Entscheidungsstichwort (Thema)
Betrugs- oder Untreuehandlungen als Teil einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit
Leitsatz (NV)
Betrugs- oder Untreuehandlungen können Teil einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit sein und zu Betriebsschulden, Betriebsausgaben oder Werbungskosten führen. Voraussetzung dafür ist jedoch, daß die Handlungen noch im Rahmen der gewerblichen oder beruflichen Aufgabenerfüllung lagen und nicht auf privaten, den betrieblichen oder beruflichen Zusammenhang aufhebenden Umständen beruhten.
Normenkette
AO 1977 §§ 125, 162; EStG § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) -- früher freiberuflich tätig -- führt beim Finanzgericht (FG) einen Rechtsstreit gegen den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt -- FA --) wegen Einkommensteuer 1984, 1985, 1987 und Umsatzsteuer 1984 bis 1987 (Streitjahre). Die angefochtenen Steuerbescheide, deren Aufhebung der Kläger im Klageverfahren begehrt, beruhen auf zum Teil griffweisen Schätzungen des FA. Die durch sie festgesetzten Steuern betragen insgesamt ... DM.
Mit Beschluß vom 12. November 1993 bewilligte das FG dem Kläger für das Klageverfahren Prozeßkostenhilfe (PKH) bis zu einem Streitwert von ... DM. Ratenzahlungen und aus dem Vermögen zu zahlende Beträge setzte das FG nicht fest. Den weitergehenden Antrag auf Bewilligung von PKH lehnte das FG ab, weil die Klage insoweit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Soweit dem Kläger PKH bewilligt worden ist, ordnete das FG ihm einen noch zu benennenden Steuerberater oder Rechtsanwalt bei. Gegen den Beschluß legte der Kläger, vertreten durch einen Steuerberater, form- und fristgerecht Beschwerde ein. Er kündigte an, die Beschwerde zu begründen, sobald über den gesondert gestellten Antrag auf Bewilligung von PKH für das Beschwerdeverfahren positiv entschieden worden sei. In dem Verfahren betr. die Bewilligung von PKH für das Beschwerdeverfahren hat der Kläger zur Erfolgsaussicht der Beschwerde nichts vorgetragen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, ihm unter Abänderung des Beschlusses des FG vom 12. November 1993 (PKH) ohne Festsetzung von Raten und aus dem Vermögen zu zahlender Beträge PKH für den ersten Rechtszug des Rechtsstreits wegen Einkommensteuer 1984, 1985, 1987 und Umsatzsteuer 1984 bis 1987 zu bewilligen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist nicht begründet. Die Erfolgsaussicht der Klage ist geringer als vom FG angenommen.
Dem FG ist zwar bei der Berechnung des Streitwerts, bis zu dem es dem Kläger PKH bewilligen wollte, ein Rechenfehler in Höhe von ... DM zuungunsten des Klägers unterlaufen (s. dazu unter 8.). Dieser Fehler wird aber dadurch mehr als ausgeglichen, daß das FG bei der Beurteilung der Erfolgsaussicht der Klage, soweit diese die Einkommensteuer 1984 betrifft, zu hohe Rückstellungen einkommensmindernd berücksichtigt hat (s. dazu unter 6. c).
1. Die Klage hat keine Aussicht auf Erfolg, soweit der Kläger die Aufhebung der angefochtenen Bescheide mit der Begründung begehrt, die Bescheide seien aufgrund inhaltlicher und verfahrensrechtlicher Fehler und Verstoß gegen die guten Sitten und das Strafrecht nichtig.
