Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Rechtsmittelbelehrung in dem Beschluß, mit dem das FG der Beschwerde über die Nichtzulassung der Revision abhilft
Leitsatz (NV)
Enthält die Rechtsmittelbelehrung des klageabweisenden FG-Urteils den Hinweis, daß der Lauf der Revisionsfrist, wenn die Revision auf die NZB zugelassen wird, mit der Zustellung des Zulassungsbeschlusses beginnt, ist eine nochmalige Belehrung über den Lauf der Revisionsfrist im Zulassungs- (Abhilfe-) Beschluß nicht erforderlich.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 5, § 120 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG, wurde 1968 zum Zwecke des Betriebs einer zentalen Brüterei für Legehennen und Küken gegründet. An der Gesellschaft waren der Beigeladene zu 1 als Komplementär, der Beigeladene zu 2 sowie zwei Mitglieder der Familie . . . als Kommanditisten und der Beigeladene zu 3 als stiller Gesellschafter mit ,,sonst gleichen Gesellschaftsrechten wie die Kommanditisten" beteiligt. Die KG beschränkte sich auf die Produktion von Küken. Hierzu bezog sie aus den Betrieben ihrer Gesellschafter und in geringerem Umfange auch durch Zukauf Bruteier, die bei ihr ausgebrütet wurden. Nach Aussonderung und Verwertung der männlichen Küken verkaufte sie die geschlüpften weiblichen Küken ganz überwiegend an die Betriebe ihrer Gesellschafter.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erließ Gewinnfeststellungsbescheide für die Streitjahre 1969 und 1970. Darin sind die positiven Einkünfte der Klägerin als gewerbliche festgestellt und entsprechend auf die Gesellschafter verteilt.
Hiergegen erhob die Klägerin Klage mit dem Antrag, ihre Einkünfte als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft festzustellen. Sie vertrat die Auffassung, ihre Betätigung sei als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb im Verhältnis zu den landwirtschaftlichen Betrieben ihrer Gesellschafter anzusehen. Unabhängig hiervon liege bei Berücksichtigung aller landwirtschaftlich genutzten Grundstücke ihrer Gesellschafter ein dem Bereich der Landwirtschaft zuzurechnender Tierzuchtbetrieb vor. Aus der Beteiligung eines gewerblichen Tierzüchters als stiller Gesellschafter folge nicht, daß die KG insgesamt gewerblich tätig gewesen sei.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Das Urteil, das der Klägerin am 26. August 1985 zugestellt wurde, enthält keine Zulassung der Revision.
Mit Schriftsatz der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom 12. September 1985, beim FG eingegangen am 20. September 1985, legte die Klägerin ,,Nichtzulassungsbeschwerde ein, weil die Revision an den Bundesfinanzhof mit dem FG-Urteil vom 22. 8. 1985 nicht zugelassen wurde". Sie stellte den Antrag ,,Zulassung der Revision an den Bundesfinanzhof", weil, wie im einzelnen eingehend begründet wird, die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe und das FG-Urteil von dem erst jetzt bekanntgewordenen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17. Januar 1985 IV R 106/81 (BFHE 143, 68, BStBl II 1985, 291) abweiche.
Mit Beschluß vom 30. September 1985, den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 17. Oktober 1985 zugestellt, hat das FG der Beschwerde abgeholfen und die Revision zugelassen, weil das Urteil ,,von der später veröffentlichten Entscheidung des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 17. Januar 1985 IV R 106/81, BStBl II 1985, 291) abweicht und auf der Abweichung beruht".
Am 3. März 1986 ging beim FG ein Schriftsatz der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom 28. Februar 1986 ein, der Ausführungen ,,zur weiteren Begründung der Revision vom 12. September 1985", einen ,,Revisionsantrag" und einen ,,Hilfsantrag der Revision" enthält.
Mit Verfügung vom 21. März 1986, den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 25. März 1986, machte der Vorsitzende des erkennenden Senats unter Hinweis auf § 56 der Finanzgerichtsordnung (FGO) darauf aufmerksam, daß innerhalb der durch die Zustellung des Zulassungsbeschlusses des FG in Lauf gesetzten und am 18. November 1985 abgelaufenen Revisionsfrist keine Revision eingegangen sei; auch der Revisionsbegründungsschriftsatz vom 28. Februar 1986 wäre, das Vorliegen einer Revision unterstellt, verspätet eingegangen.
Daraufhin erwiderten die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 10. April 1986, die Revisionsfrist des § 120 FGO sei durch den Zulassungsbeschluß nicht in Lauf gesetzt worden, weil dieser keine Rechtsmittelbelehrung enthalte. Hilfsweise werde beantragt, den Schriftsatz vom 12. September 1985 als Revision zu behandeln. Darin sei verschiedentlich unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht, daß die Revision gegen das FG-Urteil gewollt sei, weil materiell die Rechtsprechung des BFH verletzt worden sei. Äußerst hilfsweise werde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und um richterlichen Hinweis zur Begründung gebeten.
Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, da keine Revisionseinlegung, jedenfalls keine fristgerechte Revisionseinlegung, vorliege.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig. Die Klägerin hat die Fristen zur Einlegung der Revision und ihrer Begründung versäumt; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann ihr nicht gewährt werden.
1. Die Revision ist beim FG innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils oder nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Revision schriftlich einzulegen und spätestens innerhalb eines weiteren Monats zu begründen (§ 120 Abs. 1 i. V. m. § 115 Abs. 5 FGO). Der Beschluß des FG, mit dem dieses der Beschwerde der Klägerin abgeholfen und die Revision zugelassen hat, wurde den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 17. Oktober 1985 zugestellt. Die Revisionsfrist endete demnach mit Ablauf des 18. November 1985 und die Revisionsbegründungsfrist mit Ablauf des 18. Dezember 1985. Bis zu diesem Zeitpunkt ist beim FG keine Revisionsschrift und keine Revisionsbegründung eingegangen.
a) Zu Unrecht meint die Klägerin, die Revisionsfrist und damit auch die Revisionsbegründungsfrist seien durch den Zulassungsbeschluß des FG nicht in Lauf gesetzt worden, weil dieser keine Rechtsmittelbelehrung enthalten habe.
Eine Revision richtet sich gegen das klageabweisende FG-Urteil. Demgemäß muß dieses eine richtige und vollständige Rechtsmittelbelehrung enthalten (§ 105 Abs. 2 Nr. 6 FGO). Diesem Erfordernis ist im Streitfall genügt. In der Rechtsmittelbelehrung, die dem klagabweisenden FG-Urteil beigefügt war, heißt es ausdrücklich, der Lauf der Revisionsfrist beginne, wenn die Revision auf die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zugelassen werde, ,,mit der Zustellung des Zulassungsbeschlusses". Danach ist nicht erforderlich, daß das FG im Abhilfebeschluß die Prozeßbeteiligten nochmals darüber belehrt, wann die Revisionsfrist zu laufen beginnt, sofern die Revision auf Beschwerde hin zugelassen wird (BFH-Urteil vom 26. Juni 1969 VI R 125/68, BFHE 97, 103, 105, BStBl II 1970, 7).
b) Der Schriftsatz der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom 12. September 1985 enthält keine Revisionseinlegung und keine Revisionsbegründung. Er ist ausdrücklich und nur als ,,Nichtzulassungsbeschwerde" bezeichnet und enthält auch nur den Antrag ,,Zulassung der Revision an den Bundesfinanzhof".
Der Schriftsatz läßt allerdings erkennen, daß, wie die Klägerin nunmehr ausführt, eine ,,Revision gegen das FG-Urteil gewollt sei". Dieses Anstreben einer Revision ist jedoch für jede Nichtzulassungsbeschwerde kennzeichnend und reicht deshalb nicht aus, diese gleichzeitig als Revisionseinlegung zu werten. Als Revisionseinlegung und Revisionsbegründung läßt sich eine Nichtzulassungsbeschwerde daher nur dann beurteilen, wenn im Beschwerdeschriftsatz hinreichend deutlich wird, daß schon jetzt, noch vor der Entscheidung über die Beschwerde Revision eingelegt, welches Ziel mit der Revision verfolgt (Antrag) und aus welchen Gründen im einzelnen das Urteil des FG für unrichtig erachtet wird.
Dem ist im Streitfall nicht genügt. Im Schriftsatz vom 12. September 1985 wird, was die sachliche Richtigkeit des FG-Urteils anbelangt, im wesentlichen nur von der ,,Aufteilungs-Lösung" und der Bedeutung dieser offenen Frage für die Brütereigesellschaft, nämlich anteilige Feststellung landwirtschaftlicher und gewerblicher Einkünfte gesprochen und nur beiläufig und ohne hinreichende Substantiierung erwähnt, das FG habe die These der Klägerin nicht widerlegt, bei den Rechnungen zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern handle es sich nur um interne Abrechnungsbelege.
2. Die prozessuale Erklärung, daß gegen das Urteil des FG Revision eingelegt werde und daß dieses aus bestimmten Gründen unrichtig sei und daher aufgehoben werden müsse, kann allenfalls den Schriftsätzen vom 28. Februar und 10. April 1986 entnommen werden. Diese sind jedoch erst nach Ablauf der Revisionsfrist und der Revisionsbegründungsfrist eingegangen.
3. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann der Klägerin schon deshalb nicht gewährt werden, weil ihr Wiedereinsetzungsantrag verspätet eingegangen ist (vgl. § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO). Auch muß die Versäumung der Revisionsfrist im Hinblick auf die eindeutige Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Urteil als verschuldet beurteilt werden (BFH-Beschluß vom 10. August 1977 II R 89/77, BFHE 123, 14, BStBl II 1977, 769).
Fundstellen
Haufe-Index 414657 |
BFH/NV 1988, 87 |