Entscheidungsstichwort (Thema)
Befangenheit als Nichtigkeitsgrund
Leitsatz (NV)
Ein Grund für die Nichtigkeit einer BFH- Entscheidung i. S. des § 579 ZPO ist nicht ausreichend dargelegt, wenn geltend gemacht wird, ein Richter der Vorinstanz sei befangen gewesen.
Normenkette
ZPO § 579; FGO § 155
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) hatte die Klage der Antragsteller gegen die Bescheide betreffend die Gewinnfeststellung 1980 bis 1983 sowie die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1981 und 1983 als unbegründet abgewiesen. Die Revision gegen sein Urteil hatte es nicht zugelassen. Der beschließende Senat hat die von den Antragstellern gegen das finanzgerichtliche Urteil eingelegte Revision mit Beschluß vom 15. November 1994 ... als unzulässig verworfen.
Mit Schriftsatz vom 2. Dezember 1994 haben die Antragsteller die "Wiederaufnahme des unter dem Aktenzeichen ... geführten Rechtsstreits" beantragt. Zur Begründung haben sie ausgeführt, nach Tipke/Kruse (Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung) solle das FG seine die Revision zulassende oder nichtzulassende Entscheidung begründen. Das sei im Streitfall nicht geschehen. Aus diesem Grund sei die Wiederaufnahme des Verfahrens notwendig.
Auf die Gegenäußerung des Antragsgegners (Finanzamt) hin führten die Antragsteller mit Schriftsatz vom 27. Februar 1995 aus, daß sich der Wiederaufnahmegrund aus § 579 Abs. 1 Nr. 3 der Zivilprozeßordnung (ZPO) ergebe. Der Vorsitzende Richter der Vorinstanz werde als befangen abgelehnt. Er habe darauf bestanden, daß der Prozeßbevollmächtigte der Antragsteller trotz Krankheit zum Termin erscheine, habe keinen der genannten Zeugen geladen und gegen die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) verstoßen.
Entscheidungsgründe
1. Der Nichtigkeitsantrag ist statthaft. Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann gemäß § 134 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nach den Vorschriften der ZPO wiederaufgenommen werden. Nach allgemeiner Ansicht gilt das über den Gesetzeswortlaut hinaus auch für solche Verfahren, die durch Beschluß rechtskräftig beendet worden sind (BFH-Beschluß vom 29. Januar 1992 VIII K 4/91, BFHE 165, 569, BStBl II 1992, 252).
2. Der Antrag ist jedoch unzulässig.
a) Die Antragsteller haben nicht innerhalb der Antragsfrist (§ 586 ZPO) erklärt, welches der vom Gesetz vorgesehenen Verfahren der Wiederaufnahme von ihnen gewollt ist (§ 587 ZPO). Der Hinweis auf einen Nichtigkeitsantrag nach § 579 ZPO ließ sich erstmalig dem Schriftsatz vom 27. Februar 1995 entnehmen.
Die Antragsteller haben darüber hinaus keinen Nichtigkeitsgrund ausreichend dar gelegt. Wenn sie die Befangenheit des Vorsitzenden Richters der Vorinstanz rügen, übersehen sie, daß sich ihr Antrag auf die Wiederaufnahme des Verfahrens ... richtet. Dieses Verfahren wurde durch den beschließenden Senat abgeschlossen, dem der abgelehnte Richter nicht angehört. Sie übersehen ferner, daß die Anwendbarkeit des Nichtigkeitsgrundes des § 579 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ein erfolgreiches Ablehnungsgesuch voraussetzt. Schließlich übersehen sie, daß sie ein Ablehnungsrecht, sofern ein solches bestanden haben sollte, nach § 51 FGO i. V. m. § 43 ZPO verloren haben.
3. Da sich der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gegen einen rechtskräftigen, das Revisionsverfahren abschließenden Beschluß richtet, ist über den Wiederaufnahmeantrag ebenfalls durch Beschluß zu entscheiden (BFH-Beschluß vom 16. August 1979 I K 2/79, BFHE 128, 349, BStBl II 1979, 710).
Fundstellen
Haufe-Index 420661 |
BFH/NV 1995, 996 |