anfechtbar. Ausnahmsweise kann eine isolierte Beschwerdemöglichkeit bestehen, wenn der Beteiligte --was der Kläger in dem vorliegenden Verfahren lediglich ohne nähere Begründung behauptet-- sein Rechtsschutzbegehren ohne entsprechende Akteneinsicht nicht effektiv formulieren könnte. Ein derartiges Verfahren wegen Akteneinsicht ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Anhörungsrügeverfahrens.
Fundstellen