Die Bescheide und die sie teilweise abändernden Einspruchsentscheidungen wurden wirksam bekannt gegeben. Sie erfüllen die Voraussetzungen des § 157 der Abgabenordnung (AO 1977). Das FA durfte gemäß § 162 AO 1977 die Besteuerungsgrundlagen schätzen, da der Kläger für die Streitjahre keine Einkommensteuer- und Jahresumsatzsteuererklärungen abgab. Die Schätzungen sind nicht willkürlich. Entgegen der Ansicht des Klägers verstoßen sie nicht gegen die guten Sitten und erfüllen nicht den Tatbestand der Nötigung. Sie beruhen teilweise auf den Angaben des Klägers in seinen Umsatzsteuervoranmeldungen und den als Folge einer Steuerfahndungsprüfung festgestellten Tatsachen. Das FA mußte im übrigen weitgehend griffweise schätzen, da Unterlagen für eine genaue Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen fehlten. Daß sich Schätzungen möglicherweise als zu hoch erweisen, macht die Bescheide nicht nichtig, sondern führt nur zu ihrer Rechtswidrigkeit.
2. Soweit die Klage die Umsatzsteuer 1984 betrifft, hat sie aus den vom FG genannten Gründen keine Aussicht auf Erfolg.
a) Entgegen der Ansicht des Klägers war bei Absendung des Umsatzsteuerbescheids am 21. April 1989 noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten. Die Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer 1984 begann mit Ablauf des 31. Dezember 1987, da der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt keine Jahressteuererklärung abgegeben hatte (§ 170 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 i. V. m. § 18 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes -- UStG -- 1980). Sie endete frühestens am 31. Dezember 1991 (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977), also erst nach Absendung des angefochtenen Bescheids an den Kläger.
b) Die Schätzung der Honorarumsätze des Klägers auf ... DM ist nach den bisher bekannten Tatsachen nicht überhöht.
Dem FA wurden infolge einer Steuerfahndungsprüfung beträchtliche vom Kläger nicht erklärte Umsätze bekannt. Allein auf dem in der Buchführung des Klägers nicht erfaßten Konto bei der A-Bank waren im Zeitraum 1. Januar bis 2. Februar 1984 Zahlungseingänge in Höhe von rund ... DM zu verzeichnen. Kontoinhaber war der Kläger. Seine Behauptung, es habe sich um ein Treuhandkonto gehandelt, hat er nicht glaubhaft gemacht. Gegen ihre Richtigkeit spricht, daß der Kläger keine genauen Angaben zur Person des angeblichen Treugebers B gemacht hat, über das Konto auch private Geschäftsvorfälle des Klägers abgewickelt wurden und der Kläger das Kontoguthaben in einem Testament seiner späteren Ehefrau vermacht hatte. Das Landgericht stellte in dem rechtskräftigen Urteil (Strafurteil), durch das der Kläger wegen Steuerhinterziehung, Betruges, Urkundenfälschung und Urkundenunterdrückung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von ... Jahren verurteilt wurde, u. a. fest, B sei eine vom Kläger erfundene Person.
Außerdem hat das FA ermittelt, daß die Zahlungseingänge auf dem in der Buchführung des Klägers erfaßten Honorarkonto bei der C-Bank in der Zeit vom 1. Januar bis 17. August 1984 rund ... DM betrugen und damit um mehr als 22 v. H. über den vom Kläger für die Monate Januar bis August 1984 vorangemeldeten Umsätzen lagen.
Zutreffend hat das FG aus diesen Tatsachen und dem Umstand, daß der Kläger sich 1984 nur zwei Tage lang in Haft befand, den Schluß gezogen, die Zuschätzung sei auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.
Vorsteuern hat das FA in der vom Kläger vorangemeldeten Höhe berücksichtigt. Solange der Kläger keine höheren Beträge durch ordnungsmäßige Belege nachweist, ist davon auszugehen, daß er die Vorsteuern vollständig erklärt hat.
3. Auch soweit die Klage die Umsatzsteuer 1985 betrifft, hat sie nach den bisher bekannten Tatsachen aus den vom FG angeführten Gründen keine Aussicht auf Erfolg.
