Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilung eines landwirtschaftlichen Betriebes
Leitsatz (NV)
Verpachtet ein Landwirt einen Teil seines landwirtschaftlichen Betriebes an seine Ehefrau, so hat eine ertragsteuerliche Nicht anerkennung der Betriebsteilung grundsätzlich keine Bedeutung für die Frage, ob und welche Umsätze die Ehefrau mit dem abgeteilten Betriebsteil ausgeführt hat.
Normenkette
UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, §§ 24, 24a
Tatbestand
Der Ehemann der Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) ist Landwirt. Er war Eigentümer eines ca. 200 ha großen Hofes. Anfang 1979 pachtete die Klägerin von ihrem Ehemann eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 21,15 ha mit mehreren Wirtschaftsgebäuden, um die bislang von ihrem Ehemann neben der Schweinemast betriebene Bullenmast und Pensionspferdehaltung zu übernehmen.
Für die Streitjahre (1981 bis 1984) gab sie keine Umsatzsteuererklärung ab, da sie der Auffassung war, daß nach der Durchschnittsbesteuerung gemäß §§ 24, 24 a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 keine Steuer anfalle.
Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt -- FA --) hielt diese Vorschriften nicht für anwendbar und veranlagte die Klägerin nach den allgemeinen Vorschriften zur Umsatzsteuer. Das FA ging davon aus, daß die Vereinbarungen zwischen den Eheleuten einem Fremdvergleich nicht standhielten und deshalb ertragsteuerlich nicht anzuerkennen seien. Die land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte seien somit insgesamt dem Ehemann zuzurechnen. Mangels eines eigenen landwirtschaftlichen Betriebs der Klägerin habe diese ihre Umsätze der Regelbesteuerung zu unterwerfen.
Die Klage gegen die Umsatzsteuerbescheide hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hielt die Tatbestandsmerkmale der §§ 24, 24 a UStG 1980 für erfüllt, da die Klägerin ihre Umsätze "im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs" ausgeführt habe.
Wegen der Nichtzulassung der Revision hat das FA Beschwerde eingelegt, die es mit grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache begründet. Für grundsätzlich bedeutsam hält das FA die Frage, "ob die ertragsteuerliche Nichtanerkennung einer Betriebsteilung auch für das Umsatzsteuerrecht maßgebend ist und damit zum Versagen der Umsatzbesteuerung nach Durchschnittssätzen und des Kürzungsanspruchs nach den §§ 24, 24 a UStG für den -- nach dem Willen der Beteiligten -- durch die Teilung neu entstandenen Betrieb führt".
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanz gerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die grundsätzliche Bedeutung ist in der Beschwerdeschrift darzulegen (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muß klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sein. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muß in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert dargelegt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 13. September 1989 II B 77/89, BFH/NV 1990, 513). Zur Begründung des Allgemeininteresses reicht der Vortrag, daß die Rechtsfrage vom BFH noch nicht entschieden ist, nicht aus. Vielmehr muß regelmäßig dargelegt werden, daß, in welchem Umfang und aus welchen Gründen die mit der Beschwerde herausgestellte Rechtsfrage umstritten ist. Dies erfordert, widerstreitende Meinungen in Rechtsprechung und Literatur im einzelnen darzulegen (Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozeß, Rz. 152 und 153).
2. Es fehlt der Klärungsbedarf für die als grundsätzlich aufgeworfene Rechtsfrage. Sie ist nach der zu den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften ergangenen Rechtsprechung geklärt (vgl. dazu BFH-Beschluß vom 14. September 1989 V B 16/89, Umsatzsteuer-Rundschau -- UR -- 1990, 18).
Die ertragsteuerrechtliche Nichtanerkennung einer Betriebsteilung hat für die im Streitfall entscheidungserhebliche umsatzsteuerrechtliche Beurteilung, ob und welche Umsätze die Klägerin mit dem abgeteilten Betriebsteil ausgeführt hat, keine Bedeutung. Die ertragsteuerrechtliche Beurteilung eines Sachverhalts ist für die umsatzsteuerrechtliche Entscheidung grundsätzlich nicht vorgreiflich; denn diese folgt -- wie sich eindeutig ohne weiteren Klärungsbedarf aus dem UStG 1980 ergibt -- eigenen Voraussetzungen (§§ 1 ff. UStG 1980).
Ob und mit welcher Wirkung einzelne Grundsätze (z. B. der sog. Fremdvergleich) bei der ertragsteuerrechtlichen Würdigung der Teilung eines landwirtschaftlichen Betriebs zwischen Ehegatten auch für die Festsetzung von Umsatzsteuer bedeutsam sein können, ist geklärt. Der BFH hat in dem Urteil vom 22. Juni 1989 V R 37/84 (BFHE 158, 144, BStBl II 1989, 913) entschieden, daß im Verhältnis zwischen nahen Angehörigen ein Steuertatbestand nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980 nicht bereits dann zu verneinen ist, wenn über Leistung und Gegenleistung zwar Vereinbarungen vorliegen, diese aber nicht vertragsgemäß voll zogen werden, oder wenn die Vereinba rungen nicht dem entsprechen, was unter Fremden üblich ist. Unübliche oder nicht vollzogene vertragliche Vereinbarungen zwischen Angehörigen müssen jedoch bei der Ermittlung des Sachverhalts in einer dem jeweils zu prüfenden Tatbestand des UStG entsprechenden Weise gewürdigt werden. Sie können als Beweisanzeichen für Scheingeschäfte (vgl. BFH-Urteil vom 10. Februar 1988 X R 16/82, BFHE 153, 150, BStBl II 1988, 640) oder für unentgeltliche Leistungen (BFH in BFHE 158, 144) herangezogen werden. Entsprechend können die Vereinbarungen von Ehegatten bei der Teilung eines landwirtschaftlichen Betriebes und die Durchführung der Vereinbarungen lediglich als Beweisanzeichen für die Verwirklichung des umsatzsteuerrechtlich erheblichen Sachverhalts gewürdigt werden, ob die Klägerin Leistungen gegen Entgelt wirklich ausgeführt und ob sie diese Leistungen im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes bewirkt hat. Dies hat das FG in der Vorentscheidung aufgrund der insoweit geklärten Rechtslage auch getan.
3. Eine andere im Streitfall klärbare Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist auch nicht mit dem Hinweis des FA auf Bauer (in Hartmann/Metzenmacher, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, 7. Aufl., E. § 24 a Tz. 23) dargelegt, nach dem bei Umgehung der in § 24 a UStG genannten Obergrenze von 330 Vieheinheiten § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) zu prüfen ist.
Fundstellen