Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug nach Zwischenvermietung
Leitsatz (NV)
Die Einschaltung eines Zwischenmieters bei der Vermietung nur einer Wohnung ist unter Anlegung normaler Maßstäbe als Gestaltungsmißbrauch i. S. von § 42 AO 1977 zu betrachten.
Normenkette
UStG 1973 § 15 Abs. 1, 2 Nr. 1; AO 1977 § 42
Verfahrensgang
Gründe
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2, § 121 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) ist nicht begründet.
1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn - wofür im Streitfall keine Anhaltspunkte vorliegen - die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen dann, wenn gewichtige Umstände Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarkeit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (BFH-Urteil vom 4. Mai 1977 I R 162-163/76, BFHE 123, 3, BStBl II 1977, 765, ständige Rechtsprechung).
Ist der Verwaltungsakt, dessen Aussetzung der Vollziehung begehrt wird - wie im Streitfall -, Gegenstand eines bereits in der Revisionsinstanz anhängigen Hauptverfahrens, können ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit nur zu einer Aussetzung der Vollziehung führen, wenn unter Berücksichtigung der besonderen Voraussetzungen des Revisionsverfahrens und der Bindung des Revisionsgerichts an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz (§ 118 Abs. 2 FGO) ernstlich mit der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts zu rechnen ist (BFH-Beschluß vom 22. Oktober 1980 I S 1/80, BFHE 131, 455, BStBl II 1981, 99). Das bedeutet, daß bei voraussichtlich endgültiger Entscheidung über die Revision der wahrscheinliche Ausgang des Revisionsverfahrens, bei voraussichtlicher Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das FG der wahrscheinliche Ausgang dieses Verfahrens summarisch zu beurteilen ist (BFH-Beschlüsse vom 21. November 1973 I S 8/73, BFHE 110, 498, BStBl II 1974, 114; vom 22. Oktober 1971 II S 8/71, BFHE 103, 312; Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 69 Anm. 10 a. E.).
2. Der Senat hat - auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts - keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Umsatzsteueränderungsbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Mai 1982. Bei summarischer Prüfung ist wahrscheinlich, daß das finanzgerichtliche Urteil der Revision standhalten wird.
Das FG hat den Ausschluß des von dem Antragsteller begehrten Vorsteuerabzugs gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1973 damit gerechtfertigt, daß er die mit Hilfe der an ihn ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen enstandene Eigentumswohnung für steuerfreie Mietumsätze an Wohnungsmieter nach § 4 Nr. 12 a UStG 1973 verwendet habe. Der Antragsteller habe nicht wirksam auf die Steuerbefreiung für die Vermietung seiner Eigentumswohnung verzichten können (§ 9 Satz 1 UStG 1973), weil die Vermietung der Wohnung an die S-GmbH als einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ein Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts sei (§ 42 Satz 1 AO 1977) und deshalb nicht als Vermietung bezogener Bauleistungen anerkannt werden dürfe. Das FG hat für die Abgrenzung einer zulässigen gegen eine von § 42 Satz 1 AO 1977 mißbilligte Gestaltung zutreffend geprüft, ob die Gestaltung von verständigen Parteien in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts und der wirtschaftlichen Zielsetzung gewählt würde oder nicht. Dies läuft in Zweifelsfällen darauf hinaus, daß für rechtliche Gestaltungsformen, die vom Normalbild abweichen, dargetan werden muß, daß sie auf vernünftigen Erwägungen beruhen (BFH-Urteile vom 29. Oktober 1985 IX R 107/82, BFHE 145, 351, BStBl II 1986, 217 m.w.N.; vom 15. Dezember 1983 V R 169/ 75, BFHE 140, 354, BStBl II 1984, 388).
Das FG hat vernünftige außersteuerrechtliche Erwägungen des Antragstellers für den Abschluß des Zwischenmietvertrages mit der S-GmbH nicht erkennen können. Es hat festgestellt, daß der Antragsteller durch den zuvor mit der S-GmbH abgeschlossenen Vermietungs- und Garantievertrag gegen die für den Vermieter bei der Vermietung vorhandenen Risiken wirtschaftlich weitgehend gesichert war. Durch den zusätzlichen Abschluß des Zwischenmietvertrages konnte er ein noch verbliebenes Vermietungsrisiko nicht abwälzen. Die S-GmbH war für den Antragsteller auf Dauer gesehen ein ebenso sicherer Mieter wie ein anderer Vertragspartner. Das FG ist im Streitfall davon ausgegangen, daß bei der Vermietung von nur einer Wohnung ohnehin kein Mietausfallrisiko von ausreichendem finanziellen Gewicht besteht. Eine nennenswerte Entlastung von Verwaltungsarbeit hat der Antragsteller durch den Abschluß des Zwischenmietvertrages mit der S-GmbH nicht erreicht.
Da der Senat mangels substantiierter Sachverhaltsrügen - auch im Aussetzungsverfahren - an die Feststellungen des FG gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist (BFH-Beschluß vom 21. November 1973 I S 8/73, BFHE 110, 498, BStBl II 1974, 114), kann er nur prüfen, ob die Sachverhaltswürdigungen durch das FG in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht möglich sind, Denkgesetze verletzen oder gegen allgemeine Erfahrungssätze verstoßen. Es ist nicht erforderlich, daß die vom FG gezogenen Schlußfolgerungen nach dem festgestellten Sachverhalt zwingend geboten waren. Die Vorentscheidung wird diesen Anforderungen gerecht.
Der Senat hat in seinem Urteil vom 15. Dezember 1983 V R 112/76 (BFHE 140, 375, BStBl II 1984, 398) bereits darauf hingewiesen, daß die Einschaltung eines Zwischenmieters bei der Vermietung einer Wohnung und weniger Einzelräume unter Anlegung normaler Maßstäbe nicht als angemessene Gestaltung zu betrachten ist.
Fundstellen