Das FA hat die Umsätze auf ... DM geschätzt. Dieser Betrag liegt um rund ... DM über den vom Kläger vorangemeldeten Umsätzen. Die Zuschätzung ist aufgrund der zur Zeit bekannten Tatsachen nicht zu beanstanden. Der Kläger hat im Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 1. Juni 1989 dem FA mitgeteilt, er habe seine Praxis im April 1984 zum Termin 1. Januar 1985 verkauft. Der Umsatz aufgrund der Praxisveräußerung ist daher ein Umsatz des Jahres 1985. Die Umsatzsteuervoranmeldungen für 1985 lassen nicht erkennen, daß er in ihnen erfaßt wurde. Die Höhe der für den Januar 1985 vorangemeldeten Umsätze spricht für die Annahme des FG, daß in den Umsatzsteuervoranmeldungen nur die Honorare erfaßt wurden, die der Kläger aufgrund seiner bis zur erneuten Verhaftung 1985 ausgeübten Tätigkeit 1985 einnahm. Solange der Kläger die Höhe des durch die Praxisveräußerung erzielten Umsatzes und dessen Erfassung in den Umsatzsteuervoranmeldungen nicht glaubhaft macht, bestehen gegen die Zuschätzung keine Bedenken.
Vorsteuern hat das FA in der vom Kläger vorangemeldeten Höhe berücksichtigt. Solange der Kläger keine höheren Beträge durch ordnungsmäßige Belege nachweist, ist davon auszugehen, daß er die Vorsteuern vollständig erklärt hat.
4. Hinsichtlich der Umsatzsteuer 1986 hat die Klage in Höhe des auf der Zuschätzung beruhenden Steuerbetrages von ... DM Aussicht auf Erfolg.
Das FA hat die Umsätze auf ... DM geschätzt und die Umsatzsteuer 1986 auf ... DM festgesetzt. Vorangemeldet hat der Kläger Umsätze in Höhe von insgesamt ... DM und Vorsteuer in Höhe von 0 DM. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß die Zuschätzung nach den bisher bekannten Tatsachen keinen Bestand haben kann. Der Kläger befand sich vom ... 1985 bis ... 1987 in Haft. Anhaltspunkte für die Annahme, er sei während dieser Zeit als Unternehmer tätig gewesen oder habe 1986 aus seiner früheren Tätigkeit höhere Honorareinnahmen als erklärt erzielt, liegen bisher nicht vor.
5. Hinsichtlich der Umsatzsteuer 1987 hat die Klage in vollem Umfang Aussicht auf Erfolg.
Das FA hat die Umsätze auf ... DM geschätzt und die Umsatzsteuer auf ... DM festgesetzt. Voranmeldungen für 1987 hat der Kläger nicht abgegeben. Er befand sich zwar in der Zeit vom ... 1987 bis ... 1988 nicht mehr in Haft. Es liegen jedoch bisher keine Anhaltspunkte für die Annahme vor, daß er sich während dieser Zeit als Unternehmer betätigte oder noch Entgelte aus seiner früheren Tätigkeit erzielte. Gegen eine unternehmerische Tätigkeit des Klägers in diesem Zeitraum spricht, daß ihm vom ... bis ... 1987 lediglich Haftunterbrechung gewährt worden war und er sich während dieser Zeit auf die anschließende Flucht vorbereitete.
6. Soweit die Klage die Einkommensteuer 1984 betrifft, hat sie nach den bisher bekannten Tatsachen nicht in dem vom FG angenommenen Umfang Aussicht auf Erfolg.
a) Die Rechtsauffassung des Klägers, der Einkommensteuerbescheid für 1984 vom 9. April 1992 sei wegen Verjährung des Steueranspruchs aufzuheben, ist unzutreffend. Der ursprünglich angefochtene Einkommensteuerbescheid für 1984, mit dem die Einkommensteuer wie im Bescheid vom 9. April 1992 festgesetzt worden ist, wurde am 25. Juli 1989 an den Kläger abgesandt. Zu diesem Zeitpunkt war die Festsetzungsgfrist noch nicht abgelaufen, da der Kläger für 1984 keine Einkommensteuererklärung abgegeben hat (§ 170 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 i. V. m. § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977, § 36 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes -- EStG --, § 56 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung -- EStDV --).
b) Das FA hat die vom Kläger im Veranlagungszeitraum 1984 erzielten Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit auf ... DM geschätzt. Diese Schätzung ist in Anbetracht der bisher bekannten Tatsachen nicht überhöht.
Zutreffend ist das FA bei der Schätzung von Erlösen in Höhe von rund ... DM ausgegangen (s. oben 2. b). Da die vom Kläger für die Jahre 1980 bis 1982 erklärten Betriebsausgaben zwischen ca. ... DM bis ... DM pro Jahr lagen und der Kläger -- wie sich aus den Tz. 35 bis 39 des Steuerfahndungsberichts vom 30. Dezember 1988 ergibt -- auch Aufwendungen der privaten Lebensführung als Betriebsausgaben verbuchte, die von ihm erklärten Betriebsausgaben also tendenziell über den tatsächlich entstandenen Betriebsausgaben liegen, ist die Schätzung der Betriebsausgaben auf rund ... DM nicht zu beanstanden.
Eine Schätzung des Gewinns nach den Grundsätzen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG kommt aus den vom FG angeführten Gründen nicht in Betracht. Der Kläger hat in den Vorjahren seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Es ist bisher nicht erkennbar, daß er 1984 die Gewinnermittlungsart wechselte. Die Veräußerung der Praxis, die eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG erforderlich macht, ist ein Geschäftsvorgang des Veranlagungszeitraums 1985 (s. oben 3).
Abweichend vom FG ist der beschließende Senat der Ansicht, daß aufgrund der zur Zeit bekannten Tatsachen kein Anlaß besteht, einen Teil des vom FA den Einkünften aus selbständiger Arbeit zugeordneten Gewinnes den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzuordnen. Das FG vermutet, der Kläger habe sich nicht nur in den Jahren 1979 bis 1983, sondern auch noch im Veranlagungszeitraum 1984 durch Manipulationen mit Scheinrechnungen gewerblich betätigt und dadurch Einnahmen erzielt, die in den vom FA geschätzten Honorareinnahmen enthalten seien. Es ist daher der Auffassung, ein Teil des Gewinns (gemeint wohl: der Honorareinnahmen) sei der gewerblichen Tätigkeit zuzuordnen. Gegen die dieser Ansicht zugrundeliegenden Vermutungen spricht: Die Manipulationen mit den Scheinrechnungen wurden in der Regel nicht über das Konto ... , sondern über das Unterkonto ... bei der A-Bank abgewikelt. Der Kläger begann nach den Feststellungen im Strafurteil bereits Ende 1983, belastendes Material systematisch zu vernichten; nachdem bei einer Betriebsprüfung Kontrollmitteilungen über Scheinrechnungen angefertigt worden waren, inszenierte er sogar einen Einbruch, um sämtliche Unterlagen über Scheinrechnungsmanipulationen beiseite zu schaffen. Es ist daher unwahrscheinlich, daß er noch 1984 Scheinrechnungen anfertigte oder anfertigen ließ und daß ein Teil der vom FA als Betriebseinnahmen der Praxis erfaßten Einnahmen Entgelte für derartige Manipulationen waren.
c) Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb hat das FA entsprechend der vorliegenden Feststellungsmitteilungen mit ... DM angesetzt.
Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß nach den bisher bekannten Tatsachen bei der Ermittlung der gewerblichen Einkünfte des Klägers auch Haftungsansprüche gegen den Kläger zu berücksichtigen sind, die mit seinen gewerblichen Scheinrechnungsmanipulationen und deren Entdeckung im Jahre 1984 zusammenhängen. Das FG hat diese Ansprüche auf insgesamt ... DM geschätzt. Ein Teilbetrag von ... DM betrifft etwaige Haftungsansprüche wegen der Hinterziehung von Einkommen- und Körperschaftsteuer zugunsten der Geschäftspartner D, C, F GmbH, G GmbH und H. Insoweit ist die Schätzung nach den bisher bekannten Tatsachen überhöht. Das FG hat bei der Schätzung nicht berücksichtigt, daß die Finanzämter mit hoher Wahrscheinlichkeit auch oder gar ausschließlich die durch die Scheinrechnungsmanipulationen begünstigten Steuerpflichtigen in Anspruch nehmen werden und daß dem Kläger, soweit er als Haftungsschuldner in Anspruch genommen wird und Zahlungen leistet, Ausgleichsansprüche gegen seine Mittäter zustehen. Der beschließende Senat schätzt das durch Bildung einer Rückstellung zu berücksichtigende Haftungsrisiko nach den bisher bekannten Tatsachen daher insoweit auf allenfalls ... DM. Den Gewinn aus Gewerbebetrieb, den der Kläger 1984 durch diese Tätigkeit erzielte, schätzt er somit auf rund ... DM, da der Kläger im Jahre 1984 nach den bisher bekannten Tatsachen durch diese Tätigkeit keine Einnahmen mehr erzielte (s. oben 6. b).
Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß aufgrund der bisher bekannten Tatsachen andere Rückstellungen nicht gewinnmindernd zu berücksichtigen sind.
aa) Die gegen den Kläger geltend gemachten Umsatzsteuer-Haftungsansprüche aufgrund der Ausstellung von Scheinrechnungen der J GmbH zur Verwendung in den Unternehmen der K-Gruppe sind nicht zu berücksichtigen. Der Kläger hatte mit der K-Gruppe kein Entgelt für die Ausstellung der Scheinrechnungen vereinbart und dem Mitinhaber der Firmengruppe, einem Herrn L, erklärt, die in den fingierten Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer müsse gezahlt werden und werde vom Kläger auch entrichtet. Tatsächlich zahlte der Kläger die Umsatzsteuer jedoch nicht, sondern veruntreute -- zumindest in Höhe von ... DM -- die ihm zum Zwecke der Bezahlung der Umsatzsteuer belassenen Beträge. Er wurde deshalb rechtskräftig wegen Betrugs verurteilt. Zwar können auch Betrugs- oder Untreuehandlungen, die in Zusammenhang mit einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit stehen, Teil der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit sein und die sich aus ihnen ergebenden Schadensersatzverpflichtungen zu Betriebsschulden und Betriebsausgaben oder Werbungskosten führen. Voraussetzung dafür ist aber, daß die Handlungen noch im Rahmen der gewerblichen oder beruflichen Aufgabenerfüllung lagen und nicht auf privaten, den betrieblichen oder beruf lichen Zusammenhang aufhebenden Umständen beruhen (vgl. Urteile des Bundes finanzhofs -- BFH -- vom 19. März 1987 IV R 140/84, BFH/NV 1987, 577; vom 3. Juli 1991 X R 163--164/87, BFHE 164, 556, BStBl II 1991, 802). Die Betrugshandlungen des Klägers zum Nachteil der Unternehmen der K-Gruppe waren nicht Teil der zwischen dem Kläger und der K-Unternehmensgruppe bestehenden Liefer- und Leistungsbeziehungen. Sie standen mit der gewerblichen und beruflichen Tätigkeit des Klägers nur insoweit in Zusammenhang, als diese dem Kläger die Gelegenheit zum Betrug verschaffte. Die Betrugshandlungen des Klägers sind mit dem "Griff des ungetreuen Kassierers in die Firmenkasse" vergleichbar, der nicht zu Einkünften i. S. des EStG führt.
bb) Die gegen den Kläger geltend gemachten Umsatzsteuer-Haftungsansprüche des Finanzamts M aufgrund von Steuerschulden der N GmbH hängen nach der vom Kläger nicht bestrittenen Angabe des FG nicht mit der gewerblichen Tätigkeit "Handel mit Scheinrechnungen" zusammen. Es ist zudem bisher nicht zu erkennen, daß der Kläger ernsthaft mit dem Bestehen der Haftungsansprüche rechnen mußte. Der Haftungsbescheid datiert vom 3. Juli 1986. Gegen ihn hat der Kläger Klage erhoben und seine Haftung bestritten. Das Finanzamt M hat 1991 den Haftungsbescheid aufgehoben und dem Kläger im Januar 1992 mitgeteilt, es werde keinen neuen Haftungsbescheid gegen ihn erlassen.
cc) Rückstellungen für Prozeßkosten sind nicht zu berücksichtigen. Der Kläger hat zum Entstehungsgrund und -zeitpunkt sowie zur Höhe keine Angaben gemacht.
d) Einen Verlustrücktrag aus 1986 aufgrund eines Werbungskostenüberschusses aus der Vermietung und Verpachtung der Eigentumswohnung in O hat das FA aufgrund der bisher bekannten Tatsachen zu Recht bei der Steuerfestsetzung nicht berücksichtigt. Eigentümerin der Wohnung ist die frühere Ehefrau des Klägers, die für das Jahr 1984 und die Folgejahre nicht mehr mit ihm zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wird. Ein vom Kläger behauptetes, angeblich mündlich vereinbartes Treuhandverhältnis ist bisher nicht glaubhaft gemacht worden. Die frühere Ehefrau des Klägers bestreitet, daß sie Treuhänderin des Klägers ist. Sie hat außerdem erklärt, die Wohnung sei zunächst als Ferienwohnung genutzt und ab November 1987 von ihr vermietet worden.
7. Hinsichtlich der Einkommensteuer 1985 hat die Klage nach den bisher bekannten Tatsachen keine Aussicht auf Erfolg.
Das FA hat die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit auf ... DM geschätzt. In Anbetracht vorangemeldeter Umsätze in Höhe von rund ... DM und eines zu Recht auf ... DM geschätzten Umsatzes (s. oben 3.), ist diese Schätzung nach Ansicht des Senats zu niedrig. Er schätzt die Betriebsausgaben auf höchstens ... DM, da der Kläger im Jahre 1985 11,5 Monate lang in Haft war und in den Umsatzsteuervoranmeldungen nur Vorsteuerbeträge in Höhe von rund ... DM erklärt wurden. Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit schätzt er somit auf mindestens ... DM.
Andererseits hält der Senat den Vortrag des Klägers für glaubhaft, er habe aufgrund seiner Inhaftierung 1985 außer den Einkünften aus früherer freiberuflicher Tätigkeit keine Einkünfte mehr erzielt, also auch nicht die vom FA auf ... DM geschätzten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Auf die Erfolgsaussicht der Klage wegen Einkommensteuer 1985 wirken sich diese Änderungen der Schätzung jedoch nicht aus.
8. Soweit die Klage die Einkommensteuer 1987 betrifft, hat sie in Höhe von ... DM Aussicht auf Erfolg.
Das FA hat die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit auf ... DM und die aus nichtselbständiger Arbeit auf ... DM geschätzt. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß aufgrund der bisher bekannten Tatsachen keine Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, der Kläger habe 1987 noch Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt. Die Schätzung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ist nicht zu beanstanden. Der Kläger befand sich 1987 über 11 Monate lang in Freiheit. Er hatte somit die Möglichkeit, längere Zeit als Arbeitnehmer tätig zu sein.
Den Betrag von ... DM hat der Senat wie folgt berechnet: ...
Fundstellen
Haufe-Index 420102 |
BFH/NV 1995, 198 |